Berufung an die BH vor dem 1.1.2014 ist keine gebührenfreie Eingabe an ein Gericht
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf, Adr, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr, betreffend Eingabengebühr zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Mit Bescheid vom , hat die Bezirkshauptmannschaft X (BH), BHZl, einen Antrag des AA, =Antragsteller, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückgewiesen. Gemäß der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides war eine Berufung gegen diesen Bescheid bei der BH einzubringen.
Im Sinne dieser Belehrung hat der Antragsteller durch seine Vertreterin, die Bf, am bei der BH Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid eingelegt. Ab dem war dieses anhängige Rechtsmittel nach der Überleitungsbestimmung des NAG (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) vom zuständigen Landesverwaltungsgericht Y (LVG) zu Ende zu führen, welches am dem Antragsteller mitgeteilt hat, dass er in Zusammenhang mit seiner obigen Eingabe, nunmehr LVGZl, nach § 14 Tarifpost, =TP, 6 Abs. 3 lit. a Gebührengesetz 1957 (GebG) eine Gebühr in Höhe von 80 € zu entrichten habe. Er wurde ersucht, den beiliegenden Zahlschein binnen 2 Wochen zu entrichten.
Am ist sodann beim Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel (GVG) ein amtlicher Befund des LVG über die Verkürzung von Stempel- oder Rechtsgebühren eingelangt, weil die Entrichtung der Gebühr nicht nachgewiesen worden sei.
Daraufhin hat das GVG die Gebühr samt einer Gebührenerhöhung von 40 € mit Bescheid vom der Bf vorgeschrieben.
Dagegen hat die Bf, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., die gegenständliche Beschwerde vom erhoben, weil die erhöhte Eingabegebühr nur bei einem Ansuchen um Erteilung eines Aufenthaltstitels zu entrichten sei, nicht aber bei einer Beschwerde. Überdies habe zum Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde aufgrund der gesetzlichen Ausnahme für Gerichte gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG keine Gebührenpflicht bestanden. Erst seit seien Eingaben an Gerichte nicht mehr von der Befreiung der Gebühren ausgenommen. Außerdem stütze sich der Bescheid auf eine verfassungswidrige Rechtslage. Die Gebühr von 80 € sei im Vergleich zu der Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten in Höhe von 30 € weit überhöht und daher gleichheitswidrig. Da nur Ansuchen um Erteilung eines Aufenthaltstitels dieser erhöhten Gebühr unterliegen, verstoße die Bestimmung auch gegen das Rassendiskriminierungsgesetz.
In seiner abweislichen Beschwerdevorentscheidung vom führt das GVG zur Begründung aus, auch Rechtsmittel in Bezug auf Ansuchen um Erteilung eines Aufenthaltstitels unterliegen der erhöhten Eingabengebühr (). Beschwerden in diesen Angelegenheiten, die unmittelbar auf die angestrebte Erteilung gerichtet seien, halten gegenüber der Behörde erster Instanz das vorgebrachte Ansuchen aufrecht, sodass eine Eingabe iSd. Gesetzesstelle vorliege. Gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 GebG entstehe die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Einbringung des Ansuchens bei der BH, sodass die zu diesem Zeitpunkt geltende Gesetzeslage heranzuziehen sei.
Am hat die Bf. den gegenständlichen Vorlageantrag gestellt.
Beweiswürdigung
Dieser Sachverhalt ist aufgrund des Akteninhaltes, insbesondere des amtlichen Befundes des LVG und des Zurückweisungsbescheides der BH, erwiesen.
Rechtslage
Die bezughabenden Rechtsvorschriften in der für diese Entscheidung maßgeblichen Fassung lauten:
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr.
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 3 lit. a GebG unterliegen Ansuchen um Erteilung eines Aufenthaltstitels der erhöhten Eingabengebühr von 80 €, bei Minderjährigen von 50 Euro.
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG unterliegen Eingaben an die Gerichte nicht der Eingabengebühr; in Justizverwaltungsangelegenheiten jedoch nur, wenn hiefür eine Justizverwaltungsgebühr vorgesehen ist.
Gemäß § 11 Abs. 1 GebG entsteht die Gebührenschuld bei Ansuchen um Erteilung und Ausfolgung eines Aufenthaltstitels (§ 14 TP 8 Abs. 5) sowie bei den im § 14 TP 10 Abs. 1 Z 1 bis 9 angeführten Schriften in Patent-, Gebrauchsmuster-, Marken- und Musterangelegenheiten mit Überreichung, bei den übrigen Eingaben sowie bei Beilagen und Protokollen gemäß § 14 TP 7 Abs. 1 Z 1 und 2 in dem Zeitpunkt, in dem die das Verfahren in einer Instanz schriftlich ergehende abschließende Erledigung über die in der Eingabe enthaltenen Anbringen zugestellt wird.
Gemäß § 13 Abs. 3 GebG sind zur Entrichtung der Stempelgebühren zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlasst.
Erwägungen
Nach dem § 14 TP 6 Abs. 1 GebG unterliegen Eingaben von Privatpersonen an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr.
Zweifelsfrei handelt es sich bei der gegenständlichen Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid der BH in der Sache "Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels" um eine Eingabe einer Privatperson in ihrem eigenen Interesse. Die Eingabe wurde außerdem an eine Behörde, der Hoheitsbefugnisse eingeräumt sind, gerichtet. Die BH war entsprechend der Rechtsmittelbelehrung im bekämpften Bescheid auch zuständig in der Sache, doch auch Eingaben an unzuständige Organe können die Gebührenpflicht auslösen (). Damit ist grundsätzlich die Tatbestandsmäßigkeit hinsichtlich einer Eingabengebühr gegeben.
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 3 lit. a GebG unterliegt das Ansuchen um Erteilung eines Aufenthaltstitels der erhöhten Eingabengebühr von 80 €.
Darüberhinaus sind die Gebühren für die spätere Erteilung und Ausfolgung des Aufenthaltstitels in § 14 TP 8 Abs. 5 ff. GebG geregelt.
Anders als bei den übrigen Eingaben entsteht die Gebührenschuld bei Ansuchen um Erteilung und Ausfolgung eines Aufenthaltstitels iSd. § 14 TP 8 Abs. 5 GebG nach § 11 Abs. 1 Z 1 GebG ausdrücklich bereits mit ihrer Überreichung. Unter Überreichung der Eingabe ist das Einlangen derselben bei der Behörde zu verstehen. Die Gebührenschuld entsteht unabhängig davon, ob und wie die Behörde die Eingabe letztlich behandelt (vgl. Fellner, Stempel und Rechtsgebühren, § 11 Rz. 4a und ).
Auch Rechtsmittel in diesen Angelegenheiten unterliegen der erhöhten Eingabengebühr ().
Die Gebührenschuld für die erhöhte Eingabengebühr ist somit am , dem Tag, an dem die Berufung wegen Erteilung eines Aufenthaltstitels bei der BH mittels Fax überreicht wurde, entstanden. Im Sinne des § 3 Abs. 2 Z 1 GebG sind die Gebühren durch den Gebührenschuldner zunächst ohne behördliche Anordnung zu entrichten. Es besteht der gebührenrechtliche Grundsatz, wonach die feste Gebühr im Zeitpunkt ihrer Entstehung bereits fällig und im Wege einer Art der Selbstberechnung in diesem Zeitpunkt zu entrichten ist. Ein Abgabenbescheid hat erst dann zu ergehen, wenn sich herausstellt, dass die Entrichtung nicht vorschriftsmäßig erfolgt ist.
Nach den Gebührenrichtlinien hat die Behörde, bei der die gebührenpflichtige Schrift anfällt, den Gebührenschuldner aufzufordern, die im jeweiligen Verfahren anfallenden Gebühren binnen angemessener Frist zu entrichten. Wird die Gebühr innerhalb dieser Frist nicht entrichtet, so ist ein Befund aufzunehmen und dem GVG zu übersenden. Wenn auch im konkreten Fall die Aufgabe der Überwachung, Vorschreibung und Befundung der Gebühr - nach dem Übergang der Zuständigkeit - tatsächlich das LVG übernommen hat, so vermag dies nichts daran zu ändern, dass die gebührenpflichtige Eingabe bei der BH angefallen ist, die Gebührenschuld hiefür bereits am entstanden ist und die Gebühr in diesem Zeitpunkt auch fällig war.
Unstrittig wurde die erhöhte Gebühr von 80 € bis zu ihrer bescheidmäßigen Festsetzung nicht entrichtet. Das GVG hat daher in sinngemäßer Anwendung des § 203 BAO die Gebühr zu Recht mit Bescheid festgesetzt.
Nach der zwingenden Vorschrift des § 9 Abs. 1 GebG war zusätzlich eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 % der verkürzten Gebühr zu erheben.
Dem Beschwerdevorbringen ist im Übrigen entgegenzuhalten:
Nach Ansicht des VwGH unterliegen, wie bereits oben angemerkt, nicht nur Ansuchen um Erteilung eines Aufenthaltstitels, sondern auch Rechtsmittel in diesen Angelegenheiten der erhöhten Eingabengebühr.
Wenn die Bf. überdies zu bedenken gibt, dass Eingaben an die Gerichte gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG nicht der Eingabengebühr unterliegen, bzw. diese Befreiung erst seit dem weggefallen ist, muss ihr grundsätzlich zugestimmt werden. Allerdings war die Eingabe (Berufung) zum maßgeblichen Stichtag nicht an ein Gericht sondern zutreffend (lt. Rechtsmittelbelehrung) an die BH und somit eine Verwaltungsbehörde gerichtet. Wenn auch aufgrund der Neuregelung der Verwaltungsgerichtsbarkeit alle bis zum beim Bundesminister für Inneres anhängigen Berufungsverfahren nach dem NAG ab dem vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht zu Ende zu führen waren, so ist aber für den zeitlichen Anwendungsbereich der Gesetze auf das Entstehen der Steuerschuld abzustellen. Die Eingabe vom (Entstehen der Steuerschuld) war aber zweifelsfrei an ein Organ einer Gebietskörperschaft (BH) in einer Angelegenheit ihres Wirkungskreises gerichtet, sodass die fragliche Befreiungsbestimmung nicht zur Anwendung kommen kann und somit der Gebührentatbestand verwirklicht ist.
Wenn die Bf. einwendet, die Gebühr sei weit überhöht, ist sie auf die diesbezügliche Ansicht des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen:
Die erhöhte Eingabengebühr findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass - bei einer (zulässigen) Durchschnittsbetrachtung - bei derartigen Amtshandlungen der Arbeitsaufwand der Behörde größer ist als bei Amtshandlungen, für die die normalen Gebühren vorgesehen sind ().
Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Eingabengebühr gemäß § 14 TP 6 Abs. 3 lit. a GebG war daher als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen Judikatur des VwGH erfolgt, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 13 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 11 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 6 Abs. 3 lit. a GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 6 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.5101556.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at