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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.03.2016, RV/5101954/2015

Änderung der geschätzten Nutzungsdauer eines Mietobjektes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin A in der Beschwerdesache B, vertreten durch SSP BeratungsGmbH, Edthof 11 b, 4645 Grünau im Almtal , gegen die Bescheide des Finanzamt Gmunden Vöcklabruck vom , betreffend Einkommensteuer 2012 und 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der nunmehrige Beschwerdeführer (= Bf) erzielte ab 2012 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Wohnungen in einem ihm gehörigen Mehrfamilienhaus. Der AfA-Satz betrug gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 und gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 (Abgabenänderungsgesetz 2012, BGBI. I 2012/112 ab 2013) 1,5 % der Bemessungsgrundlage – die Einkommensteuerveranlagungen 2012 und 2013 erfolgten erklärungsgemäß.
Nach 2015 durchgeführter Außenprüfung wurde das Verfahren betreffend Einkommensteuerveranlagung 2012 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder aufgenommen und der Einkommensteuerbescheid 2013 gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben.
In den in der Folge ergangenen Einkommensteuerbescheiden 2012 und 2013 wurden entsprechend den Ergebnissen des Prüfungsverfahrens die Einkünfte aus V+V erhöht.
In einer rechtzeitig dagegen eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass "beantragt wird, die Restnutzungsdauer für die vermieteten Gebäudeteile ... entsprechend des im Rahmen der Außenprüfung vorgelegten Gutachtens ... mit 40 Jahren bei Vermietungsbeginn im Jahr 2012 festzusetzen." Im Wesentlichen wurde begründend ausgeführt, dass anlässlich des Beginns der Vermietungstätigkeit 2012 davon ausgegangen wurde, dass die tatsächliche Restnutzungsdauer annähernd der gesetzlichen entsprechen würde, weshalb man den AfA-Satz mit 1,5 % der Bemessungsgrundlage wählte. Da die Finanzverwaltung im Rahmen der Außenprüfung die fiktiven Anschaffungskosten des Mietobjektes in Frage stellte, wurde vom nunmehrigen Bf ein Verkehrswertgutachten in Auftrag gegeben. Nach Erhalt des Gutachtens beantragte man im Zuge der Außenprüfung einen höheren AfA-Satz: Laut könne bei seinerzeitiger Schätzung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, die auf irrtümlichen Sachverhaltsannahmen beruhte und nunmehr eine bessere Einsicht vorliegt, die Änderung der Nutzungsdauer nicht für die Jahre nach der erstmaligen Vermietung, „sondern die Korrektur direkt an der Wurzel 2012 erfolgen“.

Die Beschwerde wurde mit BVE abgewiesen. Im Wesentlichen wurde begründend ausgeführt, dass der Steuerpflichtige an den "bei Inbetriebnahme" gewählten AfA-Satz gebunden bleibt und damit das Wahlrecht konsumiert ist. Hinsichtlich des Gutachtens wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es undatiert ist und den Bewertungsstichtag aufweist, wobei die Besichtigung am stattfand. Schäden (auch an der Gebäudesubstanz) wurden nie angeführt. Zur Restnutzungsdauer finde sich nur der Satz: "Die Restnutzungsdauer des Gebäudes ohne wesentliche Sanierungen kann mit maximal 40 Jahren angesetzt werden."

Es wurde rechtzeitig ein Vorlageantrag gestellt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 1 EStG 1988 beträgt die Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis der Nutzungsdauer von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Gebäude
- bis zu 3 %, soweit diese unmittelbar der Betriebsausübung eines Land- und Forstwirtes oder Gewerbetreibenden dienen und bis zu 2,5 % oder 2 %, soweit diese den in der Folge genannten Zwecken dienen; dient ein Gebäude zumindestens 80 % unmittelbar der Betriebsausübung, dann beträgt die Absetzung für Abnutzung für das ganze Gebäude bis zu 3 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
- bis zu 2,5 %, soweit diese unmittelbar dem Betrieb des Bank- und Versicherungswesens sowie unmittelbar dem Betrieb ähnlicher Dienstleistungen (zB der Kreditvermittlung) dienen; dient ein solches Gebäude zumindestens 80 % dem Kundenverkehr, dann beträgt die Absetzung für Abnutzung für das ganze Gebäude bis zu 3 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
- bis zu 2 %, soweit diese anderen betrieblichen Zwecken dienen.
Gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemisst sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage (lit. a bis d) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage (lit. a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden (Abgabenänderungsgesetz 2012, BGBI. I 2012/112 ab 2013).

Wesentlich zu klären ist, ob die ab Beginn der Vermietungstätigkeit (2012) gewählte Anwendung des gesetzlichen AfA-Satzes gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 (bzw. ab 2013 in Kraft: § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988) von 1,5 % (der nunmehrige Bf hatte 2012 kein Gutachten vorgelegt, demgemäß eine höhere AfA begründet wäre und hat er auch diesbezüglich keinen Antrag gestellt) nunmehr 2015 auf einen höheren AfA-Satz geändert werden und dies rückwirkend ab Beginn der Vermietungstätigkeit (2012) erfolgen kann:
Primär ist auszuführen, dass die vom Bf dazu in der Beschwerde angeführte Entscheidung des nichts für die Beschwerde bringt, da die vom Bf angeführte Thematik darin nicht behandelt wird und auch das rechtliche Ergebnis nicht der vom Bf geschilderten Aussage entspricht, weshalb davon auszugehen ist, dass der Bf diese VwGH-Entscheidung irrtümlich anführte.
Laut Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, § 8 Tz 22 steht das Wahlrecht aufgrund des Grundsatzes der Bewertungstätigkeit grundsätzlich nur bei Inbetriebnahme des Gebäudes zu; wurden die gesetzlichen AfA-Sätze einmal angewendet, ist das Wahlrecht konsumiert. –Bezogen auf den beschwerdegegenständlichen Fall heißt dies, dass das Wahlrecht des Bf's 2012 konsumiert wurde bei Anwendung des gesetzlichen AfA-Satzes von 1,5 % gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988.
A.a.O. wird weiter ausgeführt, dass nur dann, wenn sich die Nutzungsverhältnisse grundlegend ändern (Wechsel im Nutzungseinsatz, der auch zu einer Änderung des gesetzlichen AfA-Satzes führt; außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung ...) aufgrund eines dann angetretenen Nachweises von den gesetzlichen AfA-Sätzen auf eine nachgewiesene AfA umgestiegen werden kann:
Bei Beachtung des beschwerdegegenständlichen Sachverhaltes ist festzustellen, dass der Bf nie vorbrachte, dass er deshalb den AfA-Satz geändert haben wollte, weil er seinen Nutzungseinsatz hinsichtlich des Mietobjektes änderte bzw. zwischenzeitig Umstände eingetreten wären, die zu einer außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung führten, sondern er zum Zeitpunkt der Vorlage des anlässlich der Außenprüfung (2015) angeforderten Gutachtens zur Bestimmung des Verkehrswertes erstmalig eine Erhöhung des AfA-Satzes beantragte, die ab 2012 gelten sollte.

A.a.O. wird unter § 7 Tz 41 Punkt 1 ebenfalls ausgeführt, dass eine Änderung der einmal geschätzten Nutzungsdauer durch nachfolgende Umstände nur in Ausnahmefällen zulässig ist. (Etwaige "nachfolgende Umstände" wurden vom Bf jedoch nie vorgebracht und ergeben sich auch nicht aus dem Gutachten). – Voraussetzung ist, dass sich die für die Nutzungsdauer maßgeblichen Verhältnisse wesentlich und dauernd ändern ( 632/59; 483, 631/78) – auch dies wurde vom Bf nicht vorgebracht, sondern ist der einzige Umstand zur Beantragung einer Erhöhung des AfA-Satzes (w.o.a.) darin zu sehen, dass vom Bf anlässlich der Außenprüfung ein Gutachten zur Bestimmung des Verkehrswerts vorgelegt wurde.
Wesentlich ist darauf hinzuweisen, dass a.a.O. ausgeführt wird, dass in den Fällen, in denen eine Änderung der Nutzungsdauer gerechtfertigt ist, es nur zu einer Neuberechnung der AfA für die Zukunft kommt.

Zusammenfassend ist also auszuführen, dass aufgrund der weder behaupteten noch sich aus dem Sachverhalt ergebenden wesentlichen und dauernden Änderung der für die Nutzungsdauer maßgeblichen Verhältnisse eine Erhöhung des AfA-Satzes ab 2012 bei Beachtung der anzuwendenden VwGH-Judikatur und entsprechenden Literatur nicht möglich ist. Hinzuweisen ist, dass auch bei etwaigem Vorliegen dieser Umstände eine rückwirkende Änderung nicht möglich ist, sondern eine Neuberechnung der AfA für die Zukunft erfolgt. Es steht demnach dem Bf frei, in einem entsprechenden Gutachten die o.a. wesentliche und dauernde Änderung der für die Nutzungsdauer maßgeblichen Verhältnisse, die eine Erhöhung des AfA-Satzes für die Zukunft rechtfertigen, nachzuweisen.

Es war aus den angeführten Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

Eine Revision an den VwGH ist nicht zulässig. Gemäß Art. 133/4 B-VG kann gegen den Beschluss eines Verwaltungsgerichtes Revision erhoben werden, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn eine Rechtsprechung des VwGH fehlt.
Die gegenständliche Entscheidung gründet auf der VwGH-Rechtsprechung betreffend Änderung der geschätzten Nutzungsdauer von Wirtschaftsgütern. Eine Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Änderung
geschätzte Nutzungsdauer
Mietobjekt
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.5101954.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
IAAAC-10294