Selbstbehalt für Sondergebührenklasse keine außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. NN in der Beschwerdesache Bf, gegen den Bescheid des FA XYZ vom , St.Nr. 558/0245, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid 2012.
Verfahren
In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 beantragte die Beschwerdeführerin unter der Kennzahl 730 eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastungen (Krankheitskosten) in Höhe von 6.340,38 €.
Das Finanzamt anerkannte Krankheitskosten in Höhe von 6.166,38 € (nicht darin enthalten Aufwendungen für den Selbstbehalt der privaten Zusatzversicherung für Krankenhausaufenthalt von 805 € und für eine FSME-Titer-Bestimmung 19 €) als außergewöhnliche Belastungen, die um den Selbstbehalt von 2.730,56 € gekürzt wurden (Bescheid vom ).
In der am erhobenen Beschwerde ersuchte die Beschwerdeführerin um Berücksichtigung der nicht anerkannten Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab . Auf die Begründung wird verwiesen.
Mit Vorlageantrag vom beantragte die Beschwerdeführerin, ihre Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und ersuchte um Berücksichtigung des von der privaten Zusatzversicherung nicht übernommenen Selbstbehaltes von 805 € im Zuge eines Krankenhausaufenthaltes wegen einer Star-Operation an beiden Augen. Ein stationärer Aufenthalt für die beiden in kurzen Abständen zu erfolgenden Operationen an beiden Augen sei aufgrund ihrer Autoimmunerkrankung und Medikamentenunverträglichkeit medizinisch erforderlich gewesen. Auf die weiteren Ausführungen wird verwiesen. Der Vorlageantrag umfasst nicht mehr die Anerkennung der Kosten für die FSME-Titer-Bestimmung.
In weiterer Folge legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Festgestellter Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin unterzog sich im Landeskrankenhaus V einer Star-Operation an beiden Augen. Die beiden Operationen erfolgten im Rahmen eines stationären Aufenthaltes ( bis ) auf der Sonderklasse.
Der von der privaten Krankenversicherung nicht gedeckte Selbstbehalt belief sich auf 805 €. Mit Pflege-(Sonder-)Gebührenrechnung vom ersuchte das Landeskrankenhaus V die Beschwerdeführerin „für den stationären Aufenthalt auf Sonderklasse den oben angeführten Selbstbehalt (805 €) zu bezahlen“.
Beweiswürdigung
Die Tatsache des Krankenhausaufenthaltes auf Sonderklasse und die Höhe des Selbstbehaltes werden durch die Pflege-(Sonder-)Gebührenrechnung vom und den Bankbeleg vom belegt.
Rechtslage
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2).
Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3).
Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt (Abs. 4 1. Satz).
Rechtliche Erwägungen
Strittig ist, ob der durch die private Krankenversicherung nicht gedeckte Selbstbehalt als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen ist.
Die Erhaltung der Gesundheit gilt immer als zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 (vgl. Doralt, EStG, § 34 Tz 37). Aufwendungen, die durch eine Krankheit des Steuerpflichtigen verursacht werden, sind außergewöhnlich. Sie erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ; ; vgl. auch Jakom/Baldauf, EStG, 2015, § 34 Rz 90, Stichwort „Krankheitskosten“) können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung erwachsen, auch dann zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 anfallen, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt werden (LStR, § 34 Rz 902).
Diese Rechtsprechung ist auf Sonderklassegebühren uneingeschränkt anzuwenden, da durch den Entschluss eines Steuerpflichtigen, sich nicht in der allgemeinen Gebührenklasse eines Krankenhauses behandeln zu lassen, wesentlich höhere Kosten entstehen, welche eben nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen als zwangsläufig entstanden angesehen werden können. Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden ().
Zu untersuchen ist daher, ob für die gegenständliche stationäre Behandlung der Beschwerdeführerin am Landeskrankenhaus V auch triftige medizinische Gründe vorgelegen sind, die Sonderklasse (gegenüber der allgemeinen Gebührenklasse) in Anspruch zu nehmen.
Die Beschwerdeführerin gab als Grund an, dass ein stationärer Aufenthalt für die beiden in kurzen Abständen zu erfolgenden Operationen an beiden Augen aufgrund ihrer Autoimmunerkrankung und Medikamentenunverträglichkeit medizinisch erforderlich gewesen sei. Unabhängig davon, dass ein Nachweis der behaupteten gesundheitlichen Gründe nicht erbracht wurde, geht die Beschwerdeführerin lediglich von der Notwendigkeit eines stationären Aufenthaltes aus, nicht jedoch eines solchen auf einer Sonderklasse.
Die Sonderklasse unterscheidet sich von der allgemeinen Gebührenklasse durch eine höheren Ansprüchen entsprechende (insbesondere auch eine Menüwahl umfassende) Verpflegung, eine bessere Ausstattung der Krankenzimmer und die geringere Bettenanzahl in den Krankenzimmern (§ 45 Abs. 2 Oö. Krankenanstaltengesetz 1997). Hinsichtlich der medizinischen Versorgung besteht kein Unterschied zwischen Patienten der Sonderklasse und denjenigen der allgemeinen Gebührenklasse (vgl. ; ), da jedem Patienten, eingebettet in ein dichtgewebtes medizinisches Netz, die gleiche Behandlung nach dem Stand der Wissenschaft zusteht.
Von der Beschwerdeführerin wurde auch nicht behauptet, sie hätte bei einem Aufenthalt in der allgemeinen Gebührenklasse eine schlechtere medizinische Betreuung und Versorgung gegenüber einem stationären Aufenthalt in der Sonderklasse erfahren. Aus den dem Finanzamt vorgelegten Unterlagen ergibt sich kein Nachweis, dass die Durchführung der medizinischen Betreuung außerhalb der Sonderklasse zu ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte.
Da keine triftigen medizinischen Gründe für die Behandlung in der Sonderklasse nachgewiesen werden konnten, ist der dafür von der Privatversicherung nicht gedeckte Selbstbehalt von 805 € mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 abzugsfähig.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage, ob Sonderklassegebühren als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 abgezogen werden können, an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur (; ), wonach diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt werden müssen. Die Entscheidung hing im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab (Beweiswürdigung hinsichtlich der Frage, ob bei der Beschwerdeführerin eine Behandlung außerhalb der Sonderklasse zu ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte). Eine Revision ist daher unzulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Zitiert/besprochen in | Kittl in BFGjournal 2016, 126 Renner in RdM 2016/117 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.5100437.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at