Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.05.2016, RV/7104074/2015

Schulabbruch und Familienbeihilfe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser in der Beschwerdesache der Bf., Adr., gegen den Bescheid des Finanzamts Baden Mödling vom , Familienbeihilfe betreffend Familienbeihilfe zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin (Bf.), die für ihren Sohn S. gewährte Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Juli und August 2014 zurück. Begründend führte das Finanzamt Folgendes aus:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der
ab gültigen Fassung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für
volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die
Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren
Berufsausbildung, wenn diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der
Schulausbildung begonnen wird.
Ihr Sohn S. hat den Schulbesuch an der Handelsakademie nicht mit Abschluss
beendet, sondern im Juni 2014 abgebrochen. Für die Monate Juli und August 2014
besteht daher gemäß den gesetzlichen Bestimmungen kein Anspruch auf Familienbeihilfe."

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde und führte darin Folgendes aus:

" Ich habe einer ihrer Mitarbeiter bereits ordnungsgemäß Ende Mai/2014 telefonisch mitgeteilt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass mein Sohn S. die Schulklasse der 4. HAK nicht positiv abschließen wird und kann und ab Herbst 2014 nun einen Abschluss über ein Ferninstitut vornehmen wird. Die Dame hat mir erklärt, dass sie die Familienbeihilfe mit Juni/2014 vorläufig abgrenzen wird, was auch nach heutigem Stand bei Ihnen im System sicherlich nachvollziehbar und ersichtlich ist. (s. Mitteilungen vom V, IX und XII/2014)
Eine ihrer Mitarbeiterin erklärte mir, dass alles geprüft wird und sobald die Prüfung von ihrer Seite erledigt ist wird die Familienbeihilfe ausbezahlt und nachverrechnet.
(siehe Beilage vom )
Lt. meinem Schreiben vom habe ich alle Unterlagen zur Überprüfung an sie übermittelt.
Da die Prüfungskommission von der HAK - Hamerlingplatz der Externisten erst Anfang September/2014 das Endzeugnis der HAK Mödling geprüft hat, welche Gegenstände mein Sohn mit Prüfungen ablegen muss, habe ich ihnen einen Nachweis über die noch abzulegenden Prüfungen von S. auch ordnungsgemäß am weitergeleitet.
Ich habe im September/2014 eine Mitteilung über den Anspruch der Familienbeihilfe erhalten, wo von Ihrer Seite bis Sept/2014 der Bezug der Familienbeihilfe bestätigt wurde. Danach habe ich wiederum einige Telefonate mit dem Finanzamt geführt und nachgefragt, ob nun auch alle Nachweise und Unterlagen bei ihrer Stelle vorliegen und mir wurde mehrmalig bestätigt, dass ich nun die Familienbeihilfe für die Monate Juli, August nachbezahlt bekomme und ab September 2014 bis laufend ich diese erhalten werde. Am habe ich eine Gutschrift für die Monate Okt, November und den laufenden Monat Dezember /2014 erhalten.
Danach erhielt ich eine Buchungsmitteilung über eine Nachforderung der Sommermonate Juli und August 2014.

Es kann nicht sein, wenn ich sie bereits im Mai/2014 über den weiteren Schulausbildungsweg informiere, dass dann nach dreimonatiger Prüfung vom Finanzamt im Sommer 2014 und dann nochmals im Sept/2014 anhand von meinen vorgelegten Unterlagen die Prüfung vom Finanzamt wiederum weitere drei Monate andauert und es dann Mitte Dezember 2014 festgestellt wird, dass ich für die Sommermonate keinen Anspruch habe und es somit zu einer Rückforderung kommt.

Es widerspricht ihrer Begründung gem. § 2 Abs. 1 lit. FLAG, da ihre Mitteilung vom wiederum bestätigt, dass ich über die Sommermonate Juli und August 2015 einen Anspruch auf Familienbeihilfe habe.
Warum wird mir neuerlich wiederum bestätigt, dass der Anspruch bis September 2015 erfolgen soll, wenn es mir dann ohnehin wieder rückgefordert wird.
Zum Abschluss möchte ich darauf hinweisen, dass mein Sohn S. keinen positiven Abschluss der HAK Mödling im Juni/2014 leider erreichen konnte und leider keine früheste Möglichkeit hatte einen weiteren Schulbesuch in den Sommermonaten zu absolvieren.
Mir ist bis dato keine Schule bekannt, die Prüfungen bzw. Nachprüfungen in den Sommermonaten vorzunehmen. Da ich ordnungsgemäß rechtzeitig darauf hingewiesen habe und ich einige Telefonate im Sommer sowie im Herbst geführt habe und ich mich mehrmals angefragt habe, sodass mir immer von ihren Mitarbeitern bestätigt wurde, dass die Nachzahlungen korrekt sind, kann ich das überhaupt nicht verstehen, dass sie nun Mitte Dezember / 2014 mir einen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vorschreiben.
Ich ersuche höflichst um eine Stellungnahme ihrerseits und nochmaliger Prüfung.
Gleichzeitig würde ich mich über ein positives Ergebnis freuen."

Das Finanzamt erließ daraufhin eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und führte darin begründend aus:

" Gemäß 5 2 Abs. 1 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn diese zum
frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.
Sohn S. hat den Schulbesuch an der Handelsakademie im Schuljahr 14/15 (September/14) nicht mehr fortgesetzt und hat ab September/2014 eine neue Berufsausbildung/Maturaschule Humbold für den Handelsschulabschluss aufgenommen.
Da keine Anspruchsvoraussetzung für den Bezug der Familienbeihilfe im Zeitraum Juli und August 2014 vorlag - kein Abschluss der vorherigen Berufsausbildung, war die Beschwerde abzuweisen."

Die Bf. stellte in weiterer Folge einen Vorlageantrag. In diesem führte sie begründend Folgendes aus:

"In Ihrer Begründung führen Sie an, dass für meinen Sohn S. kein Abschluss der vorherigen Berufsausbildung vorlag.
Diese Feststellung und der daraus entstehenden Aberkennung der Familienbeihilfe ist lt.
Judikatur falsch. Mein Sohn hat sehr wohl die 4. HAK der Vienna Business School Mödling im Juni 2014 abgeschlossen, aber leider nicht positiv bzw. hat er auch zum frühesten möglichen Termin seine Ausbildung im September 2014 fortgesetzt (die Dokumentation dazu liegt Ihnen bereits vor).
Ich darf dazu die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenats vom , RV/2195/W/12 zitieren:
„Eine Berufsausbildung liegt dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der
vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die
erfolgreiche Absicht gelingt. Diese Prüfungen wurden zwar nicht erfolgreich absolviert, aber es ist damit noch das Bemühen um einen Studienerfolg erkennbar und damit auch noch der Anspruch auf die Familienbeihilfe anzuerkennen”.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 26 Abs 1 FLAG normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls, wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. GZ. 2012/16/0047).

Es kommt daher nicht darauf an, wofür die Bf. die Familienbeihilfe verwendet hat. Abzustellen ist ausschließlich darauf, ob die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen wurde.

Der Bezug von Familienbeihilfe für volljährige Kinder ist wie folgt geregelt:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit b FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. GZ. 2009/16/0315).

Gemäß Abs. 1 lit. d leg. cit. steht die Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung zu, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird (BudBG 2011, BGBl I 2010/111 ab ).

Sachverhalt

Der Sohn der Bf. besuchte bis 6/2014 die Vienna Business School - Handelsakademie, die er danach abbrach, weil er den 4. Jahrgang nicht erfolgreich abgeschlossen hat und keine Berechtigung für das Aufsteigen in den 5. Jahrgang erhalten hat.

Rechtlich folgt daraus:

Die Bf. vermeint, dass die Voraussetzung einer Berufsausbildung bei ihrem Sohn auch im Zeitraum zwischen Schulabbruch und Neubeginn einer weiteren Ausbildung vorgelegen sei, dies insbesondere deshalb, da der Beginn der neuen Ausbildung erst im darauffolgenden Herbst möglich war.

Die Bf. gesteht also zu, dass sich ihr Sohn im Streitzeitraum tatsächlich nicht in Berufsausbildung befunden hat, weshalb ein Familienbeihilfenanspruch nicht auf § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) gestützt werden kann.

Eine analoge Anwendung des von der Bf. zur Begründung ihrer Beschwerde herangezogenen § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 scheitert schon daran, dass diese Bestimmung ausdrücklich von "Abschluss der Berufsausbildung" bzw. in der ab geltenden Fassung von "Abschluss der Schulausbildung" spricht. Der Sohn der Bf. hat aber keine Ausbildung abgeschlossen, sondern seine Schulausbildung vorzeitig abgebrochen.

Der Gesetzgeber knüpft den Anspruch auf Familienbeihilfe und in weiterer Folge jenen auf Kinderabsetzbetrag grundsätzlich an das Vorliegen einer Berufsausbildung. Im Zeitraum zwischen aufeinanderfolgenden Berufsausbildungen bleibt der Anspruch auf Familienbeihilfe dann erhalten, wenn eine weitere Berufsausbildung frühestmöglich nach dem Abschluss der vorherigen begonnen wird. Unabdingbare Voraussetzung für die zwischenzeitliche Weitergewährung der Familienbeihilfe ist daher nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut der Abschluss einer vorhergehenden Berufsausbildung (vgl. Erkenntnis des ).

Dass diese Tatbestandsvoraussetzungen im Beschwerdefall gegeben waren, trifft aber nicht zu.

Schließlich wurde die Schulausbildung des Sohnes der Bf. bereits  durch Abmeldung vom Schulbesuch endgültig beendet. Damit steht aber fest, dass der Sohn der Bf.  im Beschwerdezeitraum jedenfalls nicht mehr als Schüler der HAK galt und damit in keiner Berufsausbildung stand. Wird nämlich die Tätigkeit, durch die ein Kind "für einen Beruf ausgebildet" wird, abgebrochen, kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab der Beendigung nicht mehr von einer Berufsausbildung des Kindes und einem danach fortbestehenden Anspruch auf Familienbeihilfe gesprochen werden (vgl. ).

§ 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 idF BudBG 2011, BGBl I 2010/111 mit Wirkung ab soll insbesondere die Zeit zwischen der Matura und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums abdecken, zumal die Eltern im Regelfall weiterhin unterhaltspflichtig sind. Unter "Schulausbildung" wird eine "Berufsausbildung" im engeren Sinne verstanden. Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass nur ein erfolgreicher Abschluss der Berufsausbildung den Familienbeihilfenanspruch verlängert (vgl. Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 130).

Da der Sohn der Bf. seine Schulausbildung als erste Berufsausbildung nicht erfolgreich mit Absolvierung der Matura abgeschlossen hat, sondern nach der vierten Klasse der HAK abgebrochen hat, kann § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 idF BudBG 2011, BGBl I 2010/111 in ihrem Fall nicht zur Anwendung kommen und ein Familienbeihilfenanspruch nicht auf diese Gesetzesstelle gestützt werden.

Vgl. hiezu ausführlich : "Im Hinblick darauf, dass die vorangegangene Ausbildung (am Bundesrealgymnasium) nicht abgeschlossen, sondern vom Sohn vorzeitig abgebrochen wurde, sind aber die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 schon deshalb nicht erfüllt, weil die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nicht nach dem Abschluss einer Schulausbildung erfolgte."

Ebenso analog , zu § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 90/2007: "...die von ihm ins Treffen geführte Frist steht lediglich bei Abschluss einer Schulausbildung zu, wovon bei einem vorzeitigen Abbruch der Berufsausbildung laut dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, dass die Tochter des Beschwerdeführers nach dem Ende des zweiten Semesters vom Schulbesuch ferngeblieben ist und den Lehrgang nicht weiter besucht hatte, nicht gesprochen werden kann."

Die von der Bf. zitierte UFS-Entscheidung bezog sich auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 und ist schon deshalb nicht auf dem vorliegenden Fall anwendbar. Außerdem ist angesichts der Noten des Sohnes der Bf. und seinem Schulabbruch nicht von einem ernsthaften und zielstrebigen Bemühen um einen Ausbildungserfolg auszugehen.

Da in den Monaten Juli und August 2014 somit die für eine Anerkennung als Berufsausbildung erforderlichen Kriterien nicht erfüllt sind, erfolgte daher die Rückforderung der Familienbeihilfe für diesen Zeitraum zu Recht.

Unzulässigkeit einer Revision: 

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 

Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall schon deshalb nicht erfüllt, weil im Rahmen der Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG thematisiert und im Übrigen nicht von der zitierten Rechtsprechung des VwGH abgewichen worden ist. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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