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Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 20.01.2016, RS/7100196/2015

Wiederaufnahmeantrag implizit auch betreffend nicht im Rechtsbestand befindliche Bescheide?

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2016/13/0011. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache AA als Erbin nach NN, Adresse, vertreten durch WTH, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamt Waldviertel betreffend Antrag auf Wiederaufnahme hinsichtlich Einkommensteuer 2000 vom beschlossen:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Säumnisbeschwerde vom führte Frau AA als Erbin nach NN (Beschwerdeführerin, Bf.) aus, dass über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem § 303 Abs. 1 lit. b BAO betreffend Einkommensteuer 2000 vom bis dato nicht entschieden worden sei.

Mit diesem Antrag sei auf den Umstand verwiesen worden, dass es sich den nach einer Betriebsprüfung erlassenen Feststellungsbescheiden um Nichtbescheide gehandelt habe und die davon abgeleiteten Einkommensteuerbescheide daher rechtswidrig seien. Wörtlich sei ausgeführt worden:
"Wir ersuchen um Stattgabe unseres Antrages bzw. regen eine amtswegige Wiederaufnahme an und bitten um Entfernung aller rechtswidrig nach § 295 Abs. 1 BAO abgeleiteten Einkommensteuerbescheide 2000 bis hin zum Ursprung, sodass ausschließlich der Einkommensteuerbescheid 2000 vom (=Erstbescheid) rechtsgültig verbleibt".

Es folgt eine ausführliche Darstellung des bisherigen Verfahrensganges unter Einbeziehung diverser im Rechtsmittelverfahren als Nichtbescheid aufgehobener Feststellungsbescheide, welche letztlich im Hinweis auf die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates (UFS)vom mündet. In dieser Berufungsentscheidung RV/2879-W/10 wird (rechtskräftig) ausgesprochen, dass der dort angefochtene nach Wiederaufnahme ergangene Einkommensteuerbescheid 2000 vom wegen mittlerweile eingetretener Festsetzungsverjährung aufgehoben wird und der - von einem Nichtbescheid abgeleitete - Einkommensteuerbescheid 2000 vom wieder in den Rechtsbestand tritt.

Nach Ansicht der Bf. sei der Antrag vom  gegen alle rechtswidrig erlassenen Einkommensteuerbescheide gerichtet gewesen und habe daher auch den Bescheid vom umfasst (Anm des Gerichts: Dieser war zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Rechtsbestand). Da das Finanzamt (FA) diesen implizierten Antrag bislang nicht erledigt habe, sei die Behörde diesbezüglich säumig.

Mit Beschluss vom trug das Bundesfinanzgericht (BFG) der belangten Behörde auf über den streitgegenständlichen Antrag bis zu entscheiden oder anzugeben warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

Mit Schriftsatz vom führte das FA aus, dass der Antrag auf Wiederaufnahme vom  am stattgebend erledigt und gleichzeitig ein neuer Einkommensteuerbescheid 2000 erlassen worden sei. Der Wiederaufnahmebescheid vom sei in Rechtskraft erwachsen, der Einkommensteuerbescheid 2000 vom  jedoch vom UFS ersatzlos aufgehoben worden, weshalb der Einkommensteuerbescheid 2000 vom wieder in den Rechtsbestand gelangt sei ().

Der Wiederaufnahmeantrag vom sei daher - entgegen dem Vorbringen
der Säumnisbeschwerdewerberin - sehr wohl (stattgebend) erledigt worden, weshalb eine Säumnis des Finanzamtes Waldviertel nicht gegeben sei.

Ein Antrag auf Wiederaufnahme des zu diesem Zeitpunkt nicht in Rechtsbestand befindlichen Einkommensteuerbescheides 2000 vom (oder anderer Einkommensteuerbescheide 2000) sei der Eingabe vom nicht zu entnehmen.
Die Formulierung im Antrag vom bzw. regen eine amtswegige
Wiederaufnahme an und bitten um Entfernung aller rechtwidrig nach § 295 Abs.1 BAO
abgeleiteten Einkommensteuerbescheide 2000 bis hin zum Ursprung, sodass ausschließlich der Einkommensteuerbescheid 2000 vom (=Erstbescheid) rechtgültig verbleibt

stelle keinen Antrag auf eine Wiederaufnahme der früheren Einkommensteuerbescheide 2000 dar. Ein derartiges Anbringen wäre unzulässig und liege somit eine Entscheidungspflichtverletzung in Bezug auf die Eingabe vom nicht vor.

Zudem legte das FA über telefonisches Ersuchen der Richterin eine Kopie des ursprünglichen Wiederaufnahmeantrages vom vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Aus den Finanzamtsakten und dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien ergibt sich folgender bisheriger Verfahrensablauf:

NN war im Streitjahr 2000 als Mitunternehmer unter anderem an der damaligen X KG beteiligt.
- Am erging betreffend diese Mitunternehmerschaft ein Feststellungsbescheid gem. §188 BAO. Hinsichtlich Einkommensteuer (ESt) 2000 erging der Erstbescheid an NN am .
- Am erging ein neuerlicher ESt 2000 Bescheid gem. § 295 Abs. 1 BAO weil das Finanzamt (FA) Mödling am einen geänderten Feststellungsbescheid zu StNr. 000/0000 erlassen hatte.
- Dieser Bescheid wurde mit Bescheid vom gem. § 295 Abs. 1 BAO abgeändert weil das FA Melk zu StNr. 111/1111 (nunmehr StNr. 222/2222 beim FA Amstetten, Melk, Scheibbs) am nach Durchführung einer Betriebsprüfung bei der damaligen X KG einen geänderten Feststellungsbescheid erlassen hatte. Nach Ansicht der Bp. war auf eine erfolgte Einbringung Art III des UmgStG nicht anzuwenden.
- Der Bescheid vom wurde mit Bescheid vom gem. § 295 Abs. 1 BAO abgeändert weil das FA Melk zu StNr. 111/1111 (nunmehr StNr. 222/2222 beim FA Amstetten, Melk, Scheibbs) am einen geänderten Feststellungsbescheid erlassen hatte. Die gegen diesen ESt-Bescheid 2000 vom eingebrachte Berufung vom wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen. Die Berufung gegen den Feststellungsbescheid vom wurde mit Berufungsentscheidung vom als gegen einen Nichtbescheid gerichtet als unzulässig zurückgewiesen.
- In der Folge erließ das FA Amstetten, Melk, Scheibbs zu StNr. 222/2222 am einen neuerlichen Feststellungsbescheid für 2000. Daher wurde mit Bescheid vom der ESt-Bescheid 2000 für NN vom gem. § 295 Abs. 1 abgeändert. Die Berufung gegen den Feststellungsbescheid vom wurde mit Berufungsentscheidung vom als gegen einen Nichtbescheid gerichtet als unzulässig zurückgewiesen.
- Am beantragte NN die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 lit. b BAO.
- Am erließ das FA Amstetten, Melk, Scheibbs zu StNr. 222/2222 einen neuerlichen Feststellungsbescheid für 2000, gegen welchen 2010 neuerlich Berufung erhoben wurde.
- Am erließ das FA Waldviertel zwei Bescheide nämlich den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO sowie einen neuerlichen ESt-Bescheid 2000 in welchem der Feststellungsbescheid des FA Amstetten, Melk, Scheibbs zu StNr. 222/2222 vom Berücksichtigung fand.
- Dieser Wiederaufnahmebescheid vom erwuchs in Rechtskraft.
Gegen den Einkommensteuerbescheid vom erhob die Bf. ein Rechtsmittel, welchem mittels Berufungsentscheidung vom stattgegeben wurde und der Bescheid wegen Eintritts der Bemessungsverjährung ersatzlos aufgehoben wurde.

Der von der belangten Behörde an das BFG übermittelte Wiederaufnahmeantrag vom lautet auszugsweise:
Im Auftrag und in Vollmacht unseres Klienten ...beantragen wir hinsichtlich der
Einkommensteuer 2000 die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 lit. b BAO. .......Aufgrund einer Betriebsprüfung hat das Finanzamt Melk am einen Bescheid gem § 188 BAO erlassen.....Dazu erfolgte am der korrespondierende gem § 295 Abs. 1 BAO abgeleitete Einkommensteuerbescheid 2000.....
Der Unabhängige Finanzsenat Wien hat in seiner Entscheidung vom
....erkannt, dass der Feststellungsbescheid vom .....als Nichtbescheid zu
qualifizieren ist. Der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid vom wurde
damit in rechtswidriger Weise ......ersetzt.
....
Am hat das Finanzamt Melk neuerlich einen Feststellungsbescheid 2000 erlassen, gegen den abermals das Rechtsmittel der Berufung eingelegt wurde. Mit Bescheid des UFS... vom .....wurde erneut festgestellt, dass der dem Einkommensteuerbescheid 2000 zugrunde liegende Feststellungsbescheid....keine Rechtswirkungen entfalten kann.
....
Da die Feststellungsbescheide ..... als Nichtbescheide qualifiziert wurden, sind alle gem. § 295 Abs. 1 BAO abgeleiteten Einkommensteuerbescheide, mit Ausnahme des Erstbescheides vom , rechtswidrig und sind daher bis zum Ursprung aus dem Rechtsbestand zu entfernen.
Die Qualifizierung des Feststellungsbescheides als Nichtbescheid durch den Unabhängigen Finanzsenat ....vom stellt eine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b. BAD dar und ist als tauglicher Wiederaufnahmegrund zu qualifizieren.

Wenn selbst der bescheiderlassenden Behörde die Tatsache nicht bekannt gewesen ist, dass der Grundlagenbescheid nicht über Bescheidcharakter verfügte, so kann diese Tatsache im Verhältnis zum Rechtsunterworfenen nur als „neu hervorgekommen" gelten. Innerhalb der gesetzlichen 3-Monatsfrist wird § 303 Abs. 1 lit. b BAO beantragt, da den
Wiederaufnahmewerber kein grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung dieses
Umstandes im abgeschlossenen Verfahren trifft. Diese Rechtsansicht wird durch eine Erledigung des Bundesministeriums für Finanzen vom (SWK 33/2005, S 926) geteilt.
Allenfalls regen wir an, dass das Finanzamt die Einkommensteuer 2000 von Amts wegen wieder aufnehmen (§ 303 Abs. 4 BAO) möge. Wie oben bereits dargelegt, sind Tatsachen neu hervorgekommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und deren Kenntnis einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die Wiederaufnahme von Amts Wegen ist kein einseitig fiskalisches Instrument, sondern
notwendige Maßnahme zur Verwirklichung des Zieles, ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis zu erzielen () und somit dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Demgemäß ist die Wiederaufnahme selbst nach Ansicht des BMF auch zu Gunsten der Partei zu verfügen ( AÖFV 2006/ 192, Pkt. 3.2. dritter Satz).
Richtungsweisend für diese Entwicklung ist die Entscheidung des
B 785/89, VfSig 12.566, die zu Sinn und Zweck der amtswegigen Wiederaufnahme folgende bemerkenswerte Aussage enthält: „Die Wiederaufnahme des Verfahrens öffnet den Weg, eine durch Bescheid erledigte Rechtssache in einem neuerlichen Verfahren sachlich zu prüfen, wenn der betreffende Bescheid durch neu hervorgekornmene Umstände gewichtiger Art in seinen Grundlagen erschüttert ist.“
Wir ersuchen um Stattgabe unseres Antrages bzw. regen eine amtswegige Wiederaufnahme an und bitten um Entfernung aller rechtswidrig nach § 295 Abs. 1 BAD abgeleiteten Einkommensteuerbescheide 2000 bis hin zum Ursprung, sodass ausschließlich der Einkommensteuerbescheid 2000 vom (Erstbescheid) rechtsgültig verbleibt.

Wie oben dargestellt, erledigte das FA diesen Antrag vom mittels Wiederaufnahmebescheid vom , welcher seitens des Bf. unbekämpft in Rechtskraft erwuchs (siehe auch diesbezügliche Sachverhaltsfeststellungen in RV2879-W/10 v. ).

Gemäß § 85a BAO sind die Abgabenbehörden verpflichtet, über Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden. Gemäß § 284 Abs. BAO kann die Partei wegen Verletzung der Entscheidungs­pflicht Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungs­gericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntge­geben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

Anbringen iSd § 85 BAO sind Eingaben zur Erfüllung von Pflichten und zur Geltendmachung von Rechten. Für die Beurteilung von Anbringen kommt es nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf das erkennbare Ziel des Parteischrittes an (; , 2006/17/0360; , 2009/15/0152; , 2010/17/0053, 0054). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes sind Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungs­wert auszulegen, d.h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss ().

Nach § 303 Abs. 1 idF vor BGBl. I Nr. 14/2013 (alte Fassung, aF) ist einem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und ua eine neue Tatsache vorliegt.

§ 303 Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 14/2013 (neue Fassung, nF) lautet auszugsweise: Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn......

Aus der Formulierung der Bestimmung ist sowohl in der aF als auch in der nF ersichtlich, dass ein Antrag auf Wiederaufnahme die formelle Rechtskraft eine Bescheides voraussetzt () zumal nicht ein Bescheid, sondern ein Abgabenverfahren wieder aufgenommen werden soll. Ein Wiederaufnahmeantrag kann sich daher nur gegen einen im Zeitpunkt der Antragstellung im Rechtsbestand befindlichen Bescheid richten um dieses Verfahren durch einen anderen Bescheid zu beenden. Die Wiederaufnahme führt zur gänzlichen Beseitigung jenes Bescheides, durch den das wiederaufgenommene Verfahren seinerzeit abgeschlossen wurde ().

Ein Antrag auf Wiederaufnahme eines zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Rechtsbestand befindlichen Bescheides ist daher ein unzulässiges Anbringen.

Der damalige Antragsteller, der mittlerweile verstorbene NN, beantragte die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2000, welches zum Antragszeitpunkt durch den Einkommensteuerbescheid vom erledigt war. In der Begründung seines Antrag bezieht er sich ausdrücklich auf die Entscheidung des zur Nichtwirksamkeit des Grundlagenbescheides, welche als neue Tatsache die beantragte Wiederaufnahme rechtfertige. In seiner Begründung verweist der Antragsteller zudem auf die Judikatur des VfGH (VfGH , B 785/89 ), dass die Wiederaufnahme des Verfahrens den Weg öffnet, eine durch Bescheid erledigte Rechtssache in einem neuerlichen Verfahren sachlich zu prüfen.

Der in der Begründung des Wiederaufnahmeantrages dargestellte bisherige Verfahrensgang und Anführung der (zu diesem Zeitpunkt nicht im Rechtsbestand befindlichen, rechtswidrigen) Vorbescheide, verbunden mit der Anregung einer allfälligen amtswegigen Wiederaufnahme bzw. der "Bitte" alle rechtswidrigen Bescheide zu beseitigen, lassen erkennen, dass der damalige Antragsteller rechtsrichtig die Wiederaufnahme des durch den Bescheid vom formell rechtskräftigen abgeschlossenen Verfahrens Einkommensteuer 2000 beantragte. Der diesem Antrag entsprechende Wiederaufnahmebescheid vom  wurde vom Antragsteller nicht bekämpft und erwuchs daher in Rechtskraft.

Der Antrag lautet eindeutig auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit einer entsprechenden Darstellung des Verfahrensablaufes im Rahmen der Begründung. Das Ziel des Antrages war die neuerliche Durchführung des Abgabenverfahrens betreffend Einkommensteuer 2000 nach Beseitigung des im Rechtsbestand befindlichen und rechtswidrigen, abgeleiteten Einkommensteuerbescheides vom . Es ist dem damaligen Antragsteller aufgrund des obigen Antragstextes nicht zu unterstellen, zusätzlich zu seinem zulässigen Wiederaufnahmeantrag weitere, unzulässige Anträge gestellt zu haben, welche durch das FA bescheidmäßig zurückzuweisen gewesen wären. Die Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufes verbunden mit den Hinweisen auf den fehlenden Bescheidcharakter der Grundlagenbescheide und die sich daraus ergebende Rechtswidrigkeit von zT nicht mehr im Rechtsbestand befindlichen Bescheiden stellen in Verbindung mit den rechtlichen Ausführungen die Begründung des Wiederaufnahmeantrages aber keinen gesonderten Antrag dar, über welchen seitens der belangten Behörde abzusprechen gewesen wäre.

Die diesbezüglichen Ausführungen in der Säumnisbeschwerde bilden den Versuch, dem damaligen Antrag einen zusätzlich Inhalt zu unterstellen, welcher aus der Antragstextierung und der Gesetzeslage objektiv nicht ableitbar ist. Die belangte Behörde ist nicht gehalten einem eindeutigen Antrag im Rahmen einer (wohl überschießenden) Interpretation zusätzliche, zudem im Antragszeitpunkt unzulässige, Anträge zu unterstellen um diese sodann bescheidmäßig als unzulässig zurückzuweisen.

Demgemäß entschied das FA über den einzig möglichen, zulässigen und eindeutig ersichtlichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens Einkommensteuer 2000 und verfügte diese mit Bescheid vom  womit der Entscheidungspflicht hinsichtlich des Antrages vom vollinhaltlich entsprochen wurde. Der Wiederaufnahmebescheid erwuchs unbekämpft in Rechtskraft und befindet sich noch immer im Rechtsbestand. Der Antrag vom wurde somit erledigt.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der nach Wiederaufnahme des Verfahrens erlassene Einkommensteuerbescheid 2000 vom wegen eingetretener Verjährung zu kassieren war bzw. der nunmehr verfahrensabschließende Bescheid ebenfalls von einem Nichtbescheid abgeleitet und damit objektiv rechtswidrig ist. Die Kassation des Abgabenbescheides vom - welcher das wiederaufgenommene Verfahren abschloss - wirkt sich nicht auf die mit gesondertem Bescheid vom  erfolgte Erledigung des Wiederaufnahmeantrages aus. Sie lässt auch keine bis dahin allenfalls gestellten aber unzulässigen Anträge aufleben oder nachträglich zulässig werden.

Der Antrag vom beinhaltet auch keine noch zu erledigenden Eventualanträge. Das Wesen eines Eventual­antrages liegt nämlich darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primär­antrag erfolglos bleibt ( ; , 2000/16/0624; , 2003/17/0002), sodass der Eventual­antrag dann gegenstandslos wird, wenn dem Primär­antrag (hier Antrag auf Wiederaufnahme) stattge­geben wurde ( , ZfVB 1992/6/2162).

Anregungen zur amtswegigen Wiederaufnahme unterliegen nach herrschender Rechtsansicht nicht der Entscheidungspflicht (; Ritz, BAO 2014, § 303 Rz 2).

Nach § 284 Abs. 7 lit. b BAO ist § 260 Abs 1 lit. a BAO sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist eine Beschwerde ist mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist. Ein Säumnisbeschwerde ist daher zurückzuweisen, wenn überhaupt keine Entscheidungs­pflicht besteht oder diese erloschen ist, etwa weil der maßgebende Antrag weitergeleitet wurde () bzw. der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt bereits vor Einbringung der Säumnisbeschwerde entsprochen wurde.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Streitfall liegt soweit ersichtlich keine Judikatur vor, welche die hier zu lösende Rechtsfrage zum Inhalt hat. Es erscheint zwar unwahrscheinlich, aber dennoch denkbar, dass der Verwaltungsgerichtshof in Ansehung der geänderten Rechtslage zu § 303 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 14/2013 iVm § 304 lit. b BAO idF FVwGG 2012 und einzelner in der Literatur geäußerter Rechtsansichten (zB Beiser, ÖStZ 2013, 476; Schwaiger SWK 17/2015) zu einer anderen Lösung gelangt als das Bundesfinanzgericht. Demgemäß ist eine Revision gegen diesen Beschluss zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RS.7100196.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at