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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.12.2015, RV/5101087/2013

§ 6 Abs. 5 FLAG 1967 - die Aufwendungen werden jedenfalls überwiegend durch die öffentliche Hand getragen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache BF. , gegen den Bescheid des FA Y vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe und erhöhten Familienbeihilfe für die Zeit ab September 2012 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Zeit ab September 2012 unter Hinweis auf § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 abgewiesen.
Da der Beschwerdeführer über kein eigenes Einkommen verfüge und die Kosten der Unterbringung zur Gänze von der öffentlichen Hand getragen würden, bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe.

Die dagegen eingebrachte Berufung vom wird damit begründet, dass sich der Beschwerdeführer zwar in Vollbetreuung befinde, wo er wohne und zu Essen bekomme, aber Toilettartikel, und Dinge, die er für die Freizeit benötige, müsse er sich selbst finanzieren. Er verfüge über kein Einkommen und daher glaube er, dass ihm die Familienbeihilfe zustehe.

Im Schreiben des Sachwalters vom wird angeführt, dass für die Wohnungs- und Lebenserhaltungskosten zum Teil die öffentliche Hand nach den Bestimmungen des O.Ö. Chancengleichheitsgesetzes und zum Teil die Caritas aus dem Spendenkonto aufkommen würden.

Aus einer Bestätigung der Caritas vom geht hervor, dass die Kosten für die Unterbringung des Beschwerdeführers von der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich getragen würden.
Beziehe der Bewohner Familienbeihilfe, so sei monatlich ein Kostenbeitrag von Euro 150,00 an die Caritas zu überweisen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom hat das Finanzamt die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Da weder die Mutter noch der Antragsteller für die Kosten der Unterbringung einen Beitrag leisten würden bzw. laut Bestätigung vom die Kosten der Unterbringung von der Sozialabteilung des Landes zur Gänze getragen würden, bestehe kein Anspruch auf die Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe.

Der Vorlageantrag vom wird wie folgt begründet:

"In der Berufungsvorentscheidung vorn stelle ich als Sachwalter des
betroffenen Bf1 den Antrag auf Entscheidung über die Berufung
durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Die Begründung der Abweisung des Antrages auf Leistung der Familienbeihilfe ist
dahingehend unrichtig, dass die Kosten der Unterbringung in Ort nicht zur
Gänze von der Sozialabteilung des Landes x getragen werden, sondern der
Lebensunterhalt des Betroffenen auch durch Spendengelder der Caritas getragen
wird. Die hiezu notwendigen Unterlagen wurden dem Finanzamt y durch
Caritas Caritas bereits übermittelt.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Unterbringungskosten zur Gänze von der
Sozialabteilung des Landes x getragen werden, ist zu bedenken, dass der
Betroffene auf Grund seiner Erkrankung keinerlei wie immer geartetes „sonstiges
Einkommen" zur Deckung seiner Lebensbedürfnisse hat.
Es kann als erwiesen vorausgesetzt werden, dass ein 18-jähriger junger Mann,
selbst wenn er wie Herr Bf2 erkrankt ist, Geld zur Befriedigung der
Bedürfnisse des täglichen Lebens benötigt. Auf Grund der abgeschlossenen
Vereinbarung zur Leistung eines Kostenbeitrages wird die Familienbeihilfe zu einem
Teil als Kostenbeitrag für die Unterbringung verwendet und zu einem anderen Teil als Taschengeld dem Betroffenen zur Verfügung gestellt."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Es wird von folgendem Sachverhalt ausgegangen.

Der Beschwerdeführer ist auf Kosten der Sozialhilfe in einer Wohngruppe der Caritas in "Vollbetreuung" untergebracht. Die Kosten werden vom Land zur Gänze getragen. Das Finanzamt hat daher den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und der erhöhten Familienbeihilfe gem. § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 abgewiesen.
Der Beschwerdeführer vermeint einen Anspruch zu haben, weil nicht alle seine Bedürfnisse des täglichen Lebens durch die Sozialhilfe gedeckt seien. 

§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie

a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder

b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder

c) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird, oder

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden, oder

e) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

f) In dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; Vollwaisen die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

g) erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

h) sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

i) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

j) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

k) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms „Jugend in Aktion“ im Zeitraum 2007 - 2013.

(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von Euro 10.000,00 in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von Euro 10.000,00, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den Euro 10.000,00 übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).

Vor allem beim sogenannten Eigenanspruch von Kindern, denen die Eltern nicht überwiegend Unterhalt leisten (§ 6 Abs. 5 FLAG), setzt der Anspruch auf Familienbeihilfe voraus, dass sich das Kind nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befindet. Dies basiert auf dem Gedanken, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen ist, wenn die öffentliche Hand überwiegend oder grundsätzlich für den Unterhalt des Kindes sorgt, auch wenn die Eltern zum Teil Unterhalt leisten (vgl. ).

Nach Absicht des Gesetzgebers soll in Fällen, in denen der Unterhalt der behinderten Person durch die Unterbringung in Anstaltspflege oder einem Heim durch die öffentliche Hand sichergestellt ist, kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehen. Es kommt dabei nicht auf die Art der Unterbringung (Bezeichnung als Anstalt oder Heim), sondern ausschließlich auf die Kostentragung durch die öffentliche Hand zur Gänze an (vgl. ; ; ; ; ). Dies ist nicht der Fall, wenn zum Unterhalt durch die untergebrachte Person selbst - etwa auf Grund eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruches - beigetragen wird.
Soweit die betreffenden Aufwendungen zur Gänze aus öffentlichen Mitteln getragen werden, befinden sich Behinderte in Wohnheimen auf Kosten der Sozialhilfe im Sinne des § 6 Abs. 5 FLAG 1967; dies auch dann, wenn diese Kosten formell aus Mitteln der Behindertenhilfe gedeckt werden (vgl. ; ).

Abgesehen davon, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngsten Rechtsprechung (vgl. ) die überwiegende Sorge für den Unterhalt des Kindes durch die öffentliche Hand für die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 6 Abs. 5 FLAG 1967 für ausreichend hält, kam die öffentliche Hand im Beschwerdezeitraum für alle Kosten des Beschwerdeführers auf.
Ein Anspruch auf die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967) lag ab September 2012 nicht vor.

Aus den angeführten Gründen war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Es liegt eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, der dieses Erkenntnis folgt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.5101087.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at