Bescheidaufhebung weil nicht feststeht, für welchen Abgabenschuldner wann die Mineralölsteuerschuld entstanden ist
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch RA, gegen den Bescheid des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien vom , Zl. zzz, betreffend Mineralölsteuer zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Am lieferte die nunmehrige Beschwerdeführerin (Bf.), die Bf ., (nunmehr: BF ) mit Sitz in Adresse1 , an die Firma M. , Adresse2 , 7.507 Liter Gasöl.
Am lieferte die Bf. an das genannte Unternehmen weitere 1.503 Liter Gasöl. Die Bf. pumpte diese Erzeugnisse, die in den betreffenden Fakturen als Diesel bezeichnet werden, jeweils in den Treibstofflagertank der M .
Organe des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien entnahmen am aus diesem Tank drei Mineralölproben zu je 0,5 Liter und veranlassten eine Untersuchung durch die Technische Untersuchungsanstalt der Steuer- und Zollkoordination in Wien.
Dabei kam hervor, dass es sich bei dem untersuchten Mineralöl um ein Gemisch von Gasöl (Diesel) mit gekennzeichnetem Gasöl (Heizöl) handelt. Die Beimischung von gekennzeichnetem Gasöl betrug demnach 2 %.
Nach der Aktenlage und nach Aussagen von Mitarbeitern der Firma M wurde die erwähnte Betriebstankstelle bis zur durchgeführten Probeziehung ausschließlich von der Bf. beliefert.
Das Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien erachtet es als erwiesen, dass es im Zuge der Lieferung des Mineralöls an die M durch Mitarbeiter der Bf. zu einer Vermischung von Gasöl ("Diesel") mit gekennzeichnetem Gasöl ("Heizöl") gekommen war.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, Zl. zzz , vom setzte das Zollamt daher der Bf. hinsichtlich einer Menge von 7.507 Liter Mineralöl im Grunde des § 21 Abs. 3 Mineralölsteuergesetz 1995 (MinStG) in der damals geltenden Fassung, die Mineralölsteuer in der Höhe von € 2.980,00 fest.
Laut Bescheidbegründung sei die Vermischung auf zwei verschiedene Arten erfolgt:
Einerseits seien die Transporttanks der zur Belieferung der Firma M eingesetzten Lieferfahrzeuge mit Gasöl befüllt worden, ohne dass die in diesen Tanks befindlichen Restmengen an gekennzeichnetem Gasöl vor der Befüllung entfernt worden seien.
Andererseits seien die in der Pumpvorrichtung und in den Schlauchleitungen der Lieferfahrzeuge befindlichen Restmengen von gekennzeichnetem Gasöl gemeinsam mit dem zu liefernden Gasöl in den Lagertank der Firma M gepumpt worden.
Das Vermischen von Mineralölen stelle eine (steuerschuldbegründende) Herstellung iSd MinStG dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die (nunmehr als Bescheidbeschwerde zu wertende) Berufung vom . Die Bf. wendet sich darin zunächst gegen die Umstände der Probennahme und meint, es läge keine repräsentative Probe vor. Außerdem sei das Untersuchungsergebnis der Technischen Untersuchungsanstalt nicht nachvollziehbar. Die Bf. stellt auch entschieden in Abrede, die vom Zollamt erwähnten Vermischungen vorgenommen zu haben. Dafür kämen mehrere verschiedene Verursacher in Betracht. Die diesbezüglichen Feststellungen des Zollamtes fänden keine Deckung in der Beweisaufnahme. Es läge vielmehr ein unbegründeter Bescheid vor.
Unter Hinweis auf die Begründung der Berufungsentscheidung des damaligen Unabhängigen Finanzsenates vom , ZRV/0276-Z3K/09, macht sie darüber hinaus auch unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.
Das Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien entschied über dieses Rechtsmittel mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. ZzZ , und änderte die Abgabenfestsetzung zu Gunsten der Bf. auf € 596,70 ab, wobei es von einer Menge an Mineralöl im Ausmaß von 1.503 Liter ausging.
Mit Eingabe vom stellte die Bf. daraufhin den Vorlageantrag.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Für die Richtigkeit der o.a. Feststellung des Zollamtes im angefochtenen Bescheid, wonach es zu einem Vermischen von Gasöl mit gekennzeichnetem Gasöl durch die Bf. gekommen sei, indem bei deren Fahrzeugen einerseits Restmengen von früheren Lieferungen nicht entfernt worden seien und andererseits in der Pumpvorrichtung und in den Schlauchleitungen befindliches gekennzeichnetes Gasöl in den Lagertank der Firma M gepumpt worden sei, finden sich nach der Aktenlage keinerlei gesicherte Beweise.
Es kann sich dabei bloß um eine Vermutung handeln. Wie die Bf. zutreffend einwendet, sind aber auch andere Möglichkeiten denkbar, die zu einer entsprechenden „Verunreinigung“ geführt haben.
Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum es zur erwähnten Vermischung gerade im Zuge der Lieferung am (laut angefochtenen Bescheid) oder am (laut Beschwerdevorentscheidung) gekommen sein soll. Diesbezügliche nachvollziehbare Ermittlungsergebnisse liegen schlicht nicht vor.
Der Vertreter des Zollamtes sagte dazu befragt im Zuge der mündlichen Verhandlung aus, dass sich die diesbezüglichen Feststellungen der Behörde auf die Angaben des Vertreters der Firma M und auf die im Verwaltungsakt dokumentierten Lieferungen stützen. Beweise die belegen, welche Person zu welchem Zeitpunkt eine Vermischung vorgenommen hat, sind aber nach der Aktenlage nicht vorhanden. Auch bei der Verhandlung konnten solche nicht vorgelegt werden. Der Vertreter des Zollamtes räumte auch ein, dass hinsichtlich länger zurück liegender Sachverhalte betreffend die Betankung des Lagertanks der Firma M keinerlei Ermittlungen getätigt worden seien. Demnach ist nicht auszuschließen, dass bereits lange vor den in Rede stehenden Lieferungen vom und vom durch unbekannte Täter eine Beimengung von gekennzeichnetem Gasöl in unbekanntem Ausmaß stattgefunden hat.
Die zur Bescheidbegründung herangezogene Feststellung des Zollamtes, die Betriebstankstelle der Firma M sei bis zur durchgeführten Probenahme ausschließlich durch die Bf. beliefert worden vermag den in Beschwerde gezogenen Abgabenbescheid daher nicht zu tragen.
Das Gleiche gilt für die Aussagen des vom Zollamt einvernommenen Fahrers der Bf., Herrn L. . Denn dieser hat zwar angegeben, dass das Verbleiben von Restmengen an gekennzeichnetem Gasöl im Gasdruckverhüter und in der Pumpeinrichtung (bzw. in den Schläuchen) eine mögliche Erklärung für das Untersuchungsergebnis bieten könnte. Er hat aber ausdrücklich betont, dass er selbst keine Verunreinigungen „mache“ (Seite 3 der Niederschrift) und dass Restmengen bei Produktwechsel retourgespült werden (Seite 5 der Niederschrift). Dafür, dass diese Angaben des Herrn L. nicht der Wahrheit entsprechen, gibt es nach der Aktenlage keine Beweise.
Dazu kommt, dass die Feststellungen des Zollamtes hinsichtlich des Ausmaßes der Beimengung nach der Aktenlage widersprüchlich sind. Während das Zollamt im Zuge der Einvernahme des Fahrers der Bf. von einer widerrechtlichen Beimengung von 140 Liter ausgeht, wird in der Beschwerdevorentscheidung die Menge an beigefügtem gekennzeichneten Gasöl plötzlich mit nur mehr 30 Liter angegeben.
Dieser Widerspruch konnte im Zuge der Verhandlung nicht aufgeklärt werden. Einerseits gab der Vertreter des Zollamtes dazu an, er könne nicht ausschließen, dass bereits die Lieferung vom widerrechtlich eine Beimengung von 140 Liter gekennzeichnetes Gasöl enthalten habe. Andererseits beteuerte er, dass die Abgabenschuld doch erst am entstanden sei und dass die Mengenangabe von nur 30 Liter zutreffend sei.
Unter Bedachtnahme auf all diese Umstände ist daher festzustellen, dass keinerlei Beweise vorliegen, die geeignet erscheinen den Nachweis dafür zu liefern, welche Person (welche Personen) die Vermengung vorgenommen oder in Auftrag gegeben hat/haben. Ebenso wenig liegen gesicherte Ermittlungsergebnisse vor, die zweifelsfreie Rückschlüsse auf den genauen Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches zulassen. Selbst die Frage, durch welches konkrete Handeln (entweder durch die Betankung des Lieferfahrzeuges der Bf. oder durch das Abpumpen des Mineralöls in den Lagertank der Firma M ) der Steuertatbestand verwirklicht worden sein soll konnte nicht mit Bestimmtheit geklärt werden, zumal die Angaben des Zollamtes dazu in der Verhandlung widersprüchlich geblieben sind.
Im Gegensatz zum Zollamt erachtet es das Bundesfinanzgericht keinesfalls als erwiesen, dass die Bf. die ihr zur Last gelegte Beimengung zu verantworten hat.
Es konnte vielmehr mit der für die Durchführung eines Abgabenverfahrens erforderlichen Sicherheit nicht festgestellt werden, welche Person zu welchem Zeitpunkt absichtlich (um einen entsprechenden finanziellen Vorteil zu lukrieren) oder unabsichtlich (aus reiner Schlamperei oder Nachlässigkeit) das Vermischen von Gasöl mit gekennzeichnetem Gasöl vorgenommen hat.
Alleine mit dieser Feststellung ist das Schicksal der vorliegenden Beschwerde bereits entschieden. Denn wenn sich weder der Abgabenschuldner noch der Abgabenentstehungszeitpunkt zweifelsfrei feststellen lassen, bleibt für eine Abgabenvorschreibung kein Raum.
Selbst wenn man der nunmehrigen Ansicht des Zollamtes folgte, dass es nicht am sondern erst am zur Vermischung gekommen sei, ist damit nichts gewonnen. Denn mit dem angefochtenen Bescheid wird der Bf. das Vermischen von Mineralölen am zur Last gelegt.
Diese Vorschreibung betrifft somit die Entstehung eines Abgabenanspruches für eine andere Ware zu einem anderen Zeitpunkt.
Das Bundesfinanzgericht ist zwar gemäß § 279 Abs. 1 BAO berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die in der zitierten Norm festgelegte Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes ist aber durch die Sache begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des von der Abgabenbehörde erlassenen angefochtenen Bescheides gebildet hat (vgl. ).
Da mit dem angefochtenen Bescheid laut Spruch eindeutig nicht die Mineralölsteuer für ein am hergestelltes Mineralöl festgesetzt worden ist, käme eine entsprechende Steuervorschreibung mittels Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes der erstmaligen Vorschreibung einer Abgabe gleich, die allerdings unzulässig ist (Ritz, BAO5, RZ 11 zu § 279).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die mit der vorliegenden Entscheidung zu lösende Rechtsfrage hinsichtlich der Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes ist durch die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Das Vorliegen sonstiger Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung ist im Streitfall zu verneinen. Die Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 21 Abs. 3 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7200100.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at