Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.05.2016, RV/7101742/2015

Berufsausbildung, wenn die Lehre vorzeitig wegen einer Berufskrankheit abgebrochen werden muss?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101742/2015-RS1
Wird das Lehrverhältnis vorzeitig beendet, weil die Tochter sich als Dienstnehmerin eine Hauterkrankung zugezogen hatte, die laut Bescheid der Unfallversicherungsanstalt auch als Berufskrankheit anerkannt wurde, besteht auch für den Zeitraum zwischen Abschluss der Berufsschule und Antritt zur Lehrabschlussprüfung (etwas mehr als vier Monate) Anspruch auf Familienbeihilfe. In den Fällen, in denen die Beendigung des Lehrverhältnisses unverschuldet, weil krankheitsbedingt erfolgt, tritt der Umstand, dass die Berufsausbildung die volle Zeit in Anspruch nehmen muss, in den Hintergrund.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., W., gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen, soweit dieser über den Zeitraum Juli 2013 bis März 2014 abspricht, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er eine Rückforderung für den Zeitraum Juli bis November 2013 ausspricht, aufgehoben.

Im Übrigen, also betreffend die Rückforderung für den Zeitraum Dezember 2013 bis März 2014, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Rückforderungsbetrag: Familienbeihilfe: 662 €, Kinderabsetzbetrag: 233,60 €, gesamt daher: 895,60 €.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog für ihre Tochter T., geb. 1993, bis März 2014 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Nach Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen forderte das Finanzamt die für den Zeitraum Juni 2013 bis März 2014 bezogenen Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbeträge unter Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) mit der Begründung zurück, dass die Bf. trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht habe und dadurch ihrer Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sei. Es müsse daher angenommen werden, dass im genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden habe bzw. bestehe.

Die Bf. erhob gegen den Rückforderungsbescheid fristgerecht Beschwerde und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass ihre Tochter wegen ihrer Berufsunfähigkeit vom Arbeitgeber im dritten Lehrjahr gekündigt worden sei. Der Bescheid liege vor. Die Lehrabschlussprüfung (Theorie) habe ihre Tochter im November abschließen können, der praktische Teil sei nicht bestanden worden und ein Wiederholungstermin sei ihnen, trotz mehrmaliger Urgenz in der Wirtschaftskammer, leider noch nicht bekanntgegeben worden. Sie habe dann die Auskunft bekommen, dass zuerst die Termine an Lehrlinge mit Lehrstelle vergeben würden, die anderen würden dann mal dran kommen, eine Verständigung werde ausgeschickt.

Auch ihre ausdrückliche Bitte bezüglich eines prompten Prüfungstermins wegen der weiteren Berufsausbildung bzw. Berufswahl habe bis jetzt nichts erwirken können.

Das Finanzamt gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom insofern teilweise statt, als die Familienbeihilfe nur für die Monate Juli 2013 bis März 2014 rückgefordert wurde.

Zur Begründung wurde auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG 1967 verwiesen und weiters ausgeführt, dass die Tochter der Bf laut Lehrvertrag vom vom bis eine Lehre zur Frisörin und Perückenmacherin (Stylistin) absolviert habe. Es sei daher die Familienbeihilfe für diesen Zeitraum zuerkannt worden. Diese Lehre sei laut Versicherungsdatenauszug am vorzeitig beendet worden.

Mit Bescheid vom sei eine Hauterkrankung der Tochter, die sie sich als Dienstnehmerin zugezogen habe, als Berufskrankheit gemäß Anlage 1 zum ASVG, lfd. Nr. 19, anerkannt worden.

Laut Jahres- und Abschlusszeugnis vom sei die Berufsschule weiterbesucht und auch beendet worden. Gemäß dem Zeugnisvermerk habe die Schülerin damit das Bildungsziel der Berufsschule für den Lehrberuf Friseurin und Perückenmacherin (Stylistin) erreicht und die Berufsschulpflicht in diesem Lehrberuf erfüllt. Am sei die Lehrabschlussprüfung nicht bestanden worden. Die Wiederholungsprüfung am sei dann bestanden worden.

Es bestehe kein Zweifel, dass insbesondere die Lehrausbildung in einem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis eine Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstelle. Diese Lehrausbildung stehe auf zwei Säulen: zum einen die praktische Ausbildung im Betrieb (in der Regel 75 bis 80 % der Lehre), und zum anderen die Ausbildung in der Berufsschule (sogen. "duales System" der Lehrausbildung).

Beende ein Kind die praktische Berufsausbildung vorzeitig, besuche es jedoch die für den Abschluss erforderlichen Berufsschullehrgänge, so stehe dieses Kind (nur) während der Monate des Berufsschulbesuches in Berufsausbildung (-G/06).

T. habe einen Teil der Lehrausbildung, nämlich die praktische Ausbildung im Betrieb, mit (aus Krankheitsgründen) vorzeitig beendet und habe in weiterer Folge die praktische Ausbildung auch nicht mehr fortgesetzt. Allerdings habe sie noch bis die Berufsschule besucht und den (theoretischen) Teil der Ausbildung beendet. Die Familienbeihilfe sei daher für den Monat Juni 2013 zugestanden.

Da von Juli 2013 bis März 2014 keine praktische Ausbildung absolviert worden sei und die Berufsschulausbildung seit Ende Juni 2013 bereits beendet gewesen sei, sei die Rückforderung für diesen Zeitraum zu Recht erfolgt.

Die Bf. richtete am an das Finanzamt einen als Vorlageantrag zu wertenden Schriftsatz und führte darin im Wesentlichen aus wie in der Beschwerde. Ihre Tochter habe die Berufsschule erfolgreich absolviert, jedoch auf Grund der Kündigung keine praktische Ausbildung absolvieren können. Sie hätten die praktische Ausbildung über das WIFI zu 100% selbst finanzieren müssen. Ihre Tochter habe im November 2014 die praktische Prüfung bestanden, finde aber wegen der berufsbedingten Hauterkrankung trotzdem keine Arbeit.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt ist unstrittig und wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Laut Lehrvertrag vom sollte die Tochter der Bf. vom bis eine Lehre zur Frisörin und Perückenmacherin (Stylistin) absolvieren.

Laut Versicherungsdatenauszug wurde die Lehre am vorzeitig beendet. Der Grund hierfür ist in der Hauterkrankung der Tochter, die sie sich als Dienstnehmerin zugezogen hatte, zu sehen. Mit Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom wurde diese Hauterkrankung, als Berufskrankheit gemäß Anlage 1 zum ASVG, lfd. Nr. 19, anerkannt.

T. besuchte die Berufsschule weiter und schloss diese am mit gutem Erfolg ab.

Vom bis nahm sie nachweislich am WIFI an einem Kurs zur Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung teil (35 Lehreinheiten, jeweils Montag von 9 bis 16 Uhr).

Nach einem erfolglosen Antritt zur Lehrabschlussprüfung am trat T. am ein weiteres Mal an und bestand die Prüfung.

Bei der Sozialversicherung ist die Tochter der Bf – soweit für das Beschwerdeverfahren relevant - mit folgenden Daten erfasst:


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  -
Arbeiterlehrling
  -
Arbeitslosengeldbezug
  -
Angestellte
 
Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung, A. Warenhandels-Aktiengesellschaft
  -
Arbeitslosengeldbezug
 
geringfügig beschäftigte Arbeiterin
C. Gesellschaft m.b.H.
 
Arbeiterin
  -
Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung,
Der D. Betriebs GmbH
  -
Notstandshilfe, Überbrückungshilfe
 
geringfügig beschäftigte Arbeiterin,
G.Ges.m.b.H.
 
Notstandshilfe, Überbrückungshilfe
  -
Arbeiterin
 
Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung;
F. Wien Aktiengesellschaft
  -
Arbeitslosengeldbezug
 
Arbeitslosengeldbezug
 
Arbeiterin …
  laufend
geringfügig beschäftigte Arbeiterin…
 
Arbeiterin

Gesetzliche Bestimmungen:

Nach § 2 Abs. 1 lit. b  FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 6 Abs. 1 des Berufsausbildungsgesetzes (BAG) hat die Dauer der Lehrzeit in einem Lehrberuf in der Regel drei Jahre zu betragen. Der Lehrvertrag ist nach § 13 Abs. 1 leg.cit. für die für den Lehrberuf festgesetzte Dauer der Lehrzeit abzuschließen.

Das Lehrverhältnis endet nach § 14 Abs. 1 BAG mit Ablauf der im Lehrvertrag vereinbarten Dauer der Lehrzeit.

Gemäß § 14 Abs. 2 BAG endet das Lehrverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Lehrzeit,  wenn ...

c) die Eintragung des Lehrvertrages rechtskräftig verweigert oder die Löschung der Eintragung des Lehrvertrages rechtskräftig verfügt wurde;

d) der Lehrberechtigte nicht mehr zur Ausübung der Tätigkeit befugt ist, in deren Rahmen der Lehrling ausgebildet wird oder der Lehrberechtigte auf Grund des § 4 von der Ausbildung von Lehrlingen ausgeschlossen ist,

e) der Lehrling die Lehrabschlussprüfung erfolgreich ablegt, wobei die Endigung des Lehrverhältnisses mit Ablauf der Woche in der die Prüfung abgelegt wird, eintritt.

Nach § 21 Abs. 1 BAG ist Zweck der Lehrabschlussprüfung, festzustellen, ob sich der Lehrling die im betreffenden Lehrberuf erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse angeeignet hat und in der Lage ist, die dem erlernten Lehrberuf eigentümlichen Tätigkeiten selbst fachgerecht auszuführen. Die Lehrabschlussprüfung gliedert sich in eine praktische und eine theoretische Prüfung und besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Die Lehrlingsstellen haben nach § 21 Abs. 2 leg. cit dafür zu sorgen, dass sich alle Lehrlinge am Ende der Lehrzeit der Lehrabschlussprüfung unterziehen können. Zur Lehrabschlussprüfung im erlernten oder in einem verwandten Lehrberuf sind nach § 23 Abs. 1 BAG Lehrlinge, Personen, die die festgesetzte Lehrzeit allenfalls unter Anrechnung bestimmter Zeiten beendet haben, und Personen, die auf Grund einer schulmäßigen Ausbildung keine Lehrzeit zurücklegen müssen, unter der Voraussetzung zuzulassen, dass die Dauer der zurückgelegten oder anzurechnenden Lehrzeit oder das Zeugnis über den die Lehrzeit ganz oder teilweise ersetzenden erfolgreichen Besuch einer Schule, und der Besuch der Berufsschule oder die Befreiung von der Berufsschulpflicht sowie die Entrichtung der Prüfungstaxe nachgewiesen werden. Die Zulassung zur Lehrabschlussprüfung für Lehrlinge ist nach § 23 Abs. 2 leg. cit. bei der für den Lehrbetrieb (die Ausbildungsstätte) des Lehrlings örtlich zuständigen Lehrlingsstelle frühestens sechs Monate vor Beendigung der festgesetzten Lehrzeit, sonst nach Wahl des Prüfungswerbers entweder bei der nach dem Arbeitsort oder bei der nach dem Wohnort des Prüfungswerbers örtlich zuständigen Lehrlingsstelle zu beantragen. Die Lehrlingsstelle hat über den Antrag zu entscheiden und den Prüfungstermin festzusetzen, der bei Lehrlingen auch in den letzten zehn Wochen der festgesetzten Lehrzeit, jedoch bei ganzjährigen oder saisonmäßigen Berufsschulen nicht früher als sechs Wochen vor dem Ende des Unterrichtsjahres, bei Lehrberufen mit zweieinhalb- oder dreieinhalbjähriger Dauer der Lehrzeit sechs Wochen vor Beendigung der Berufsschulpflicht und bei lehrgangsmäßigen Berufsschulen nicht vor dem Ende des letzten Lehrgangs liegen darf.

Der Termin für die Lehrabschlussprüfung ist gemäß § 3 Abs. 1 der Allgemeinen Lehrabschlussprüfungsordnung, BGBl. Nr. 670/1995, von der Lehrlingsstelle unter Berücksichtigung der vorgeschriebenen Dauer der Prüfung festzusetzen. Der Zeitraum zwischen den einzelnen Prüfungsteilen ist möglichst kurz zu halten und darf insgesamt sechs Wochen nicht überschreiten. Die Lehrlingsstelle hat dem Prüfungswerber den festgesetzten Prüfungstermin gemäß § 3 Abs. 2 der zitierten Verordnung spätestens drei Wochen vor diesem Termin schriftlich bekanntzugeben. Im Einzelfall kann im Interesse des Prüfungswerbers diese Frist unterschritten werden.

Der Lehrberuf Friseur und Perückenmacher (Stylist)/Friseurin und Perückenmacherin (Stylistin) ist mit einer Lehrzeit von drei Jahren eingerichtet.

Rechtliche Würdigung:

Um von einer Berufsausbildung sprechen zu können, ist außerhalb des im § 2 Abs. 1 lit b FLAG besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung iSd § 3 StudFG nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH das ernstliche, zielstrebige und nach außen erkennbare Bemühen um einen Ausbildungserfolg erforderlich (vgl. , mwN). Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die erfolgreiche Absicht tatsächlich gelingt (vgl. ).

Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kommt es (überdies) nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen ().

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist festzuhalten, dass sich die Berufsausbildung im Lehrberuf Friseurin und Perückenmacherin (Stylistin) im Beschwerdefall jedenfalls auf die Dauer eines Lehrverhältnisses und des Berufsschulbesuches erstreckt. Die anschließende Zeit bis zur Lehrabschlussprüfung ist dann zur Berufsausbildung zu zählen, wenn der Prüfungswerber das in der Rechtsprechung geforderte ernstliche und zielstrebige Bemühen erkennen lässt. Dies ist der Fall, wenn er zeitgerecht (§ 23 Abs. 2 BAG) die Zulassung zur Lehrabschlussprüfung beantragt.

Im vorliegendem Beschwerdefall hat die Tochter der Bf. die Berufsschule im Lehrberuf Friseurin und Perückenmacherin (Stylistin) am mit gutem Erfolg abgeschlossen und nach einem erfolglosen Antritt am die Lehrabschlussprüfung am bestanden.

Die Bf. vermeint, einen Weiterbestand des Anspruches aus dem Umstand ableiten zu können, dass ihre Tochter zwar wegen ihrer Hauterkrankung die praktische Lehre abgebrochen, aber die Prüfung am bestanden hat.

Zu prüfen ist, ob zwischen Abschluss der Berufsschule (Juni 2013) und der am bestandenen Lehrabschlussprüfung von einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG gesprochen werden kann.

Fest steht, dass T. nach Beendigung der Berufsschule () vom bis an einem WIFI-Kurs zur Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung teilgenommen hat (35 Lehreinheiten, jeweils Montag von 9 bis 16 Uhr).

Weiters steht fest, dass sie zwischen dem Abschluss der Berufsschule und den Antritten zur Lehrabschlussprüfung am bzw. zeitweilig, wenn auch nur geringfügig, berufstätig war. Das daraus erzielte Einkommen war nicht familienbeihilfenschädlich.

Das Finanzamt vertritt die Ansicht, dass der Besuch eines Vorbereitungskurses für die Lehrabschlussprüfung im Zeitraum bis im Ausmaß von 35 Lehreinheiten, das seien auf Grund des Zeitaufwandes und Kursprogramms lediglich 5 Wochentage, nichts an dem Umstand ändere, dass keine Berufsausbildung mehr vorliege, da dieser Kurs nicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch genommen habe.

Das Bundesfinanzgericht kann sich dieser Auffassung aus folgenden Gründen nicht anschließen: Die Tochter der Bf. machte eine dreijährige Ausbildung zur Frisörin und Perückenmacherin (Stylistin) und wurde das Lehrverhältnis beendet, weil die Tochter sich als Dienstnehmerin eine Hauterkrankung zugezogen hatte, die laut Bescheid der Unfallversicherungsanstalt auch als Berufskrankheit anerkannt wurde.

Obwohl das Lehrverhältnis aus diesem Grund am vorzeitig beendet wurde, besuchte T. weiterhin die Berufsschule und schloss diese am mit guten Erfolg ab.

Es zeigt von Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit, dass T. am WIFI trotz allem an einem Kurs zur Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung teilgenommen hat und zur Prüfung am angetreten ist, auch wenn sie diese nicht bestanden hat. Wie oben ausgeführt, kommt es grundsätzlich  nicht darauf an, ob eine Prüfung erfolgreich abgelegt wird.

Dem Finanzamt ist zwar Recht zu geben, dass grundsätzlich nicht von einer Berufsausbildung gesprochen werden kann, wenn die Ausbildung nicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist allerdings davon auszugehen, dass die Tochter der Bf. auf Grund der fehlenden Lehrstelle, die sie unverschuldet krankheitsbedingt nicht mehr aufsuchen konnte, gar keine andere Möglichkeit hatte, sich auf die Lehrabschlussprüfung vorzubereiten, als den von ihr absolvierten Kurs zu besuchen, auch wenn dieser nur aus 35 Lehreinheiten bestanden hat und jeweils nur am Montag von 9 bis 16 Uhr stattgefunden hat. Überdies ist in Rechnung zu stellen, dass zu den kursmäßig zu absolvierenden Lehreinheiten noch die übrigen (nicht lehrgangsmäßig absolvierten) Vorbereitungsstunden hinzuzurechnen sind.

Klarstellend ist jedoch festzuhalten, dass eine andere Betrachtungsweise dann angebracht erschiene, wenn das Lehrverhältnis aus anderen (nicht krankheitsbedingten) Gründen beendet wird.

Da auch die Zeit zwischen Abschluss der Berufsschule () und dem Erstantritt zur Lehrabschlussprüfung () nur etwas mehr als vier Monate betragen hat, ist die Rückforderung für den Zeitraum Juli 2013 bis November 2013 zu Unrecht erfolgt.

Was allerdings den Zeitraum Dezember 2013 bis März 2014 (Streitzeitraum: Juli 2013 bis März 2014) anbelangt, so kann das Bundesfinanzgericht kein ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen der Tochter der Bf. erkennen, sobald wie möglich ein weiteres Mal zur Lehrabschlussprüfung anzutreten, hat sie doch diese letztendlich erst am bestanden und hat die Bf. im Übrigen auch keine Gründe vorgebracht, warum die Tochter erst ein Jahr nach dem ersten Antritt ein weiteres Mal zur Prüfung angetreten ist.

Die Beschwerde war daher für den Zeitraum Dezember 2013 bis März 2014 abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, ob Familienbeihilfe auch dann zusteht, wenn unverschuldet (weil krankheitsbedingt) die Lehrstelle nicht mehr besucht werden kann, und damit in den Monaten vor Ablegung der Lehrabschlussprüfung die Ausbildung regelmäßig nicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen kann, existiert noch keine Judikatur des VwGH, weshalb gegen dieses Erkenntnis die (ordentliche) Revision zulässig ist.

Wien, am

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