Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.04.2016, RV/1100014/2016

kindbezogene Ausgleichszahlung

Beachte

Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2016/16/0078. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin n1 in der Beschwerdesache n2, gegen den Bescheid des Finanzamtes s1 vom , betreffend Abweisung des Antrages vom auf Familienbeihilfe für

  • n3 ab März 2014

  • n4 ab Juli 2015

  • n5 ab März 2014

  • n6 ab Jänner 2014

zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers (Bf) auf Familienbeihilfe für die vier namentlich genannten Kinder ab Jänner bzw. März 2014 sowie ab Juli 2015 mit folgender Begründung abgewiesen:

"Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in der ab gültigen Fassung regelt, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungen verpflichtet ist.

Vorrangig muss grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Sind die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, trifft die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen.

Sind die Familienleistungen im anderen Mitgliedsstaat höher, besteht dort gegebenenfalls ein Anspruch auf Gewährung des Unterschiedsbetrages (Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004).

Wird in jenem Mitgliedstaat, der vorrangig zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet ist, kein Antrag gestellt, so kann der andere Mitgliedsstaat dennoch jene Leistungen, die bei Antragstellung gewährt worden wären, bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages berücksichtigen.

Da Sie in l1 beschäftigt sind, ist l1 vorrangig für die Auszahlung der Familienleistungen zuständig.

Da die einzige Beschäftigung in l1 ist, besteht in Österreich nur Anspruch auf Ausgleichszahlung für alle Kinder.

Bei der Berechnung der Ausgleichszahlung werden die ausländischen Familienleistungen den inländischen Familienleistungen für alle Kinder gegenübergestellt.

Diese Rechtsmeinung wird trotz vorliegender stattgebender Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzgerichtes für 2013 aufrechterhalten."

Gegen obgenannten Bescheid berief der Beschwerdeführer mit seinem Schriftsatz vom und beantragte die Auszahlung der Familienbeihilfe entsprechend der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes.

In der das Beschwerdebegehren abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wird ua wie folgt argumentiert:

"Die für die Berechnung der Höhe der Ausgleichszahlung maßgeblichen Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes FLAG lauten (auszugsweise) wie folgt:

§ 4 (1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

§ 4 (3) Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.

§ 8 (1) Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die Familienbeihilfe gewährt wird.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen des § Abs. 3 und Abs. 4 FLAG wird die Ausgleichszahlung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe gewährt.

Da Sie in l1 beschäftigt sind, ist l1 vorrangig für die Auszahlung der Familienleistungen zuständig. Die Kinderzulagen (Familienleistungen) wurden ab der Vollendung des 18. Lebensjahres in l1 eingestellt.

Da im Inland keine Beschäftigung im Sinne der EU-Verordnung 883/2004 vorhanden ist und sie im Ausland beschäftigt sind, besteht der Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe in l1.

Bei der Berechnung der Ausgleichszahlung werden die ausländischen Familienleistungen den inländischen Familienleistungen für alle Kinder gegenübergestellt.

Der ausländische Anspruch in l1 beträgt w 330,00 bzw. w 280,00 monatlich für ein Kind.

Bei der Berechnung der Ausgleichszahlung werden (wurden) die ausländischen Familienleistungen von w 1320,00 von bis , und von w 990,00 ab dem inländischen Familienbeihilfenanspruch für alle Kinder gegenübergestellt.

Dadurch ergibt dies eine betragsmäßige Ausgleichszahlung, mit dieser wird der Kinderabsetzbetrag von € 58,40 (pro Kind) angewiesen.

Durch die genannten Bestimmungen wird eine separate Familienbeihilfenauszahlung für tö ab der Vollendung des 18. Lebensjahres deshalb nicht möglich."

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist in l1 erwerbstätig und erhält dort für seine Kinder bis Erreichen des 18. Lebensjahres die Familienbeihilfe (Kinderzulage). Die Familienbeihilfe bzw. der Anspruch auf Kinderzulage für seine hier in Rede stehenden vier Töchter wurde nach Erreichen des 18. Lebensjahres eingestellt. Der Beschwerdeführer begehrt die Zuerkennung der vollen österreichischen Familienbeihilfe ab diesem Zeitpunkt. 

Rechtliche Würdigung:

In Streit steht der Anspruch auf Gewährung von österreichischer Familienbeihilfe für die namentlich genannten vier älteren Töchter des Bf.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die laut Ausführungen des Finanzamtes in seinem Bescheid vom sowie seiner Beschwerdevorentscheidung vom anzuwendende Verordnung verwiesen.

Strittig ist im vorliegenden Beschwerdefall, ob und inwieweit dem Bf auch für seine vier älteren Töchter Familienbeihilfe zusteht, obwohl der Bf in l1 bereits für seine drei jüngeren Kinder Familienbeihilfe bezieht. Diese Zahlungen aus l1 (für drei jüngere Kinder) wurden vom Finanzamt den gesamten inländischen Familienbeihilfenansprüchen (für insgesamt sieben Kinder) gegenübergestellt.

Richtig ist jedenfalls, dass kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, wenn eine Person einen Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe hat (§ 4 Abs. 1 FLAG).

Eine ausländische Beihilfe wird dann als gleichartig anzusehen sein, wenn sie auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage beruht und zur Erleichterung der Belastungen, die durch den Unterhalt von Kindern entstehen, gewährt wird.

Hat jemand Anspruch auf eine ausländische FB, so ist er nur hinsichtlich derjenigen Kindervom Anspruch auf die FB nach dem FLAG ausgeschlossen, für die er Anspruch auf die ausländische FB hat. Für Kinder, für die nach den ausländischen Rechtsvorschriften kein Anspruch besteht, wird - bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen - ein Anspruch nach dem FLAG nicht ausgeschlossen. Es kann demnach eine Person Anspruch auf eine ausländische Beihilfe für bestimmte Kinder (hier wären es die drei jüngeren Kinder des Beschwerdeführers) und Anspruch auf die österreichische FB für andere Kinder (nämlich die namentlich im Bescheid genannten Töchter des Bf) haben.

Der Sinn dieser Bestimmung ist der, dass der Gesetzgeber verhindern will, dass im Inland und im Ausland für dieselbenKinder Beihilfe bezogen wird. Es kommt auch nicht darauf an, ob aufgrund des Anspruches auf eine gleichartige ausländische Beihilfe diese auch tatsächlich bezogen wird (Herwig Aigner/Christian Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 4 Rz 3).

Dies bedeutet für den hier vorliegenden Beschwerdefall eindeutig, dass der Bf für seine hier in Rede stehenden Töchter entgegen den Ausführungen des Finanzamtes in seinem Bescheid Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe hat. Die ausländische Familienbeihilfe (Kinderzulage) wurde nämlich nur für die drei jüngeren Kinder des Beschwerdeführers gewährt. Der Beschwerdeführer hat nur dann keinen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe, wenn er für dieselben Kinder Anspruch auf eine ausländische Beihilfe gehabt hätte. Nachdem der Beschwerdeführer laut Aktenmaterial keinen Anspruch auf Kinderzulage für die in Rede stehenden älteren Töchter hatte, steht ihm die österreichische Familienbeihilfe in voller Höhe zu.

Über die Beschwerde war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Abschließend wird auf die bereits zum deckungsgleichen Sachverhalt ergangene Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom zu RV/1100397/2015 und deren Ausführungen verwiesen. 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im vorliegenden Beschwerdefall nicht vor, da die zugrundeliegende Rechtsfrage durch die zitierte gesetzliche Bestimmung und deren Interpretation ausreichend beantwortet wird. Die Zuerkennung von Familienbeihilfe ist eine sich aus dem Gesetz klar und eindeutig ergebende Rechtsfolge. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird hiebei nicht berührt und ist eine (ordentliche) Revision daher auch nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Zitiert/besprochen in
Reinalter in BFGjournal 2016, 398
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.1100014.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at