Ausbildungskosten für Kinder
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
RV/2100002/2016-RS1 | wie RV/0200-K/05-RS1 Berufsausbildungskosten von nicht selbsterhaltungsfähigen Kindern erwachsen den Eltern anteilig aus dem Titel ihrer zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung (§ 140 ABGB). Bezieht einer der im gemeinsamen Haushalt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe für das in Berufsausbildung stehende Kind, so sind diese Unterhaltsleistungen durch die Bestimmung des § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 als steuerlich abgegolten anzusehen. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R in der Beschwerdesache Bf, gegen den Bescheid des Finanzamtes Judenburg Liezen vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung 2014) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin erzielte im Jahr 2014 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Einkommensteuererklärung für 2014 beantragte die Beschwerdeführerin Ausbildungskosten für die Tochter in Höhe von EUR 10.236,53 als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom wurde die Einkommensteuer mit EUR 818 berechnet, wobei die beantragten Aufwendungen nicht berücksichtigt wurden. Begründend wurde ausgeführt, dass unter Aus- und Fortbildungskosten nur Aufwendungen für die eigene berufliche Fortbildung, welche im Zusammenhang mit den eigenen Einkünften stehen, berücksichtigt werden können. Ausgaben im Zusammenhang mit der Ausbildung von Kindern würden mit dem Bezug der Familienbeihilfe abgegolten sein.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass Kinder ab dem 15. Lebensjahr als berufsfähig gelten würden, weshalb erhöhte Berufsausbildungskosten zur Erlangung eines Berufes als erhöhte Ausbildungskosten anzusehen wären. Die Erziehungsberechtigten seien gesetzlich verpflichtet, derartige Aufwendungen zu tragen. Eine Familienbeihilfe habe mit beruflicher Ausbildung nichts zu tun. Die Tochter würde die Hälfte der Ausbildung im Ausland absolvieren. Die zu einem späteren Zeitpunkt von der Tochter erzielten Einnahmen würden zukünftig sehr wohl besteuert werden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Eine Berücksichtigung der Ausbildungskosten sei aus den bereits im Bescheid vom angeführten Gründen nicht möglich. Die Bildungseinrichtung der Tochter befinde sich in einer Entfernung von rund 10 km vom Wohnort, weshalb Aufwendungen für die auswärtige Berufsausbildung des Kindes nicht zustehen würden.
Dagegen wurde rechtzeitig der Vorlageantrag gestellt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Aufwendungen für die Ausbildung ihrer Tochter abzugsfähig sind.
Gem. § 16 Abs. 1 Z. 10 EStG 1988 dürfen bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten abgezogen werden: Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Bildungsmaßnahmen in seinem Erkenntnis , wie folgt zusammengefasst:
Lässt sich eine Veranlassung durch die Erwerbssphäre nach Ausschöpfung der im Einzelfall angezeigten Ermittlungsmaßnahmen und der gebotenen Mitwirkung des Steuerpflichtigen nicht feststellen, ist die Abziehbarkeit der Aufwendungen insgesamt nicht gegeben (VwGH Erkenntnis vom , 2010/15/0197).
Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich, wenn der Abgabepflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Die Eignung der dafür getätigten Aufwendungen zur Erreichung dieses Ziels ist dabei ausreichend (vgl. die Erkenntnisse vom , 2001/15/0050, und vom , 2000/15/0009).
Auch für Ausbildungsmaßnahmen ist ein Veranlassungszusammenhang zur konkret ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit für die Anerkennung als Werbungskosten erforderlich (vgl. Hofstätter/Reichel, § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Tz. 2). Ein Zusammenhang der Ausbildungsmaßnahme mit der konkret ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit ist dann gegeben, wenn die erworbenen Kenntnisse in einem wesentlichen Umfang im Rahmen dieser Tätigkeiten verwertet werden können (vgl. Doralt, EStG13, § 16 Tz. 203/4/1).
Nach dem klaren Gesetzeswortlaut können die Aufwendungen für die Berufsausbildung der Tochter nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, da diese nicht im Zusammenhang mit der von der Beschwerdeführerin ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit stehen.
Die steuerliche Behandlung von so genannten "Unterhaltslasten" ist auch in den Gesetzespassagen des § 20 EStG 1988 geregelt. Nach § 20 Abs. 1 Z 1 leg.cit. gelten die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge als nichtabzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben. Nach dieser Bestimmung können Unterhaltsleistungen weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben abgesetzt werden. In § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 wird normiert, dass freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen auch dann nicht abzugsfähig sind, wenn diese Zuwendungen auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen. § 20 Abs. 3 EStG 1988 ordnet an, dass Aufwendungen und Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 4 auch nicht unter dem Sonderausgabentitel (§ 18) abzugsfähig sind. Durch die zitierten Gesetzesstellen des § 20 EStG 1988 wird somit klargestellt, dass Unterhaltsleistungen an unterhaltsberechtigte Personen grundsätzlich nur als "außergewöhnliche Belastung" steuerlich Anerkennung finden können.
Für das Bundesfinanzgericht ergibt sich aus den Inhalten des vorgelegten Verwaltungsaktes unzweifelhaft, dass die Beschwerdeführerin im streitverfangenen Zeitraum für ihre Tochter unterhaltsverpflichtet war, zumal diese mangels eigener Einkünfte nicht selbsterhaltungsfähig war. Die Übernahme der strittigen Ausbildungskosten in Höhe von EUR 10.236,53 (Ausbildungskosten) durch die Bf. erfolgte somit im Rahmen ihrer zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung nach § 140 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB).
In der Literatur wird zu § 34 EStG 1988 als Verweis auf die Judikatur einhellig ausgeführt, dass gesetzliche Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen grundsätzlich in Betracht kommen können. Allerdings schließt das Gesetz "Unterhaltsleistungen" im Wesentlichen als außergewöhnliche Belastung aus. Nach der Bestimmung des § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a und c EStG 1988 abgegolten und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst sondern sein mit ihm gemeinsam im Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3 EStG) Anspruch auf diese Beträge hat (zur bestätigten Verfassungskonformität dieser Regelung vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , B 1285/00). Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nach § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 nur insoweit abzugsfähig als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar Band III, 4. Auflage, Stand , Tz 56 ff zu § 34 und die dort zitierte Judikatur). Darunter fallen in erster Linie Krankheitskosten oder Kosten für die Beseitigung von Katastrophenschäden, nicht aber Aufwendungen für die eigene Schul- bzw. Berufsausbildung.
Berufsausbildungskosten für nahe Angehörige wären also nur dann eine außergewöhnliche Belastung, wenn sie unter Bedingungen erfolgten, die auch beim Steuerpflichtigen selbst zu einer außergewöhnlichen Belastung führten. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen die Existenzgrundlage ohne sein Verschulden entzogen worden wäre und die Berufsausbildung zur künftigen Existenzsicherung notwendig gewesen wäre, oder wenn die (neuerliche) Berufsausbildung durch Krankheit, Verletzung uä. erforderlich geworden wäre ( und , 97/15/0047). Eine diesen Ausnahmefällen entsprechende Sachverhaltskonstellation hat die Beschwerdeführerin jedoch nicht behauptet und liegt - wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt - im gegenständlichen Fall auch nicht vor. Durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird klargestellt, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit einer "normalen", dh. einer auf einem freien Willensentschluss basierenden Berufsausbildung nicht als außergewöhnliche Belastung zu qualifizieren sind.
Entscheidungsrelevant ist gegenständlich weiters die Tatsachenfeststellung, dass von der Beschwerdeführerin im Jahr 2014 sowohl Familienbeihilfe als auch der Kinderabsetzbetrag für die Tochter bezogen worden ist, wodurch grundsätzlich sämtliche "Unterhaltsleistungen" für die Tochter und damit auch die in Streit stehenden Kosten gemäß § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 als steuerlich abgegolten anzusehen sind.
Daran vermag auch das von der Bf. in den Vordergrund gestellte Argument, dass eine Familienbeihilfe den täglichen Lebenskosten diene und mit beruflicher Ausbildung nichts zu tun hätte, nichts zu ändern. Denn nach § 140 ABGB haben nämlich die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Nicht alles aber, wozu sich Eltern ihren Kindern gegenüber verpflichtet fühlen, um diesen eine bestmögliche und die Berufschancen verbessernde Ausbildung angedeihen zu lassen, ist als sittliche (oder gar rechtliche) Verpflichtung im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 anzusehen.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass für das Veranlagungsjahr 2014 bei der Beschwerdeführerin auch die Voraussetzungen für die Gewährung eines Pauschbetrages für eine auswärtige Berufsausbildung nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht vorliegen, da die Berufsausbildung ihrer Tochter im Kalenderjahr 2014 innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes erfolgte (vgl. § 2 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 624/1995, iVm § 7 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993).
Auf Grund der eindeutigen Sach- und Rechtslage konnte dem Beschwerdebegehren nicht stattgegeben werden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im Erkenntnisfall keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG angesprochen sind, war die Zulässigkeit einer Revision zu verneinen. Das Bundesfinanzgericht konnte sich in seiner Entscheidung auf die oben zitierte Rechtsprechung stützen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 140 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.2100002.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at