Pendlerpauschale (großes oder kleines)?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch A, Wirtschaftstreuhänder, Adresse , gegen den Bescheid des Finanzamtes B vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde (alte Rechtslage: Berufung) wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2009 bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, ob dem Beschwerdeführer (im Folgenden mit Bf. abgekürzt) für seine nichtselbständige Tätigkeit (F-Moderator) das große oder kleine Pendlerpauschale (steuerliche Begünstigungen für den Arbeitsweg vom Wohnort zur Arbeitsstätte) zusteht.
Das Finanzamt ging im Einkommensteuerbescheid 2009 v davon aus , dass lediglich das kleine Pendlerpauschale zusteht (Wegstrecke über 60 KM incl. Parkplatzsuche).
Aus der Begründung des Einkommensteuerbescheides 2009 v. wird zitiert:
"Für die Fahrten nach Linz wurde das kleine Pendlerpauschale ab 60 km idH von € 1.857,00 anerkannt, da auf der überwiegenden Strecke (ab AB) die Benützung eines Massenverkehrsmittels zumutbar ist."
Beschwerdeausführungen der steuerlichen Vertretung v. gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 vom
A) Erklärung wie weit der Bescheid angefochten wird:
Der Bescheid wird hinsichtlich der Feststellung des zu versteuernden Einkommens mit € 42.983,86 und die darauf entfallenden Einkommensteuer in Höhe von € 12.991,60 angefochten.
B) Erklärung, welche Änderungen beantragt werden:
Es wird beantragt, das zu versteuernde Einkommen mit € 41.457,28 und die darauf entfallende Einkommensteuer mit € 12.331,91 festzusetzen.
C) Begründung:
Der angefochtene Bescheid weicht von der eingereichten Erklärung und dem Berufungsbegehren dadurch ab, dass bei Berechnung des zu versteuernden Einkommens im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur das kleine Pendlerpauschale in Höhe von € 1.857,00 berücksichtigt wurde, während unseres Erachtens das große Pendlerpauschale in Höhe von € 3.372,00 zusteht.
Dies aus folgenden Gründen:
Wie das Finanzamt beim Arbeitgeber selbst erfragt hat, ist Arbeitsbeginn des Steuerpflichtigen morgens um 05:00 Uhr früh, um diese Zeit ist die Sendung ,,on air". Um die Live-Sendung vorzubereiten, benötigt Herr Bf. noch ca. eine halbe Stunde, bevor die Sendung gestartet wird. Das heißt, Arbeitsbeginn ist um 04:30 Uhr. Das einzige Öffentliche Verkehrsmittel für eine Teilstrecke, mit welchem der Steuerpflichtige vor Dienstantritt seinen Arbeitsort erreichen kann, ist eine Zugverbindung, welche um 03:06 Uhr in Attnang-Puchheim wegfährt und um 03:40 Uhr in Linz Hauptbahnhof ankommt. Um diesen Zug zu erreichen, bedarf es jedoch eines weiteren öffentlichen Verkehrsmittels, um vom Wohnort zum Bahnhof Attnang-Puchheim zu kommen. Das früheste öffentliche Verkehrsmittel, mit welchem der Steuerpflichtige den Bahnhof Attnang-Puchheim erreichen könnte, geht jedoch erst um 06:18 Uhr, Ankunft des Busses in Attnang-Puchheim, um 06:37 Uhr. Das heißt, dass Herrn Bf. keine durchgängigen öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, damit dieser seinen Arbeitsplatz um 04:30 Uhr bzw. 05:00 Uhr erreichen kann. Mangels eines öffentlichen Verkehrsmittels vom Wohnort zum Bahnhof Attnang-puchheim ist die Strecke demnach zu Fuß zurückzulegen, woraus sich folgende Dauer der Wegzeit ergibt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Wohnung
S
zu Bahnhof Attnang-Puchheim -9 KM | Gehzeit 2 Std. 15 Minuten |
Fahrt (Zug) von Attnang-Puchheim nach Linz Hauptbahnhof Fahrzeit | 34 Minuten |
Gehzeit von Linz Hauptbahnhof zum Arbeitsplatz (erstes öffentliches Verkehrsmittel erst um 04:11 Uhr (Straßenbahn) | 25 Minuten |
Zwischensumme | 3 Std. 14 Minuten |
Wartezeit (=Wegzeit) von 03:40 Uhr bis 04:30 Uhr | 40 Minuten |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamte Dauer der Wegzeit | 3 Stunden 54 Minuten |
" Würde man die Zeit von 03:40 Uhr bis 04:30 Uhr nicht der Wegzeit zuordnen, so hätte der Steuerpflichtige nicht einmal ein öffentliches Verkehrsmittel zur geeigneten Zeit von Attnang-Puchheim nach Linz.Der nächste Zug von Attnang-Puchheim kommt nämlich nicht rechtzeitig in Linz an (Ankunftszeit 04:52 Uhr an Linz Hauptbahnhof, Arbeitsbeginn 04:30 Uhr). Die angegebenen Wegstrecken und öffentliche Verkehrsmittel können den beiliegenden Unterlagen entnommen werden. ln Anbetracht der gesamten Wegzeit von 3 Stunden 54 Minuten steht dem Steuerpflichtigen das große Pendlerpauschale zu.
In der Beilage zur Berufung(neu: Beschwerde) wurde ua. 1 Auszug von Google Maps vorgelegt.
Route Wohnort S -Str. bis AB (Dr. Karl Renner Platz) :
9 Kilometer - ca. 17 Minuten mit dem PKW
1 Fahrplanauskunft OÖVV -Verkehrsverbund
Bus-Linie 526 Richtung Bahnhof AB (Ort O bis Attnang 06:02 bis 06:37- Dauer 35 Minuten) oder mit dem Zug ( E .-AB : 06 :18 bis 06:37 - Dauer 19 Minuten) bzw.
Weiterfahrt mit dem Zug ÖBB von AB nach Linz ab 03:06 bis 03:40 -56 Tarif-KM zuzüglich
1 Fahrplanauskunft LINZ-AG Strassenbahn Abfahrt: 04:11/ Linie 1: 6 Minuten von Hbf Linz bis Taubenmarkt Linz
Aus der Begründung der Beschwerdevorentscheidung v. ergibt sich Folgendes:
"Zutreffend ist, dass ein Teil der Strecke nicht mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zurückgelegt werden kann. Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels ist dennoch zumutbar, auch wenn ein Teil der Wegstrecke mit dem eigenen Fahrzeug zurückgelegt werden muss. Nur wenn der Anfahrtsweg mehr als die Hälfte der Gesamtfahrstrecke betragen würde, ist die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar. Im konkreten Fall beträgt der Fahrtrecke mit dem PKW laut eigenen Angaben 9 Kilometer. Der überwiegende Teil kann mit dem öffentlichen Verkehrsmittel bewältigt werden. Da für eine Entfernung von 9 Kilometer mit einer Fahrzeit von höchstens 15 Minuten zu rechnen ist, wird auch die höchstzulässige Dauer von 2 Stunden 30 Minuten nicht überschritten."
Mit Schreiben v. wurde rechtzeitig um Fristverlängerung bis ersucht. Am wurde rechtzeitig elektronisch der Vorlageantrag eingebracht. Zusätzlich wurde am der papiermäßige Vorlageantrag nachgereicht (mit weiterer Begründung).
Im Schriftsatz der steuerlichen Vertretung v. wurde ausgeführt, dass der Bf. sein Auto nicht unmittelbar am Arbeitsplatz abstellen könne, sondern gezwungen sei, den dem Arbeitsplatz am nächsten gelegenen öffentlichen Parkplatz (nicht gebührenpflichtig) anzufahren. In der Google Map-Beilage errechnete sich eine Gesamtroute von 64,1 KM und eine Wegzeit von 52 Minuten (Fahrzeit mit dem PKW vom Wohnort bis zum Pendlerparkplatz in U).
Mit Vorhalt v. wurde der Bf. ersucht, den Dienstvertrag (Life Radio) sowie monatliche Gehaltszettel für Jänner 2009 und Jänner 2010 vorzulegen. Diesem Ersuchen kam der Bf. am nach.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergab sich aus der Aktenlage, dem Dienstvertrag ,den vorgelegten Gehaltsabrechnungen , den Parteienvorbringen sowie der vorgelegten Google-Map-Wegstreckendiagramme sowie sonstiger Fahrplanauskünfte.
Rechtslage
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt (lit. a leg. cit.), dass diese Ausgaben bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich - soweit nicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar ist - durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten sind.
Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenverkehrsmittels zumutbar, dann werden nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 zusätzlich bestimmte Pauschbeträge (so genanntes "kleines" Pendlerpauschale) berücksichtigt.
Der Sachverhalt hinsichtlich der Wegstrecke (mehr als 60 KM) ist geklärt. Ebenso ist die Höhe des kleinen Pendlerpauschales (€ 1.857,00) nach der im Beschwerdezeitraum anzuwendenden Fassung (BGBl. I Nr. 85/2008 ( bis ) unstrittig. Der Bf. begehrt hingegen das große Pendlerpauschale.
Erwägungen
Das Gesetz verlangt, dass "im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar ist".
Überwiegend bedeutet in Bezug auf das "große" Pendlerpauschale, dass es auf die Verhältnisse an der Mehrzahl der für das Pendlerpauschale maßgebenden Arbeitstage ankommt. Ist nur an einigen Tagen die Verwendung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich, führt dies nicht zur Berücksichtigung des "großen" Pendlerpauschales, wenn an der Mehrzahl der Tage eine Verwendung möglich ist. Auch gelegentliche Verspätungen des öffentlichen Verkehrs machen dessen Benutzung nicht unzumutbar. Maßgebend sind die Erfahrungswerte über die durchschnittliche Fahrtdauer, wobei in der Regel den Fahrplänen des öffentlichen Verkehrs bzw. den Nah- und Regionalverkehrsroutenplanern und Routenplanern der Verkehrsverbünde zu folgen sein wird.
Massenbeförderungsmittel ist jedes Beförderungsmittel, das dem allgemeinen Verkehr zur gleichzeitigen Beförderung mehrerer Personen dient, die es unabhängig voneinander gegen Entrichtung eines allgemein festgesetzten Fahrpreises in Anspruch nehmen können (vgl. § 7 Gebührenanspruchsgesetz BGBl. Nr. 136/1975), etwa hier Autobus und Eisenbahn. Hierunter ist der öffentliche Verkehr zu verstehen, also sowohl der öffentliche Personennahverkehr (§ 2 Abs. 1 Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 BGBl. I Nr. 204/1999) als auch der öffentliche Personenregionalverkehr (§ 2 Abs. 2 Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 BGBl. I Nr. 204/1999), gegebenenfalls auch der öffentliche Personenfernverkehr.
Die Verwendung eines Massenbeförderungsmittels muss "zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar" sein, um das "große" Pendlerpauschale zu vermitteln. Verkehrt auf dem kleineren Teil der Fahrtstrecke kein Massenbeförderungsmittel oder ist dessen Benutzung unzumutbar, zieht dieser Umstand nicht das "große" Pendlerpauschale nach sich, wenn auf dem größeren Teil der Fahrtstrecke zumutbarerweise öffentliche Verkehrsmittel verwendet werden können.
In diesem Zusammenhang ist soweit möglich von einer optimalen Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (z. B. "Park & Ride") auszugehen (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 16 Anm. 81).
Auch nach der Judikatur des VwGH ist die Möglichkeit der kombinierten Benützung privater und öffentlicher Verkehrsmittel bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Verwendung von Massenverkehrsmitteln miteinzubeziehen (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall ist daher das Finanzamt im Recht, wenn es davon ausgeht, dass der Bf. mit seinem PKW von seiner Wohnung zum Bahnhof in AB und von dort weiter mit Massenbeförderungsmitteln fahren könnte ("Park & Ride").
Nach der für den Beschwerdezeitraum maßgebenden Verwaltungspraxis (LStR 2002 Rz 257 a.F.) sahen die Finanzämter die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels als nicht zumutbar an, wenn folgende Wegzeiten überschritten werden:
Einfache Wegstrecke über 40 Kilometer: Zumutbare Wegzeit mit dem Massenbeförderungsmittel : 2,5 Stunden
"Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB "Park and Ride") zu unterstellen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird..." (LStR 2002 Rz 257).
"Zumutbarkeit" bzw. "Unzumutbarkeit" ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff (vgl. Lang in Tippke/Lang, Steuerrecht19 , § 5 Rz 49). Es ist Aufgabe juristischer Auslegung, einen unbestimmten Gesetzesbegriff zu konkretisieren.
Während etwa die Anwendung des Einkommensteuertarifs (§ 33 EStG 1988) teilweise unter Zuhilfenahme mathematischer Grundsätze durch Anwendung der in § 33 Abs. 1 EStG 1988 angeführten mathematischen Formeln auf das zu versteuernde Einkommen (und in weiterer Folge Berücksichtigung von Absetzbeträgen und Rundungsbestimmungen) vorgenommen werden kann, ist genau dies bei der Auslegung eines unbestimmten Gesetzesbegriffes nicht möglich.
Bereits die Ermittlung der maßgebenden Gesamtwegzeit ist mit einer latenten Unsicherheit, die jeder Schätzung zugrunde liegt, verbunden.
Die Fahrzeiten mit dem Auto können verkehrsbedingt variieren, ebenso die Zeit für die Parkplatzsuche. Ein Fußweg wird einmal ein wenig rascher, einmal ein weniger langsamer zurückgelegt werden. Öffentliche Verkehrsmittel halten nicht immer ihre Fahrpläne ein. Schließlich spielt das Wetter eine nicht unwesentliche Rolle. Schon diese sich zwangsläufig gegebene Unschärfe verbietet es nach Ansicht des Richters ,minutenexakte Unzumutbarkeitsgrenzen zu ziehen.
Zeitstaffeln oder mathematische Gleichungen mögen den Vollzug vereinfachen, können aber nicht - gleichsam unumstößlich - allein zur Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 herangezogen werden.
Es sind daher schon angesichts der mit jeder Schätzung der Gesamtwegzeit verbundenen Unschärfe die in Lehre, Rechtsprechung, Entscheidungspraxis des UFS und der Verwaltungspraxis der Finanzämter verschiedentlich genannten Zeiten nicht im mathematisch-exakten Sinn zu verstehen, sondern es ist bei der Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit jeweils auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen.
Die Interpretation eines unbestimmten Gesetzesbegriffes kann sich nicht auf die Lösung einer Rechenaufgabe beschränken, sondern muss versuchen, den Intentionen des Gesetzgebers möglichst gerecht zu werden. Wollte der Gesetzgeber die Zuerkennung des "großen" Pendlerpauschales von einer mathematischen Gleichung abhängig machen, hätte er dies ausdrücklich normiert.
Beim Vergleich mit dem Individualverkehr ist schließlich zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die nicht vorhersehbaren Verkehrsverhältnisse ein sorgsamer Arbeitnehmer bei Verwendung des eigenen PKW einige Minuten Spielraum bis zum Arbeitsbeginn einplanen wird (ist erst ein Parkplatz zu suchen und ein Gehweg einzukalkulieren, entsprechend länger), sodass die tatsächliche Gesamtwegzeit mit dem PKW nicht mit der von Routenplanern ausgewiesenen Fahrzeit gleichzusetzen ist.
Hieraus ergibt sich eine gewisse Bandbreite bei der Prüfung der Zumutbarkeit.
Konkreter Beschwerde-Fall:
Nach Ansicht des Richters ist innerhalb dieser Bandbreite - also einer Zeitspanne für den gesamten Tagesarbeitsweg einschließlich Wartezeiten (hin und zurück) - die Unzumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln individuell an Hand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen.
Die für das Pendlerpauschale maßgebliche Wegzeit umfasst nicht nur die Zeit der Fahrt mit dem PKW oder dem Massenverkehrsmittel bzw. mit den Massenverkehrsmitteln, sondern auch Umsteigezeiten, notwendige Wartezeiten sowie die Zeit zwischen der letztmöglichen Ankunft mit dem Massenverkehrsmittel bis zum Arbeitsbeginn bzw. vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Abfahrt des nächsten öffentlichen Verkehrsmittels (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 16 Anm. 81).
Mit dem Pendlerpauschale wollte der Gesetzgeber aus Gründen des Umweltschutzes und der Vermeidung von Verkehrsbelastungen in der Regel nur die Kosten öffentlicher Verkehrsmittel steuerlich absetzbar machen ("kleines" Pendlerpauschale). Die Kosten des Individualverkehrs zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ("großes" Pendlerpauschale) können nach der gesetzlichen Regelung nur dann berücksichtigt werden, wenn dem Steuerpflichtigen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist. Etwa bloße Zweckmäßigkeit des Individualverkehrs reicht nicht aus.
Wenn der Gesetzgeber dadurch, dass zwischen einem "kleinen" und einem "großen" Pendlerpauschale unterscheidet und die Höhe des Pendlerpauschales von der Zumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln (auf zumindest der halben Strecke) abhängig macht, ohne diese Zumutbarkeit näher zu determinieren, bringt er zum Ausdruck, dass er hier einer "Einzelfallgerechtigkeit" den Vorrang vor standardisierten Massenerledigungen einräumt. Diese Entscheidung des Gesetzgebers hat auch die Vollziehung zu respektieren.
Die Einzelfallprüfung durch das Bundesfinanzgericht ergab , dass die Ansicht des Finanzamtes , es stünde bloß das kleine Pendlerpauschale zu, rechtens war:
Betrachtet man die konkreten Umstände des Einzelfalles, ist nach Ansicht des Richters dennoch die Verwendung einer Kombination von PKW und Massenbeförderungsmitteln zumutbar:
Folgende Zeittabelle ergibt sich:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
PKW (Wohnort -Zughaltestelle AB
| 15 Min. |
Zugfahrt AB : | 34 Minuten |
Straßenbahn Hauptbahnhof Linz bis Landstr, 12(Gehzeit)zum Arbeitgeber F): | 25 Minuten |
Parkplatzsuche (U, Donaulände) geschätzt | Gehzeit 5 -10 Minuten |
zuzüglich Wartezeiten (03:40 bis 04:30) nach Berechnung des Bfs.40 Minuten/gemeint wohl: | 50 Minuten |
Gesamtwegzeit für eine einfache Wegstrecke | 2 Std. 09 Min. bis2 Std. 14 Min. |
Dies ist nach Ansicht des Richters noch zumutbar, da nach der Praxis eine zumutbare Wegzeit bei einer Wegstrecke über 40 KM von 2,5 Stunden (Auslegung der Unzumutbarkeit nach der damaligen Verwaltungspraxis) zugrunde zulegen ist.
Die Angaben des Bfs. einer Anreisezeit von 3 Stunden 54 Minuten ist darauf zurückzuführen, dass er eine Gehzeit von 2 Std. 15 Minuten (vom Wohnort bis AB/Bahnhofsplatz) kalkuliert und dabei die Park & Ride -Möglichkeit nicht berücksichtigte.
Die freie Berufswahl includiert auch mögliche (steuerliche) Nachteile (nur kleines statt großes Pendlerpauschale) bei Ausnützung einer Park & Ride Möglichkeit (Verwendung des eigenen PKW mangels öffentlicher Verkehrsmittel auf der Strecke Wohnort zum Bahnhof in AB zur Anreisezeit).
Da nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im gegenständlichen Fall die Verwendung einer Kombination aus Individualverkehr und öffentlichem Verkehr für den Arbeitsweg zumutbar ist, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Auf die neuen steuerlichen Begünstigungen zur Frage des Arbeitsweges (Wohnort -Arbeitsstelle) ab dem Jahre 2014 (Neue Gesetzeslage) wird hingewiesen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis wirft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weswegen die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100946.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at