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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.02.2016, RV/3101076/2014

Anfechtung eines abgeleiteten Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheides

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über die Beschwerden des Bf., vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes P vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2008  zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide vom bleiben unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Abgabepflichtige hatte seinen Hauptwohnsitz vom bis in A , B-Straße . Am erließ das für ihn örtlich zuständige Finanzamt O Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007, gegen die am fristgerecht „Berufung“ erhoben wurde (der Streitpunkt bezog sich auf ein fremdfinanziertes Rentenversicherungsmodell). Mit „Berufungsvorentscheidungen“ vom wurde der „Berufung“ vom vom Finanzamt O Folge gegeben, die „Berufungsvorentscheidungen“ sind rechtskräftig geworden. Am erließ das Finanzamt O auch einen (gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten) Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008, der ebenfalls rechtskräftig geworden ist.

Am verlegte der Abgabepflichtige seinen Hauptwohnsitz nach C , D-Straße , den er dort bis innehatte. Im Zuge dessen wurde der Veranlagungsakt des Abgabepflichtigen am an das für ihn örtlich zuständige Finanzamt P abgetreten. Am erließ das Finanzamt P Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO, mit denen die rechtskräftigen „Berufungsvorentscheidungen“ vom (betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007) und der rechtskräftige Bescheid vom (betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben wurden. Mit gleichem Datum erließ das Finanzamt P neue „Berufungsvorentscheidungen“ betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 und einen neuen (gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten) Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008.

Die Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO vom wurden vom Finanzamt P damit begründet, dass die „Berufungsvorentscheidungen“ vom und der Einkommensteuerbescheid vom insoweit unrichtig seien, als in diesen Bescheiden die Beteiligungsergebnisse des Abgabepflichtigen aus den vorangegangenen Bescheiden (vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 sowie vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008) unverändert übernommen worden seien, obwohl seither zu den Beteiligungen des Abgabepflichtigen geänderte Feststellungsbescheide (mit geänderten Gewinn- bzw. Verlustanteilen) ergangen seien. Das Finanzamt P erblickte die „Unrichtigkeit“ der aufgehobenen „Berufungsvorentscheidungen“ vom und des Einkommensteuerbescheides vom in der Nichtberücksichtigung der zu diesen Zeitpunkten bereits vorgelegenen geänderten Feststellungsbescheide betreffend die Beteiligungen des Abgabepflichtigen.

Hinsichtlich der anzusetzenden Beträge verwies das Finanzamt P in den Aufhebungsbescheiden gemäß § 299 BAO vom auf die Begründung zu den gemäß § 299 Abs. 2 BAO gleichzeitig erlassenen neuen Sachbescheiden betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2008. Diesen neuen Sachbescheiden ist in der Begründung eine Aufstellung zu entnehmen, aus der zu jeder Beteiligung des Abgabepflichtigen die aktuell anzusetzenden Beteiligungsergebnisse ersichtlich sind. Diesen Beteiligungsergebnissen wurden die bisher (lt. aufgehobenen Bescheiden) angesetzten Beteiligungsergebnisse gegenüber gestellt.

Am erhob der Abgabepflichtige fristgerecht „Berufung“ gegen die Bescheide vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2008. Soweit sich diese „Berufung“ gegen die „Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 vom “ richtete und demnach auf die „Berufungsvorentscheidungen“ vom bezog, ist sie als Vorlageantrag zur seinerzeitigen „Berufung“ des Abgabepflichtigen vom zu werten.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Anlageverlust aus der Beteiligung an einem an sich wirtschaftlich sinnvollen Unternehmen auch bei späterer Veruntreuung steuerlich anzuerkennen sei, jedenfalls bis zur Höhe der veruntreuten Einlage. Dies sei in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2006 bis 2008 nicht berücksichtigt worden. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass durch den ZusammenschlussX bereits eine entsprechende Eingabe zu diesem Thema eingebracht worden sei und eine Verhandlung beim Unabhängigen Finanzsenat anstehe. Hier sei der Ausgang des Verfahrens abzuwarten.

Der Abgabepflichtige wendete auch einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ein. Die Einkommensteuererklärungen seien von ihm ordnungsgemäß basierend auf den jeweiligen Feststellungsbescheiden (§ 188 BAO) erstellt worden. Es liege daher kein von ihm zu vertretendes Verschulden vor, welches das Finanzamt „zur Wiederaufnahme“ berechtige. In diesem Zusammenhang möchte er weiters festhalten, dass gerade durch die jährlich stattfindende Überprüfung durch das Finanzamt (insgesamt über acht Jahre) und die ergangenen Feststellungsbescheide (§ 188 BAO) eine ordnungsgemäße Geschäftsgebarung der jeweiligen Gesellschaft für ihn erkennbar und dies der Grund gewesen sei, in weitere Beteiligungen zu investieren (siehe dazu auch den Strafprozess gegen X ). Er habe hier auf die notwendige Sorgfaltspflicht des Finanzamtes vertrauen dürfen (müssen). Hier bleibe abzuwarten, ob die Finanzprüfer ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen seien. Auch hierzu seien die Erkenntnisse aus dem durch den ZusammenschlussX vertretenen Verfahren abzuwarten.

Am erließ das Finanzamt P gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderte Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2008. Die Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO sei aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes O vom zu St.Nr. abc erfolgt. Gegen diese Bescheide brachte der Abgabepflichtige mit Schreiben vom Berufung“ ein.

Mit „Berufungsvorentscheidung“ vom wurde die „Berufung“ des Abgabepflichtigen vom gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008 vom Finanzamt P als unbegründet abgewiesen. In der gesonderten Bescheidbegründung vom wurde dazu ausgeführt, dass ein Einkommensteuerbescheid gemäß § 252 Abs. 1 BAO nicht mit der Begründung angefochten werden könne, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien. Überdies wurden die Bescheiddaten der bislang nicht berücksichtigten Feststellungsbescheide als Begründungsergänzung nachgereicht.

Wie das Finanzamt P weiters ausführte, setze ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben einerseits voraus, dass ein (unrechtes) Verhalten der Abgabenbehörde, auf das der Abgabepflichtige vertraut habe, eindeutig und unzweifelhaft für ihn zum Ausdruck gekommen sei, und andererseits, dass der Abgabepflichtige seine Dispositionen danach eingerichtet und er nur als Folge hiervon einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten habe. Es könne somit eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben vorliegen, wenn der Steuerpflichtige sein steuerliches Verhalten einer gemäß § 90 EStG 1988 eingeholten Auskunft des Finanzamtes entsprechend eingerichtet habe und dann gerade das der Auskunft entsprechende steuerliche Verhalten zu einer Steuernachforderung führen sollte. Eine derartige Auskunft des Finanzamtes sei vom Abgabepflichtigen nicht eingeholt worden, weshalb auch seitens der Behörde kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vorliegen könne.

Gegen die „Berufungsvorentscheidung“ vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008 wurde vom Abgabepflichtigen am fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht. Dabei wiederholte er sein bisheriges Vorbringen. Im Hinblick auf die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben ergänzte er, dass unstrittig ein „unrechtes Verhalten“ der Abgabenbehörde vorliege, da sich die Geschäftsgebarung der von der Finanzverwaltung geprüften Firmen zu einem späteren Zeitpunkt als unrichtig herausgestellt habe. Die Feststellungsbescheide für die jeweiligen Firmen seien durch die Finanzverwaltung erstellt und teilweise nach acht Jahren aufgehoben worden. Diese Feststellungsbescheide, auf die der Abgabepflichtige im Hinblick auf zusätzliche neue Investitionen (Beteiligungen) vertraut habe, haben sich demnach als unrichtig herausgestellt.

Seitens der X seien Jahr für Jahr die Feststellungsbescheide (§ 188 BAO) für jede Firma bekannt gegeben bzw. damit geworben worden, weitere Beteiligungen abzuschließen (siehe dazu auch den Strafprozess gegen X). Dazu legte der Abgabepflichtige die jährlichen Informationen bei, die ihm seitens der X übergeben worden seien. Er habe somit sein steuerliches Verhalten einer Auskunft des Finanzamtes (vorgelegt durch die X) entsprechend eingerichtet, wobei dann das der Auskunft entsprechende steuerliche Verhalten zu einer Steuernachforderung geführt habe.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt P die verfahrensgegenständlichen „Berufungen“ vom und , die ab dem als Bescheidbeschwerden zu behandeln sind, dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerden erwogen:

1) In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist zunächst Folgendes festzuhalten: Am erließ das für den Beschwerdeführer (Bf.) örtlich zuständige Finanzamt O Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007, gegen die am fristgerecht Beschwerde erhoben wurde. Zu dieser Beschwerde wurde am fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht. Am erließ das für den Bf. örtlich zuständig gewordene Finanzamt P einen (gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten) Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008, gegen den am fristgerecht Beschwerde erhoben wurde.

Am - somit noch vor Erledigung der Beschwerden vom und - erließ das Finanzamt P gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderte Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2008. Die Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO erfolgte aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes O vom zu St.Nr. abc. Mit diesen Einkommensteuerbescheiden wurde dem Beschwerdebegehren (Anerkennung der Beteiligungsverluste) nicht Rechnung getragen. Gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 vom brachte der Bf. mit Schreiben vom Berufung“ ein , mit der er die Anerkennung der Beteiligungsverluste begehrte.

Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde gemäß § 253 BAO in der Fassung FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Die Beschwerden vom und gelten somit auch als gegen die - dem Beschwerdebegehren nicht Rechnung tragenden - Einkommensteuerbescheide vom gerichtet. Bringt die Partei auch gegen den nachträglich geänderten Bescheid eine Beschwerde ein, so gilt sie nach der Judikatur (; ) nur mehr als ergänzender Schriftsatz zur ursprünglichen (gemäß § 253 BAO auch als gegen den neuen Bescheid gerichtet geltenden) Beschwerde. In der „Berufung“ vom gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 vom ist daher lediglich ein ergänzender Schriftsatz zu erblicken (vgl. zur Vorgängerregelung des § 274 BAO auch Ritz, BAO4, § 274 Tz 12). Das Bundesfinanzgericht hat somit über die Beschwerden vom und gegen die vom Finanzamt P erlassenen Bescheide vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2008 abzusprechen.

2) In weiterer Folge ist zu prüfen, ob das Finanzamt P am auf § 295 Abs. 1 BAO gestützte geänderte Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2008 erlassen durfte . Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er gemäß § 295 Abs. 1 BAO ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist. § 295 Abs. 1 BAO hat die Funktion, abgeleitete Bescheide mit den Inhalten erstmalig erlassener Feststellungsbescheide oder deren Abänderung oder den Konsequenzen ihrer Aufhebung in Einklang zu bringen. Bei Änderungen gemäß § 295 Abs. 1 BAO kann der Bescheid nach jeder Richtung abgeändert werden (zB ; ; ).

Der Bf. war in den Streitjahren ua. an der E-KG beteiligt, die vom Finanzamt O unter der St.Nr. abc erfasst wurde. Diese Beteiligung führte beim Bf. zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt O erließ für die E-KG am (für das Jahr 2006), am (für das Jahr 2007) und am (für das Jahr 2008) Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO, mit denen für den Bf. anteilige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von -1.329,77 € (für das Jahr 2006), -15.190,60 € (für das Jahr 2007) und 1.803,25 € (für das Jahr 2008) festgestellt wurden. In dieser Höhe wurden die Beteiligungseinkünfte vom Finanzamt P auch in den „Berufungsvorentscheidungen“ betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 und in dem (gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten) Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008, jeweils vom , erfasst.

Am , somit nach Erlassung der genannten Bescheide vom , erließ das Finanzamt O für die E-KG für die Jahre 2006 bis 2008 geänderte Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO, mit denen für den Bf. nunmehr anteilige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 1.109,61 € (für das Jahr 2006), -14.925,35 € (für das Jahr 2007) und 2.008,67 € (für das Jahr 2008) festgestellt wurden. Änderungen (Aufhebungen) gemäß § 295 Abs. 1 BAO haben gegebenenfalls zwingend (kein Ermessen) zu erfolgen (vgl. ; ; ; ). Das Finanzamt P war daher berechtigt bzw. verpflichtet, für den Bf. am von diesen geänderten Feststellungsbescheiden abgeleitete Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 zu erlassen. Diese Einkommensteuerbescheide stützten sich zu Recht auf § 295 Abs. 1 BAO. Auf die Rechtskraft der genannten Bescheide vom kam es gemäß § 295 Abs. 1 BAO nicht an.

3) Im Übrigen ist strittig, mit welchen Beteiligungsergebnissen die vom Bf. in den Streitjahren gehaltenen Beteiligungen im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagungen anzusetzen sind. Diesbezüglich führte der Bf. aus, dass der Anlageverlust aus der Beteiligung an einem an sich wirtschaftlich sinnvollen Unternehmen auch bei späterer Veruntreuung steuerlich anzuerkennen sei, jedenfalls bis zur Höhe der veruntreuten Einlage. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass durch den ZusammenschlussX bereits eine entsprechende Eingabe zu diesem Thema eingebracht worden sei und eine Verhandlung beim Unabhängigen Finanzsenat (nunmehr: Bundesfinanzgericht) anstehe. Hier sei der Ausgang des Verfahrens abzuwarten.

Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Messbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist. Die Bindungswirkung besteht (dem letzten Halbsatz des § 192 BAO zufolge) bereits vor Rechtskraft (im formellen Sinn) des Feststellungsbescheides.

Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid gemäß § 252 Abs. 1 BAO nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. § 252 Abs. 1 BAO schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein. Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur im Ver­fahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Die vom Finanzamt P auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten abgeleiteten Bescheide vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2008 können daher nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die zu den vom Bf. gehaltenen Beteiligungen ergangenen Grundlagenbescheide unrichtig seien. Auch der Einwand, dass die Beteiligungsverluste (bei gegebener Veruntreuung) jedenfalls bis zur Höhe der veruntreuten Einlagen steuerlich anzuerkennen seien, müsste dementsprechend in den Ver­fahren betreffend die Grundlagenbescheide vorgebracht werden.

Auch der Hinweis des Bf. auf beim Unabhängigen Finanzsenat (nunmehr: Bundesfinanzgericht) anhängige Verfahren betreffend die Grundlagenbescheide, deren Ausgang abzuwarten sei, geht ins Leere. Mit der Maßnahme gemäß § 295 BAO kann zwar bis zur formellen Rechtskraft des nachträglich erlassenen bzw. abgeänderten Grundlagenbescheides gewartet werden (§ 295 Abs. 1 zweiter Satz BAO). Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/13/0002, ist in diesem zeitlichen Dispositionsrecht aber „nicht die Einräumung eines Ermessens zu erblicken, dessen Übung der Begründungspflicht unterliegt“; die Möglichkeit des Abwartens der Rechtskraft sei von der prozessökonomischen Erwägung getragen, der Abgabenbehörde die wiederholte Bescheidanpassung zu ersparen. Es besteht aber kein Rechtsanspruch des Abgabepflichtigen auf ein solches Zuwarten (). Das Finanzamt P konnte somit am auf § 295 Abs. 1 BAO gestützte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 erlassen, unabhängig davon, ob die zugrunde liegenden Feststellungsbescheide (Nichtfeststellungsbescheide) bereits rechtskräftig geworden sind (vgl. auch Ritz, BAO5, § 295 Tz 13).

4) Der Bf. wendete auch einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ein. Er habe seine Einkommensteuererklärungen basierend auf den jeweiligen Feststellungsbescheiden (§ 188 BAO) erstellt. Durch die Feststellungsbescheide (§ 188 BAO), die nach jährlicher Überprüfung durch das Finanzamt ergangen seien, sei für ihn eine ordnungsgemäße Geschäftsgebarung der jeweiligen Gesellschaft erkennbar gewesen. Dies sei der Grund gewesen, in weitere Beteiligungen zu investieren. Die Geschäftsgebarung der von der Finanzverwaltung geprüften Gesellschaften habe sich zu einem späteren Zeitpunkt als unrichtig herausgestellt, was zu einer Aufhebung der ursprünglichen Feststellungsbescheide teilweise nach acht Jahren geführt habe. Die Feststellungsbescheide, auf die der Bf. im Hinblick auf zusätzliche neue Investitionen (Beteiligungen) vertraut habe, hätten sich demnach als unrichtig herausgestellt.

Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben versteht man, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (; und 0122; ; vgl. auch Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II7, Tz 38).

Auf den Grundsatz von Treu und Glauben kann sich der Bf. im Streitfall nicht stützen. Das Finanzamt P hat dem Bf. gegenüber vor Erlassung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide vom zu keinem Zeitpunkt die Auskunft erteilt bzw. ihm zugesichert, dass die ursprünglich ausgewiesenen Beteiligungsverluste des Bf. bei seinen Einkommensteuerveranlagungen stets (auch bei sich später ändernden Grundlagenbescheiden) steuerlich berücksichtigt werden können. Der Grundsatz von Treu und Glauben setzt grundsätzlich ein - hier nicht gegebenes - konkretes Verhältnis zwischen dem Steuerpflichtigen und der Abgabenbehörde (hier: dem Finanzamt P) voraus; nur in einem solchen Naheverhältnis kann sich eine Vertrauenssituation bilden (vgl. Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II7, Tz 38, mwN).

Was den eingewendeten Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben betrifft, ist der Bf. überdies auf die bereits erwähnten §§ 192 und 252 Abs. 1 BAO zu verweisen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben hätte daher nur in den Ver­fahren betreffend die jeweiligen Grundlagenbescheide vorgebracht werden können.

Nur am Rande vermerkt sei, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ; ; ) nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit schützt; die Abgabenbehörde ist verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Nach der Judikatur müssten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen lassen (zB ; ), wie dies zB der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt (zB ; ; ; ).

5) Gemäß § 279 Abs. 1 BAO in der ab dem geltenden Fassung des FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. § 253 BAO in der Fassung FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, steht der Berücksichtigung eines nachträglich erlassenen (geänderten) Grundlagenbescheides im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (§ 279 BAO) nicht entgegen, schränkt somit die im § 279 Abs. 1 BAO eingeräumte Änderungsbefugnis nicht ein (vgl. Ritz, BAO5, § 253 Tz 7). Mit dem vorliegenden Erkenntnis sind daher die aktuell gültigen Beteiligungsergebnisse des Bf. zu erfassen, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob die entsprechenden Grundlagenbescheide bereits rechtskräftig geworden sind. Die Beteiligungen des Bf. sind in den Streitjahren mit den in den Beilagen 1 bis 3 ausgewiesenen (aktuellen) Ergebnissen anzusetzen. Die Beilagen 1 bis 3 bilden einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses.

6) Die Beschwerde vom , die sich (ursprünglich) gegen die am erlassenen Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 richtete, bezog sich auf ein fremdfinanziertes Rentenversicherungsmodell. Was diesen Beschwerdepunkt betrifft, wird auf die insoweit stattgebenden „Berufungsvorentscheidungen“ vom bzw. verwiesen. Auch die (nunmehr) als angefochten geltenden Bescheide vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 berücksichtigten die sonstigen Einkünfte (wiederkehrenden Bezüge) - dem Beschwerdebegehren entsprechend - mit -13.733,12 € (im Jahr 2006) und -16.399,56 € (im Jahr 2007). Als einziger Beschwerdepunkt verbleibt somit die Erfassung der Beteiligungseinkünfte. Die Beschwerde vom (gegen die Bescheide vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007), aber auch jene vom (gegen den Bescheid vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008) ist daher als unbegründet abzuweisen.

Die Berechnung der Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2008 ergibt sich aus den angefochtenen Bescheiden vom , die insoweit Bestandteil dieses Erkenntnisses sind.

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da sich die oben dargestellte Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ( §§ 192 und 295 Abs. 1 BAO iVm § 252 Abs. 1 BAO) ergibt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.3101076.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at