Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2016, RV/4200124/2012

Änderung der Einreihung nach Überlassung der Ware

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4200124/2012-RS1
Nach der Überlassung der Waren kann die angemeldete Warennummer im Zuge der nachträglichen Prüfung der Anmeldungen gemäß Artikel 78 ZK auch dann für unrichtig befunden werden, wenn eine Vorführung der angemeldeten Waren nicht mehr möglich ist, die für die Einreihung maßgeblichen Kriterien aber auf Grund anderer Beweismittel festgestellt werden können.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft, Währingerstraße 2-4, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Zollamtes vom , Zahl: 000000/00000/2011/010, betreffend nachträgliche buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben auf Grund der durchgeführten Betriebsprüfung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beisein der Schriftführerin MH zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird bezüglich der Nacherhebung zu Zollanmeldung 28 teilweise stattgegeben, ansonsten wird die Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass mit den Anmeldungen laut beiliegenden Berechnungsblättern, die einen Bestandteil des Bescheides bilden, gemäß Artikel 201 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 3 Zollkodex (ZK) iVm § 2 Abs 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz - ZollR-DG die Eingangsabgabenschuld in Höhe von


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Abgabe:
Betrag in €:
Zoll (A00)
1.215,02
Zoll (A10)
124.238,08
Einfuhrumsatzsteuer (B00)
82.088,38
Summe
207.541,48

entstanden ist.

Der gesetzlich geschuldete Differenzbetrag lautet:


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Abgabe:
Betrag in €:
Zoll (A10)
85.677,67
Einfuhrumsatzsteuer (B00)
8.548,61
Summe
94.226,28

Da die nachträgliche buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 72a ZollR-DG unterblieben ist und über die Beschwerde betreffend die Abgabenerhöhung bereits gesondert entschieden worden ist (Berufungsentscheidung des -Z3K/12), ändert sich der Gesamtbetrag bzw verbleibende Differenzbetrag, der gemäß Artikel 221 Absatz 1 ZK mitgeteilt wird, auf € 85.677,67.

Das Berechnungsblatt zur ursprünglichen Anmeldung 28 sowie die Anlagen "Abgabenübersicht", "Tarif" und "Vertreter-Indikation" (Beilagen zum angefochtenen Bescheid) werden durch die angeschlossenen Beilagen ersetzt, die einen Bestandteil des Bescheides bilden.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Anlässlich der Anmeldung von Reis zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr für den Empfänger GmbH , hat das Zollamt am  (CRN 1 ) und am (CRN 2 ) eine Zollbeschau vorgenommen und zum Zweck einer Analyse Muster entnommen. Nach Untersuchung der Proben durch die Technische Untersuchungsanstalt (TUA) wurde entschieden, dass die in den Zollanmeldungen angegebene Warennummer 1006 2098 90 unrichtig und der Reis in die Warennummer 1006 3098 99 einzureihen ist (ETOS-Erledigungen zu den Geschäftsfällen X/2010 und Y/2010 ).
In der Folge wurde die Betriebsprüfung Zoll im November 2010 beauftragt, beim Empfänger insbesondere im Hinblick auf die Tarifierung von Reis Ermittlungen gemäß § 24 Zollrechts-Durchführungsgesetz - ZollR-DG durchzuführen.

Anlässlich der Nachschau  wurden auch diverse Zollanmeldungen, die von der Beschwerdeführerin (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) abgegeben worden sind, einer Überprüfung unterzogen. Die Abgabenbehörde kam zu dem Schluss, dass in näher bezeichneten Zollanmeldungen zur Überführung von Reis in den zollrechtlich freien Verkehr im Zeitraum Dezember 2008 bis Mai 2010 unzutreffende Warennummern angegeben sind und Abgabenbeträge in der Folge mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden sind (siehe dazu die Niederschrift vom , Zahl: 000000/00000/2011/002 , sowie die Anlage "Vertreter Indikation").

Es wurde daher - nach Einholung einer Stellungnahme der Bf (Parteiengehör) - eine nachträgliche buchmäßige Erfassung vorgenommen und der Bf mit Bescheid vom , Zahl: 000000/00000/2011/010 , der Differenzbetrag an Zoll (A10) und Einfuhrumsatzsteuer (B00) mitgeteilt, wobei darauf hingewiesen wurde, dass der Warenempfänger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sei, weshalb gemäß § 72a ZollR-DG die nachträgliche buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer unterbleibe.
In der Begründung wird ausgeführt, die Angaben zur Warenbeschaffenheit und die Warennummern in den in der Anlage genannten Zollanmeldungen seien unrichtig.
Die tatsächlichen Warennummern wäre aufgrund der Warenbezeichnung in der Rechnung sowie anhand von Firmenauskünften ermittelt worden.
Die unter der Bezeichnung Reis bzw Bruchreis gestellten Waren seien in die Warennummer 1006 2098 90 für geschälten Reis ("Cargo-Reis" oder "Braunreis"), anderer als parboiled, langkörnig mit einem Verhältnis der Länge zur Breite von 3 oder mehr, anderer als Basmatireis eingereiht worden. Laut Angaben in den korrespondierenden Rechnungen handle es sich jedoch um Thai Hom Mali Rice White Rice 100%  X Brand oder Y . Da dieser zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldete Reis mit weißem Reis bezeichnet werde, handle es sich um Reis einer höheren Verarbeitungsstufe, nämlich um halbgeschliffenen bzw vollständig geschliffenen, auch polierten oder glasierten Reis. Auf Grund der weiterführenden Angaben von diversen Auskunftspersonen bzw Unterlagen sowie der angemeldeten Einreihung handle es sich um anderen als parboiled, langkörnigen, mit einem Verhältnis der Länge zur Breite von 3 oder mehr in unmittelbaren Umschließungen mit einem Gewicht des Inhaltes von 5 kg oder weniger der Warennummer 1006 3098 10 (bzw ab 2011: 1006 3098 19) bzw anderen der Warennummer 1006 3098 90 (bzw ab 2011: 1006 3098 99). Somit sei die tatsächlich zutreffende Einreihung in die Warennummer 1006 3098 10/1006 3098 19 bzw 1006 3098 90/1006 3098 99 gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (KN) sowie im Sinne der Erläuterungen zum Harmonisierten System zum Kapitel 10 sowie zu Position 1006 gegeben. Die Unterteilung in verschiedene Warennummern ergebe sich aus der Untergliederung der Warennummer auf Grund des Inhaltes der unmittelbaren Umschließung des angemeldeten Reises laut den Angaben in den Handelsrechnungen.
Für die Bf sei daher bei der Überführung von eingangsabgabenpflichtigen Waren in den zollrechtlich freien Verkehr bei den in den Anlagen genannten Anmeldungen gemäß Artikel 201 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 3 ZK iVm § 2 Abs 1 ZollR-DG eine höhere Eingangsabgabenschuld entstanden als ursprünglich festgestellt und eingehoben wurde.
In Auswirkung dieses Prüfungsergebnisses würden daher die zu wenig entrichteten Eingangsabgaben nacherhoben. Bei der Neuberechnung wären die bereits entrichteten Eingangsabgaben berücksichtigt worden.
In der überwiegenden Anzahl der Fälle wäre in den Anmeldungen ein Vertretungsverhältnis angeführt, das es so nicht gebe: Vertreter-Indikation 2 bzw 3 (direkte bzw indirekte Vertretung des Versenders). Aus diesem Grund sei die Bf in den betroffenen Fällen Zollschuldner. Der Bescheid werde somit an sie gerichtet.
Detaillierte Angaben der Zollanmeldungen sowie Änderungen und Informationen zu den nachzuerhebenden Abgaben seien in den Anlagen, die einen Bestandteil des Bescheides bilden, angeführt.

Mit Schreiben der Bf vom , ergänzt mit Schreiben des Vertreters vom , wurde dagegen Berufung erhoben. Diese wurde mit Berufungsvorentscheidung vom , Zahl: 000000/00000/2011-14 , als unbegründet abgewiesen.
Dagegen wurde mit Schreiben vom Beschwerde an den unabhängigen Finanzsenat (UFS) erhoben.
Als Begründung wird in dieser Beschwerde im Wesentlichen vorgebracht, die von der Abgabenbehörde vorgenommene von der Zollanmeldung abweichende Einreihung des Reises in die Warennummer 1006 3098 10/1006 3098 19 bzw 1006 3098 90/1006 3098 99 sei unzutreffend und ohne physische Überprüfung der Ware nachträglich nicht zulässig. Die Bezeichnung in der Rechnung reiche nicht aus, um eine Einreihung vornehmen zu können. Die Bezeichnung "Cargo-Reis" lasse nicht darauf schließen, ob brauner oder weißer Reis vorliegt, sondern bedeute lediglich, dass der Reis zum Transport geeignet sei. Die Angabe "100%" beziehe sich nur auf die Marke, nicht auf den Anteil an weißem Reis. Überdies wird auf die von der Agrarmarkt Austria (AMA) ausgestellten Einfuhrlizenzen für Reis der Warennummer 1006 2098 11 hingewiesen, die bei der Zollabfertigung vorgelegt worden waren. Bei kontingentierten Waren werde vom System geprüft, ob die Warennummer in der Zollanmeldung mit jener in der Importlizenz übereinstimme. Eine andere Warennummer hätte im System gar nicht eingegeben werden können, weshalb die Mitarbeiter der Bf von der Richtigkeit der gewählten Tarifierung ausgehen mussten.
Schließlich wird auf Artikel 220 Absatz 1 Buchstabe b) ZK verwiesen, wonach eine nachträgliche Abgabenvorschreibung bei Angabe einer unrichtigen Zolltarifnummer im verfahrensgegenständlichen Fall hätte unterbleiben müssen. Der betreffende Reis sei über einen längeren Zeitraum importiert und von Zollorganen dabei wiederholt Kontrollen vorgenommen worden, ohne dass es Beanstandungen hinsichtlich der Einreihung gegeben habe. Zum Nachweis wird eine Aufstellung mit 31 Einfuhrvorgängen aus den Jahren 2008 bis 2010 angeschlossen, bei denen die Konformität bestätigt worden sei.
Es wird daher beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben oder die Abgabenvorschreibung auf 0,00 zu reduzieren. Überdies wird die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Diese fand am am Sitz des BFG statt.
Im Zuge der Verhandlung brachte die Bf ergänzend ua vor, die Abgabenbehörde stütze die abweichende Einreihung laut ihrem letzten Schriftsatz ausschließlich auf den ETOS-Befund zu Geschäftszahl Z/2011 . Die Bf. halte trotz der vorliegenden Ermittlungsergebnisse daran fest, dass die Unrichtigkeit der in den betreffenden Anmeldungen angegebenen Warennummern nicht bewiesen sei. Sollte das BFG dennoch zu dem Schluss kommen, dass der verfahrensgegenständliche Reis seitens der Bf falsch eingereiht wurde, komme Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b) ZK zur Anwendung.

Übergangsbestimmungen 

Mit wurde der UFS aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht (BFG) über. Dementsprechend normiert § 323 Abs 38 der Bundesabgabenordnung (BAO), dass die am beim UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom BFG als Beschwerden im Sinne des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen sind

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Laut Aktenlage haben die Zollbehörden zwecks Überprüfung der von ihnen angenommenen Anmeldungen laut Anlage "Vertreter-Indikation" in keinem einzigen Fall eine Zollbeschau im Sinne von Artikel 68 Buchstabe b) ZK vor der Überlassung der Waren vorgenommen. In vier Fällen (Zollanmeldungen 18 , 28 , 40 und 50 ) wurden gemäß Artikel 68 Buchstabe a) ZK   die Unterlagen geprüft, wobei sich diese Prüfung auf bestimmte Aspekte laut dem jeweiligen Risikoprofil beschränkte (Hinweise: Kontrolle einer Ausnahmeregelung; Lebensmittelaufsichtskontrolle; Fehltarifierung Umgehung Einfuhrlizenz Kap. 07; gen-manipulierter Reis aus USA).   

Die belangte Behörde hat dem BFG auf Anforderung eine Aufstellung aller vorgenommenen Analysen von Reis des Versenders  Ltd. in Thailand im relevanten Zeitraum vorgelegt. Aus dieser Aufstellung ist ersichtlich, dass es für den Empfänger GmbH , zwei Prüfungen (beide im Juni 2011) gegeben hat, die für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung sein könnten:
Geschäftsfall V/2011 betreffend die Untersuchung von Thai Hommali Rice und
Geschäftsfall W/2011 betreffend die Untersuchung von Thai White Rice B.
In beiden Fällen wurde der untersuchte Reis - abweichend vom Tarifierungsvorschlag der Partei - in die Warennummer 1006 3098 99 eingereiht.

Darüber hinaus wurde am anlässlich der nachträglichen Prüfung mit ETOS-Antrag zu Geschäftsfall Z/2011 unter Anschluss der Rechnung Nr.  xy vom die Untersuchung einer Originalpackung N Premium Reis des Versenders CORP. in den U.S.A. beantragt. Laut vorliegendem Untersuchungsbefund der TUA handelt es sich dabei um geschälten, vollständig geschliffenen, nicht gedämpften (d.h. nicht parboiled), mittelkörnigen Reis mit einem Verhältnis der Länge zur Breite von weniger als 3 der Unterposition 1006 30. 

Gemäß Artikel 78 Absatz 1 ZK können die Zollbehörden nach der Überlassung der Waren von Amts wegen eine Überprüfung der Anmeldung vornehmen.
Um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Anmeldung zu überzeugen, können die Zollbehörden gemäß Artikel  78 Absatz 2 ZK nach der Überlassung der Waren die Geschäftsunterlagen und anderes Material, das im Zusammenhang mit den betreffenden Einfuhrgeschäften sowie mit späteren Geschäften mit diesen Waren steht, prüfen. Sie können auch eine Überprüfung der Waren vornehmen, sofern diese noch vorgeführt werden können.

Diese Bestimmung gestattet es den Zollbehörden also, frühere Anmeldungen in Frage zu stellen, die keiner entsprechenden Überprüfung nach Artikel 68 ZK unterzogen wurden und mit denen daher nach Artikel 71 Absatz 2 ZK in der dort genannten Weise verfahren wurde (vgl. in diesem Sinne , DP grup Rz 37).
Sofern die Waren identisch sind, sind die Zollbehörden dabei nicht daran gehindert, die Ergebnisse einer Zollbeschau der in einer Anmeldung bezeichneten Waren für in früheren Anmeldungen aufgeführte, von diesen Behörden bereits freigegebene Waren zu übernehmen. Der Nachweis der Identität dieser Waren kann ua auf die Prüfung von Geschäftsunterlagen und anderem Material, das im Zusammenhang mit den Einfuhrgeschäften mit den betreffenden Waren sowie mit späteren Geschäften mit diesen Waren steht, gestützt werden und insbesondere auf die Angaben des Anmelders, wonach diese Waren vom selben Hersteller stammen und in ihrer Bezeichnung, ihrem Erscheinungsbild und ihrer Zusammensetzung mit den Waren übereinstimmen, die Gegenstand der früheren Anmeldungen waren.
Eine solche Möglichkeit zur Übernahme ist schon aufgrund des Zwecks des Zollkodex gerechtfertigt, der nach seinen Erwägungsgründen eine ordnungsgemäße Erhebung der darin vorgesehenen Abgaben sicherstellen und zugleich zügige und wirksame Verfahren im Interesse sowohl der Wirtschaftsteilnehmer als auch der Zollbehörden gewährleisten soll, indem Letztere von der Pflicht zu systematischen Prüfungen aller in einer Anmeldung bezeichneten Waren befreit sind und auf diese Weise Zollförmlichkeiten und Kontrollmaßnahmen möglichst vermieden werden sollten (vgl in diesem Sinne , Derudder Rz 42 und 45).

In diesem Zusammenhang ist es nicht relevant, dass mangels entsprechender Muster oder Proben der angemeldeten Ware nicht mehr verlangt werden kann, dass eine Analyse dieser Ware erfolgt. Artikel 78 ZK findet nämlich grundsätzlich nach der Überlassung der Waren Anwendung, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sich ihre Vorführung als unmöglich erweisen kann (vgl , Overland Footwear Rz 66).

Die Zollbehörden können daher die Ergebnisse der Beschau für die anderen Waren übernehmen, sofern die einer Zollbeschau (auch Teilbeschau) unterzogenen und die in den früheren Anmeldungen bezeichneten Waren identisch sind. Wie bereits erwähnt muss die Identität bzw Übereinstimmung ua aus einer Prüfung der Geschäftsunterlagen und des anderen, im Zusammenhang mit den betreffenden Einfuhrgeschäften mit den fraglichen Waren sowie mit späteren Geschäften mit diesen Waren stehenden Materials, hervorgehen. Die betreffenden Waren müssen nach den Angaben des Anmelders vom selben Hersteller stammen sowie dieselbe Bezeichnung, dasselbe Erscheinungsbild und dieselbe Zusammensetzung haben.
Ob der Empfänger unterschiedliche Vertreter beauftragt hat, die Waren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr anzumelden, ist nicht relevant.
Die Bf hat das Recht, einer solchen Übernahme entgegenzutreten, insbesondere wenn sie, wie im vorliegenden Fall, der Auffassung ist, dass das Ergebnis der Teilbeschau der in einer Anmeldung bezeichneten Waren (ETOS Geschäftsfälle V/2011 und W/2011 ) nicht auf die in früheren Anmeldungen bezeichneten Waren übertragbar ist; dabei muss der Anmelder oder sein Vertreter alle Beweise beibringen, die geeignet sind, dieses Vorbringen, mit dem die fehlende Identität der fraglichen Waren dargetan werden soll, zu stützen (vgl. entsprechend Urteile Derudder Rz 42 sowie vom , C- 571/12, Greencarrier Freight Services Latvia Rz 38).

Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt gemäß § 166 BAO alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Zu den Einfuhren aus Thailand:

Sowohl der Reis, der einer Analyse unterzogen worden ist (ETOS Geschäftsfälle V/2011 und W/2011 ), als auch der Reis, der Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist, stammt vom Versender Ltd. in Thailand.
Im Untersuchungsbefund zu Geschäftsfall V/2011 wird der Reis als "Thai Hommali Rice" (keine Originalpackung) beschrieben.
Im Untersuchungsbefund zu Geschäftsfall W/2011 wird der Reis folgendermaßen beschrieben: "Thai White Rice B" (Warenbezeichnung laut Antrag) in einer Originalverpackung mit der Aufschrift " X BRAND, DUFT REIS, THAI HOM MALI RICE".
Der mit den verfahrensgegenständlichen Zollanmeldungen des genannten Versenders angemeldete Reis ist in den zugehörigen Rechnungen überwiegend als "Thai Hom Mali Rice (White Rice 100%)" bezeichnet (siehe dazu auch die Anlage "Vertreter-Indikation"). Ergänzend sind die Markennamen " X " und " Y " angeführt, die keinen Rückschluss auf die Qualität zulassen. "Hom Mali" ist eine Handelsbezeichnung, die der besseren internationalen Vermarktung von thailändischem Reis dienen soll und für deren Verwendung die zuständigen Behörden in Thailand gewisse einheitliche Standards vorsehen.
Es ist somit festzuhalten, dass der verfahrensgegenständliche Reis laut den (eventuell unvollständigen oder ungenauen) Angaben in den ETOS-Anträgen und Untersuchungsbefunden nicht dieselbe Bezeichnung trägt, wie der Reis, der bei späteren Abfertigungen einer Teilbeschau unterzogen worden ist. Es handelt sich jedoch - trotz der unterschiedlichen Schreibweise - in allen drei Fällen um Thai Hom Mali Rice (was für eine Einreihung nicht ausreichend ist).
Das Erscheinungsbild und die Zusammensetzung des angemeldete Reises lassen sich im Nachhinein nicht mehr feststellen. Artikel- oder Bestellnummern zum Vergleich liegen nicht vor.
Neben den angeführten Untersuchungen stützt die belangte Behörde ihre abweichende Einreihung in die Warennummer  1006 3098 10/1006 3098 19 bzw 1006 3098 90/1006 3098 99 im Wesentlichen auf die Bezeichnung "white rice" in den Rechnungen und verweist auf die Auskünfte des Empfängers, die Beschreibung von "Thai Hom Mali Rice" durch das National Bureau of Agricultural Commodity and Food Standards in Thailand (TAS 4000-2003) und die Angaben des Versenders Ltd. (der nach eigenen Angaben Zertifikate von BRC, GMP und HACCP erhalten hat), auf seiner Website www , auf der die von ihm angebotenen Produkte unter Angabe von Spezifikationen und Fotos ausführlich beschrieben sind. 
Zur Beschaffenheit von "Thai White Rice 100%" wird ua ausgeführt, dass dieses Produkt mindestens 70% ganze Körner und höchstens 3% gebrochene Körner enthält und die Vorgaben des Thai Rice Standards sogar übertroffen werden.
Es werden daneben andere Produkte angeboten, die vom Versender zB als "Thai Brown Rice" bzw "Thai Cargo Rice" oder als "Thai Jasmine Broken Rice" bezeichnet werden.

Zur Einfuhr aus den U.S.A.:

Mit Zollanmeldung CRN 28 wurden ua auch verschiedene Reissorten des Versenders CORP. angemeldet. Zu N Premium Rice liegt der ETOS-Untersuchungsbefund der TUA zu Geschäftsfall Z/2011 vor, der über die Beschaffenheit des Reises Auskunft gibt (vollständig geschliffener Reis der UP 1006 30). Die Übereinstimmung zwischen der am  importierten und der untersuchten Ware wurde vom Empfänger bestätigt (siehe Niederschrift vom ). Zusätzlich wurde vom BFG am  elektronisch eine Abfrage der Artikelnummer (Item Code) im Katalog des Versenders durchgeführt, die ebenfalls eine Übereinstimmung ergeben hat.
Unklar ist allerdings die Einreihung von K Reis der Marke N2, der keiner Analyse unterzogen worden ist. Im Katalog des Versenders findet sich unter der zugehörigen Artikelnummer xyz lediglich die Bezeichnung, die auch in der Rechnung Nr. xy aufscheint. Da es unterschiedliche Sorten bzw Qualitäten von K Reis (medium grain) gibt, ist eine nachträgliche Einreihung auf Grund der vorliegenden Informationen nicht möglich. Auch die gesammelten Unterlagen der Abgabenbehörde über K Reis können dem importierten Reis nicht zugeordnet werden. Es steht somit nicht fest, dass es sich dabei um vollständig geschliffenen Reis handelt.

Der Einwand, die Angabe "100%" bei der Waren- und Artikelbezeichnung beziehe sich nur auf die jeweilige Marke, nicht jedoch auf den Anteil an weißem Reis, steht im Widerspruch zu den vorliegenden Analyseergebnissen und den Herstellerangaben. Schon der Umstand, dass die Angabe "White Rice 100%" in Klammer gesetzt und nicht durch einen Beistrich getrennt ist, spricht dafür, dass damit zum Ausdruck gebracht wird, dass sich in der Packung zu 100% weißer Reis befindet.

Soweit bei einzelnen Reissorten in den Rechnungen "10% broken" angegeben ist, wird auf die Zusätzliche Anmerkung 2 a) zu Kapitel 10 der KN verwiesen, wonach auf Mischungen, in denen einer der Bestandteile mindestens 90 GHT der Mischung ausmacht, der für diesen Bestandteil geltende Zollsatz anzuwenden ist. Ein Anteil von nicht mehr als 10% gebrochenen Körnern wirkt sich auf die Einreihung in die Warennummern 1006 3098 10/1006 3098 19 bzw 1006 3098 90/1006 3098 99 daher nicht aus.

Was im Kapitel 10 der KN als rundkörniger, mittelkörniger oder langkörniger Reis, Rohreis, geschälter Reis, halbgeschliffener oder vollständig geschliffener Reis und Bruchreis im Sinne der einzelnen Unterpositionen gilt, ist in den Zusätzlichen Anmerkungen 1 zu Kapitel 10 definiert. Bei der Einreihung sind daher diese Anmerkungen relevant, auch wenn einzelne Begriffe oder Bezeichnungen in einem anderem Zusammenhang eine anderslautende Bedeutung haben sollten.

Die Bf bringt generell vor, die Bezeichnung "weißer Reis" werde im Kapitel 10 der KN gar nicht verwendet und die Warenbezeichnung in der Rechnung sei für eine (abweichende) Einreihung nicht ausreichend. Überhaupt sei nicht bewiesen, ob der in der Rechnung bezeichnete Reis auch tatsächlich angemeldet wurde. Die Angaben auf den Websites der Versender zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung oder zum jetzigen Zeitpunkt würden keine Rückschlüsse auf die Qualität des Reises zulassen, der im Prüfungszeitraum angemeldet worden ist. Beweispflichtig sei nicht die Bf, sondern die belangte Behörde.

Das BFG kommt unter sorgfältiger Berücksichtigung sämtlicher vorliegender Informationen zu dem Schluss, dass es der belangten Behörde im Zuge der Überprüfung gemäß Artikel 78 Absatz 1 ZK gelungen ist, mit Ausnahme des genannten K Reises die Unrichtigkeit der Warenbezeichnungen und Warennummern in den verfahrensgegenständlichen Zollanmeldungen nachzuweisen.
Nach der Überlassung der Waren kann die angemeldete Warennummer im Zuge der nachträglichen Prüfung der Anmeldungen gemäß Artikel 78 ZK auch dann für unrichtig befunden werden, wenn eine Vorführung der angemeldeten Waren nicht mehr möglich ist und keine (spätere) Überprüfung nach Artikel 68 ZK stattgefunden hat, sofern die für die Einreihung maßgeblichen Kriterien auf Grund anderer Beweismittel festgestellt werden können.
Sowohl die Warenbeschreibungen in den Rechnungen als auch die Angaben auf der Website des Versenders Ltd. und der von den Behörden in Thailand festgelegte Thai Agricultural Standard für die Verwendung der Bezeichnung "Thai Hom Mali Rice" lassen keinen vernünftigen Zweifel daran zu, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Reis aus Thailand nicht um geschälten Reis ("Braunreis", "Cargo-Reis") handelt.
Die detaillierten Angaben des Versenders auf seiner Website und die vom National Bureau of Agricultural Commodity and Food Standards im Ministry of Agriculture and Cooperatives in Thailand veröffentlichten Normen für Thai Hom Mali Rice (TAS 4000-2003) erlauben eine Einreihung der Ware Thai Hom Mali Rice (White Rice 100% oder 10% broken) in die Warennummern 1006 3098 10/1006 3098 19 bzw 1006 3098 90/1006 3098 99.
Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse der TUA zu den Geschäftsfällen V/2011 und W/2011 stehen dazu nicht im Widerspruch.
Dass es sich bei dem am angemeldeten N Premium Reis aus den U.S.A. um vollständig geschliffenen Reis der Unterposition 1006 30 handelt, konnte von der belangten Behörde durch die Analyse einer geeigneten Probe bewiesen werden (siehe ETOS-Untersuchungsbefund zu Geschäftsfall Z/2011).

Die Bf hat keine Beweise beigebracht, die geeignet sind, ihr Vorbringen, bei Thai Hom Mali Rice (White Rice 100% oder 10% broken)" und N Premium Reis (medium grain) handle es sich ungeachtet der Analyseergebnisse, Auskünfte des Empfängers, Angaben der Versender und Warenbezeichnungen in den Rechnungen nicht um halbgeschliffenen bzw vollständig geschliffenen, auch polierten oder glasierten Reis, sondern wie angemeldet um geschälten Reis bzw Bruchreis, zu stützen

Nach Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b) erster Unterabsatz ZK erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht rechtmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und die geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat.
Diese Bestimmung sei nach Ansicht der Bf im Falle einer abweichenden Einreihung der eingeführten Ware anzuwenden.

Zur Frage, ob ein Grund für das Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung vorliegt, wurden zunächst die in der Beilage zur Beschwerde aufgelisteten 31 Zollanmeldung gesichtet. Wie bereits ausgeführt wurde in keinem einzigen dieser Fälle eine Zollbeschau vorgenommen. Bei vier Zollanmeldungen wurden die Unterlagen geprüft, wobei sich diese Prüfung auf bestimmte Aspekte gemäß dem jeweiligen Risikoprofil beschränkt hat.
Im Beschwerdefall liegt somit keine eigene Tätigkeit der Zollbehörden vor; Unregelmäßigkeiten wurden vor Überlassung der Waren nicht festgestellt und die Zollanmeldungen "wie angemeldet" angenommen. Es findet sich kein Hinweis darauf, dass die Angabe der unrichtigen Warennummer bzw -bezeichnung in den betreffenden Zollanmeldungen auf ein Handeln der zuständigen Zollbehörden zurückzuführen wäre.

Zum Einwand, die Lizenzstelle hätte bei Erteilung der Lizenzen erkennen müssen, wenn die Warenbezeichnung in den Beilagen nicht mit dem KN-Code im Antrag korrespondiert, wird auf die Stellungnahme der AMA (Mail vom ) verwiesen, wonach dies bei Erteilung der Lizenzen nicht geprüft wird und es in der Verantwortung des Antragstellers liegt, die Warennummer korrekt anzugeben. Konkret wird dazu ausgeführt:
"Grundsätzlich sind für die Antragstellung von Importlizenzen außerhalb von Kontingentregelungen keine zusätzlichen Unterlagen zum Lizenzantrag vorzulegen. Für die Bekanntgabe des KN-Codes ist allein der Antragsteller verantwortlich. Grundsätzlich ist die Antragstellung auch unterschiedlicher KN-Codes analog; ausgenommen sind jedoch Kontingentregelungen."
Für geschälten Reis des KN-Codes 1006 20 gemäß Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 327/98 der Kommission war bis Ende 2009 ein Kontingent vorgesehen. Bei Einfuhrlizenzanträgen, die sich auf Bruchreis mit Ursprung Thailand beziehen, war dem Antrag das Original der Ausfuhrbescheinigung beizulegen.
Der Inhalt der Ausfuhrbescheinigungen ist dem BFG nicht bekannt. Selbst wenn in den Ausfuhrbescheinigungen aus Thailand und in den Einfuhrlizenzen ein unrichtiger KN-Code aufscheint, wird im vorliegenden Fall dadurch jedoch kein Ausnahmefall im Sinne des Artikels 220 Absatz 2 ZK begründet, da der EuGH dafür in ständiger Rechtsprechung ein Handeln der Zollbehörden und die Ursächlichkeit dieses Handelns für ihren Irrtum verlangt (vgl Witte/Alexander, Zollkodex Art 220 Rz 12 ff und die dort angeführte Rechtsprechung).
Wenn kein geschälter Reis des KN-Codes 1006 20 vorliegt, hätte das genannte Kontingent nicht angesprochen werden dürfen und die von der AMA dafür ausgestellten Einfuhrlizenzen wären nicht vorzulegen bzw abzuschreiben gewesen. Es wäre dann auch möglich gewesen, die zutreffende Warennummer - abweichend von der Einfuhrlizenz - im System einzugeben.

Auch der Grundsatz der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes steht einer nachträglichen buchmäßigen Erfassung im vorliegenden Fall nicht entgegen, da ein Wirtschaftsbeteiligter im Hinblick auf die eindeutige Bestimmung des Artikels 78 ZK mit einer (erneuten) nachträglichen Prüfung der Anmeldungen nach Überlassung der Waren rechnen muss (vgl , Veloserviss).

Aus den genannten Gründen war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Die (ordentliche) Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. We­der weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB , 99/16/0179) ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vor­liegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu be­urteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grund­sätz­liche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesfinanzgericht konnte sich bei den maßgeblichen Rechtsfragen insbesondere auch auf die wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes stützen.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 78 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 78 Abs. 2 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 68 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 220 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.4200124.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at