Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.02.2016, RV/1100448/2012

Invalidenrente von der Schweizer Unfallversicherung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1100448/2012-RS1
Aufgrund der unterschiedlichen Zweckbestimmung der Geldleistungen ist eine Invalidenrente von der Schweizer Unfallversicherung nicht mit einer (inländischen) Versehrtenrente vergleichbar.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Yvonne Primosch in der Beschwerdesache des Bf. , Gme , Str , gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch, 6800 Feldkirch, Reichsstraße 154, vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Berufungsführer (ab 2014: Beschwerdeführer) bezog im streitgegenständlichen Jahr neben in- und ausländischen Pensionen eine Invalidenrente von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vom behandelte das Finanzamt die Schweizer Invalidenrente als steuerpflichtigen Bezug.

Mit Schriftsatz vom wurde gegen diesen Bescheid Berufung erhoben. Darin wurde begehrt, "die von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt erhaltene Unfallrente in Übereinstimmung mit § 3 Abs. 1 Z 4 c EStG steuerfrei zu behandeln". Dazu wurde Folgendes ausgeführt:
" Ich war im Jahr 1990 als Betriebsmechaniker in einem Schweizer Unternehmen beschäftigt. Im Zuge meiner Tätigkeit konnte ich wechselweise Morgen- und Nachmittagsschicht arbeiten. Daneben arbeitete ich als Betriebsführer im landwirtschaftlichen Betrieb meiner Ehefrau in Österreich.
Am ereignete sich ein Unfall in der Landwirtschaft, in dessen Folge ich aus 4 m Höhe auf einen Betonboden stürzte. Die Folge des Unfalls waren schwere Verletzungen wie ein Hüftpfannen- und ein Schambeinbruch und schwere Prellungen. Die Verletzungen erforderten einen langen Krankenhausaufenthalt und brachten Dauerfolgen mit sich.
Meine damalige berufliche Versicherung, die SUVA (Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt), erkannte mir nach näherer Prüfung des Sachverhalts eine Unfallrente in Höhe von 1.367 CHF zu.

Die Rentenbemessung erfolgte nach folgendem Modus:
Grundlage für die Rentenberechnung bildet der Verdienst, den der Versicherte im Jahr vor dem Unfall bezogen hat (Jahresverdienst). Die Rente beträgt bei Vollinvalidität 80 %, bei Teilinvalidität entsprechend weniger. Der Grad der Erwerbsunfähigkeit wurde mit 33,33 % angegeben.
Die Formel lautete: Jahreseinkommen: 12 x 33,33 % x 80% =
in Zahlen: 58.153 : 12 x 33,33 % x 80 % = 1.293 CHF
zusätzlich zu den 1.293 CHF kamen 74 CHF Teuerungszulage = 1.367 CHF (damaliger Umrechnungskurs in Schilling = 8 = 10.936 S)
Ich wurde zur Überprüfung des Rentenanspruches von den Vertrauensärzten der SUVA in St. Gallen mehrfach untersucht. Dabei wurde eine dauerhafte Schädigung festgestellt, sodass die Unfallrente nicht nur für die Zeit der Erwerbsfähigkeit, sondern wegen der fehlenden Besserung des Gesundheitszustands auch im Ruhestand gewährt wurde.
Die Versicherung bei der SUVA war obligatorisch, womit die Versicherung einer gesetzlichen Sozialversicherung in Österreich entspricht. Vergleicht man den Sachverhalt mit der Versicherungssituation in Österreich, so lag zum Zeitpunkt des Unfalls eine unselbständige Beschäftigung vor, die in Österreich die Pflichtversicherung nach ASVG nach sich gezogen hätte.

Einkommensteuerliche Beurteilung:
Gem. § 3 Abs. 1 Z 4 c EStG sind "… Geldleistungen aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht ..." von der Einkommensteuer befreit.
Entsprechend dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Z 4 c EStG sind bei der Einstufung einer ausländischen Unfallrente als steuerfrei oder steuerpflichtig folgende Aspekte ausschlaggebend: Die ausländische Unfallrente sollte dem Grunde nach und der Höhe nach einer inländischen gesetzlichen Unfallversicherung entsprechen.
Im Hinblick auf die Interpretation der Gesetzesstelle ist Folgendes zu beachten:
Eine völlige Übereinstimmung (Entsprechung) zwischen ausländischen und inländischen Unfallversorgungen ist praktisch nicht möglich und wäre reiner Zufall. Eine wörtliche Interpretation der Gesetzesstelle erscheint deshalb nicht zulässig. Denn das würde bedeuten, dem Gesetzgeber Arglist in jenem Ausmaß zu unterstellen, dass er wissentlich alle ausländischen Unfallrenten von der Steuerfreiheit ausschließt, dies aber bewusst unklar formuliert.
Bei der Ermittlung des wahren Willens des Gesetzgebers ist vielmehr nach teleologischen Gesichtspunkten vorzugehen. Ganz offensichtlich wollte der Gesetzgeber inländischen gesetzlichen Unfallversorgungen vergleichbare ausländisch gesetzliche Unfallversorgungen steuerfrei stellen.
Ob die Vergleichbarkeit gegeben ist, muss anhand bestehender österreichischer Unfallversorgungen überprüft werden:

a) Bestehende inländische Unfallversorgungen dem Grunde nach
Die - dem obigen schweizerischen versicherungstechnischen Sachverhalt am nächsten kommende - inländische Pflichtversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) gewährt gem. § 203 Abs. 1 ASVG eine Unfallrente (Versehrtenrente), wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 % vermindert ist. Eine Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 %.
Die Auszahlung der Rente erfolgt nach ASVG - wie im gegenständlichen Fall durch die SUVA (Schweizerische Unfallversicherungsanstalt) - bei Dauerfolgen auch im Ruhestand. Voraussetzung dafür ist die Feststellung des jeweiligen Zustandes des Leistungsempfängers, der verpflichtet ist, sich einer Nachuntersuchung zu unterziehen. Die Vorgehensweise unterscheidet sich in der Schweiz und in Österreich nicht wesentlich.
b) Bestehende inländische Unfallversorgungen der Höhe nach
Es ist offensichtlich, dass der Gesetzgeber auch ausländische Unfallrenten von der Steuerfreiheit ausschließen wollte, die gegenüber inländischen Unfallrenten stark überhöht sind. Gem. § 205 Abs. 2 Z 1 ASVG wird die Unfallrente nach dem Grad der durch den Arbeitsunfall herbeigeführten Minderung der Erwerbsfähigkeit bemessen. Bei völliger Erwerbsunfähigkeit (100 % Minderung der Erwerbsfähigkeit) beträgt die Rente zwei Drittel der Bemessungsgrundlage; das ist in der Regel die Summe der Arbeitsverdienste im Kalenderjahr vor dem Arbeitsunfall/der Berufskrankheit bis zur monatlichen Höchstbeitragsgrundlage.
Bei nur teilweiser Minderung der Erwerbsfähigkeit beträgt die Versehrtenrente den entsprechenden Prozentsatz, was im vorliegenden Fall folgende Werte ergäbe:
58.153 / 3 x 2 x 33,33 % = 12.921,60 = 1.076,80 (ohne Währung)
Der einzige Unterschied zwischen der schweizerischen und der österreichischen Unfallrente besteht darin, dass die SUVA bei Vollinvalidität 80 % auszahlt und diesen Prozentsatz zur Bemessung verwendet, während das ASVG bei einer Verminderung der Erwerbsfähigkeit von 100 % zwei Drittel der Bemessungsgrundlage als Vollrente heranzieht und diese zwei Drittel auch zur Bemessung der Rente bei einer geringeren Einschränkung der Erwerbsfähigkeit verwendet.
Ob die Gleichartigkeit im Lichte des § 3 Abs. 1 Z 4 c EStG schon deshalb verneint wird, ist wegen der oben genannten Auslegungsbedenken anzuzweifeln.
Die Konsequenz, eine nur geringfügig abweichende ausländische Unfallrente als vollständigsteuerpflichtig zu qualifizieren, während eine geringfügig abweichende inländische Unfallrente zur Gänze steuerfrei bleibt, wird nach meiner Auffassung dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nicht gerecht."

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Auf die umfangreiche Begründung des Finanzamtes wird an dieser Stelle verwiesen.

Mit Schreiben vom begehrte der Berufungsführer ohne Erstattung weiterer Ausführungen, die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat vorzulegen.

Am legte das Finanzamt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor. Gemäß § 323 Abs. 38 der Bundesabgabenordnung (BAO) idF BGBl. I Nr. 70/2013 sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht geht von folgendem unstrittigen Sachverhalt aus [dieser Sachverhalt gründet sich auf den im Akt befindlichen (Beweis-)Unterlagen]:

Der Bf. bezog im streitgegenständlichen Jahr ua. eine Invalidenrente von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (in der Folge kurz: SUVA; Hauptträger der Schweizer obligatorischen Unfallversicherung; öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit). Er war obligatorisch in der Schweizer Unfallversicherung versichert. Im Jahr 1990 erlitt er einen Unfall im Rahmen seiner Tätigkeit als Betriebsführer im (inländischen) landwirtschaftlichen Betrieb seiner Ehegattin. Er war im Jahr 1990, in welchem er diesen Unfall erlitt, auch bei einem in der Schweiz gelegenen Unternehmen als Grenzgänger beschäftigt. Aufgrund dieses Unfalles zahlte die SUVA dem Bf. (auch im Streitjahr) die vorgenannte Invalidenrente aus. Die Erwerbsunfähigkeit wurde von der SUVA mit 33,33 % festgestellt. Das Finanzamt und der Bf. gingen übereinstimmend davon aus, dass es sich bei dem in Rede stehenden Unfall um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Strittig ist, ob die vom Bf. bezogene Invalidenrente der SUVA gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 von der Einkommensteuer befreit ist. Zusammengefasst vertritt der Bf. die Auffassung, dass die Invalidenrente von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt mit der Versehrtenrente aus der österreichischen Unfallversicherung vergleichbar und deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 steuerfrei zu behandeln sei.

Rechtlich ergibt sich dazu Folgendes:
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. d EStG 1988 stellen Bezüge aus einer ausländischen gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung, die einer inländischen Kranken- oder Unfallversorgung entspricht, Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit dar.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 sind von der Einkommensteuer u.a. befreit: Geldleistungen aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht.

§ 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 stellt darauf ab, dass die Geldleistungen aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung dem Grunde und der Höhe nach den Geldleistungen aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung gleichartig sind. Zur Prüfung der Gleichartigkeit ist die aus dem Ausland bezogene Geldleistung jener gegenüber zu stellen, die beim konkret gegebenen Sachverhalt aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung zu gewähren gewesen wäre (vgl. ).

Inländische Versehrtenrente:
Die österreichische Unfallversicherung sorgt bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen neben der Unfallversorgung und Heilbehandlung auch für die Gewährung finanzieller Leistungen, wie die vom Bf. angesprochene Versehrtenrente. Gemäß § 203 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) besteht Anspruch auf Versehrtenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H.
Gemäß § 205 Abs. 1 ASVG wird die Versehrtenrente nach dem Grad der durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit herbeigeführten Minderung der Erwerbsfähigkeit bemessen (die Höhe des Prozentsatzes wird in einem ärztlichen Gutachten festgestellt; die Unfallbegutachtung ist eine Funktionsbegutachtung, somit eine Begutachtung des Ausfalles von Körper- und Gliedmaßenfunktionen; die Aufgabe des Gutachters ist es, Funktionsstörungen und Funktionsausfälle in MdE-Grade umzusetzen; vgl. http://www.auva.at/portal27/portal/auvaportal/content/contentWindow?contentid=10007.671771&action=2 ; abgefragt am ).
Gemäß § 205 Abs. 2 Z 1 ASVG beträgt die Versehrtenrente, solange der Versehrte infolge des Arbeitsunfalles oder der Berufskrankheit völlig erwerbsunfähig ist, 66 2/3 % der Bemessungsgrundlage (Vollrente). Als Bemessungsgrundlage gilt in der Regel die Summe der Arbeitsverdienste im letzten Kalenderjahr vor Eintritt des Versicherungsfalles bis zur Höchstbeitragsgrundlage (vgl. http://www.auva.at/portal27/portal/auvaportal/content/contentWindow?&contentid=10008.544710&action=b&cacheability=PAGE ; abgefragt am ).
Beispiel Rentenberechnung:
Minderung der Erwerbsfähigkeit: 25 %
Bemessungsgrundlage: 21.000,00 €; Vollrente: 2/3 der Bemessungsgrundlage: 14.000,00 € Teilrente: 25 % der Vollrente: 3.500,00 € : 14 = 250,00 € (vgl. http://www.auva.at/portal27/portal/auvaportal/content/contentWindow?contentid=10007.671206&action=2 ; abgefragt am ).
Gemäß § 209 Abs. 1 ASVG hat der Träger der Unfallversicherung die Versehrtenrente als vorläufige Rente zu gewähren, wenn die Versehrtenrente während der ersten zwei Jahre nach dem Eintritt des Versicherungsfalles wegen der noch nicht absehbaren Entwicklung der Folgen des Arbeitsunfalles oder der Berufskrankheit ihrer Höhe nach noch nicht als Dauerrente festgestellt werden kann. Spätestens mit Ablauf des zweijährigen Zeitraumes ist die Versehrtenrente als Dauerrente festzustellen.

Die Versehrtenrente nach dem ASVG soll dem Ausgleich des durch die unfallbedingte Erwerbsminderung eintretenden Schadens dienen. Vor allem in der Bildung der Bemessungsgrundlage kommt zum Ausdruck, dass das Gesetz den eintretenden Verdienstentfall zwar anvisiert; die hier vorgenommene abstrakte Schadensberechnung bedeutet in Fällen leichterer Körperschäden allerdings meist nur den Ausgleich von Erschwernissen, künftigen Berufsunsicherheiten und des Verschleißes an körperlicher Substanz, weil Leichtversehrte in aller Regel voll weiterarbeiten und keinen Vermögensschaden erleiden (bei leichteren Körperschäden hat die Versehrtenrente auf Grund der abstrakten Schadensberechnung nicht selten den Charakter eines Zusatzeinkommens neben dem vollen Entgelt). Schwerversehrte erhalten demgegenüber wegen der Berechnungsformel und der Bemessungshöchstgrenze nicht einmal immer den tatsächlichen Verdienstentgang ersetzt (, m.w.N.). Die Versehrtenrente gebührt - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - somit auch dann, wenn ein Arbeitsunfall zu keinem konkreten Einkommensausfall führt. Bei Vorliegen der Voraussetzungen gebührt die Rente sohin auch neben einem ungeschmälerten Erwerbseinkommen oder dem Bezug einer Pension (vgl. Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechtes, 2.3.3.2.3.1., Müller, ASoK 2001, 382). Die gesetzliche Unfallversicherung behandelt die durch den Unfall hervorgerufene Erwerbsminderung sohin rein abstrakt. Sie wird daher nicht an Stelle einer durch den Arbeitsunfall konkret eingetretenen Schmälerung oder eines konkreten Ausfalles des Entgeltes gewährt. Auch im Extremfall, also wenn durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit die Erwerbsminderung 100 % beträgt, wird die Versehrtenrente aus der Unfallversicherung neben einer Pension wegen Berufs(Erwerbs-)unfähigkeit gewährt (vgl. ).

Invalidenrente aus der Schweizer Unfallversorgung:
Nach Art. 1a des (Schweizer) Bundesgesetzes über die Unfallversicherung vom (UVG) sind alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in der Schweiz beschäftigt sind, obligatorisch in der Schweizer Unfallversicherung versichert. Die obligatorische Unfallversicherung ist eine Personenversicherung, welche sich mit den wirtschaftlichen Folgen von Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten befasst (Art. 6 UVG). Der Arbeitgeber schließt für seine Arbeitnehmer die Versicherung je nach Tätigkeitsbereich entweder bei der SUVA oder einer anderen Unfallversicherungsgesellschaft ab (vgl. http://www.bag.admin.ch/themen/versicherung/00321/00335/index.html?lang=de#sprungmarke0_3).
Wird der Versicherte infolge eines Unfalls zu mindestens 10% invalid, so hat er Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG). Eine Invalidität unter zehn Prozent führt zu keinem Rentenanspruch. Der Versicherte hat somit im Invaliditätsfall nicht Anspruch auf eine Rente, die dem vollen Lohnausfall entspricht; er muss einen Teil der Einbuße selber tragen (vgl. http://www.batisec.ch/images/pdf/De/StoppGefahr/Hochbau/Wegleitung_der_Suva_durch_die_Unfallversicherung_D.pdf.; abgefragt am ).
Der Rentenanspruch entsteht, wenn von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherten mehr erwartet werden kann und allfällige Eingliederungsmaßnahmen der Invalidenversicherung (IV) abgeschlossen sind. Der Anspruch erlischt mit der gänzlichen Abfindung, mit dem Auskauf der Rente oder dem Tod des Versicherten (Art. 19 Abs. 1 und 2 UVG).
Die Invalidenrente beträgt bei Vollinvalidität 80% des versicherten Verdienstes; bei Teilinvalidität wird sie entsprechend gekürzt (Art. 20 Abs. 1 UVG).
Renten werden nach dem versicherten Verdienst bemessen. Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung der Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Art. 15 UVG).
Beispiel Rentenberechnung:
Jahresverdienst CHF 54.000,00 davon 80% = CHF 43.200,00
Monatsrente bei einer Invalidität von 50 %: 50 % von CHF 43.200,00 = CHF 21.600,00 : 12 = CHF 1.800,00
(vgl. https://extra.suva.ch/webshop/50/5032BBD74DA837E0E10080000A630358.pdf; abgefragt am ).

Hat der Verunfallte zusätzlich zur Invalidenrente der Unfallversicherung Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung (IV) oder der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), so hat der Versicherte gegenüber dem UVG-Versicherer nur Anspruch auf eine sogenannte Komplementärrente. Diese entspricht der Differenz zwischen 90% des versicherten Verdienstes und der Rente der IV oder AHV, höchstens aber dem für die Voll- oder Teilinvalidität vorgesehenen Betrag (Art. 20 Abs. 2 UVG).

Gemäß Art. 16 des (Schweizer) Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom (ATSG) ist der Invaliditätsgrad aufgrund eines Einkommensvergleichs zu bestimmen. Dazu wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmaßnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (Invalideneinkommen) in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen). Der Einkommensvergleich hat in der Regel in der Weise zu erfolgen, dass die beiden hypothetischen Erwerbseinkommen ziffernmäßig möglichst genau ermittelt und einander gegenübergestellt werden. Aus der Einkommensdifferenz lässt sich dann der Invaliditätsgrad bestimmen. Berechnet wird das Valideneinkommen grundsätzlich anhand desjenigen Erwerbseinkommens, welches vor Eintritt der zur Invalidität führenden Gesundheitsschädigung erzielt wurde.
Beispiel:
Validen-Einkommen = erzielbarer Lohn ohne Einschränkungen
Invaliden-Einkommen = erzielbarer Lohn mit Einschränkungen
Herr A könnte ohne Einschränkungen verdienen: CHF 80.000,00 = 100,00%
Herr A könnte mit Einschränkungen verdienen: CHF 50.000,00 = 62,50%
Erwerbseinbuße: CHF 30.000,00 = 37.50% = Invaliditätsgrad
(vgl. http://www.coc-uvg.ch/userportal/KMU/uvg.html#UVG-Invalidenrente; abgefragt am ).
Maßgebend ist, wie stark als Folge der gesundheitlichen Beeinträchtigung die Erwerbsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Die Gesundheitsschädigung an sich ist nicht maßgebend. Entscheidend sind allein deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten (Art. 7 und 8 ATSG). Nicht der eigentliche Gesundheitsschaden bestimmt den Invaliditätsgrad, sondern die dadurch entstandene finanzielle Einbuße durch Erwerbsunfähigkeit. Oder mit anderen Worten: Invalidität ist wirtschaftlich zu verstehen und nicht medizinisch (vgl. http://www.batisec.ch/images/pdf/De/StoppGefahr/Hochbau/Wegleitung_der_Suva_durch_die_Unfallversicherung_D.pdf; abgefragt am ).

Ergebnis des Vergleiches:
Ungeachtet dessen, ob der im Jahre 1990 im Rahmen seiner Tätigkeit als Betriebsführer im (inländischen) landwirtschaftlichen Betrieb seiner Ehegattin erlittene Unfall in Österreich tatsächlich zu einer Leistung aus der gesetzlichen Unfallversorgung geführt hätte, gelangte das Bundesfinanzgericht zur Ansicht, dass die strittige Invalidenrente von der SUVA nicht mit der inländischen Versehrtenrente vergleichbar ist und deshalb nicht gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 steuerfrei belassen werden kann. Der vom Beschwerdeführer geforderte abstrakte Vergleich zwischen der Invalidenrente aus der Schweizer Unfallversicherung und der österreichischen Versehrtenrente erweist sich schon allein auf Grund der unterschiedlichen Zweckbestimmung der einzelnen Geldleistungen als nicht zielführend.

Die Versehrtenrente nach dem österreichischen Sozialversicherungsrecht knüpft nicht an einen konkret entstandenen Verdienstentgang an, sondern nach dem Prinzip der abstrakten Schadensberechnung an der Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit; es ist dort bedeutungslos, ob der Versicherungsfall tatsächlich zu einem Einkommensverlust geführt hat; die Versehrtenrente ist auch dann zu gewähren, wenn kein Lohnausfall entstanden ist oder sogar ein höheres Einkommen erzielt wird.
Wer in der Schweiz in erheblichem Maß gesundheitlich beeinträchtig ist, erfüllt die Voraussetzungen für eine Rente nicht immer, denn eine Invalidität wird erst anerkannt, wenn sich die gesundheitlichen Probleme auf die Erwerbsmöglichkeiten oder die Arbeitsfähigkeit im angestammten Aufgabenbereich auswirken (vgl. http://www.proinfirmis.ch/de/subseiten/behindert-was-tun/inhaltsverzeichnis/renten-und-ergaenzungsleistungen/invaliditaetsbegriff-und-invaliditaetsbemessung.html; abgefragt am ). Die SUVA gewährt eine Invalidenrente nur bei bleibenden wirtschaftlichen Unfallfolgen.
Während es sich bei der österreichischen Versehrtenrente um eine Ausgleichszahlung (Schadensersatzleistung) für die Kosten handelt, die versehrte Arbeitnehmer durch einen Arbeitsunfall haben, will die Schweizer Unfallversorgung den Erwerbsausfall von verunfallten Arbeitnehmenden abdecken [vgl. http://www.weka.ch/themen/personal/sozialversicherungen/krankheit-unfall/article/obligatorische-unfallversicherung-vorsicht-vor-luecken-und-tuecken/; abgefragt am ; Schweizer Invalidenrenten aus der obligatorischen Unfallversorgung stellen ein Ersatzeinkommen dar. Durch die Invalidenrente wird nicht (primär) ein individueller Schaden ersetzt, sondern der ausgefallene Verdienst (vgl. https://www.ktipp.ch/artikel/d/das-aus-im-beruf/; abgefragt am 8.2.2106). Wie sich aus Art. 19 f UVG ergibt, stellen solche Renten Ersatzeinkommen dar (vgl. http://www.swissblawg.ch/2008/03/5a6312007-iv-renten-der-uv-beschrnkt.html; abgefragt am ). Die obligatorische Unfallversicherung erbringt Invalidenrenten als Ersatz für den ausfallenden Verdienst (vgl. Wegleitung zur obligatorischen Unfallversicherung UVG)].

Damit ist die strittige Invalidenrente mit der inländischen Versehrtenrente aber nicht vergleichbar und war daher der Vorgehensweise des Finanzamtes, die strittige Schweizer Invalidenrente als steuerpflichtigen Bezug zu behandeln, zuzustimmen.

Die Prüfung der Frage, ob die Geldleistungen der Höhe nach gleichartig sind, erübrigt sich daher.

Zulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage, ob eine Invalidenrente von der Schweizer Unfallversicherung dem Grunde nach mit der inländischen Versehrtenrente vergleichbar ist, ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht geklärt.

Deshalb wird die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt.

Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.1100448.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at