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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.12.2015, RV/7101183/2011

Eventualantrag auf Wiedereinsetzung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache der BF, ADR, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Porzellang. 51, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr.***, StNr.*** betreffend Wiedereinsetzung zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid vom , mit dem der – in eventu eingebrachte - Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen wurde, wird wegen Unzuständigkeit aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensablauf

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für den Abtretungsvertrag vom mit der BANK die Gebühr gemäß § 33 TP 21 GebG gegenüber der BF (kurz Bf.) mit 0,8% von € 6.594.955,59 = € 52.759,64 fest.

Zur Begründung verwies das Finanzamt auf die gesondert ergehende Begründung.

Nach den im Bemessungsakt des Finanzamtes befindlichen Rückscheinen erfolgte die Zustellung des Bescheides an die Bf. am , die Zustellung der gesonderten Begründung am .

Mit am zur Post gegebenem Schriftsatz beantragte die steuerliche Vertreterin der Bf. die Verlängerung der Berufungsfrist bis zum . In diesem Schriftsatz wird ausgeführt, dass die Zustellung des Bescheides am erfolgt sei.

Mit Zurückweisungsbescheid vom wies das Finanzamt die Eingabe der Bf. vom betreffend Verlängerung der Berufungsfrist zurück. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Zurückweisung erfolge, weil die Eingabe nicht fristgerecht eingebracht worden sei. Der Gebührenbescheid vom sei am mit RSb übernommen worden. Die Bescheidbegründung vom sei am mit RSb übernommen worden. Die Berufungsfrist sei am abgelaufen.

Gemäß § 110 Abs. 3 BAO sei gegen die Ablehnung eines Antrages auf Verlängerung einer Frist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

Mit Schriftsatz vom , eingebracht beim Finanzamt am , beantragte die Bf. einerseits die Aufhebung des Gebührenbescheides vom nach § 299 BAO und anderseits, falls dem Antrag auf Aufhebung nach § 299 BAO nicht stattgegeben werden sollte, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wobei gleichzeitig die versäumte Handlung (Einbringung der Berufung) nachgeholt wurde.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lautet wie Folgt:

"Sollte unserem Antrag auf Aufhebung des im Betreff bezeichneten Bescheids nach § 299 BAO nicht statt gegeben werden, beantragen wir im Namen und Auftrag unserer Mandantin hinsichtlich des im Betreff bezeichneten Bescheids die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

Begründung:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird beantragt, da die Berufungsfrist für den im Betreff bezeichneten Bescheid versäumt wurde. Die Frist wurde versäumt, da die Begründung des im Betreff bezeichneten Bescheids zwar am übernommen, die Übernahme aber irrtümlich von einer Sekretärin unserer Mandantin mit vermerkt und der Fristenlauf entsprechend berechnet wurde. Da die betreffende Sekretärin sonst zuverlässig ist, das falsche Vermerken einer Frist oder vergleichbare Fehler zuvor nicht erfolgt sind und durch ein Posteingangsbuch grundsätzlich die korrekte Erfassung der Eingangspost und daraus abgeleitet des Fristenlaufs sichergestellt ist, trifft unsere Mandantin kein Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist (vgl zum Auswahlverschulden zB Ritz, BA03 § 308 Rz 17 - auf das Verschulden der Sekretärin kommt es in diesem Zusammenhang nicht an). Wir weisen auch darauf hin, dass bei der Beurteilung des Verschuldens jener Personen, die keine rechtskundigen Parteienvertreter sind (somit auch bei der Beurteilung des Verschuldens unserer Mandantin), nach der Rechtsprechung ein weniger strenger Maßstab anzulegen ist (vgl Ritz, BA03 §308 Rz 15 mit weiteren Nachweisen).

Den steuerlichen Vertreter trifft ebenfalls kein Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist, da ihr von der Mandantin der als Übernahmezeitpunkt des Schreibens mitgeteilt wurde und keine Anhaltspunkte bestanden, die geeignet gewesen wären, Zweifel an der Richtigkeit dieser Angabe zu begründen (die Begründung des im Betreff bezeichneten Bescheids war mit keinem Eingangsstempel versehen). Allein die Tatsache, dass das Fristverlängerungsansuchen gegen Ende der gedanklich am beginnenden Berufungsfrist gestellt wurde, begründet kein Verschulden (vgl Ritz, BA03 § 308 Rz 17.)

Den Bescheid vom ( ErfNr.*** ), mit dem der Antrag unserer Mandantin auf Verlängerung der  Berufungsfrist für den im Betreff bezeichneten Bescheid zurückgewiesen wurde, hat der steuerliche Vertreter am erhalten und damit Kenntnis von der Versäumung der Berufungsfrist erlangt. Der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag erfolgt somit fristgerecht.

Da somit die Voraussetzungen des § 308 BAO vorliegen, beantragen wir die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich des im Betreff bezeichneten Bescheids."

Am erließ das Finanzamt insgesamt 3 Bescheide gegenüber der Bf.

1. Bescheid über die Abweisung des Antrages gemäß § 299 Abs. 1 BAO

2. Bescheid über die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages

3. Bescheid über die Zurückweisung der Berufung gegen den Gebührenbescheid

Die Begründung des Bescheides, mit dem der Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen wurde, lautet wie Folgt:

"Die Büroorganisation muss sehr sorgfältig organisiert sein. Dazu gehören insbesondere die genaue Vormerkung von Fristen und unbedingt die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens auszuschließen sind.

Von seiten des steuerlichen Vertreters erfolgte die Übernahme der Fristenberechnung einer nicht rechtskundigen Sekretärin der Firma ohne weitere Kontrolle.

Das Fehlen solcher entsprechender Kontrollmaßnahmen in der Büroorganisation ist als ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzusehen.

Gerade die Frist zur Einbringung einer Berufung bzw. zur Einbringung eines Ansuchens um Fristverlängerung zur Einbringung einer Berufung bedarf einer besonderen Überwachungspflicht."

Am brachte die Bf. sowohl gegen den Bescheid, mit dem der Antrag nach § 299 BAO abgewiesen wurde als auch gegen den Bescheid, mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, Berufung ein und beantragte jeweils die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 284 BAO, falls die Berufung dem UFS vorgelegt werden sollte.

Die Berufungen betreffend Wiedereinsetzung enthält folgende Begründung:

"Unserer Mandantin wurde mit Gebührenbescheid vom bzw (Begründung) Zessionsgebühr in Höhe von EUR 52.759,64 vorgeschrieben. Mit Bescheid vom wurde der Antrag unserer Mandantin auf Verlängerung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Die Frist wurde versäumt, da die Begründung des Gebührenbescheids zwar am übernommen, die Übernahme aber irrtümlich von einer Mitarbeiterin der Buchhaltung unserer Mandantin mit vermerkt und der Fristenlauf entsprechend berechnet wurde.

Unsere im Betreff genannte Mandantin verfügt über eine sorgfältige Büroorganisation, die auch das lückenlose erfassen der Eingangspost sowie die Berechnung und Evidenzierung allfälliger sich aus der Eingangspost ergebener (Rechtsmittel)Fristen umfasst. Die mit diesen Agenden betraute Mitarbeiterin der Buchhaltung war bis zu diesem Zeitpunkt stets zuverlässig und gewissenhaft. Es bestanden somit bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit der Mitarbeiterin der Buchhaltung über das übliche Ausmaß hinaus zu kontrollieren, zu hinterfragen und zu überprüfen wäre. Auf Grund des Nationalfeiertages am 26.10. erscheint ein längerer Postweg auch nicht unplausibel oder ungewöhnlich, so dass die Erfassung des Schriftstückes als Posteingang am auch nicht zu besonderem Misstrauen und besonderen Überprüfungshandlungen Anlass geben musste.

Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurde aus dem Verhalten sowie aus häufigen Arztbesuchen und langdauernden Krankenständen ersichtlich, dass sich bereits zu diesem Zeitpunkt der weitere Verlauf der unheilbaren Krankheit an der die Mitarbeiterin erkrankt ist, abgezeichnet hatte woraus schwere körperliche und psychische Beschwerden resultieren. Nach einem fast zwei Monate dauernden Krankenstand beendete die Mitarbeiterin das Dienstverhältnis. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint das Versehen der Mitarbeiterin der Buchhaltung ein Schriftstück nicht am 25.10., sondern am ersten darauffolgenden Arbeitstag, dem 27.10. als Posteingang zu erfassen, als entschuldbar.

Da die betreffende Mitarbeiterin der Buchhaltung bis zu diesem Zeitpunkt stets zuverlässig war, das falsche Vermerken einer Frist oder vergleichbare Fehler zuvor nicht erfolgt sind und durch ein Posteingangsbuch grundsätzlich die korrekte Erfassung der Eingangspost und daraus abgeleitet des Fristenlaufs sichergestellt ist, trifft unsere Mandantin kein Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist (vgl zum Auswahlverschulden zB Ritz, BA03 § 308 Rz 17 - auf das Verschulden der Mitarbeiterin der Buchhaltung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an). Wir weisen auch darauf hin, dass bei der Beurteilung des Verschuldens jener Personen, die keine rechtskundigen Parteienvertreter sind (somit auch bei der Beurteilung des Verschuldens unserer Mandantin), nach der Rechtsprechung ein weniger strenger Maßstab anzulegen ist (vgl Ritz, BA03 §308 Rz 15 mit weiteren Nachweisen).

Den steuerlichen Vertreter trifft ebenfalls kein Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist, da ihr von der Mandantin der als Übernahmezeitpunkt des Schreibens mitgeteilt wurde. Die für den Fristenlauf maßgebliche Bescheidbegründung (datiert mit ) trägt keinen Eingangsstempel wodurch der steuerliche Vertreter den Beginn der Berufungsfrist nur auf Basis der Auskünfte der Mandantin ermitteln konnte. Für die steuerliche Vertreterin bestanden keine Anhaltspunkte, die geeignet gewesen wären, Zweifel an der Richtigkeit über die Angabe des Zustellzeitpunktes zu wecken. Anders als in der Begründung des im Betreff bezeichneten Bescheides angeführt, wurde nicht die "Fristberechnung einer nicht rechtskundigen Sekretärin der Firma oder weitere Kontrolle" übernommen. Das Fristende wurde selbstverständlich vom steuerlichen Vertreter ermittelt. Dies konnte nur auf Basis des vom Mandanten mitgeteilten Zustelldatums erfolgen. Sehr wohl wurde bei Erfassung der Berufungsfrist in der Fristevidenz geprüft, ob das angegebene Zustelldatum plausibel ist im Hinblick auf Frist zwischen Bescheidausstellungs- und Bescheidzustellungsdatum und ob es sich beim angegebenen Zustelltag um einen Werktag handelt. In Hinblick darauf, dass es sich beim angegebenen Zustelltag um einen Werktag nach einem Feiertag handelt und unter diesen Umständen ein längerer Postweg üblich erscheint, bestanden für die steuerliche Vertreterin bei Erfassung der Fristevidenz keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem genannten Zustelldatum nicht um das tatsächliche Zustelldatum handelt.

Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass der steuerliche Vertreter "auffallend sorglos" (vgl Ritz, BA03 § 308 Rz 15) gehandelt hat, was aber Voraussetzung dafür wäre, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu versagen. Allein die Tatsache, dass das Fristverlängerungsansuchen gegen Ende der gedanklich am beginnenden Berufungsfrist gestellt wurde, begründet kein Verschulden (vgl Ritz,BA03 § 308 Rz 17.)

Den Bescheid vom , mit dem der Antrag unserer Mandantin auf Verlängerung der Berufungsfrist zurückgewiesen wurde, hat der steuerliche Vertreter am erhalten und damit Kenntnis von der Versäumung der Berufungsfrist erlangt. Der Wiedereinsetzungsantrag erfolgte fristgerecht am .

Da somit die Voraussetzungen des§ 308 BAO vorliegen, beantragen wir, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

Nachholung der versäumten Handlung

Nachdem der Antragsteller nach § 308 Abs 3 BAO mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen hat, übersenden wird zugleich folgende Berufung:

…."

Das Finanzamt legte ua. die Berufung betreffend Wiedereinsetzung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor und gab im Vorlagebericht (der in Kopie auch der Bf. übermittelt wurde) folgende Stellungnahme zum Berufungsvorbringen ab:

"Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind die Versäumung einer Frist, ein hiedurch entstandener Rechtsnachteil, ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, kein grobes Verschulden sowie ein rechtzeitiger Antrag.
Auf Seite der Partei darf kein Verschulden der Fristversäumung vorliegen, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht. Der VwGH hat in seiner Rechtsprechung wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die Büroorganisation sehr sorgfältig organisiert sein muss. Dazu gehört insbesondere die genaue Vormerkung von Fristen und unbedingt die Vorsorge durch entsprechende Kontrolle, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens auszuschließen sind. Neben Vorsorgepflichten durch Einrichtung einer entsprechenden Kontrollorganisation treffen den Parteienvertreter auch Überwachungspflichten. Die Unterlassung der Ausübung dieser Verpflichtung bedeutet ein Überwachungsverschulden. Auch die Büroorganisation von Gebietskörperschaften oder Kapitalgesellschaften muss in gleicher Weise wie eine Rechtsanwaltskanzlei den Mindesterfordernissen einer sorgfältigen Organisation entsprechen.
In der Berufung wird ausgeführt, dass die für den Fristenlauf maßgebliche Bescheidbegründung keinen Eingangsstempel trägt. Der Gebührenbeschied wurde nachweislich am zugestellt. Auch wenn im Bescheid auf die gesonderte ergehende Begründung verwiesen wird, wäre eine "vorläufige" Fristenberechnung möglich gewesen. Darüber hinaus wurde in der Folge die am zugestellte Bescheidbegründung mit keinem Eingangsstempel versehen und im Fristenbuch mit Eingangsdatum eingetragen. Aus der Abfolge dieser Ereignisse kann von keinem minderen Grad des Versehens gesprochen werden, sodass die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen."

Am war die Berufung betreffend Wiedereinsetzung beim unabhängigen Finanzsenat anhängig und ist daher die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und ist die Rechtssache als Beschwerde im Sinne des Art 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Vom Geschäftsverteilungsausschuss wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung 1062 zur Erledigung zugewiesen.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gab das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/7101184/2011 der Bescheidbeschwerde betreffend Abweisung des Antrages nach § 299 BAO Folge und wurde der Bescheid insofern abgeändert, als dem Antrag vom auf Bescheidaufhebung Folge gegeben und der Gebührenbescheid vom aufgehoben wurde.

II. Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 308 Abs. 3 BAO muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Abgabenbehörde, bei der die Frist wahrzunehmen war, bei Versäumung einer Berufungsfrist oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 276 Abs. 2) bei der Abgabenbehörde erster oder zweiter Instanz eingebracht werden. Spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag hat der Antragsteller die versäumte Handlung nachzuholen.

Gemäß § 309a Abs. 1 BAO hat der Wiedereinsetzungsantrag zu enthalten:
a) die Bezeichnung der versäumten Frist;
b) die Bezeichnung des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses;
c) die Angaben, die zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Fristversäumung notwendig sind;
d) die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrags notwendig sind.

Entspricht der Wiedereinsetzungsantrag nicht diesen Erfordernissen, so hat die Abgabenbehörde dem Antragsteller die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass der Antrag nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt (§ 309a Abs. 2 BAO).

Wiedereinsetzungsanträge sind auch als Eventualanträge zulässig, zB "nur für den Fall der Verspätung der Berufung" (vgl. ).

Über einen Eventualantrag darf erst dann entschieden werden, wenn der Bescheid, mit welchem dem Primärantrag nicht stattgegeben wird, in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. ; ; uam). Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (vgl. ; ).

Im gegenständlichen Fall beantragte die Bf. einerseits die Aufhebung des Gebührenbescheides vom nach § 299 BAO und anderseits, falls dem Antrag auf Aufhebung nach § 299 BAO nicht stattgegeben werden sollte, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Es liegt daher hier ein Hauptantrag (Antrag nach § 299 BAO) und ein Eventualantrag (Antrag auf Wiedereinsetzung) vor. Die Behörde erster Instanz hätte daher zunächst über den Primärantrag der Bf. bescheidmäßig abzusprechen gehabt und erst nach der rechtskräftigen Abweisung des Hauptantrages über den Antrag auf Wiedereinsetzung erkennen dürfen. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides lag die Voraussetzung der Rechtskraft im Verfahren nach § 299 BAO nicht vor und wurde der Bescheid im Verfahren betreffend Wiedereinsetzung daher mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet.

Auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass das Verwaltungsgericht idR auf Grund der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu entscheiden hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Durch die mittlerweile erfolgte stattgebende Erledigung des Hauptantrages durch die Entscheidung ist nach wie vor jene Bedingung, unter der der Wiedereinsetzungsantrag gestellt wurde, nicht eingetreten.

Der Bescheid betreffend Wiedereinsetzung war daher wegen Unzuständigkeit aufzuheben.

III. Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht folgte in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7101183.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at