doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten bei Pflegebedürftigkeit der Mutter
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin X in der Beschwerdesache Bf gegen den Bescheid des FA Bruck Leoben Mürzzuschlag vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist als Software-Entwickler bei einer Firma in W nichtselbständig tätig. Sein Hauptwohnsitz befindet sich in K.
In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 machte der Bf. für jenes Jahr Kosten in Höhe von 2.772,-- € für Familienheimfarten (300 km hin und zurück für 22 Wochen x 0,42 €) sowie Kosten in Höhe von 2.308,2 € für doppelte Haushaltsführung (Miete Juli bis Dezember 2012, mtl. 384,7 €) als Werbungskosten geltend.
Der Bf. ist ledig und seit Juni 2007 bei derselben Firma in W beschäftigt. Seit benützt er als Nebenwohnsitz eine Mietwohnung im Ausmaß von ca. 25 m2 in W.
2012 erwarb er eine Eigentumswohnung in Ka - sein derzeitiger Hauptwohnsitz.
Die Mutter des Bf. (Jahrgang 1940) ist am in die Wohnung ihres Sohnes mitübersiedelt, da in dieser Wohnung ein Lift und ein Hauswart vorhanden sind. Von 1977 bis war der Bf. mit Hauptwohnsitz in der Wohnung seiner Mutter in Ka wohnhaft.
Lt. Angaben des Bf. wollte er eigentlich immer in der Steiermark verbleiben, doch bekomme er in der Steiermark keine Arbeitsstelle als Software-Entwickler mit dem Spezialgebiet der Oracle Datenbanken.
Die Mutter des Bf. wohnt unter der Woche alleine, weitere drei Kinder helfen ihr beim einkaufen. Der Bf. kommt am Freitag nach Hause.
Eine Übersiedlung nach W kommt für sie nicht in Frage (lt. Angaben des Bf. würde sie sich in W nicht wohlfühlen und sei das Leben in der Großstadt für eine ältere Frau schwierig).
Die Mutter des Bf. hat eine vom sz. Bundessozialamt festgestellte Behinderung im Ausmaß von 60% - ein Pflegegeldbezug liegt derzeit nicht vor.
Dem Finanzamt wurden ärztliche Gutachten vorgelegt, wonach Abnützungen an der Wirbelsäule vorliegen, welche schmerzbedingt eine Bewegungseinschränkung nach sich ziehen. Ein weiteres Gutachten weist eine Diagnose von Gonathrose (Kniegelenksathrose) aus.
Die vorangeführten beantragten Werbungskosten wurden vom Finanzamt mit Bescheid vom nicht anerkannt.
Dagegen brachte der Bf. rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung ein mit der Begründung, dass die Kosten auf Grund der Pflegebedürftigkeit der Mutter als Werbungskosten absetzbar seien und verwies auf eine Entscheidung des GZ RV/0265-L/03.
Das Finanzamt legte daraufhin die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem nunmehrigen Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Im Schreiben vom legte der Bf. nochmals seine Lebensumstände dar.
Mit Schreiben vom legte der Bf. den aktuellen Befund seiner Mutter vor, wonach eine Osteoporose mit einer Osteofraktose sowie eine schwere alte Keilwirbelbildung gegeben ist. Der Wirbelbruch sei die Ursache der massiven Gesundheitsverschlechterung seiner Mutter gewesen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 bestimmt, dass die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen. Ebenfalls nicht abzugsfähig sind gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Kosten der Haushaltsführung stellen demnach grundsätzlich keine Werbungskosten dar.
Nach Lehre und Rechtsprechung sind Mehraufwendungen dann als Werbungskosten absetzbar, wenn sie dem Arbeitnehmer durch die beruflich veranlasste Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort erwachsen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die Beibehaltung eines Familienwohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen (vgl. die grundsätzlichen Ausführungen im Erkenntnis vom , 88/13/0121). In dem zitierten Erkenntnis wird weiter ausgeführt: Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Das bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen müsste. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seines Ehegatten.
Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (). Bei Vorliegen der Voraussetzungen kann auch eine auf Dauer angelegte Haushaltsführung gerechtfertigt sein. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit eigenem Haushalt können für eine gewisse Übergangszeit Fahrtkosten und Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten anerkannt werden. Die Verwaltungspraxis geht bei unverheirateten Arbeitnehmern von einem Zeitraum von sechs Monaten aus. Im gegenständlichen Fall ist jedoch auch dies nicht möglich, da der Bf. bereits seit Juni 2007 bei der Firma in W tätig ist.
Familienwohnsitz ist nach der Rechtsprechung jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet (). Bei einem alleinstehenden Steuerpflichtigen ist es der Hauptwohnsitz.
Nicht anders als bei verheirateten oder in Partnerschaft lebenden Personen können auch "besondere Pflegenotwendigkeiten" von Eltern eine Wohnsitzverlegung für Alleinstehende unzumutbar machen. Der Bf. hat die Unzumutbarkeit der Verlegung des (Familien) Wohnsitzes auch mit dem Gesundheitszustand seiner Mutter begründet. Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des (Familien) Wohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht ().
Die Vorbringen des Bf., auf Grund der Erkrankung seiner Mutter sei eine Verlegung des Wohnsitzes nicht zumutbar gewesen, konnten durch die vorgelegten ärztlichen Atteste (Osteoporose, Osteofraktose sowie Gonathrose) nicht belegt werden. Die Tatsache, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung beinahe ein Drittel aller Frauen nach dem Klimakterium an dieser Knochenkrankheit leidet, und keine Hinweise für einen schweren Krankheitsverlauf vorliegen, spricht ebenso gegen eine besondere Pflegenotwendigkeit wie der Umstand, dass die Mutter im verfahrensgegenständlichen Jahr (und auch nicht in den Jahren davor) kein Pflegegeld bezogen hat. Mit den Vorbringen des Bf. konnte auch keine Gefahr für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Mutter im Falle einer Wohnsitzverlegung nach W dargelegt werden. Gegen eine besondere Pflegenotwendigkeit spricht auch der Umstand, dass der Bf. - wie er selbst vorbringt - nicht der einzige Angehörige der Mutter ist - es gibt noch weitere drei Kinder. Es steht daher fest, dass die Mutter während der beschäftigungsbedingten Abwesenheit ihres Sohnes sich selbst versorgte bzw. dringend notwendige Erledigungen unter der Woche von den weiteren Kindern getätigt wurden. Bei der etwaig erforderlichen Unterstützung der Mutter (74 Jahre alt) durch den Bf. handelt es sich daher nicht um eine Pflegebedürftigkeit im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Das Erledigen von Einkäufen oder Behördengängen führt nicht zu einer Unzumutbarkeit der Verlegung des (Familien) Wohnsitzes an den Beschäftigungsort.
Die vom Bf. angeführte Entscheidung des UFS geht insoweit ins Leere, als im dortigen Fall ein anderer Sachverhalt (Bezug von Pflegegeld) gegeben war.
Aufgrund der vorstehenden Erwägungen wäre eine Verlegung des (Familien) Wohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung zumutbar gewesen. Die durch die Beibehaltung des Wohnsitzes in Ka verursachten (Mehr) Kosten fallen unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 EStG. Die geltend gemachten Aufwendungen waren daher nicht als Werbungskosten absetzbar.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100499.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at