Gewinnzurechnung eines in Österreich ansässigen und in der Schweiz tätigen Unternehmers
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch die Igerz E. Dr. & Co WTH GmbH, Goethestraße 5, 6850 Dornbirn, gegen die Bescheide des FA Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer 2011 und Einkommensteuervorauszahlungen 2012 und 2013 zu Recht erkannt:
1) Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 wird teilweise stattgegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt, das einen Bestandteil des Bescheidspruches bildet, zu entnehmen.
2) Der Beschwerde gegen den Bescheid über die Vorauszahlung an Einkommensteuer 2012 wird stattgegeben.
Die Vorauszahlung an Einkommensteuer für dieses Jahr wird mit Null festgesetzt.
3) Betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid über die Vorauszahlung an Einkommensteuer 2013 ergeht folgender Beschluss:
Die Beschwerde wird als gegenstandlos erklärt.
4) Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Durch Internetrecherchen brachte das Finanzamt in Erfahrung, dass der Bf. ab dem Jahr 2007 in Deutschland und in Österreich einen Handel mit Leuchtmittel betrieb. Auf eine Aufforderung des Finanzamtes an den Bf., eine Umsatz-und Einkommensteuererklärung abzugeben, erklärte der Bf., er habe seinen Wohnsitz im Jahr 2009 in die Schweiz verlegt. Dort habe er ein Zimmer mit Dusche, Bad und WC gemietet. Die bisherige Wohnung in der Gasse 3a in M werde nur mehr als Ferienwohnung genutzt. Die Wohnsitzverlegung sei aufgrund der Betriebsgründung in der Schweiz erfolgt. Dort suche er als Handelsvertreter Unternehmen auf und nehme Bestellungen entgegen. Die bestellten Waren würden aus der Schweiz, Deutschland, Großbritannien und Österreich an das Auslieferungslager in M geliefert. Die vormalige Betriebsstätte und den Wohnsitz in Deutschland habe er im Jahre 2008 aufgegeben. Nunmehr unterhalte er eine Betriebsstätte in der Straße 129 in O. in der Schweiz. An dieser Adresse befänden sich zwei weitere Unternehmen, die Firma K.“ und die Firma „ HM“.
Mit Vorhalt vom teilte das Finanzamt dem Bf. mit, es gehe davon aus, dass der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich und er daher nach Art. 4 DBA-Schweiz weiter in Österreich ansässig sei, zumal er in der Schweiz nur über eine im Vergleich zur österreichischen Wohnung untergeordnete Wohnmöglichkeit verfüge, er in Österreich geboren sei und auch bisher seinen Hauptwohnsitz in Österreich gehabt habe und daher anzunehmen sei, dass er engere persönliche Beziehungen zu Österreich als zur Schweiz habe.
Ungeachtet dessen lud das Finanzamt den Bf. ein anzugeben
wie er zur Wohnstätte in der Schweiz gekommen sei,
wie groß dieses Zimmer sei und wie eingerichtet,
welche persönlichen Gegenstände er in die Schweiz mitgenommen habe und
welche Wohnbedürfnisse durch diese Wohnung überhaupt möglich seien.
Ferner forderte es ihn auf
den Schriftverkehr betreffend die Begründung des Wohnsitzes,
Belege über die Betriebskosten der Schweizer Wohnung,
Belege über die Bezahlung der Mieten,
Fotos der Wohnung sowie
Unterlagen betreffend den Umzug in die Schweiz
vorzulegen und Angaben über
sein persönliches Vermögen und
seine persönlichen Beziehungen zu machen.
Zur behaupteten Betriebsstätte in der Schweiz forderte es den Bf. auf,
eine Sachverhaltsdarstellung in Hinblick auf die Geschäftsentwicklung in den einzelnen Staaten,
eine dementsprechende Gewinnermittlung für das Einzelunternehmen unter Berücksichtigung der auf die Betriebsstätten
entfallenden Gewinnanteile undUnterlagen über die steuerliche Erfassung in den Betriebsstättenstaaten vorzulegen.
Da der Bf. diesen Vorhalt nicht beantwortete, ging das Finanzamt von der Ansässigkeit des Bf. in Österreich und damit seiner unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich aus. Es schätzte die Einkünfte für die Jahre 2007 und 2008 mit 10.000,00 Euro und für das Jahr 2009 mit 20.000 Euro und setzte auf diesen Bemessungsgrundlagen die Einkommensteuern der Jahre 2007 und 2008 mit 1.899,53 € und für das Jahr 2009 mit 3.263,10 Euro fest. Gleichzeitig setzte es die Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2010 und Folgejahre mit 3.393,62 Euro fest.
Am stellte der Bf. einen Antrag auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung 2010 und begründete dies damit, dass er nur in der Schweiz einen Wohnsitz habe und dort auch seine Einkünfte versteuere.
Angefochtene Bescheide
Das Finanzamt ging dennoch auch für die Jahre 2010 und 2011 von einer Steuerpflicht der gesamten Einkünfte des Bf. in Österreich aus und setzte die Einkommensteuer für diese Jahre mit Bescheiden vom und vom bei geschätzten Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 20.000,00 Euro im Jahr 2010 und in Höhe von 17.500,00 Euro im Jahr 2011 mit 3.263,10 Euro (2010) und 2.314,00 Euro fest. Zur Begründung führte es aus, der Bf. habe das Ergänzungsersuchen vom nicht beantwortet. Eine Melderegisterabfrage habe ergeben, dass er vom bis zum und vom bis zum in M, Gasse 3a Top 2, gemeldet gewesen sei. Dabei sei auch festgestellt worden, dass der Bf. durchgehend Mieter dieser Wohnung gewesen sei und auch Mietzahlungen geleistet habe. Die auf Österreich entfallenden Umsätze und die der österreichischen Betriebsstätte zurechenbaren Gewinne seien im Schätzungswege ermittelt worden.
Ebenfalls am erließ das Finanzamt Einkommensteuervorauszahlungsbescheide für die Jahre 2012 und 2013, mit der es die Vorauszahlungen für diese Jahre auf der Basis der Steuerfestsetzungen durch den Einkommensteuerbescheid 2011 mit je 2.406,00 Euro festsetzte.
Beschwerde
Am erhob der Bf. gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 und die Einkommensteuervorauszahlungsbescheide 2012 und 2013 Beschwerde.
Begründend brachte seine Steuervertretung vor, der Bf. habe in Österreich in der Zeit zwischen dem und dem weder einen Hauptwohnsitz noch eine Betriebsstätte und nach dem nicht einmal mehr einen Nebenwohnsitz gehabt. Das Unternehmen des Bf. werde in der Schweiz geführt und auch die Gewinne würden dort versteuert. Er habe deshalb bis durchgehend einen Nebenwohnsitz in M gehabt, da sein Bruder dringend Hilfe benötigt habe und der Bf. an den meisten Wochenenden für diesen gesorgt habe. Nunmehr habe er aber auch seinen Nebenwohnsitz in Österreich aufgegeben.
Beschwerdevorentscheidung
Das Finanzamt wies die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Erneut verwies es darauf, dass der Bf. das Ergänzungsersuchen vom nicht beantwortet habe. Er sei seit dem Mieter der Wohnung in der Gasse 3a in M, wofür er laut einer beim Vermieter dieser Wohnung durchgeführten Nachschau auch laufend die Miete mittels Banküberweisung bezahlt habe. Es sei daher als erwiesen anzunehmen, dass der Bf. mit der inländischen Wohnung Räumlichkeiten zur Verfügung habe, welche er für Wohnzwecke beibehalte und benütze. Die Betriebsstätte und den Wohnsitz in der Schweiz habe der Bf. aber nicht nachweisen können. Lediglich ein Mietvertrag über ein Zimmer in der Straße 129 in O. mit einer Bruttomiete in Höhe von 150,00 CHF und Mietbeginn am sei dem Finanzamt vorgelegt worden. Diese Miete sei derart niedrig, dass als erwiesen angenommen werden könne, dass es sich dabei lediglich um eine Scheinadresse handle, zumal eine tatsächliche Nutzung eines Wohnsitzes an der genannten Adresse nicht nachgewiesen worden sei. Es sei daher davon auszugehen, dass der Bf. seinen Wohnsitz weiterhin in M habe und zumindest ein Teil seiner Einkünfte nicht der Schweizer Betriebsstätte zuzurechnen sei. Die Voraussetzungen für eine Schätzung gemäß § 184 BAO lägen daher wie schon in den Vorjahren vor.
Vorlageantrag
Im am gestellten Vorlageantrag wandte der Bf. durch seine Steuervertretung gegen die Steuerfestsetzung des Finanzamtes ein, der Bf. habe in der Schweiz bis September 2012 ein im Handelsregister des Kantons A eingetragenes Einzelunternehmen betrieben. Der Betrieb in der Schweiz habe über ein angemietetes Lager sowie über einen angemieteten Raum verfügt, zudem sei im Betriebsvermögen ein in der Schweiz zugelassenes Fahrzeug sowie verschiedene andere notwendige Geschäftseinrichtungen wie z.B. Computer, Fax oder Telefonanschluss enthalten. Im Jahresabschluss zum sei ein Mietaufwand in Höhe von 3.570,00 Euro sowie ein Aufwand für Telefon und Porti in Höhe von 3.560,75 Euro ausgewiesen. Auf der Homepage des Unternehmens mit der Adresse xx werde die Anschrift des Unternehmens (Straße 129, O.), die Telefonnummer (XXXX), die Faxnummer (XXXXX) und die E-Mail-Adresse @ bzw. für den Verkauf in das Gebiet der EU @2) angegeben. Im Jahresabschluss 2011 seien ausschließlich Schweizer Umsätze in Höhe von 330.946,76 CHF ausgewiesen. Es sei daher zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Bf. in der Schweiz ein Unternehmen betrieben habe, das über eine feste Geschäftseinrichtung und damit über eine Betriebsstätte im Sinne des Artikel 5 DBA-Schweiz verfügt habe. Das Besteuerungsrecht stehe daher zur Gänze der Schweiz zu.
Dem Vorlageantrag legt der Bf. bei:
einen Ausdruck der Homepage des Unternehmens des Bf.,
eine Bestätigung eines Schweizer Treuhandbüros vom darüber, dass der Bf. mit seiner Firma „LM“ in der Schweiz selbständig sei und die Umsätze mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung, dem Steueramt O. und der SVA A abgerechnet würden,
Kopien der Schweizer Aufenthaltsbewilligung mit dem Vermerk: „Einreisedatum “ und des Schweizer Führerausweises des Bf.,
einen unbefristeten Mietvertrag zwischen der Vermieterin SA und dem Bf. als Mieter über die Vermietung eines Lagerraumes in W, L-Straße 52, über einen Brutto-Mietzins in Höhe von 120,00 CHF und Mietbeginn ab ,
einen handschriftlichen „Mietvertrag“ zwischen dem Vermieter EW, D, und dem Bf. über die Vermietung einer „Abstellecke im Lokal“ in einem Objekt in der „F-Straße 4“ mit einer Brutto-Miete inkl. Strom in Höhe von 80,00 CHF und Mietbeginn ,
ein Kontoblatt Nr. 6000 über die Warenverkäufe des Monates Dezember 2011.
Ermittlungsverfahren Bundesfinanzgericht
Zur Klärung des Sachverhaltes führte das Bundesfinanzgericht ein Ermittlungsverfahren durch. Mit Schreiben vom (Vorhalt) hielt es zur Frage der „Ansässigkeit“ fest, laut Aktenlage habe der Bf. bis Februar 2012 eine Wohnung mit 71 m² in der Gasse 30, Top 2, in X M um eine Miete in Höhe von 613,33 Euro gemietet. Diese Miete sei laut dem niederschriftlich festgehaltenen Ergebnis einer amtlichen Nachschau auch auf das Konto des Vermieters überwiesen worden. Damit habe der Bf. im Jahr 2011 in Österreich einen Wohnsitz gehabt und sei hier unbeschränkt steuerpflichtig gewesen (§ 1 Abs.1 EStG 1988). Ob er in diesem Jahr auch in der Schweiz eine Wohnung oder den Hauptwohnsitz gehabt habe, sei hingegen unbewiesen.
Sei von einer Ansässigkeit in Österreich auszugehen, stehe das Besteuerungsrecht auch über allenfalls in der Schweiz erzielte Einkünfte nach dem Artikel 23 DBA-Schweiz dem Ansässigkeitsstaat und somit Österreich zu. Eine Betriebsstätte in Österreich sei dafür nicht erforderlich. Eine Ausnahme bestehe nur für Gewinne, die mit einer Betriebsstätte in der Schweiz in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Eine Betriebsstätte sei eine feste Einrichtung wie zB. Produktionsstätten, Lagerhallen oder Büros. Entscheidend sei, dass durch diese Einrichtungen auch eine unternehmerische Tätigkeiten ausgeübt werde und die daraus erzielten Gewinne diesen Einrichtungen zugerechnet werden könnten. Laut seinen Angaben habe er in der Straße 129 in O. ein Zimmer um 150 Schweizer Franken im Monat gemietet. Es sei aber nicht erkennbar, welche unternehmerischen Tätigkeiten er durch dieses Zimmer ausgeübt habe und welche Gewinne diesem zuzurechnen seien.
Zur Klärung der Frage der Ansässigkeit trug das Bundesfinanzgericht dem Bf. auf bekanntzugeben,
wo in der Schweiz (oder anderswo außerhalb Österreichs) er im Jahr 2011 und danach über eine Wohnung verfügt habe,
wie groß diese gewesen sei und wie eingerichtet,
welche persönlichen Gegenstände sich in dieser Wohnung befunden hätten,
wo sich sein persönliches Vermögen befunden habe,
welche konkreten persönlichen Beziehungen er zu Staaten außerhalb Österreichs, insbesondere der Schweiz, gehabt habe
und
Belege über die Bezahlung der Miete und der Betriebskosten und
Nachweise betreffend die Übersiedelung wie z.B. zollamtliche Bestätigung über die Anmeldung von Übersiedlungsgut oder Quittung über die Bezahlung von Einfuhrumsatzsteuer vorzulegen.
Zur Klärung der Frage der Betriebsstätte wurde er eingeladen
die Schweizer Bilanzen, die Schweizer Steuererklärungen und die Schweizer Steuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011 sowie,
Nachweise über die Bezahlung der Miete und der Betriebskosten für dieses Zimmer sowie die Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2011 vorzulegen und
darzulegen
auf welche Leistungen und Kunden sich die Schweizer Umsätze bezogen und
welche unternehmerischen Tätigkeiten er vom Zimmer in O. aus ausgeübt habe und dazu
Beweisunterlagen wie z.B. einen Schriftverkehr mit Lieferanten und Kunden, Lieferscheine, Eingangs- und Ausgangsrechnungen, Terminkalender, Gesprächsprotokolle, Einzelgesprächsnachweise zu Telefonaten via Festnetz und Handy, Faxprotokolle etc. vorzulegen.
Zu dem im Vorlageantrag vorgelegten weiteren Mietvertrag über einen Lagerraum forderte es den Bf. auf anzugeben
wie groß dieser sei und welche Waren oder sonstige Gegenstände dort gelagert worden seien,
wo er die Waren oder sonstigen Gegenstände zuvor gelagert habe und
Nachweise über die Bezahlung der Miete für das Lager vorzulegen.
Ferner wies es auf das Vorhaltschreiben des Finanzamtes vom , mit dem er schon einmal detailliert und ausdrücklich zu Ansässigkeit und Betriebsstätte befragt worden sei, sowie auf die erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten hin.
Mit Schreiben vom (Vorhaltbeantwortung) beantwortete die steuerliche Vertretung den Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes wie folgt:
Zur Ansässigkeit: Bei der gemieteten Wohnung in O. handle es sich um ein 25 m² großes möbliertes Appartement, das mit einem Bett, einer Couch, TV, Radio, Schreibtisch und Computer mit Internet-Anschluss ausgestattet gewesen sei. Die Miete habe 150,00 CHF im Monat betragen, sie sei deshalb so günstig gewesen, weil sie mit Hausdiensten des Bf. gegenverrechnet worden sei. Der Mietvertrag liege bei. Für die Übersiedelung gebe es keine Nachweise, der Bf. habe das zum Leben Nötige in der Schweiz gekauft. Er habe kein Vermögen in Österreich, die geerbte Wohnung sei im Jahr 1998 versteigert worden, im Jahr 2000 sei er in Konkurs gegangen. Zu seinen persönlichen Beziehungen zur Schweiz gab er an, er habe dort eine Freundin gehabt, von der er sich aber 2005 getrennt habe, ferner sei er in der Schweiz sehr herzlich aufgenommen worden. In Österreich habe er keine Chancen mehr bekommen, ein Unternehmen zu gründen oder eine Arbeit zu finden.
Zur Betriebsstätte: Seine unternehmerische Tätigkeit habe darin bestanden, dass er seine Kunden in der Schweiz persönlich ohne vorherige Terminvereinbarungen besucht und Aufträge eingeholt habe. Die Ware habe er sodann persönlich ausgeliefert. Es gebe in diesem Zusammenhang keine Protokolle außer den Eingangs- und Ausgangsrechnungen. Das von der KE AG zur Verfügung gestellte Büro habe zur Erstellung von Rechnungen, der Durchführung von Kundengesprächen und der Aufbewahrung der Belegsammlungen gedient. Die im Jahr 2014 verkaufte KE AG habe dem Bf. das Geschäftszimmer gratis überlassen, da er für diese auch die Akquirierung von Kunden übernommen habe. Im Lager in W habe er auf 10 m² Leuchtmittel und Reflektoren gelagert. Zuvor seien die Waren kostenlos in einem abbruchreifen Stadel in D gelagert worden. Am habe er sein Unternehmen in der Schweiz abgemeldet und sei er in Rente gegangen. Seitdem beziehe er nur mehr Pensionseinkünfte.
Der Vorhaltbeantwortung wurden beigelegt:
der Mietvertrag der KE AG vom
ein Wohnsitzausweis der Gemeindeverwaltung O.
Steuerbescheide des Kantons A, Steueramt O.
Die Steuerbilanz 2011 mit einem ausgewiesenen Bilanzgewinn in Höhe von 83.635,38 CHF
Ausgangsrechnungen der Jahre 2010 und 2011
Rechnungen der Swisscom der Jahre 2010 und 2011
Am legte der Bf. nach entsprechender Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht die Kontenblätter „Warenverkäufe“ für die Jahre 2011 und 2012 vor und teilte mit, in Österreich im Jahr 2011 Umsätze in Höhe von 13.671,48 CHF und im Jahr 2012 Umsätze in Höhe von 11.897,33 CHF erzielt zu haben. Die restlichen Umsätze in Höhe von 427.426,58 CHF seien in der Schweiz erzielt worden.
Mit Schreiben vom gab das Finanzamt zu den Vorhaltbeantwortungen des Bf. zusammengefasst folgende Stellungnahme ab:
Zur Ansässigkeit: Es könne nicht als erwiesen angenommen werden, dass der Bf. an der Adresse Straße 129 in CH-XX O. einen Wohnsitz bzw. eine ständige Wohnstätte iSd § 26 BAO bzw Art 4 DBA Schweiz gehabt habe. Aus den vorgelegten (wenigen) Kontoauszügen lasse sich weder die Bezahlung von Mieten noch von Betriebskosten nachvollziehen. Überdies sei es nicht glaubhaft, dass die fremdunübliche Miete von CHF 150,-- für (wahlweise) das Zimmer (laut Mietvertrag bzw. Bestätigung der Fa. KE.) bzw. die 25 m²-Wohnung (laut Vorbringen der steuerlichen Vertretung) ihren Grund in geleisteten Hausdiensten habe. Außerdem werde auf Seite 2 des Schreibens der steuerlichen Vertretung vom unter Punkt B4 und im völligen Widerspruch zu den Ausführungen unter Punkt A4, wo noch von einer (reduzierten) Miete von CHF 150,-- die Rede gewesen sei, nun plötzlich vorgebracht, die Firma KE. habe das Zimmer gratis zur Verfügung gestellt!
Im Übrigen werde auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen. Aufgrund des inländischen Wohnsitzes und des offensichtlichen Mittelpunktes der Lebensinteressen in Österreich in den Beschwerdejahren, welcher durch das Vorbringen, der Beschwerdeführer hätte bis 2005 in der Schweiz eine Freundin gehabt und von Vermieter, Schweizer Behörden und Banken freundlich und entgegenkommend behandelt worden, nicht entkräftet werde, befinde sich die Ansässigkeit iSd Art 4 DBA Schweiz zweifelsfrei in Österreich.
Zur Betriebsstätte: Mangels (nachweislicher) Bezahlung einer (fremdüblichen) Miete könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Bf. in der Schweiz über ein Zimmer verfügt habe, weshalb sich die Frage erübrige, ob ein solches für private Wohnzwecke oder als Betriebstätte benutzt werde. Laut der Bilanz für das Jahr 2012 sei im Aktivvermögen lediglich der geleaste PKW ausgewiesen. Zwar schienen auch „Büromaschinen & Computer“ mit 1 CHF auf, einen Nachweis, dass der Beschwerdeführer an der Adresse über einen Büroarbeitsplatz mit Computer verfügt habe, gebe es aber nicht.
Überdies sei den zahlreichen Abrechnungen der Swisscom zu entnehmen, dass für den vorübergehend vorhandenen Festnetzanschluss im Wesentlichen lediglich Grundgebühren und Gebühren für die Rufweiterleitung bezahlt worden seien, wohingegen die Gebühren für das Schweizer Mobiltelefon in einem hohen Ausmaß durch Inanspruchnahme von Diensten außerhalb der Schweiz generiert worden seien. Aus Sicht des Finanzamtes könne als erwiesen angenommen werden, dass zwar ein virtueller Telefonanschluss, aber kein physisches Telefon vorhanden gewesen sei, welches der Beschwerdeführer stationär benutzt habe.
Selbst wenn eine Betriebstätte in der Schweiz bejaht würde, sei zu bedenken, dass die Zurechnung von Gewinnen an eine Betriebstätte dem Grunde nach eine Funktionsanalyse voraussetze. Nur wenn eine solche vorliege und diese ergebe, dass die unternehmerischen Kernfunktionen im Büro in der Schweiz wahrgenommen worden seien, sei es überhaupt denkbar, dass die auf „outdoor activities“ entfallende Gewinnanteile dieser zugerechnet werden könnten (vgl. EAS 3229 vom ). Zudem wäre die Zurechnung begrenzt auf jene Gewinne, welche ohne die Begründung der Schweizer Betriebstätte nicht hätten erzielt werden können und für welche die Wertschöpfung in der Schweiz liege, was für die mit österreichischen Kunden erzielten Umsätze nicht zutreffen könne (vgl. UFS Feldkirch vom , GZ RV/0090-F/10, bestätigt durch Erkenntnis des ). Ob es für eine fremdübliche Gewinnzurechnung genüge, eine Gewinnaufteilung im Verhältnis der Umsätze, die auf Kunden in der Schweiz und Österreich entfielen, vorzunehmen, sei derzeit Gegenstand höchstgerichtlicher Klärung (vgl. die nicht veröffentlichte Berufungsentscheidung des UFS Feldkirch vom , GZ RV/0352-F/10, gegen welche am Beschwerde beim VwGH erhoben wurde), wobei nach Überzeugung des Finanzamtes aber jedenfalls eine einzelfallbezogene Beurteilung vorgenommen werden müsse. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Sachverhalt wäre eine Zurechnung des gesamten, auf die Schweizer Umsätze entfallenden Gewinnes an die Schweizer Betriebstätte wohl nicht sachgerecht.
Im Übrigen seien die Ausgangsrechnungen offensichtlich nicht vollständig mit allen laufenden Rechnungsnummern vorgelegt worden, weshalb allenfalls die Einkünfte (neuerlich) geschätzt werden müssten (wobei der der Schweizer Betriebstätte zugerechnete Gewinnanteil, falls eine solche teilweise Zurechnung überhaupt erfolgt, in Österreich für den Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen wäre).
Mit einem weiteren Vorhalt vom teilte das Bundesfinanzgericht dem Bf. mit, dass nach der bisherigen Aktenlage nicht von einer Ansässigkeit in der Schweiz ausgegangen werden könne. Auch sei keineswegs gesichert, dass sämtliche in der Schweiz erzielten Einkünfte einer Betriebsstätte in der Schweiz zuzurechnen seien und dort der Steuer unterlägen. So gehe z.B. aus den vorgelegten Telefonrechnungen hervor, dass ein großer Teil der Telefonate von Österreich aus geführt worden seien, seien die Angaben betreffend die Miete des Appartements oder Zimmers zum Teil widersprüchlich (einmal sei von einem Zimmer, dann wieder von einem Appartement die Rede, einmal von einer Miete von 150,00 CHF die Rede, ein andermal von einer Gratisbenützung des Besprechungszimmers) und seien die Ausführungen betreffend die geringe Höhe der Miete bzw. die Gegenverrechnung von Hausdiensten mit der Miete, die Gratisüberlassung des Zimmers sowie die kostenlose Verwendung eines Stadels in keiner Weise nachgewiesen worden.
Auch fehlten nachvollziehbare Angaben über die durch die angebliche Betriebsstätte ausgeübten Tätigkeiten. Der Beitrag einer Betriebstätte zum Gesamtgewinn eines Unternehmens sei mittels einer Funktionsanalyse, d.h. einer Analyse der wesentlichen Funktionen eines Betriebes wie im Falle eines Handelsbetriebes die Kundeakquisition, der Wareneinkauf, der Lagerung und Lieferung der Waren etc., zu ermitteln. Aus den vorgelegten Ausgangsrechnungen lasse sich keineswegs ableiten, dass die im Jahr 2011 erzielten Gewinne mit dem Zimmer in O. funktional zusammenhingen. Andere angeforderte Unterlagen wie ein Schriftverkehr mit den Kunden, Lieferscheine, Terminkalender, Gesprächsprotokolle udgl., die dies belegen könnten, seien nicht vorgelegt worden. Auch gehe aus den bisherigen Angaben des Bf. nicht hervor, wo er die verkauften Waren eingekauft habe. Diesbezügliche Fragen seitens des Finanzamtes wie auch des Bundesfinanzgerichtes habe er nicht beantwortet und auch die angeforderten und angeblich vorhandenen Eingangsrechnungen habe er nicht vorgelegt.
Der Bf. wurde nochmals eingeladen, die Vorlage einer Funktionsanalyse und der Eingangsrechnungen nachzuholen und anzugeben, worauf sich der in der Bilanz angesetzte Mietaufwand in Höhe von 3.570,00 CHF sowie der Personalaufwand iHv 14.232,71 CHF bezogen. Abschließend wurde er auf die bei Auslandssachverhalten geltende erhöhte Mitwirkungspflicht sowie auf die bei Unvollständigkeit der Grundlagen für die Abgabenberechnung bestehende Schätzungsmöglichkeit gemäß § 184 BAO hingewiesen.
Mit Schreiben vom gab der Bf. folgende Stellungnahme ab:
Telefonrechnungen: Er habe nicht von Österreich, sondern von der Schweiz aus ins Ausland telefoniert.
Miete: Er habe schon im Jahre 1994 über die Firma LO in Wien, bei der er angestellt gewesen sei, Lampen an die KE AG verkauft. So sei er bei der Suche nach einer Wohn- und Firmenadresse an diese Firma geraten, die ihm gegen Mithilfe bei Hausarbeiten und Kundenacquisitionen bei der Miete entgegengekommen sei. Die KE AG sei inzwischen verkauft worden. Der ausgewiesene Mietaufwand habe sich auf die Miete für die Wohnung/Büro und das Lager in W bezogen.
Tätigkeit: Seine Tätigkeit habe im Verkauf von Beleuchtungen, hauptsächlich von Leuchtstoffröhren OSK, bestanden. Dabei sei er mit dem Auto durchs Land gefahren und habe Kunden ohne vorheriges Aviso besucht. Wenn möglich, habe er die Produkte zur Bemusterung montiert und habe einige Tage danach den Kunden wieder aufgesucht und die Lampe entweder verkauft oder die Bemusterung wieder mitgenommen. Zur Finanzierung der Waren habe er 95% des Verkaufspreises bei den Kunden bar kassiert. Lieferanten: Seine Lieferanten seien hauptsächlich die Firma R in München für die Reflektoren und eine Firma in Hannover, deren Name er nicht mehr wisse, für die elektronischen Starter. Die Leuchtstoffröhren habe er von der Firma GH bezogen.
Personalaufwand: Unter dem Personalaufwand befänden sich die Beiträge zur AHV sowie Kosten für Kleidung, Schuhe etc.
Rechnungen: In der Schweiz sei die fortlaufende Nummerierung von Rechnungen erforderlich, es könnten auch handgeschriebene Rechnungen ausgestellt werden und es müsse nicht einmal der Firmenname angeführt werden.
Wohnsitz: 2011 und 2012 habe er keinen Wohnsitz in Österreich gehabt, er habe lediglich an den Wochenenden seinen kranken Bruder gepflegt.
Ferner legte der Bf. folgende Funktionsanalyse seines Betriebes vor:
Der Verkauf sei im Wesentlichen so erfolgt, dass er potentielle Kunden ohne vorherige Ankündigung in der Schweiz aufgesucht habe. Er hab Proben bei den Kunden zurückgelassen und nach einer gewissen Zeit den Kunden wieder besucht. Im Falle eines Verkaufs habe er den Verkaufspreis zum Großteil vorweg kassiert, die Ware bestellt und bei deren Einlangen zum Kunden gebracht bzw. die bereits installierte Waren bei ihm belassen. Ansonsten habe er die Probe wieder mitgenommen.
Gelegentlich hätten sich Kunden auch von sich aus bei ihm gemeldet und ihn in seinem Büro besucht. Dabei habe er den Eindruck gehabt, er würde kontrolliert, ob sich sein Unternehmen tatsächlich in der Schweiz befinde.
Kunden von außerhalb der Schweiz hätten telefonisch oder per E-Mail bei ihm bestellt und er habe ihnen die Ware zukommen lassen, da er zur persönlichen Lieferung keine Zeit gehabt habe.
Die anfallende Büroarbeiten seien in den Räumlichkeiten in der Schweiz getätigt worden, da er unter der Woche auch dort gelebt habe.
Wesentlich für den Verkauf sei seine Person, sein Leasingfahrzeug mit Schweizer Kennzeichen, das Telefon mit Schweizer Telefonnummer und sein Büro gewesen.
Daraus sei ersichtlich, dass der Verkauf grundsätzlich nicht von einem Raum ausgegangen sei. Er sei kein „klassischer“ Lampenverkäufer gewesen. Damit erkläre sich auch die Rufumleitung auf sein Handy.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Streitfrage
Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Bf. in den Jahren 2011 und 2012 in Österreich ansässig und damit unbeschränkt steuerpflichtig war und wenn ja, in welchem Ausmaß die im Jahr 2011 erzielten Einkünfte in Österreich der Einkommensteuer unterlagen bzw. in welcher Höhe die Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre 2012 und 2013 festzusetzen waren.
Sachverhalt
Für die Beurteilung dieser geht das Bundesfinanzgericht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Der Bf. war vom bis zum als Mieter einer Wohnung in der Gasse 3a in X M mit Hauptwohnsitz behördlich gemeldet (ZMR). Diese Wohnung hatte eine Nutzfläche von 71 m² und bestand aus einer Küche, einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer, Bad mit WC, Gang, einem Abstellraum und einem Kellerabteil.
Aber auch nach Abmeldung des Hauptwohnsitzes blieb er weiter Mieter dieser Wohnung. Mit Mietvertrag ab verlängerte der Bf. das Mietverhältnis über diese Wohnung um weitere drei Jahre (Punkt 10. des Vertrages). Der Vertrag war nach Ablauf eines Jahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten schriftlich kündbar (Punkt 10.1). Der Mietpreis betrug ohne Betriebskosten 460,00 Euro (Punkt 7.3).
Der Mietpreis samt Betriebskosten in Höhe 632,25 Euro wurde vom Bf. regelmäßig auf das Konto des Vermieters überwiesen. Dies ergibt sich aus dem Bericht vom des Finanzamtes über eine durchgeführte Nachschau.
Per kündigte der Bf. die Wohnung in der Gasse 3a. Diesbezüglich folgt das Gericht einer entsprechenden Bestätigung des Vermieters.
Mit Mietvertrag vom mietete der Bf. ein Zimmer in der S-Str. in XX O. in der Schweiz um monatlich 150,00 Schweizer Franken. Das Zimmer war mit einem Bett, einer Couch, TV, Radio, Schreibtisch und Computer mit Internet-Anschluss ausgestattet. Die Miete wurde vom Bf. auch bezahlt. Dies schließt das Bundesfinanzgericht aus den vorgelegten Kontoauszügen, aus denen die Bezahlung z.B. für den Monat Oktober 2011. Über die weitere Ausstattung des Zimmers, insbesondere hinsichtlich vorhandenen Hausrates, liegen keine Angaben vor. Ein Nachweis über die Übersiedelung liegt nicht vor. Auch über die Häufigkeit der Nutzung dieses Zimmers lassen sich keine gesicherten Aussagen treffen
Der Bf. war in der fraglichen Zeit mit dem Verkauf von Beleuchtungsmitteln, hauptsächlich Leuchtstoffröhren, unternehmerisch tätig. Er hat den Verkauf der Waren nicht über ein Geschäftslokal, sondern überwiegend über Kundenbesuche und Verkaufsverhandlungen vor Ort durchgeführt. In geringerem Ausmaß haben die Verkaufsverhandlungen auch im Büro in der Schweiz stattgefunden. Weitere Hilfsmittel für den Verkauf waren eine Homepage xx sowie, Internet und Handy. Auf der Homepage wurden die zum Verkauf angebotenen Produkte vorgestellt und E-Mail-Kontakte für den Verkauf in die Schweiz sxx@ und für den Verkauf in die EU unter axx@ sowie die Telefon- und Faxnummer des Büros in der Schweiz angegeben.
Aus diesen Verkäufen erzielte der Bf. Umsätze in Höhe von CHF 330.946,76 im Jahr 2011 und in Höhe von 123.252,33 CHF im Jahr 2012 sowie Gewinne in Höhe von CHF 83.635,38 im Jahr 2011 und in Höhe von CHF 16.148,39 im Jahr 2012. Von den Umsätzen entfielen CHF 13.671,48 im Jahr 2011 und CHF 11.897,33 CHF und im Jahr 2012 auf österreichische, die übrigen und weit überwiegenden Umsätze entfielen auf Schweizer Kunden.
Im Jahr 2012 war der Bf. nur in den Monaten Jänner und Februar in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig, mit Ende September 2012 stellte er seine unternehmerische Tätigkeit insgesamt ein. In den Monaten Jänner und Februar 2012 erzielte er Umsätze in Höhe von insgesamt 29.647,39 CHF, wovon Umsätze in Höhe von 3.987,05 CHF auf österreichische Kunden entfielen. Dies entspricht einem Anteil am Gesamtumsatz von 13,49 %. Dies ist den vorgelegten Bilanzen, den Steuerbescheiden der Schweizer Steuerverwaltung und, was die Zusammensetzung der Umsätze angeht, den vorgelegten Kontenblättern über die Warenverkäufe und Angaben der Steuervertretung, zu entnehmen.
Rechtslage
Unbeschränkte Steuerpflicht im Inland und Ansässigkeit nach dem DBA-Schweiz
Gemäß § 1 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte
Beschränkt steuerpflichtig sind gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1988 jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die in § 98 aufgezählten Einkünfte.
Die Begriffe „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“ richten sich nach § 26 der Bundesabgabenordnung 1961 (BAO).
Nach § 26 Abs. 1 BAO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er sie beibehalten und benutzen wird.
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat gemäß § 26 Abs. 2 erster Satz BAO jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass es an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt.
Unter „Wohnung“ iSd § 26 Abs. 1 BAO sind Räumlichkeiten zu verstehen, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten. Die Wohnung muss nicht standesgemäß sein, auch Untermietzimmer und Hotelzimmer können eine Wohnung darstellen. Maßgebend ist die tatsächliche Gestaltung der Dinge (vgl. Ritz, BAO5, § 26 Tz 1; ; ).
„Innehaben“ bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für eigene Wohnzwecke benützen zu können. Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen vor allem Eigentum, Wohnungseigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht, aber auch familienrechtliche Ansprüche in Betracht. Eine bestimmte rechtsgeschäftliche Form ist nicht nötig. Die polizeiliche Ab- und Anmeldung im Sinne des § 1 Abs. 1 des Meldegesetzes 1991 ist nicht entscheidend, ihr kommt allenfalls Indizwirkung zu (vgl. Ritz, BAO5, § 26 Tz 5-7 mit der dort zitierten Rechtsprechung des VwGH).
Eine Person kann danach mehrere Wohnsitze, aber nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Verfügt eine Person über mehre Wohnsitze in verschiedenen Staaten, ist sie, falls auch der andere Staat für die unbeschränkte Steuerpflicht an den Wohnsitz anknüpft, in mehreren Staaten unbeschränkt steuerpflichtig.
DBA-Schweiz
Gemäß Artikel 7 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizer Eidgenossenschaft, BGBl 1075/64, (DBA-Schweiz) dürfen Unternehmensgewinne eines Vertragsstaates nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit in dieser Weise aus, so dürfen die Gewinne des Unternehmens in dem anderen Staat besteuert werden, jedoch nur soweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können.
Übt ein Unternehmen eines Vertragsstaates seine Tätigkeit in dem anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegen Betriebsstätte aus, so sind in jedem Vertragsstaat dieser Betriebsstätte diese Gewinne zuzurechnen, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre (Artikel 7 Abs. 2 DBA-Schweiz).
Bei der Ermittlung der Gewinne einer Betriebsstätte werden die für diese Betriebsstätte entstandenen Aufwendungen, einschließlich der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten, zum Abzug zugelassen, gleichgültig, ob sie in dem Staat, in dem die Betriebsstätte liegt, oder anderswo entstanden sind (Artikel 7 Abs. 3 DBA-Schweiz).
Unter Betriebsstätte wird nach Artikel 5 Abs. 1 DBA-Schweiz eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird, verstanden. Der Ausdruck „Betriebsstätte“ umfasst nach Artikel 5 Abs. 2 lit. a bis f DBA-Schweiz insbesondere einen Ort der Leitung, eine Zweigniederlassung, eine Geschäftsstelle, eine Fabrikationsstätte, eine Werkstätte, ein Bergwerk, einen Steinbruch oder eine andere Stätte zur Ausbeutung von Bodenschätzen, eine Bauausführung oder Montage, deren Dauer zwölf Monate nicht übersteigt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Betriebsstätte betriebsbezogen zu sehen und erfordert, dass darin die Tätigkeit ganz oder teilweise ausgeübt wird, wobei die Anfforderungen an den Umfang der betrieblichen Handlungen, die zur Begründung der Betriebsstätte erorderlich sind, um so geringer sind, je mehr sich die eigentliche Tätigkeit außerhalb der festen örtlichen Anlage vollzieht (vgl.).
Als Betriebsstätten gelten nach Artikel 5 Abs. 2 lit. a DBA-Schweiz nicht Einrichtungen, die ausschließlich der Lagerung, der Ausstellung oder Auslieferung von Gütern oder Waren des Unternehmens benutzt werden. Ferner gilt gemäß Artikel 5 Abs. 2 lit. e DBA-Schweiz eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen zu werben, Informationen zu erteilen oder ähnliche Tätigkeiten auszuüben, die vorbereitender Art oder eine Hilfstätigkeit darstellt, nicht als Betriebsstätte.
Unter den Begriffen „Unternehmen eines Vertragsstaates“ und „Unternehmen des anderen Vertragsstaates“ ist nach Art . 3 Abs. 1 lit. b DBA-Schweiz je nachdem, ein Unternehmen, das von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird, oder ein Unternehmen, das von einer in dem andern Vertragsstaat betrieben wird, zu verstehen.
„In einem Vertragsstaat ansässig“ im Sinne des Abkommens ist gemäß Artikel 4 Abs. 1 DBA-Schweiz eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Ist nach Absatz 1 eine Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, gilt die Person gemäß Artikel 4 Abs. 2 lit a DBA-Schweiz als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragsstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).
Zu den persönlichen Beziehungen gehören familiäre, gesellschaftliche, politische und kulturelle Bindungen. Dabei ist in jedem Einzelfall zu beurteilen, welches Merkmal für die Person die vorrangige Bindungswirkung hat.
Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten, Einnahmequellen und Vermögensgegenständen aus (vgl. dazu Wassermeyer in Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung, Artikel 4 Tz 68 und 69).
Der VwGH stellt die persönlichen Beziehungen über die wirtschaftlichen (vgl. ).
Als Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sieht Art. 23 Abs. 1 DBA-Schweiz die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt vor.
Rechtliche Würdigung
Unbeschränkte Steuerpflicht
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Bf. bis zum die Wohnung in der Gasse in M gemietet hat. Er konnte diese Wohnung aufgrund des Mietvertrages jederzeit benützen und hatte diese somit inne. Daher bildete diese Wohnung bis zum einen Wohnsitz im Inland. Danach hatte er im Inland keinen Wohnsitz mehr.
Dass er sich nach Kündigung des Mietvertrages weiter ständig im Inland aufgehalten hätte, ist den Akten nicht zu entnehmen.
Somit war der Bf. bis zum im Inland unbeschränkt steuerpflichtig.
Ansässigkeit DBA-Schweiz
Neben der Wohnung in M hat der Bf. in den Jahren 2008 bis 2012 auch ein Zimmer in O. gemietet. Dieses Büro soll sowohl als Wohnung als auch als Büro des Unternehmens des Bf. gedient haben.
Dass dieses Zimmer dem Bf. tatsächlich zu Wohnzwecken gedient hat, ist aber zweifelhaft. Denn es ist nicht anzunehmen, dass der Bf. in einem einfach ausgestatteten Zimmer in O. gewohnt haben soll, wenn ihm im nur ca 24 Kilometer entfernt gelegenen M eine voll ausgestattete Wohnung mit 72m² Wohnfläche zur Verfügung stand, für die er monatlich eine wesentlich höhere Miete bezahlt hat als für dieses Zimmer und in dem sich sein Hausrat befand. Schließlich hat der Bf. auch keinerlei Beweise oder auch nur Indizien wie Betriebskostenabrechnungen oder Übersiedlungsbelege vorgelegt, die eine Nutzung dieses Zimmers für Wohnzwecke belegten.
Selbst dann, wenn der Bf. in diesem Zimmer gelegentlich übernachtet haben sollte, hätte er damit noch nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen in die Schweiz verlagert. Dass er die Wohnung in M behalten hat, belegt vielmehr, dass er zu diesem Ort eine stärkere Beziehung gehabt hat als zu O. oder der Schweiz. Das Argument, er habe sich in dieser Wohnung nur an den Wochenenden aufgehalten, um seinen kranken Bruder zu pflegen, vermag in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, dass es sich dabei um eine unbewiesene Behauptung handelt, und ferner davon, dass es nicht nachvollziehbar ist, wenn eine Wohnung nur behalten wird, um sich eine Fahrtrecke von 24 Kilometern zu ersparen, spricht gerade auch dieses Argument für eine starke persönliche Bindung zu Österreich.
Somit hat sich, jedenfalls solange der Bf. die Wohnung in M gemietet hat, der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nach objektiven Kriterien gemessen in Österreich befunden. Die voll ausgestattete Wohnung, die Tatsache, dass der Bf. auch die Jahre zuvor immer in Österreich gelebt hat wie auch seine persönlichen Bindungen wie etwa zu seinem Bruder belegen dies deutlich. Dass der Bf. in den Jahren 2011 und 2012 das Schwergewicht seiner unternehmerischen Tätigkeit in die Schweiz verlegt und daher starke wirtschaftliche Bindungen zur Schweiz hatte, tritt demgegenüber in den Hintergrund.
Zurechnung Gewinne
Wie oben ausgeführt, ist davon auszugehen, dass der Bf. ein Zimmer in O. gemietet hat. Ein Zimmer ist eine feste Geschäftseinrichtung. Dass dieses Zimmer lediglich zur Lagerung von Waren oder ausschließlich zur Ausübung von Vorbereitungs- oder Hilfstätigkeiten genutzt wurde, ist der Aktenlage nicht zu entnehmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass dieses Zimmer auch der eigentlichen unternehmerischen Tätigkeit des Bf. gedient hat. Das Zimmer ist daher als Betriebsstätte im Sinne von Artikel 5 iVm Artikel 7 DBA-Schweiz anzusehen.
Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Einkünfte des Berufungsführers aus der Tätigkeit als Unternehmensberater zur Gänze der Betriebstätte in der Schweiz zuzurechnen wären und für einen inländischen Besteuerungsanspruch schon mangels einer inländischen Betriebstätte kein Raum verbliebe.
"Unternehmen eines Vertragsstaates" ist nach Artikel 3 Abs. 1 lit. c DBA-Schweiz ein Unternehmen, das von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird. Daraus folgt, dass ein in Österreich ansässiger Abgabepflichtiger ein österreichisches Unternehmen betreibt, selbst wenn er seinen gesamten Betrieb in der Schweiz führt. Nach Artikel 7 Abs. 1 DBA-Schweiz wiederum dürfen Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates grundsätzlich nur in diesem Staat, dh. dem Ansässigkeitsstaat des Unternehmers besteuert werden. Nur wenn das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit im anderen DBA-Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebstätte ausübt, dürfen sie im anderen Staat besteuert werden, nach dem Abkommenstext aber eben "nur insoweit, als sie dieser festen Einrichtung zugerechnet werden können".
Das DBA-Schweiz kennt demnach keine Attraktivkraft der Betriebstätte, dh. sie verfügt nicht über eine Anziehungskraft ("vis attractiva"), welche im Falle des Fehlens einer Betriebstätte oder festen Einrichtung im Ansässigkeitsstaat die Besteuerungsrechte für den gesamten Betriebsgewinn an sich zieht (vgl. Beiser/Zorn, RdW 5/2008, 357 ff). Unternehmensgewinne sind daher im Ansässigkeitsstaat zu besteuern, und zwar unabhängig davon, ob in diesem Staat eine Betriebstätte oder feste Einrichtung besteht (vgl. ).
Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2005/15/0076, sowie den dieses Erkenntnis präzisierenden Ausführungen von Beiser/Zorn, RdW 2008/ 357 erfolgt die Zurechnung nach der sog. Funktionsnutzentheorie und dem "arm´s length" Prinzip. Nach der Funktionsnutzentheorie werden zunächst die in jedem Staat ausgeübten Funktionen ermittelt. Dann wird der Betriebsgewinn entsprechend den Funktionen aufgeteilt. Der Maßstab für die Bewertung der einzelnen Funktionsnutzen ergibt sich aus einem Fremdvergleich ("arm´s length" Prinzip). Mit dieser Zurechnungsmethode soll eine systemkonsistente Ertragsbesteuerung im Verhältnis zwischen verschiedenen Staaten, in denen das Markteinkommen geschaffen wird, gesichert werden. Bei der Funktionsanalyse ist entscheidend, wo die wesentliche Wertschöpfungsfunktion liegt. Diese liegt in jenem Staat, in dem die Berufsbefugnisse verwertet werden.
Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer nicht konkret darlegen können, w elche unternehmerischen Tätigkeiten er in diesem Zimmer tatsächlich ausgeübt hat. Es ist zwar anzunehmen, dass der Bf. dort Telefongespräche geführt, Rechnungen und Lieferscheine ausgefüllt und aufbewahrt und gelegentlich auch Kunden empfangen und Verkaufsverhandlungen durchgeführt hat, konkrete und gesicherte Aussagen über die dort tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten können aber nach der Aktenlage nicht getroffen werden. Worin immer diese Tätigkeiten bestanden haben, eine wesentliche Wertschöpfungsfunktion für das Unternehmen kann diesen Tätigkeiten nicht zugesprochen werden. Denn die maßgebliche wertschöpfende Tätigkeit eines Handelsbetriebes liegt im Verkauf der gehandelten Waren. Dabei ist wiederum entscheidend, wo die Verkaufsverhandlungen durchgeführt und die Verkaufsgeschäfte abgeschlossen werden. Diese Handlungen hat der Bf. seiner eigenen glaubwürdigen Aussage zufolge nicht in einem Geschäftslokal, sondern im Wesentlichen durch Besuche bei den Kunden und damit außerhalb der Betriebsstätte durchgeführt.
Daher vermag es die Betriebsstätte in der Schweiz allein nicht, sämtliche in der Schweiz erzielten Gewinne an sich zu ziehen.
Umgekehrt ist es aber auch nicht zulässig, aus diesem Grund diese Gewinne zur Gänze Österreich als Ansässigkeitsstaat zuzurechnen. Denn nach dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Betriebsstätte oder feste Einrichtung lediglich insoweit keine „vis attractiva“, als die wertschöpfenden Funktionen nicht im Ansässigkeitsstaat ausgeübt wurden (vgl. Beiser/Zorn, RdW 2008, 360). Demnach sind Gewinne solange betriebsstättenverhaftet, als sie nicht mit wertschöpfenden Tätigkeiten im Ansässigkeitsstaat verbunden sind. Auch wenn somit die eigentliche wertschöpfende Funktion zwar außerhalb der Betriebsstätte, aber doch im Betriebsstättenstaat ausgeübt werden, sind die damit erzielten Gewinne der Betriebsstätte bzw. dem Betriebsstättenstaat doch näher als dem Ansässigkeitsstaat. Dem entspricht auch der Betriebsstättenbegriff des VwGH,wonach die Anforderungen an den Umfang der betrieblichen Handlungen, die zur Begründung der Betriebsstätte erorderlich sind, um so geringer sind, je mehr sich die eigentliche Tätigkeit außerhalb der festen örtlichen Anlage vollzieht (vgl. ).
Auch eine Wohnung kommt grundsätzlich als Betriebsstätte in Frage. Dafür, dass der Bf. eine unternehmerische Tätigkeit in der Wohnung des Bf. in M ausgeübt hätte, finden sich nach Aktenlage keine Anhaltspunkte. Auch wenn nach den vom Bf. vorgelegten Telefonrechnungen der größere Teil der Gespräche von Österreich ausgeübt worden sind, heißt das nicht, dass diese von dieser Wohnung aus geführt worden wären und im Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit des Bf. gestanden hätten, weil über den genauen Standort und den Inhalt der Gespräche keine Informationen vorliegen. Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass in der Wohnung des Bf. Tätigkeiten mit Wertschöpfungsfunktion ausgeübt worden wären.
Tätigkeiten mit Wertschöpfungsfunktion werden daher auch in Österreich nur insoweit anzunehmen sein, als sie sich auf österreichische Kunden bezogen, da nicht davon auszugehen ist, dass sich die Tätigkeit des Bf. in Bezug auf die österreichischen Kunden anders gestaltete als gegenüber den Schweizer Kunden. Auch hier wird die wesentliche Tätigkeit in den Geschäftsverhandlungen bei den Kunden bestanden haben.
Der Anteil der jeweils in der Schweiz und in Österreich erbrachten Wertschöpfungsfunktion kann daher am Verhältnis der mit Schweizer und mit österreichischen Kunden erzielten Umsätzen abgelesen werden. In diesem Verhältnis ist auch die Gewinnzurechnung vorzunehmen.
Eine solche Gewinnzurechnung nach dem Verhältnis der Umsätze ist auch nach der Rechtsprechung des Veraltungsgerichtshofes zulässig. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa mit Beschluss vom , 2013/15/0251, die Behandlung einer Beschwerde gegen die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0352-F/10, mit der dieser die Gewinne eines in Österreich und in der Schweiz tätigen Unternehmensberaters nach dem Verhältnis der mit diesen Kunden erzielten Umsätze zugrechnet hatte, da ein entsprechender Nachweis über Art und Ausmaß der in der Schweizer Betriebsstätte konkret ausgeübten Tätigkeiten nicht vorlag und davon ausgegangen werden konnte, dass die Wertschöpfungsfunktion betreffend die Schweizer Kunden in der Schweiz erbracht worden sei, abgelehnt.
Eine solcherart vorgenommene Gewinnzurechnung führt im Beschwerdefall zu folgendem Ergebnis:
1) Einkommensteuer 2011
Der Bf. hat im Jahr 2011 Umsätze in Höhe von 330.946,76 CHF erzielt. Von diesen entfielen Umsätze in Höhe von 13.671,48 CHF auf österreichische Kunden, die übrigen Umsätze wurden mit Schweizer Kunden erzielt. Diese Umsätze entsprechen Anteilen am Gesamtumsatz von 4,13% (österreichiscvhe Kunden) bzw. 95,87% (Schweizer Kunden).
Der Gesamtgewinn des Jahres 2011 betrug 83.635,38 CHF bzw. 66.835,04 Euro (Umrechnungskurs CHF/Euro 2011 = 0,799124). Von diesem Gesamtgewinn ist ein Gewinnanteil in Höhe von 4,13% Österreich, der übrige Gewinn der Schweiz zuzurechnen.
Der in Österreich zu versteuernde Gewinnanteil beträgt demnach 2.760,29 Euro, dieser unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid war daher spruchgemäß abzuändern.
2) Einkommensteuervorauszahlung 2012
Gemäß § 45 Abs. 4 EStG 1988 kann das Finanzamt die Vorauszahlung der Steuer anpassen, die sich für das laufende Jahr voraussichtlich ergeben wird.
Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens gegen einen Vorauszahlungsbescheid sind die Vorauszahlungen mit rückwirkender Wirksamkeit ab der Erlassung des mit dem betreffenden Rechtsmittel angefochtenen Bescheides. In der Berufung gegen den Vorauszahlungsbescheid können erfolgreich nur solche Einwendungen vorgebracht werden, die die Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Bescheides im Zeitpunkt seiner Erlassung aufzeigen ().
Bei der Entscheidung über die Berufung gegen einen Bescheid betreffend Einkommensteuer-Vorauszahlungen kommt es also auf die Sachlage im Zeitpunkt des Ergehens des erstinstanzlichen Bescheides an. Es ist zu prüfen, in welcher Höhe die Vorauszahlungen festzusetzen sind, wenn die Sachlage im Zeitpunkt des Ergehens des erstinstanzlichen Bescheides zugrunde gelegt wird ().
Die Festsetzung der Vorauszahlungen 2012 erfolgte wie auch der Einkommensteuerbescheid 2011 im Schätzungsweg. Der Bf. hat dagegen eingewendet, dass er in Österreich nicht steuerpflichtig sei und der Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen 2012 auf Null beantragt.
Diesem Antrag ist im Ergebnis stattzugeben.
Da der Bf. im Jahr 2012 nur in den Monaten Jänner und Februar in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig war, unterliegt auch nur der in diesen beiden Monaten erzielte Gewinn der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich. Das sind geschätzte zwei Neuntel des im Jahr 2012 erzielten Gesamtgewinnes, bei einem im Jahr 2012 erzielten Gesamtgewinn in Höhe von 16.148,39 CHF bzw. 12.904,56 Euro (Umrechnungskurs CHF/Euro 2012 = 0,799124) sind das 2.867,68 Euro. Bei einem der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegenden Gesamtgewinn in dieser Höhe bleibt jeder Österreich zustehender Gewinnanteil nach den Tarifvorschriften des § 33 Abs. 1 und Abs. 11 EStG auch unter Berücksichtigung eines Progressionsvorbehaltes ohne steuerliche Auswirkung. Die Einkommensteuervorauszahlungen waren daher antragsgemäß mit Null festzusetzen.
3) Einkommensteuervorauszahlung 2013
Das Finanzamt hat der Beschwerde des Bf. gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2013 Rechnung getragen, in dem es die Einkommensteuervorauszahllungen 2013 mit einem weiteren Vorauszahlungsbescheid 2013 vom mit Null festgesetzt hat. Dieser Bescheid trat an die Stelle des mit Beschwerde angefochtenen Vorauszahlungsbescheides 2013 vom .
Gemäß § 261 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid Rechnung getragen wird.
Die Beschwerde gegen den Bescheid über Vorauszahlung an Einkommensteuer 2013 vom war daher mit Beschluss als gegenstandslos zu erklären.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dieser Entscheidung wurde über keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein in mehreren Vertragsstaaten erzielter Gesamtgewinn nach dem Verhältnis der in diesen Staaten erzielten Umsätzen zugerechnet werden kann, ist durch den zitierten höchstgerichtlichen Beschluss geklärt. Auch die übrigen von dieser Entscheidung berührten Rechtsfragen wurden aufgrund von unstrittigen gesetztliche Grundlagen und einer einheitlichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung gelöst. Soweit über Sachverhaltsfragen entschieden wurde, lagen keine Rechtsfragen, sondern Sachverhaltsfragen vor, die grundätzlich keiner Revision zugänglich sind. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 7 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 Art. 7 Abs. 2 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | UFS, RV/0352-F/10 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.1100462.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at