Vorsteuererstattung für Kfz-Reparaturen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter X.Y. in der Beschwerdesache Bf. gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend Erstattung von Vorsteuern für 1-12/2011 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung aufgehoben. Die Vorsteuern werden mit 241,21 Euro erstattet.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit elektronischem Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer (Bf.) als ausländischer Unternehmer ohne Sitz und Betriebsstätte im Inland Vorsteuern in Höhe von 241,21 €.
Im angefochtenen Bescheid wurde der Erstattungsbetrag mit 0 Euro festgesetzt und darauf hingewiesen, dass die mit der Anschaffung (Herstellung), der Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern im Zusammenhang stehenden Lieferungen und sonstigen Leistungen nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten und die erklärte Vorsteuer daher berichtigt werde. Weiters sei bei Sequenznummer 1 die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer oder Steuerregisternummer des Lieferers oder Dienstleistungserbringers unbekannt oder für den betreffenden Zeitraum ungültig. Bei Sequenznummer 2 bestehe für die erworbenen Gegenstände oder Dienstleistungen auf Grund der Geschäftstätigkeit des Bf. (Code 4799: Sonstiger Einzelhandel, nicht in Verkaufsräumen, an Verkaufsständen oder auf Märkten) kein Anspruch auf Vorsteuererstattung.
In seiner Berufung/Beschwerde führt der Bf. durch seine steuerliche Vertreterin aus, als Handelsvertreter im Fenster- und Türenhandel tätig zu sein und sich bei dieser Tätigkeit auch in Österreich aufzuhalten. Der Berufung waren eine Aufstellung der Treibstoffrechnungen und Rechnungsabschriften mit Angabe der Umsatzsteueridentifikationsnummern angefügt.
In seiner Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung unter Hinweis auf die einschränkenden Bestimmungen der innerstaatlichen Regelungen über den Vorsteuerabzug für Kraftfahrzeugaufwendungen die Berufung als unbegründet ab.
In seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung führt der Bf. nochmals aus, als Handelsvertreter für Fenster und Türen tätig zu sein und die beanspruchten Vorleistungen unternehmerisch bezogen zu haben. In einem Ergänzungsschreiben weist er darauf hin, für die Fahrten einen Mercedes Benz Sprinter 213 (Kastenwagen) verwendet zu haben, der entsprechend der Liste des BMF vorsteuerabzugsberechtigt sei. Dem Schriftsatz war eine Rechnung über den Ankauf des Fahrzeuges angeschlossen. In einem ergänzenden Email übersandte der Bf. auch ein Foto des Fahrzeuges, wo dieses mit einem zweiachsigen Anhänger abgebildet ist. In der weiteren Folge forderte das Finanzamt den Bf. per Email auf, die Originalbelege und eine Abschrift des Fahrzeugbriefes vorzulegen.
Mit Vorlagebericht wurde die Berufung/Beschwerde dem damaligen Unabhängigen Finanzsenat/Bundesfinanzgericht zur weiteren Entscheidung vorgelegt und (nunmehr) lediglich ausgeführt, dass Reparaturleistungen – B2B (Umsätze zwischen Unternehmern) strittig seien. Dieser Hinweis bezog sich offenbar auf die Rechnung eines Kfz Handels- und Servicebetriebes, wo für eine Autoreparatur 366,62 Euro (netto) verrechnet wurden, wobei 115,41 Euro auf Arbeitsleistungen, Entsorgung und 251,21 Euro auf (eingebaute) Ersatzteile entfallen.
Über Anfrage des Bundesfinanzgerichts (per Email) übersandte der Bf. u.a. den Fahrzeugbrief (in Ablichtung), aus dem hervorgeht, dass das Kraftfahrzeug vom Kreisverwaltungsreferat der Landeshauptstadt München nach den dortigen kraftfahrrechtlichen Vorschriften als „sonstiges Kraftfahrzeug Wohnmobil über 2,8t“ einstuft wurde.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Entsprechend dem Beschwerdevorbringen und den nachgereichten Unterlagen ist davon auszugehen, dass das vom Bf. verwendete Kraftfahrzeug der Marke Mercedes Benz (Daimler Chrysler) Sprinter 213 CDI nicht unter die einschränkenden Bestimmungen des Vorsteuerausschlusstatbestandes des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 fällt, weil es bereits nach § 5 der VO BGBl. Nr. 273/1996 als Kastenwagen eingestuft wurde und im Geltungsbereich der VO BGBl. II 193/2002 als Kleinbus anzusehen ist.
Was die nunmehrige Einwendung des Finanzamtes hinsichtlich der Reparaturrechnung anlangt, ist auszuführen, dass die Ortsbestimmung des § 3a Abs. 6 UStG (Empfängerortsprinzip) nicht zur Anwendung gelangt, wenn es sich um eine Lieferung handelt.
Ob eine Lieferung oder eine sonstige Leistung vorliegt, hängt ausschließlich davon ab, ob der Unternehmer bei der Be- oder Verarbeitung des beigestellten Gegenstandes Stoffe verwendet, die er selbst beschafft, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind. Diese Begriffe stammen aus dem deutschen bürgerlichen Recht (§ 651 BGB). Das ABGB kennt ebenfalls die Unterscheidung von Hauptsachen und Nebensachen (§ 294); Letztere werden als Zubehör bezeichnet. Die (rein) sachenrechtliche Unterscheidung ist für die Auslegung des § 3 Abs. 4 UStG 1994 jedoch nicht geeignet. Die Frage, ob ein Hauptstoff im Sinn des § 3 Abs. 4 vorliegt, ist danach zu entscheiden, ob dem verwendeten Stoff im Hinblick auf den vereinbarten Leistungsinhalt nach der Verkehrsauffassung eine ausschlaggebende wirtschaftliche Bedeutung zukommt (ähnlich 418/63, Slg 3205 F; , 83/15/0083, ÖStZB 1985, 290). Die Praxis der Finanzverwaltung stellt vielfach auf Wertrelationen ab, so zB zur Reparatur von Kfz UStR Rz. 1067, wonach eine Lieferung dann vorliegt, wenn der auf die Bestandteile entfallende Entgeltsteil mehr als 50 % des Gesamtentgelts ausmacht [eher unreflektiert, Bürgler: in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON2.05 § 3 Rz. 151]), wobei diese weder von Lehre und Judikatur geteilt wird. Wertrelationen können allenfalls Anhaltspunkt im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sein (. Rs C-111/05 „Aktiebolaget NN“, Slg. I-2697). (vgl. Ruppe/Achatz, UStG 19944, § 3, Tz. 122).
Ob bei Reparaturen, Ausbesserungen und dergleichen (Werk-) Lieferung oder sonstige Leistung vorliegt, hängt nicht davon ab, ob ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit entsteht, sondern ob der Unternehmer mehr als bloße Zutaten oder Nebensachen verwendet (BFH , BStBl III 338). Daher ist der Bf. mit der zur Erstattung eingereichten Rechnung für die Reparatur des Fahrzeuges im Recht, weil nach Würdigung des wirtschaftlichen Gehalts von einer Lieferung von Gegenständen und nicht von einer sonstigen Leistung (zwischen Unternehmern) auszugehen ist.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3 Abs. 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Reparaturen Werklieferung Werkleistung vorsteuerabzugsberechtigtes Fahrzeug |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100150.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
EAAAC-09660