Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. über die als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigende Berufung der Bfin, Adr, vertreten durch V., Adr1, gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt, vertreten durch V1, vom , Zahl: ******/****/17/2011, betreffend Aussetzung der Vollziehung gemäß Art. 244 ZK, nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung,
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird, soweit sie die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides, Zahl ******/****/03/2011, vom 14. Juni 2011 betrifft, als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom , Zahl ******/****/03/2011, teilte das Zollamt Feldkirch Wolfurt der Beschwerdeführerin die buchmäßige Erfassung der nach Art. 204 Abs. 1 Zollkodex (ZK) entstandenen Einfuhrumsatzsteuer zu darin näher bezeichneten 18 Einfuhrfällen aus dem Zeitraum bis in Höhe von insgesamt € 292.971,42 zuzüglich einer Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG in Höhe von insgesamt € 6.084,61 mit, weil die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung im Sinn des Art. 6 Abs. 3 und Art. 7 des UStG 1994 nicht vorgelegen seien.
Mit Schriftsatz vom wurde gegen die Abweisung der Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 31. Jänner 2012 der Rechtsbehelf der Beschwerde nach § 85c Zollrechts-Durchführungsgesetz, in der Fassung des BGBl. I Nr. 76/2011, erhoben und gleichzeitig ein neuerlicher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom , Zahl ******/**** /17/2011, gleichzeitig mit den Anträgen in zwei weiteren Fällen abgewiesen.
In seiner Begründung führte das Zollamt aus, dass die Beschwerdeführerin drei Jahre lang eine ungültige Empfänger-Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben habe. Die Erfolgsaussichten würden daher als wenig erfolgversprechend einzustufen sein. Was die Gefahr des Entstehens eines unersetzbaren Schadens betreffe, habe die Beschwerdeführerin aus eigenem überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen. Dieser Verpflichtung sei nicht nachgekommen worden. Die bloße Auferlegung einer Zahlungsverpflichtung stelle aber regelmäßig noch keinen unersetzbaren Schaden dar.
Die dagegen mit Eingabe vom erhobene Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom , Zahl ******/**** /43/2011, als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte das Zollamt aus, dass weiterhin keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung bestehen würden. Das Vorliegen eines unersetzbaren Schadens werde nicht einmal behauptet. Im Übrigen sei die Einfuhrabgabenfestsetzung bei der Beschwerdeführerin als buchführungs- und bilanzierungspflichtige Schuldnerin zu passivieren gewesen. Die sich dadurch unabhängig von der Vollziehung der angefochtenen Entscheidung ergebene Überschuldung würde schon einen Insolvenzgrund darstellen, sodass die Vollziehung für die behauptete Insolvenzgefahr nicht ursächlich sei und folglich eine Aussetzung nicht begründen könne.
Dagegen wurde mit Schriftsatz vom der nunmehr als Vorlageantrag zu wertende Rechtsbehelf der Beschwerde erhoben.
Begründend wurde vorgebracht, dass die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer evident rechtswidrig sei, weil Art. 204 ZK keine geeignete Rechtsgrundlage hierfür darstelle, die Vorschriften der Binnenmarktregelung des Umsatzsteuergesetzes gar nicht verletzt worden seien und die Anwendung des Gutglaubensschutzes nach Art. 7 Abs. 4 UStG 1994 zu Unrecht verneint worden sei. Es sei auch unrichtig, dass § 72a ZollR-DG nicht angewendet werde, da der Beschwerdeführerin der Vorsteuerabzug zustehe. Schließlich stehe auch Art. 220 Abs. 2 ZK einer Vorschreibung entgegen.
Wie aus den vorgelegten Jahresabschlüssen hervorgehe, sei die Aussetzung schon deshalb zu gewähren, weil die Entrichtung der mittlerweile vorgeschriebenen Eingangsabgaben in Höhe von rund 2 Millionen Euro auf jeden Fall zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher Art führe und somit die Aussetzung auch ohne Sicherheitsleistung zu gewähren sei.
In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurden im Hinblick auf die gleichzeitig stattgefundene Verhandlung in der Sache selbst keine weiteren Vorbringen erstattet.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist gemäß § 323 Abs. 38 BAO die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängig gewesene Beschwerde vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Gemäß Art. 244 ZK wird die Vollziehung einer angefochtenen Entscheidung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs nicht ausgesetzt. Die Zollbehörden setzen die Vollziehung der Entscheidung jedoch ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte.
Nach Art. 245 ZK werden die Einzelheiten des Rechtsbehelfsverfahrens von den Mitgliedstaaten erlassen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz gelten das im § 1 genannte Zollrecht der Union, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen (Zollrecht im Sinn des Artikels 1 des Zollkodex) weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einem Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des abgabepflichtigen rechnungstragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht gemäß § 212a Abs. 5 BAO in einem Zahlungsaufschub, welcher mit einem ua. anlässlich einer über die Beschwerde in der Hautsache ergehenden Erkenntnis zu ergehenden Verfügung des Ablaufes der Aussetzung endet.
Soweit einem vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinne des § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO eingebrachten Antrages auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben wird, steht dem Abgabepflichtigen gemäß § 212a Abs. 7 BAO für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des den Antrag erledigenden Bescheides zu.
Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind gemäß § 212a Abs. 4 BAO auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.
In Vollziehung des Art. 244 ZK sind die nationalen Bestimmungen des § 212a BAO anzuwenden, soweit der Zollkodex nicht (wie etwa hinsichtlich der Voraussetzungen des § 212a Abs. 1 BAO für die Aussetzung) anderes bestimmt (vgl. ).
In der Sache selbst wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom GZ. RV/5200053/2012, über die Berufung (nunmehr Bescheidbeschwerde) vom entschieden. Es liegt somit kein offenes Rechtsbehelfsverfahren mehr vor. Der noch offene Aussetzungsantrag war daher als unbegründet abzuweisen (vgl. Ritz, BAO5, § 212a Tz 12).
Die in einigen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vertretene Ansicht, dass sich aus dem Gesetz nicht ergebe, dass eine positive Erledigung des Aussetzungsantrages nur bis zur Rechtsmittelerledigung möglich ist, ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2010/16/0196, klargestellt hat, sind die zu einem anderen Ergebnis gelangenden Erkenntnisse zur Rechtslage vor den Änderungen durch das Budgetbegleitgesetz 2001 ergangen.
Nach der geltenden Rechtslage dürfen nach näherer Anordnung des § 230 Abs. 6 BAO Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon betroffenen Abgaben bis zur Erledigung des Aussetzungsantrages weder eingeleitet noch fortgesetzt werden bzw. steht dem Abgabepflichtigen bei rechtzeitiger Antragstellung für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des den Antrag erledigenden Bescheides zu.
Damit waren im Beschwerdefall Einbringungsmaßnahmen unabhängig vom Ausgang des Verfahrens über den Antrag auf Aussetzung nicht zulässig. Die vom Beschwerdeführer angestrebte Bewilligung der Aussetzung der Vollziehung hätte ihm, weil mit dem Ergehen des Erkenntnisses in der Hauptsache gleichzeitig der Ablauf der Aussetzung zu verfügen ist, keine andere Rechtsposition verliehen, als er durch die bisherige Nichterledigung der Beschwerde gegen die Abweisung der Aussetzung der Vollziehung hatte.
Zur Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen fehlt es im Hinblick auf die geltende Rechtslage in Bezug auf die Unzulässigkeit von Einbringungsmaßnahmen ab Stellung des Antrages auf Aussetzung an der Beschwer.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 244 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.5200077.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
CAAAC-10231