Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.08.2014, RV/2100659/2012

Vorrangige Zahlungsverpflichtung von Familienleistungen nach Gemeinschaftsrecht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter A in der Beschwerdesache der Bwin, gegen den Bescheid des Finanzamtes Judenburg Liezen vom , betreffend
die Rückforderung von Familienbeihilfe und der entsprechenden Kinderabsetzbeträge
- für das Kind X, für die Monate Februar 2009 bis August 2010,
- für das Kind Y, für den Monat Februar 2009,
zu Recht erkannt:

Der Berufung (jetzt: Beschwerde) wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Für das Kind y wurde nach den aktenkundigen britischen Bescheinigungen vom , vom und vom , bis „United Kingdom Child Benefit bezogen.
Per wurden die Leistungen eingestellt, da die Beschwerdeführerin der britischen Beihilfenbehörde mitgeteilt hatte, dass sie Großbritannien am verlassen habe und nach Österreich zurückgekehrt sei.

An diesem wurde in Österreich ihre Tochter x geboren.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die für das Kind x für die Monate Februar 2009 bis August 2010 ausbezahlte Familienbeihilfe und der entsprechende Kinderabsetzbetrag, und die für das Kind y für die Monate April 2004 bis Februar 2009 ausgezahlte Familienbeihilfe mit dem entsprechenden Kinderabsetzbetrag zurückgefordert (Gesamtrückforderungsbetrag 13.173,40 Euro).
Zur Begründung dieses Bescheides wurde zum einen darauf hingewiesen, dass sich die Beschwerdeführerin in der Zeit bis Februar 2009 in Großbritannien aufgehalten habe und dort Familienleistungen erhalten habe. Es habe für die Zeit bis einschließlich Februar 2009 kein Anspruch auf österreichische Familienleistungen bestanden.
Für die Monate ab Februar 2009 sei Großbritannien vorrangig zur Erbringung von Familienleistungen verpflichtet, weil der Vater der Kinder in Großbritannien erwerbstätig sei, die Beschwerdeführerin in Österreich jedoch keine Erwerbstätigkeit ausübe.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung (jetzt: Beschwerde) führt die Beschwerdeführerin durch ihren bevollmächtigten Vertreter auszugsweise aus:
x z:

Es verhält sich so, dass die Berufungswerberin vom bis , sowie vom bis als geringfügig beschäftigte Arbeiterin versichert war, vom bis gemäß § 19 ASVG als Arbeiterin selbst versichert war, sowie vom bis selbst versichert nach § 16 Abs. 1 ASVG war, sowie ab der Geburt von x () Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld seitens der Steiermärkischen Gebietskrankenkassa hat. Daher erscheint es für die Berufungswerberin absolut nicht nachvollziehbar, warum der - von der Kindesmutter getrennt lebende - Kindesvater vorrangig in England Kindergeld zu beantragen hätte. Die anspruchsberechtigte x z bzw. deren Mutter sind beide Österreichische Staatsbürgerinnen, leben zumindest großteils in Österreich und ist daher für die Berufungswerberin nicht nachvollziehbar, warum die Behörde davon ausgeht - was völlig unrichtig ist -, dass die Berufungswerberin in England eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat. Es verhielt sich vielmehr so, dass die Berufungswerberin im angesprochenen Leistungszeitraum weder in Österreich, noch in England einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, somit auch die Begründung ins Leere geht, dass grundsätzlich jener Mitgliedsstaat die Familienleistungen gewähren muss, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Wenn somit weder in Österreich, noch in England einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wurde, muss doch der überwiegende Leistungsbezug bzw. die Möglichkeit des Leistungsbezuges im "Heimatstaat" Österreich gegeben sein. ln diesem Zusammenhang wird ausgeführt, dass in diesem Falle (keine Erwerbstätigkeit in beiden Staaten) der Anknüpfungspunkt für den Leistungsbezug zwingendermaßen im Heimatland liegen muss.

y z:

Hier ist richtig wiedergegeben, dass die Berufungswerberin für ihre Tochter y vom bis Kindergeld in England bezogen hat. Der angefochtene Bescheid führt in keinem Wort aus, warum demnach vom bis kein Anspruch auf Familienbeihilfe im Bundesgebiet vorliegt. In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass die Berufungswerberin nach Ablauf des Anspruches auf Kinderbetreuungsgeld () ab bis selbst versichert (gemäß § 19 ASVG als Arbeiterin) war, vom bis geringfügig beschäftigte Arbeiterin, vom bis ebenfalls geringfügig beschäftigte Arbeiterin war, vom bis selbst versichert gemäß § 19 ASVG als Arbeiterin, sowie danach vom bis selbst versichert gemäß § 16 Abs. 1 ASVG war und danach vom laufend Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hatte. Für die Berufungswerberin ist insoferne überhaupt nicht nachvollziehbar, warum die Berufungswerberin im Zeitraum bis keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hat, zumal eine Beantragung einer Familienbeihilfe in Großbritannien nie erfolgt ist. In diesem Zusammenhang ist auch auszuführen, dass die in England bezogene Familienbeihilfe lediglich ca. € 60,00 pro Monat betragen hat, somit zumindest die Differenz zwischen diesem Betrag und dem "österreichischen" Bezug zu Recht besteht, zumal die Berufungswerberin in diesem Zeitraum vornehmlich in Österreich aufhältig war.“

Mit Schreiben vom wurde der Vertreter für die Beschwerdeführerin um Ergänzung ersucht:
„Sie führen an, Frau … habe sich im strittigen Zeitraum großteils in Österreich aufgehalten.
Dem entgegen steht wohl der Kindergeldbezug in Großbritannien,
Klären Sie dieses Mißverhältnis auf.
Erklären Sie die Gründe, warum in Großbritannien Kindergeld beantragt und bezogen wurde, obwohl Frau … für … gleichzeitig die österreichische Familienbeihilfe beantragt und bezogen hat.
Aufgrund welcher Rechtsgrundlagen wird vermeint, Frau … habe von April 2004 bis Februar 2009 Anspruch auf die Differenz zum britischen Kindergeld.
Was heißt, Frau … habe sich abwechselnd in Österreich und Großbritannien aufgehalten. Geben Sie die genauen Zeiträume der Aufenthalte in Österreich und in Großbritannien bekannt und legen Sie entsprechende Beweismittel vor.
Die Behauptung, Frau … sei im strittigen Zeitraum in Großbritannien nicht erwerbstätig gewesen, ist zuwenig.
Diesbezüglich sind für die Jahre 2004 bis 2010 die Formulare E9 für Frau … und Herrn … von der zuständigen englischen Behörde zu bestätigen.
Eine Kopie des Dienstvertrages mit Herrn … ist vorzulegen.
Weiters die monatlichen Gehaltszettel von 2004 bis 2008.“

Nach ungenütztem Ablauf der über Ersuchen der Beschwerdeführerin verlängerten Frist ersuchte das Finanzamt den Vertreter der Beschwerdeführerin  mit Schreiben vom neuerlich, die gestellten Fragen zu beantworten und die angeführten Beweismittel vorzulegen.
Am 27. Mai legte der Vertreter der Beschwerdeführerin ohne Begleitschreiben von der Beschwerdeführerin ausgefüllte, jedoch nicht von der britischen Steuerbehörde bestätigte Formulare E9 vor.

Auf die mit elektronischer Nachricht an den Vertreter der Beschwerdeführerin gerichtete abermalige Erinnerung teilte dieser dem Finanzamt mit:
„Unter Bezugnahme auf Ihr Ergänzungsersuchen darf ich Ihnen mitteilen, dass meine Mandantin die Formulare E9 bereits an die englischen Behörden übermittelt hat, die Bestätigung der englischen Behörden bislang jedoch noch nicht erfolgt ist und werde ich Ihr Schreiben bzw. Ihre Aufforderung unmittelbar nach Einlangen der von den englischen Behörden bestätigten E9 Formulare beantworten bzw. hiezu Stellung nehmen.“

Diese angekündigte Stellungnahme und die bestätigten Formulare langten beim Finanzamt nicht ein, sodass dieses die Berufung mit Beschwerdevorentscheidung vom mit ausführlicher Begründung abgewiesen hat.

Diese Begründung lautet auszugsweise:
Die Behauptung Fr. … sei im strittigen Zeitraum in Großbritannien nicht erwerbstätig gewesen, ist zu wenig.

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen – auf Verlangen der Abgabenbehörde - in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen.
Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Abgabenbehörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird.
Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Abgabepflichtigen in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhaltselemente beizuschaffen (Hinweis ).
Die Partei hat diesfalls durch konkrete und vollständige Aufklärung der Tatsachen den Anschein zu widerlegen, der sich für die belangte Behörde auf Grund der ihr zur Kenntnis gelangten Umstände bot (Hinweis ).
Verletzt die Partei diese ihre ´erhöhte´ Mitwirkungspflicht im Abgabenverfahren, so hat die belangte Behörde den maßgebenden Sachverhalt im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung festzustellen (Hinweis bis 0091).

Unstrittig ist, dass für y z vom bis … Kindergeld in England bezogen wurde.
Am erging eine Anfrage an die Child Benefit Office in Newcastle Upon Tyne betreffend den Anspruch auf Kindergeld von - .
Die Englische Behörde teilte auf die Anfrage der Österreichischen Behörde mit Schreiben vom mit, dass die Einstellung mit erfolgt ist, weil Fr. … mitteilte, dass sie Großbritannien verlässt und nach Österreich zurückkehren wird.
Somit steht für die Behörde fest, dass sich die Berufungswerberin im strittigen Zeitraum in England aufgehalten hat. Ob eine Rückkehr nach Österreich tatsächlich auch erfolgt ist, wurde seitens der Berufungswerberin nicht bewiesen.
Dem Begehren auf Zuerkennung der vollen Familienbeihilfe vom bis ist daher nicht zu entsprechen.
In der Berufung wird nun weiter die Differenz zum britischen Kindergeld vom bis begehrt.
Auf welchen rechtlichen Tatbestand sich dieser Anspruch gründen soll, bleibt im Berufungsantrag verborgen.Auch wurden die dazu gestellten Fragen der Behörde in den Ersuchen um Ergänzung nicht beantwortet.
Der Behörde ist auch nicht zumutbar, Mutmaßungen anzustellen, sondern sie hat die Partei in die Pflicht zu nehmen, alle Unklarheiten durch deren Mitwirkung zu beseitigen.
Im gegenständlichen Fall kann nicht einmal von einer mangelnden Mitwirkungspflicht gesprochen werden, sondern von gar keiner.
Offensichtlich hatten die Berufungswerberin und ihre Rechtsvertretung lediglich eines im Sinn, nämlich das Verfahren unnötig in die Länge zu ziehen.
Weiters bestand offensichtlich nicht einmal die Absicht der Berufungswerberin und ihrer rechtlichen Vertretung an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken.
Ab bis September 2010 wird in der Berufung die volle Familienbeihilfe begehrt. Auch der Grund, der zu dieser Zuerkennung führen soll, bleibt bislang im Verborgenen.
Der Berufung ist zwar zu entnehmen, dass Zitat: ´In weiterer Folge hat sich die Berufungswerberin mit ihrer Tochter immer wieder abwechselnd in Österreich und in England aufgehalten´; ob dies aber für die Zeit ab bis September 2010 zutreffend ist, wurde der Behörde bislang ebenfalls nicht bewiesen.“

Zufolge des fristgerecht eingebrachten Vorlageantrages gilt die Berufung wiederum als unerledigt.
Im Bezug habenden Schriftsatz vom führt der Vertreter der Beschwerdeführerin auszugsweise aus:
Die Berufungswerberin bringt wiederholt zum Ausdruck, dass sie sich ab der Geburt ihrer Tochter x am in Judenburg bis hin zum permanent an ihrem Österreichischen Wohnsitz aufgehalten hat, jedoch keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, um selbstverständlich den Kinderbetreuungsverpflichtungen nachkommen zu können. Dies wird durch das Schreiben vom an das FA Judenburg/Liezen vom Child Benefit Office in Newcastle upon Tyne ebenfalls bestätigt. Ebenfalls ersichtlich ist, dass die Tochter y der Berufungswerberin das Schuljahr 2009/10 in der Volksschule k besucht hat somit ebenfalls den Lebensmittelpunkt Österreich für die Familie unterstreicht. Diesem Umstand ist bislang jedoch keinerlei Folge geleistet worden, insbesondere mit dem Verweis auf die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der angeblich daraus erwachsenden vorrangigen Anspruchsberechtigung des Vaters. Jedoch wird absolut verkannt, dass das Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 gem. § 2 Abs 2 leg cit das Kind jenem Haushalt zurechnet, welches überwiegend die Kosten trägt. Auch bemüht das FLAG die praesumptio iuris, dass bis zum Beweis des Gegenteils hier der Mutter der Zuspruch auf Anspruch auf Familienbeihilfe zu gewähren ist. Eine pauschale Überantwortung auf Familienbeihilfeanspruch auf den erwerbstätigen Vater ist daher nicht nachvollziehbar.

Aus diesen Gründen wird beantragt die Rückforderung über Familienbeihilfe und Kindergeld aus dem Zeitraum Februar 2009 bis August 2010 einzustellen, da der Anspruch beider Leistungen währenddessen durchgehend aufrecht war.“

Mit Bericht vom hat das Finanzamt die Berufung (jetzt: Beschwerde) vorgelegt.
In diesem Bericht führt das Finanzamt aus, mit dem angefochtenen Bescheid sei Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für das Kind x für den Zeitraum Februar 2009 bis August 2010 zurückgefordert worden und für das Kind y für den Zeitraum von April 2004 bis Februar 2009.
Weiter:
“Nunmehr stellt die Bw. Einen Vorlageantrag hinsichtlich des Rückforderungsbescheides für den Zeitraum 02/2009 – 08/2010, somit nur mehr gegen den Rückforderungsbescheid betreffend … x mit der Begründung, dass bis zum Gegenbeweis vorrangig die Mutter Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe habe und gem. § 2 Abs.2 FLAG derjenige, der die überwiegenden Kosten des Unterhalts trage. Aus der VO 1408/71 sei ein vorrangiger Anspruch des Vaters nicht ableitbar.
Die VO 1408/71 ist anzuwenden, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der zumindest zwei Mitgliedstaaten der EU betrifft. Der typische Anwendungsfall ist der eines Versicherten, der in einem Mitgliedstaat als Arbeitnehmer oder Selbstständiger beschäftigt ist, während seine Familie in einem anderen Mitgliedstaat lebt. Im berufungsgegenständlichen Fall sind Österreich und Großbritannien betroffen, sodass die VO zur Anwendung gelangt.
Die VO geht vom Grundsatz aus, dass hinsichtlich einer Familie immer nur die Rechtsvorschriften eines einzigen Mitgliedstaats zur Anwendung gelangen und nur die Familienleistungen eines Landes gewährt werden.
Unterliegen die beiden Elternteile den Rechtsvorschriften unterschiedlicher Mitgliedstaaten legt die VO fest, wer vorrangig zuständig ist.
Dabei ist vorrangig jener Staat zuständig, in dem eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
Die Bw. War im strittigen Zeitraum weder in Großbritannien noch in Österreich, der Kindesvater jedoch in Großbritannien erwerbstätig. Gegenteiliges wurde weder behauptet noch bewiesen.
Aus diesem Grunde ist Großbritannien vorrangig für die Leistung der Familienbeihilfe zuständig.“

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Zur Frage der Einschränkung des Berufungsbegehrens mit dem Vorlageantrag:

Mit dem Schriftsatz vom wurde ausdrücklich die Vorlage der Berufung gegen den Rückforderungsbescheid betreffen beide Kinder begehrt.
Allerdings wurde die Berufung hinsichtlich des Rückforderungzeitraumes (der anzuwendenden Rechtslage entsprechend) eingeschränkt, nämlich auf den Zeitraum vom Februar 2009 bis August 2010, also die Zeit ab der (behaupteten) Wiedereinreise nach Österreich und den Aufenthalt in Österreich.
Das Verwaltungsgericht darf daher, wie im Spruch geschehen, nur über diesen Zeitraum absprechen.
Mit seinen Ausführungen im Vorlagebericht und mit dem Hinweis auf die VO 1408/71 - und die nachfolgende VO (EG) Nr. 883/2004 - hat das Finanzamt klar zum Ausdruck gebracht, dass die Beschwerdeführerin ab Februar 2009 ihren Wohnsitz im gemeinschaftsrechtlichen Sinn in Österreich hatte, der jeweilige Kindsvater in einem anderen Mitgliedstaat.

Diese Annahme entspricht der Aktenlage, befinden sich hier doch (unter anderem) eine Ablichtung des Mutter-Kind-Passes mit Untersuchungen bzw. Impfungen ab Februar 2009, alle durchgeführt in Österreich, Jahreszeugnisse für die Schuljahre 2008/2009 und 2009/2010, wonach das Kind y diese Schuljahre in Österreich abgeschlossen hat, sowie eine Reihe von Bescheinigungen, wonach sich die Beschwerdeführerin mit ihren drei Kindern im maßgeblichen Zeitraum in Österreich aufgehalten hat.
In freier Beweiswürdigung geht daher auch das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Beschwerdeführerin und ihre Kinder ihren Wohnsitz im hier maßgeblichen Zeitraum in Österreich hatten.

Rückforderung betreffend x

Der Vater des Kindes ist Angehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union und lebt und arbeitet in Großbritannien. Da die Beschwerdeführerin in Österreich im maßgeblichen Zeitraum nicht erwerbstätig war, war nach den anzuwendenden Verordnungen tatsächlich Großbritannien vorrangig verpflichtet, Familienleistungen für das Kind zu erbringen.
Allerdings kann auch Gemeinschaftsrecht keine nach innerstaatlichem (hier: britischem) Recht nicht bestehenden Ansprüche auf Leistungen erzeugen.
In den bereits zitierten aktenkundigen Formularen E411 hat die zuständige britische Behörde bestätigt, dass für x kein Anspruch auf britische Familienleistungen bestanden hat.
Es war daher Österreich (nachrangig) verpflichtet, die österreichischen Familienleistungen zu erbringen.
Die Beschwerdeführerin hat daher die in diesem Verfahren in Streit stehenden Familienleistungen zu Recht bezogen, weshalb der Berufung (jetzt: Beschwerde) insoweit Folge zu geben und der angefochtene Bescheid insoweit aufzuheben war.

Rückforderung betreffend y

Nach der Aktenlage (Beih1, beim Finanzamt eingegangen am , Geburtsurkunde des Kindes) ist der Vater von y nicht britischer, sondern italienischer Staatsangehöriger. Es ist der Aktenlage nicht zu entnehmen, ob der Vater jemals in Großbritannien oder in einem anderen Mitgliedstaat der europäischen Union (außer in Österreich) erwerbstätig war.

Die Frage kann jedoch unbeantwortet bleiben, da für den im gegenständlichen Verfahren allein relevanten Zeitraum (Februar 2009) die Beschwerdeführerin Anspruch auf britische Familienbeihilfe hatte und diese auch bezogen hat.

Da sie im Februar 2009 ihren Wohnsitz nach Österreich verlegt hat, sind ab diesem Zeitpunkt die österreichischen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit anzuwenden und daher zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin nach innerstaatlichem Recht einen Anspruch auf Familienleistungen hatte.
Dieser Anspruch bestand dem Grunde nach gemäß § 2 Abs. 1 lit a iVm § 2 Abs. 2 iVm § 10 Abs. 2 FLAG.  Allerdings bestimmt § 4 Abs. 1 FLAG, dass Personen, wie die Beschwerdeführerin für den genannten Monat, Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, keinen Anspruch auf Familienbeihilfe haben. In diesem Fall besteht jedoch gemäß § 4 Abs. 2 FLAG Anspruch auf die sogenannte Ausgleichszahlung.
Der Berufung (jetzt: Beschwerde) war daher auch in diesem Punkt Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
 

Zulässigkeit einer Revision

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
VO 1408/71, ABl. Nr. L 149 vom S. 2
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100659.2012

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