Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.04.2016, RV/3100869/2015

Pensionistenabsetzbetrag und Veranlagungsfreibetrag bei ausländischen Pensionseinkünften

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache BF, gegen den Bescheid des Finanzamtes ABC vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt: 

I.) Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

II.) Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I.) Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.) Der Bf (Beschwerdeführer) hat im Jahr 2014 Pensionseinkünfte von der (österreichischen) Pensionsversicherungsanstalt erhalten. Daneben hat er auch eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (52,82 € bzw. 53,70 €/Monat) bezogen.

Mit Ausfertigungsdatum erging der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2014. Die ausländischen Einkünfte wurden mit 0 € ausgewiesen. Der Pensionistenabsetzbetrag wurde in Höhe von 55,94 € gewährt. Begründend wurde ausgeführt, die ausländischen Progressionseinkünfte seien um 639,12 € (anteiliger Veranlagungsbeitrag) gekürzt worden.

2.) Gegen den genannten Bescheid wurde mit Eingabe vom fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, die deutsche Rente habe 639,12 Euro jährlich betragen. Nachdem diese Rente unter dem Veranlagungsfreibetrag liege, werde sie mit Null Euro im Einkommensteuerbescheid ausgewiesen. Dennoch sei die deutsche Rente bei Berechnung des Pensionistenabsetzbetrages dazugezählt worden. Dies sei nicht richtig, weil ja bei einem österreichischen Zusatzeinkommen in dieser Höhe, beispielsweise aus einem Werkvertrag, dieses bei der Berechnung des Pensionistenabsetzbetrages auch nicht dazugerechnet werde. Im Sinne der Gleichbehandlung könne es nicht sein, dass ausländische Einkünfte bei der Berechnung nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 berücksichtigt würden.

3.) In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde ausgeführt, der Pensionistenabsetzbetrag trete an die Stelle des Arbeitnehmerabsetzbetrages und des Verkehrsabsetzbetrages. Der Pensionistenabsetzbetrag betrage 400 Euro jährlich. Er vermindere sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden Pensionseinkünften vom 17.000 Euro und 25.000 Euro auf Null. Maßgeblich für die Einschleifung seien alle Pensionseinkünfte, die im Welteinkommen enthalten seien, unabhängig davon, ob ein Teil der Auslandseinkünfte aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens von der österreichischen Steuer freigestellt werde.

4.) Mit Eingabe vom wurde fristgerecht die Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht beantragt.

II.) Rechtslage und Erwägungen:

1.) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige ua zu veranlagen, wenn er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt (§ 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988).

Zu den anderen Einkünften gehören ua ausländische Einkünfte für die Österreich das Besteuerungsrecht zukommt oder die zwar im Wege eines DBA einem anderen Staat zur Besteuerung zugewiesen sind, bei der Besteuerung in Österreich aber im Rahmen des Progressionsvorbehalten zu erfassen sind ().

2.) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, so erfolgt eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen (§ 41 Abs. 2 EStG 1988).

3.) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, ist von den anderen Einkünften ein Veranlagungsfreibetrag von 730 Euro abzuziehen (§ 41 Abs. 3 EStG 1988).

4.) Gemäß § 33 Abs. 6 EStG 1988 hat ein Steuerpflichtiger, dem die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zustehen, Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag bis zu 400 € jährlich, wenn er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5 bezieht. Bei Einkünften, die den Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. Der Pensionistenabsetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden Pensionsbezügen von 17.000 € und 25.000 € auf Null.

5.) Unbestritten ist, dass es sich bei der von der Deutschen Rentenversicherung bezogenen Altersrente um Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung handelt. Das Besteuerungsrecht für solche Bezüge kommt daher gemäß Art. 18 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl. III Nr. 182/2002, der Bundesrepublik Deutschland zu. Aus Art. 23 Abs. 2 lit. a des genannten Abkommens ergibt sich, dass Österreich als Wohnsitzstaat diese Einkünfte von der Besteuerung ausnimmt. Die von der Besteuerung ausgenommenen Einkünfte dürfen aber nach Art. 23 Abs. 2 lit. d des Abkommens gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen der Person einbezogen werden (sog. Progressionsvorbehalt).

6.) Innerstaatliche Rechtsgrundlage des Progressionsvorbehalts ist die Bestimmung des § 2 EStG 1988. Danach unterliegt das gesamte in- und ausländische Einkommen des Steuerpflichtigen (Welteinkommen) der Einkommensteuer. Das Einkommen wird nach den Bestimmungen des österreichischen EStG ermittelt (, mit weiterführenden Literaturnachweisen).

7.) Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 gehören Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Die von der Deutschen Rentenversicherung bezogene deutsche Altersrente entspricht der inländischen Pensionsversicherung (Altersrente). Die Rente beruht auf gesetzlicher Beitragspflicht. Bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch auf Rente.

8.) Beiträge von Arbeitnehmern zu einer ausländischen Pflichtversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, gehören nach § 16 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988 zu den Werbungskosten. Auf Grund der für das Berufungsjahr geltenden Rechtslage des EStG 1988 könnten Beiträge für die strittige Rente sonach in voller Höhe einkommensmindernd berücksichtigt werden. Ob die von der Bw. geleisteten Beiträge in den Jahren der Beitragszahlung tatsächlich einkommensmindernd zu berücksichtigen waren oder berücksichtigt worden sind, ist nicht entscheidend (). Die deutsche Altersrente der Bw. in Höhe von (unbestritten) 639,12 € unterliegt daher gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 grundsätzlich der österreichischen Einkommensteuer. Sie ist aber aufgrund der Bestimmungen des § 41 EStG 1988 nicht bei der Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes für Zwecke des Progressionsvorbehaltes einzubeziehen.

9.) Den Ausführungen des Finanzamtes, wonach für die Einschleifregelung alle Pensionseinkünfte maßgeblich seien, die im Welteinkommen enthalten sein, unabhängig davon, ob ein Teil der Pensionseinkünfte als Auslandseinkünfte aufgrund eines Doppelbesteuerungseinkommens von der österreichischen Steuer freigestellt sei, vermag das Bundesfinanzgericht in dieser Allgemeinheit nicht zu Folgen.

9.1.) Zutreffend ist, dass der UFS in ständiger Rechtsprechung die Meinung vertritt, dass auch ausländische, unter Progressionsvorbehalt stehende Pensionen als zu versteuernde Pensionseinkünfte zu beurteilen sind und daher für die Einschleifregelung des § 33 Abs. 6 EStG berücksichtigt werden müssen.

Die Wortfolge „zu versteuernde Pensionseinkünfte“ in § 33 Abs. 6 EStG 1988 kann nicht anders zu verstehen sein als die im Abs. 2 leg. cit enthaltene Wortfolge „zum laufenden Tarif zu versteuernde nichtselbständige Einkünfte“. Unter Progressionsvorbehalt stehende Einkünfte sind solche, die zum laufenden Tarif zu versteuern sind, weil der Einkommensteuertarif auf das Welteinkommen angewendet wird (-I/06, -G/08, , -G/12, aber auch ). Bei den zitierten Entscheidungen des UFS lagen die ausländischen Pensionseinkünfte aber durchgehend über den Veranlagungsfreibetrag von 730 € und ist (tatsächlich) ein Progressionsvorbehalt bei Berechnung des Durschnittsteuersatzes zur Anwendung gelangt.

9.2.) Im Beschwerdefall werden aufgrund der Bestimmungen des § 41 EStG 1988 die ausländischen Pensionseinkünfte aber– wie bereits dargelegt – nicht für Zwecke des Progressionsvorbehaltes bei der Veranlagung erfasst. Nach Meinung des Bundesfinanzgerichtes kann der Begriff „zu versteuernde Pensionseinkünfte“ im Sinne des
§ 33 Abs. 6 EStG 1988 daher nicht so weit ausgelegt werden, dass darunter überhaupt alle Pensionseinkünfte fallen, und zwar auch jene, die aufgrund innerstaatlicher Normen keine Auswirkungen auf den Progressionsvorbehalt haben. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber ein solches Ergebnis herbeiführen wollte, zumal er die Worfolge "zu versteuernden" im § 33 Abs. 6 EStG 1988 gewählt hat.  Der Beschwerde war daher stattzugeben. Die Bemessungsgrundlage und die festgesetzte Abgabe sind dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen.

III.) Zulässigkeit der Revision:

Die Revision ist zulässig, weil zur Frage, ob zu den versteuernden Pensionseinkünften im Sinne des § 33 Abs. 6 EStG 1988 auch ausländische Pensionseinkünfte gehören, die unter den Veranlagungsfreibetrag des § 41 Abs. 3 EStG 1988 fallen, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vorliegt.

Beilagen: 1 Berechnungsblatt

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Hörtenhuber/Langer in ecolex 2016/365
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.3100869.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at