Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.11.2015, RV/7102532/2015

Sicherstellung bei ausreichendem Vermögen laut zeitnaher Bilanz

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den_Senat im Beisein der Schriftführerin in der Beschwerdesache Bf., Anschrift, vertreten durch Rechtsanwalt_und_Steuerberater, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Sicherstellung gemäß § 232 BAO, vertreten durch den_Amtsbeauftragten, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Sicherstellungsauftrag vom ordnete das Finanzamt zur Sicherung der im Betriebsprüfungsverfahren festgestellten voraussichtlichen Nachforderungen an nachstehenden Lohnabgaben 2010-2014 im Betrag von insgesamt € 1.142.706,62 die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Beschwerdeführerin (Bf.) an:


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Abgabe
2014
2013
2012
2011
2010
Lohnsteuer
131.982,96
131.982,96
120.571,60
120.571,60
111.708,80
Dienstgeberbeitrag
98.242,25
98.242,25
96.010,53
96.010,53
94.261,08
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
8.732,64
8.732,64
8.534,27
8.534,27
8.588,24

Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 232 BAO nach Entstehung des Abgabenanspruches, aber noch vor Eintritt der Vollstreckbarkeit ein Sicherstellungsauftrag erlassen werden könne, um dadurch einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung zu begegnen. Dass im vorliegenden Fall der Anspruch auf die sicherzustellenden Abgaben bereits entstanden sei, ergebe sich aus den Bestimmungen des § 4 BAO.

Das Entstehen der im Spruch genannten Abgabenansprüche ergebe sich aus folgenden Umständen:

Auf Grund einer anonymen Anzeige, wonach im Bereich der Regalbetreuung der Handelskette XY DienstnehmerInnen im Rahmen von Werkverträgen beschäftigt werden würden, um die eigentlich als unselbstständige Tätigkeit anzusehende Betreuung von Kosmetikregalen zu übernehmen, seien am von Bediensteten der Finanzpolizei in der ShoppingCity Z. bei einer XY -Filiale und am ZZ. in Graz bei einer XY -Filiale je eine Kontrolle durchgeführt worden.

Dabei sei festgestellt worden, dass von der Bf. beauftragte Personen, nämlich Frau R.K. und Frau A.F. in der XY -Filiale in der ShoppingCity Z. und Frau F.P. und Frau G.P. in der XY -Filiale ZZ. in Graz als Regalbetreuerinnen tätig gewesen seien.

Mit den genannten Regalbetreuerinnen sei jeweils vor Ort ein Termin zur Niederschrift vereinbart worden. Diese Niederschriften seien in der Folge im Büro der Finanzpolizei Graz-Umgebung aufgenommen worden. Durch die niederschriftlich gemachten Angaben habe sich herausgestellt, dass es für jedes Bundesland einen sogenannten „Regionalen Leiter“ gebe. Für die Steiermark sei Herr E.T. mit dieser Funktion betraut. Mit Herrn E.T. seien ebenfalls Niederschriften aufgenommen worden.

In weiterer Folge habe durch die Erhebungen der Finanzpolizei festgestellt werden können, dass österreichweit RegalbetreuerInnen im Auftrag der Bf. unter Anderem bei XY -Filialen in ganz Österreich beschäftigt seien.

Die Personen würden vom Auftraggeber (Bf.) sozialversicherungs- und steuerrechtlich im Regelfall als „Selbständige“, mit gar keinem, falschen und/oder auch richtig lautenden Gewerbescheinen behandelt, andererseits als sogenannte „geringfügig freie Dienstnehmer“.

Im Zuge der Ermittlungen habe überdies festgestellt werden können, dass die Personen oftmals im Verbund, dies bedeute, je ein „Selbständiger“ und ein „geringfügig freier Dienstnehmer“ würden gemeinsam arbeiten und auch die selbe Tätigkeit verrichten. Bezahlt werde nach „Regalmetern“, wobei für einen Regalmeter die Richtzeit von einer Arbeitsstunde vorgegeben sei und dafür ein Stundensatz in Höhe von € 7,20 für einen „Selbständigen“ und € 6,00 für einen „geringfügig freien Dienstnehmer“ als Entgelt gewährt werde. Dies werde laut niederschriftlicher Aussage des Geschäftsführers, Herrn E. , so angenommen bzw. habe dieser die Regalbetreuertätigkeit selbst „ausprobiert“, um einen entsprechenden Stundenlohn festzulegen, welcher dann in weiterer Folge als „Regalmeterpreis“ an die RegalbetreuerInnen ausbezahlt werde.

Für sämtliche in dieser Art tätige Personen werde, egal ob „selbständig“ oder nicht, ein sogenanntes Stammdatenblatt erstellt. In diesen Stammdatenblättern würden die Kontaktinformationen der/s jeweiligen Mitarbeiters/-in eingetragen und in das firmeninterne EDV-System eingespielt. Auch die Abrechnungen würden über dieses firmeninterne System (POS-System) durchgeführt.

Es würden zwischen der Bf. und den selbständigen RegalbetreuerInnen offenbar keine Verträge in Schriftform existieren, sondern nur die bereits erwähnten Stammdatenblätter. Von den mit der Regalbetreuung betrauten Personen würden offenbar auch keine Rechnungen gelegt.

Von der Bf. werde ein Jahresplan erstellt und es würden sogenannte Touren geplant; dies bedeute, dass jedem/r RegalbetreuerIn bestimmte Filialen und Zeitfenster vorgegeben würden, in denen die anfallende Arbeit erledigt sein müsse. Bei Neueröffnungen oder Schließungen gebe es darüber hinaus Fixtermine, an welche die RegalbetreuerInnen gebunden seien.

Sämtliches Material stamme entweder von der Bf. (Regalteile etc.) oder der Firma XY (Kosmetik etc.). Retourwaren würden von den RegalbetreuerInnen mitgenommen und dem zuständigen Regionalmanager übergeben, dieser wiederum schicke die Ware nach Wiener Neudorf zur Bf.

Der „Regionale Leiter“ erfülle eine Vorgesetztenrolle und sei für die Suche von zukünftigen Arbeitskräften, für die Schulung der ihm unterstellten Personen, als deren Ansprechperson, für deren Kontrolle etc. verantwortlich. Die Tätigkeit des für das Bundesland Steiermark verantwortlichen Leiters, Herrn E.T. , sei ebenfalls als selbständige gewerbliche Tätigkeit dargestellt worden.

Bisher sei von der Finanzpolizei wie eingangs erwähnt nur in der Steiermark, Raum Graz und Umgebung bei XY -Filialen kontrolliert worden. Durch die Ermittlungen und durch niederschriftliche Aussagen des Geschäftsführers der Bf., Herrn E. , und dessen Vertretung stehe fest, dass die beschriebenen Tätigkeiten in dieser tatsächlichen Form und in dieser unzutreffenden rechtlichen Ausgestaltung in ganz Österreich und abgesehen von den XY -Märkten auch in anderen Einzelhandelsketten stattfinden würden.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG liege ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schulde. Dies sei der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers stehe oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet sei.

Die Legaldefinition enthalte zwei Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen würden, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers (). Das für die Arbeitnehmereigenschaft sprechende persönliche Weisungsrecht fordere einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit. Die persönlichen Weisungen seien auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspreche, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stelle (; ; ). So nehme das persönliche Weisungsrecht des Arbeitgebers etwa auf die Art der Ausführung der Arbeit, die Zweckmäßigkeit des Einsatzes der Arbeitsmittel, die zeitliche Koordination der zu verrichtenden Arbeiten, die Vorgabe des Arbeitsortes usw. Einfluss.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus sei im Sinne einer Abhängigkeit vom Auftraggeber zu verstehen (). Sie zeige sich etwa in der Vorgabe von Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers. Ein Tätigwerden nach den jeweiligen zeitlichen Gegebenheiten bringe eine Eingliederung in den Unternehmensorganismus zum Ausdruck ().

Die bisher getroffenen Feststellungen der Finanzpolizei würden klar darauf hindeuten, dass sowohl die mit der Regalbetreuung betrauten Personen wie auch die „Regionalen Leiter“ derart in einem tatsächlichen Verhältnis zur Bf. stünden, dass das Zutreffen der oben dargestellten aus der Judikatur entwickelten Beurteilungskriterien weitaus überwiegend vorliege. Für die RegalbetreuerInnen ergebe sich dies insbesondere aus den detailliert festgelegten örtlichen und zeitlichen Vorgaben (Jahresplan, geplante Touren, Fixtermine in bestimmten Märkten) und aus der zeitabhängigen Entlohnung (für den Regalmeter gebe es einen fixen Satz, welcher wie oben angeführt auf einer Stundenbasis errechnet worden sei). Die „Regionalen Leiter“ treffe darüber hinaus eine vorgegebene Zuständigkeit für Betreuungsregionen und damit für dort befindliche Einzelhandelsmärkte und letztlich für die dort regelmäßig zum Einsatz kommenden RegalbetreuerInnen. Die „Regionalen Leiter“ würden sich um Kernfunktionen und somit um unmittelbare betriebliche Abläufe der Bf. kümmern, nämlich das Akquirieren neuer MitarbeiterInnen, Schulung, Vorgesetztenfunktion und Überwachung.

Sowohl für die RegalbetreuerInnen wie auch für die „Regionalen Leiter“ sei daher in steuerrechtlicher Hinsicht (wirtschaftliche Betrachtungsweise gemäß § 21 BAO) von Dienstverhältnissen auszugehen.

Laut Niederschrift mit Herrn E. vom würden neben Herrn E.T. noch drei weitere „Regionale Leiter“ wie selbständig tätige UnternehmerInnen behandelt: Herr M.O. für Oberösterreich (ohne XY ), Frau A.U. für Oberösterreich ( XY ) und Frau S.S. für Kärnten ( XY ). Die übrigen „Regionalen Leiter“ würden hingegen den Tatsachen entsprechend als DienstnehmerInnen behandelt.

Nach der Aktenlage sei jedoch in den Jahren ab 2010 für zumindest einen Teil der in den Einzelhandelsfilialen ausführend tätigen Personen sowie für die bereits namentlich angeführten vier „Regionalen Leiter“ die erforderliche Sozialversicherungsanmeldung sowie die Einbehaltung und Abfuhr lohnabhängiger Abgaben (Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag) unterlassen worden.

Aus einer von der Bf. an die Finanzpolizei übermittelten Liste ergebe sich mit Stand März 2014 eine Gesamtanzahl von etwa 130 mit unterschiedlichen Gewerbescheinen in den Einzelhandelsfilialen eingesetzten Personen sowie von etwa 60 Personen ohne Gewerbeschein, welche als „geringfügig freie Dienstnehmer“ bezeichnet würden. Eine Überprüfung der bei der Abgabenbehörde aktuellen abgegebenen Lohnzettel für die Jahre 2013 und 2014 habe darüber hinaus ergeben, dass für den weitaus überwiegenden Teil der in dieser Liste angeführten Personen keine Lohnzettel vorhanden gewesen seien.

Folgende Abrechnungsbeträge seien im Rahmen der bisherigen Ermittlungen der Finanzpolizei zu Tage getreten:

- R.K.

Rechnung 01/2013 € 864,54
Rechnung 09/2013 € 752,05

- A.F.

Rechnung 01/2014 € 252,90
Rechnung 09/2013 € 115,20

- F.P.

Rechnung 01/2014 € 1.113,45
Rechnung 09/2013 € 1.449,94

- G.P. (als „geringfügig freie Dienstnehmer“ bezeichnet)

Rechnung 11/2013 € 370,50

- E.T. („Regionaler Leiter“ für die Steiermark)

Rechnung 02/2013 € 5.091,36
Rechnung 03/2013 € 5.908,50
Rechnung 07/2013 € 4.749,54
Rechnung 11/2013 € 6.373,58

Ausgehend von diesen Daten seien im Rahmen einer Schätzung gemäß § 184 BAO untenstehend die im Spruch genannten sicherzustellende Abgabenbeträge ermittelt worden. Für diese Schätzung seien aus den Erhebungsergebnissen folgende Grundannahmen getroffen worden:

  • Der rechnerische Durchschnitt der bisher bekannten monatlichen Abrechnungsbeträge der in den Einzelhandelsfilialen als Scheinselbständige eingesetzten Personen betrage in den Jahren 2013 und 2014 € 702,65.
     

  • Ein Drittel der in den Einzelhandelsfilialen eingesetzten Personen erhalte nach Maßgabe der geleisteten Arbeitszeit ein durchschnittliches Monatsentgelt von 157% des oben genannten Durchschnittsbetrages (dies entspreche bei einem Stundenentgelt von € 7,20 etwa einer Vollbeschäftigung), ein weiteres Drittel erhalte ein durchschnittliches Monatsentgelt von 100% des oben genannten Durchschnittsbetrages (Teilzeitbeschäftigte), das letzte Drittel („geringfügig freie Dienstnehmer“) ein durchschnittliches Monatsentgelt von 47% des oben genannten Durchschnittsbetrages Diese Drittelsegmentierung sei erforderlich, um die Nettolöhne (und um solche handle es sich angesichts der geringen Stundensätze) durch Aufrechnung der Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge auf Bruttolöhne zu korrigieren.
     

  • Österreichweit seien (auf Basis der zuvor genannten Liste) im Zeitraum 2010 bis 2014 etwa 190 Personen als Scheinselbständige unmittelbar in den Filialen eingesetzt worden.
     

  • Für die „Regionalen Leiter“, welche als selbständige UnternehmerInnen behandelt würden, seien die abgerechneten Entgelte des Herrn E.T. repräsentativ. Im Hinblick auf deren Höhe könne von einem Bruttolohn ausgegangen werden; ein durchschnittliches Monatsentgelt aus bisher bekannten monatlichen Abrechnungsbeträgen betrage im Jahr 2013 und 2014 € 5.530,75.
     

  • Für den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag würden im Hinblick auf den Sitz des Arbeitgebers die niederösterreichischen Prozentsätze angewendet.
     

  • Es sei über die Jahre 2010 bis 2014 eine Lohnsteigerung erfolgt.

Die Berechnung werde wie folgt dargestellt:


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Regalbetreuerinnen
2014
2013
2012
2011
2010
Summe


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Gesamtanzahl der Dienstnehmer Regalbetreuung

190

190

190

190

190
 
Drittel der Gesamtanzahl
63
63
63
63
63
 
Durchschnittliches Monatsentgelt (Basis)

702,65

702,65

690,00

690,00

680,00
 


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Monatsentgelt 157% der Basis
1.103,16
1.103,16
1.083,30
1.083,30
1.067,60
 
 
 
 
 
 
 
 
Lohnsteuer/Monat/Dienstnehmer
52,72
52,72
41,31
41,31
32,28
 
Lohnsteuer gesamt
40.067,20
40.067,20
31.395,60
31.395,60
24.532,80
167.458,40
 
 
 
 
 
 
 
SV-Dienstnehmer
237,92
237,92
231,48
231,48
226,39
 
Bruttobezug
1.393,80
1.393,80
1.356,09
1.356,09
1.326,27
 
 
 
 
 
 
 
 
DB-Satz
4,50%
4,50%
4,50%
4,50%
4,50%
 
DB/Monat/Dienstnehmer
62,76
62,76
61,02
61,02
59,68
 
DB gesamt
47.667,96
47.667,96
46.378,28
46.378,28
45.358,43
233.450,91
 
 
 
 
 
 
 
DZ-Satz
0,40%
0,40%
0,40%
0,40%
0,41%
 
DZ/Monat/Dienstnehmer
5,58
5,58
5,42
5,42
5,44
 
DZ gesamt
4.237,15
4.237,15
4.122,51
4.122,51
4.132,66
20.851,99


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Monatsentgelt 100% der Basis
702,65
702,65
690,00
690,00
680,00
 
 
 
 
 
 
 
 
Lohnsteuer/Monat/Dienstnehmer
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
 
 
 
 
 
 
 
 
SV-Dienstnehmer
124,68
124,68
122,43
122,43
120,66
 
Bruttobezug
827,33
827,33
812,43
812,43
800,66
 
 
 
 
 
 
 
 
DB-Satz
4,50%
4,50%
4,50%
4,50%
4,50%
 
DB/Monat/Dienstnehmer
37,23
37,23
36,56
36,56
36,03
 
DB gesamt
28.294,69
28.294,69
27.785,11
27.785,11
27.382,57
139.542,16
 
 
 
 
 
 
 
DZ-Satz
0,40%
0,40%
0,40%
0,40%
0,41%
 
DZ/Monat/Dienstnehmer
3,31
3,31
3,25
3,25
3,28
 
DZ gesamt
2.515,08
2.515,08
2.469,79
2.469,79
2.494,86
12.464,60


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Monatsentgelt 43% der Basis
302,14
302,14
296,70
296,70
292,40
 
 
 
 
 
 
 
 
Lohnsteuer/Monat/Dienstnehmer
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
 
 
 
 
 
 
 
 
SV-Dienstnehmer
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
 
Bruttobezug
302,14
302,14
296,70
296,70
292,40
 
 
 
 
 
 
 
 
DB-Satz
4,50%
4,50%
4,50%
4,50%
4,50%
 
DB/Monat/Dienstnehmer
13,60
13,60
13,35
13,35
13,16
 
DB gesamt
10.333,19
10.333,19
10.147,14
10.147,14
10.000,08
50.960,74
 
 
 
 
 
 
 
DZ-Satz
0,40%
0,40%
0,40%
0,40%
0,41%
 
DZ/Monat/Dienstnehmer
1,21
1,21
1,19
1,19
1,20
 
DZ gesamt
918,51
918,51
901,97
901,97
911,12
4.552,07


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Regionale Leiter
2014
2013
2012
2011
2010
Summe


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Anzahl Scheinselbständige
4
4
4
4
4
 
Jahresgehalt/Person
66.368,94
66.368,94
65.000,00
65.000,00
64.000,00
 
 
 
 
 
 
 
 
Lohnsteuer
22.978,94
22.978,94
22.294,00
22.294,00
21.794,00
 
Lohnsteuer gesamt
91.915,76
91.915,76
89.176,00
89.176,00
87.176,00
449.359,52
 
 
 
 
 
 
 
DB-Satz
4,50%
4,50%
4,50%
4,50%
4,50%
 
DB
2.986,60
2.986,60
2.925,00
2.925,00
2.880,00
58.812,82
DB gesamt
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
DZ-Satz
0,40%
0,40%
0,40%
0,40%
0,41%
 
DZ
265,48
265,48
260,00
260,00
262,40
 
DZ gesamt
1.061,90
1.061,90
1.040,00
1.040,00
1.049,60
5.253,40


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Summe sicherzustellende Abgabenbeträge
1.142.706,62

Die Einbringung der oben genannten Abgaben sei aus den folgenden Gründen gefährdet bzw. werde die Erschwerung der Einbringung dieser Abgaben aus folgenden Gründen befürchtet:

Laut dem zuletzt beim zuständigen Firmenbuchgericht eingereichten Jahresabschluss 2013 verfüge die Abgabenschuldnerin nicht über hinreichende liquide Mittel, welche eine den Abgabenvorschriften entsprechende Entrichtung der im Spruch genannten Abgabenansprüche ermöglichen würden. Darüber hinaus sei aktenkundig, dass anlässlich einer Prüfung der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse bereits für die Jahre bis 2009 festgestellt worden sei, dass schon für diesen Zeitraum eine größere Anzahl von Personen als Scheinselbständige ohne Abfuhr von lohnabhängigen Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen beschäftigt worden sei. Der Umstand, dass seitens der Bf. diese geschäftlichen Praktiken beibehalten worden seien, spreche dafür, dass sich die verantwortlichen Personen den diesbezüglichen Abgabenpflichten zu entziehen trachten würden. Dazu passe auch eine Aussage des Geschäftsführers der Bf., Herrn C.E. , im Beisein mehrerer Bediensteter der Finanzpolizei sowie seiner Anwältin und Ex-Frau Mag.  M.S. , die Bf. müsse in Konkurs gehen, falls die „selbständigen RegalbetreuerInnen“ als DienstnehmerInnen zugerechnet würden.

In Ausübung des gemäß § 232 BAO in Verbindung mit § 20 BAO eingeräumten Ermessens sei im Hinblick auf die Höhe der zu erwartenden Abgabennachforderungen dem Interesse des Abgabengläubigers an der Erlangung einer Sicherheit für die volle und termingerechte Entrichtung der Vorrang gegenüber dem Interesse des potentiellen Abgabenschuldners, die Abgaben erst nach Abschluss des Abgabenfestsetzungsverfahrens auf Basis ergangener Abgabenbescheide zu entrichten und bis dahin keinen Vermögenseingriff dulden zu müssen, eingeräumt worden.

**********

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte die Bf. ein wie folgt:

I. Rechtswidrig ausgeübtes Ermessen bei Beurteilung des Vorliegens einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung einer Abgabe:

Da bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits die Ermessensentscheidung rechtswidrig erfolgt sei, da weder eine Gefährdung noch eine wesentliche Erschwerung der Einbringung einer Abgabe vorliege, werde die Anfechtung des Bescheides aus diesem Grund der Anfechtung des unrichtig festgestellten Sachverhaltes der besseren Übersicht halber vorangestellt.

1. Die Erlassung des angefochtenen Bescheides hätte nur dann erfolgen dürfen, wenn ohne dessen Erlassung eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung einer Abgabe zu befürchten wäre.

Das Vorliegen einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung werde im angefochtenen Bescheid wie folgt begründet:

1.1. Laut dem beim zuständigen Firmenbuchgericht zuletzt eingereichten Jahresabschluss 2013 verfüge die Abgabenschuldnerin nicht über hinreichende liquide Mittel, die eine den Abgabenvorschriften entsprechende Entrichtung der Abgabenansprüche ermöglichen würden.

1.2. Es sei aktenkundig, dass anlässlich einer Überprüfung durch die NÖGKK im Jahr 2009 festgestellt worden sei, dass schon vor diesem Zeitpunkt eine größere Anzahl von Personen als Scheinselbstständige ohne Abfuhr von Iohnabhängigen Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen beschäftigt worden sei. Diese geschäftliche Praktik sei beibehalten worden, sodass daraus geschlossen werden könne, dass sich die verantwortlichen Personen den diesbezüglichen Abgabenpflichten zu entziehen trachten würden.

1.3. Zuletzt sei angeführt worden, der Geschäftsführer der Bf. habe in Anwesenheit mehrerer Bediensteter der Finanzpolizei sowie seiner Rechtsanwältin ausgesagt, die Bf. müsse in Konkurs gehen, falls die „selbständigen Regalbetreuerlnnen“ als Dienstnehmerinnen zugerechnet würden.

Keine dieser Begründungen treffe auch nur im Ansatz zu bzw. würden diese auf unrichtigen Angaben der Finanzpolizei basieren, sodass dieses Rechtsmittel auch im Rahmen der Rettungspflicht gemäß § 2 Abs. 2 AHG eingebracht werde.

Zu 1.1. Zu den angeblich nicht vorhandenen liquiden Mitteln werde festgehalten, dass die Jahresabschlüsse der Bf. für die Jahre 2009 bis 2013 jeweils folgenden Bilanzgewinn ergeben hätten:

2009 € 215.000
2010 € 268.000
2011 € 350.000
2012 € 500.000
2013 € 400.000

An liquiden Mitteln (Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten) habe die Bilanz 2013 einen Betrag von € 674.646,26 ausgewiesen.

Zusammen mit den freien Rücklagen und dem Stammkapital habe sich ein Eigenkapital der Bf. von € 1.667.475,77 ergeben, was den angeblichen Abgabenrückstand bei Weitem übersteige.

Dem gegenüber hätten - abgesehen von jenen Verbindlichkeiten, die im unternehmerischen Tagesgeschäft üblich seien - keine Verbindlichkeiten gegenüber Banken oder sonstigen Darlehensgebern bestanden. Es seien zu keinem Zeitpunkt Exekutionen aufgrund unbezahlter Forderungen geführt worden und es hätten niemals überfällige Abgaben- oder Sozialversicherungsrückstände bestanden.

Die als „Begründung“ herangezogene Tatsache, dass die Beschwerdeführerin „nur“ über liquide Mittel von € 674.646,26 verfügt habe und die nunmehr behauptete Abgabenschuld diesen Betrag übersteige, begründe in Anbetracht der wirtschaftlichen Situation der Bf. mit Sicherheit weder eine Gefährdung noch indiziere sie eine Erschwerung der Einbringlichmachung von Abgabenverbindlichkeiten.

Die Tatsache, dass ein Abgabenschuldner im Zeitpunkt der Festsetzung einer (vermeintlichen) Abgabenschuld nicht über den gesamten (vermeintlich) geschuldeten Betrag in bar verfüge, gefährde die Einbringlichmachung einer Forderung nicht und erschwere sie auch nicht und rechtfertigt sohin nicht die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages.

Das Finanzamt hätte im Rahmen der gesetzmäßigen Ausübung des Ermessensspielraumes nicht - geradezu milchmädchenartig - den Stand von Bankkonten wiedergeben und daraus (unrichtige) Schlüsse ziehen dürfen. Um zu einer mängelfreien Ausübung des Ermessens zu gelangen, hätte die Behörde vielmehr abzuwägen gehabt, ob es der Bf. in absehbarer Zeit möglich sein werde, eine allfällige Abgabenschuld zu begleichen oder nicht (so schon ).

Dabei hätte das Finanzamt die gesamte wirtschaftliche Situation der Bf. und insbesondere auch die Tatsache, dass diese keinerlei unübliche Verbindlichkeiten habe, in Betracht zu ziehen gehabt, da gegebenenfalls nichts gegen eine kreditfinanzierte Zahlung allfälliger Abgabenverbindlichkeiten spreche. Schon dadurch, dass die Behörde das unterlassen habe, behafte sie den angefochtenen Bescheid durch unrichtige Erwägungen im Rahmen der Ermessensausübung mit Rechtswidrigkeit.

Zu 1.2. Aus der Niederschrift der Schlussbesprechung der GPLA für die Jahre 2005 bis 2009 vom ergebe sich als Ergebnis der Prüfung, dass die damals als selbständig tätige Personen beschäftigten Promotoren als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG zu qualifizieren gewesen seien.

Bei Promotoren handle es sich um Warenpräsentatoren, die seit der damaligen Prüfung als Dienstnehmer beschäftigt würden, woraus sich ergebe, dass die Bf. entgegen der entsprechenden Unterstellung durch das Finanzamt das damalige System umgehend nach Vorliegen des Prüfergebnisses umgestellt habe.

Die Tatsache, dass die - bereits damals beschäftigten - Regalbetreuer als selbständig tätige Auftragnehmer beschäftigt worden seien, sei bei der GPLA nicht beanstandet worden.

Wenn das Finanzamt zur Begründung des angefochtenen Bescheides nunmehr anführe, dass aktenkundig sei, dass bereits für die Jahre bis 2009 festgestellt worden sei, dass die Bf. schon für diesen Zeitraum eine größere Anzahl von Personen als Scheinselbstständige beschäftigt habe und dabei nicht unterscheide, dass es sich bei diesen Personen um Promotoren (und nicht um Regalbetreuer) gehandelt habe und der Beschwerdeführerin vorhalte, dass „diese geschäftlichen Praktiken beibehalten“ worden seien, gehe sie von völlig unrichtigen Prämissen aus bzw. behafte den angefochtenen Bescheid mit Aktenwidrigkeit.

Auch diese Scheinbegründung vermöge den angefochtenen Bescheid sohin nicht zu stützen.

Beweis: Niederschrift über die Schlussbesprechung der WGKK vom

Zu 1.3. Zuletzt stütze das Finanzamt den angefochtenen Bescheid darauf, dass der Geschäftsführer der Bf. vor mehreren Bediensteten der Finanzpolizei und seiner Rechtsanwältin ausgesagt habe, dass die Bf. „in Konkurs gehen müsse“, falls die selbständigen Regalbetreuerinnen als Dienstnehmerinnen zugerechnet würden.

Damit stütze das Finanzamt seinen Bescheid auf unrichtige Angaben der Mitarbeiterin der Finanzpolizei (was Gegenstand eines anderen Verfahrens sein werde).

Der Geschäftsführer, C.E. , sei am und (bei letzterer Einvernahme in Anwesenheit seiner Rechtsanwältin) niederschriftlich einvernommen worden. Aus keiner dieser Niederschriften ergebe sich die im angefochtenen Bescheid wiedergegebene „Aussage“.

Wie sich mittlerweile herausgestellt habe, habe die die Einvernahme führende Mitarbeiterin der Finanzpolizei (nach eigenen Angaben anlässlich der Zustellung des angefochtenen Bescheides am ) nach der zweiten Einvernahme des Geschäftsführers einen „internen Aktenvermerk“ angefertigt, der der Bf. trotz entsprechenden Ersuchens bislang nicht übermittelt worden sei.

Die im angefochtenen Bescheid angeführte „Aussage“ des Geschäftsführers, die zu keinem Zeitpunkt getätigt worden sei, finde sich ausschließlich in diesem „internen Aktenvermerk“ unwahren Inhalts.

Im Rahmen einer Einvernahme sei ein Protokoll zu erstellen, dessen Inhalt vom Einvernommenen und allfälligen Vertretern gelesen, kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden könne. Im Anschluss daran werde dieses Protokoll vom Einvernommenen zum Zeichen der Richtigkeit seiner Angaben unterfertigt.

Wie sich aus dem gegenständlichen Verfahren ergebe, würden offenbar in rechtsstaatlich höchst bedenklicher Weise neben dem offiziellen Protokoll noch „interne Aktenvermerke“ unrichtigen Inhalts angefertigt, die dem Einvernommenen weder vorgelegt noch sonst irgendwie zur Kenntnis gebracht würden und deren Richtigkeit durch den Einvernommenen dementsprechend auch nicht bestätigt worden sei und auch nicht bestätigt worden wäre.

Hätten die Finanzpolizei bzw. das Finanzamt tatsächlich den Verdacht gehabt, dass eine Vorschreibung der von ihnen - völlig unrichtig - ermittelten (siehe dazu unter Punkt III.) Abgaben den finanziellen Ruin und damit allenfalls eine Uneinbringlichkeit der Abgaben zur Folge hätten, wären sie im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht gehalten gewesen, entweder den Geschäftsführer zu der - nicht getätigten - Aussage und sohin zur wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft zu befragen oder sich zumindest die Mühe zu machen, sich mit den Bilanzen der letzten Jahre sowie dem Gewinn und dem Eigenkapital der Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen. Stattdessen werde der angefochtene Bescheid auf einen „internen Aktenvermerk“ unrichtigen Inhalts gestützt, was der Bestimmung des § 115 BAO völlig zuwiderlaufe.

Dass dabei so weit gegangen werde, einen ausgewiesenen Parteienvertreter als anwesenden Zeugen anzuführen, werde ebenfalls Gegenstand eines getrennt zu führenden Verfahrens sein.

Auch die Tatsache, dass der angefochtenen Bescheid sich - unter anderem - auf einen „internen Aktenvermerk“ unwahren Inhalts stütze, mache dessen Inhalt (und die angefochtene, unrichtige Ausübung des Ermessens) rechtswidrig.

2. Ungeachtet dessen, dass bereits die auf unrichtigen Tatsachen basierende Ermessensentscheidung die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach sich zu ziehen habe, ergebe bereits ein oberflächlicher Blick auf die ständige Judikatur des VwGH, dass die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringlichmachung nur dann bejaht werde, wenn

a) aus der wirtschaftlichen Lage des Abgabenpflichtigen und
b) den besonderen Umständen des Einzelfalls

geschlossen werden könne, dass nur bei raschem Zugriff die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheine.

Weiters werde auf die Richtlinie 05 2202/1-IV/5/03, die die einschlägige VwGH-Judikatur wiedergebe, verwiesen, in der in den Rz 1570 bis 1573 Folgendes zum Vorliegen von Umständen, die eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringlichmachung indizieren würden, ausgeführt werde:

1570

„Eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der Abgabe kann zB bei drohendem Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, bei Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung vorliegen (; ; ). Wirtschaftlich unerklärbare Gewinntransferierungen in das Ausland und die Übertragung des Vermögens an die die liechtensteinische Staatsbürgerschaft besitzende Gattin können auf eine Gefährdung der Einbringung deuten ().“

1571

„Eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung von Abgaben iSd § 232 BAO ist ferner anzunehmen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Abgabepflichtigen und aus den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden muss, dass nur bei raschem Zugriff der Behörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (; ).“

1572

„Abgabenhinterziehung und Mängel der Buchführung sind grundsätzlich nicht so geartete Umstände, dass sie allein stets und ohne weitere Bedachtnahme auf die sonstigen Verhältnisse des Einzelfalles die Voraussetzungen für einen Sicherstellungsauftrag erfüllen. ln jedem Fall bedarf es hiezu nach dem Wortlaut des Gesetzes auch einer Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Lage des Abgabepflichtigen, da die Frage einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgaben unabhängig vom Verdacht einer Abgabenhinterziehung von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Abgabepflichtigen nicht zu trennen ist (; ).“

1573

„Begründen jedoch schwerwiegende Mängel in Büchern und Aufzeichnungen die Annahme, dass sich der Abgabepflichtige der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, rechtfertigen sie eine Maßnahme nach § 232 BAO; Gleiches gilt für eine erhebliche Verschuldung des Abgabepflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt. Dabei reicht der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung aus; eine vom Abgabenschuldner gesetzte Gefährdungshandlung ist nicht erforderlich. Die bloß abstrakte Möglichkeit der Vermögensverschleppung rechtfertigt für sich allein Sicherungsmaßnahmen nicht (; ).“

Keines der für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages angeführten Kriterien sei im vorliegenden Fall erfüllt, was wiederum die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründe.

Daran vermöge auch nichts zu ändern, dass die Rz 1572 und 1573 mit dem , BMF-010103/0166-IV/4/2014, BMF-AV Nr. 161/2014, entfallen seien, da diese jedenfalls die ständige Judikatur des VwGH wiedergeben würden, an die die Behörde gebunden sei.

Selbst wenn der Geschäftsführer der Bf. die Aussage getätigt hätte, die Bf. würde in Konkurs gehen, wenn die selbständigen Regalbetreuer in Dienstnehmer umqualifiziert würden (was er nicht getan habe), so wären die Behörden, wie bereits oben ausgeführt, verpflichtet gewesen, den vollständigen Sachverhalt zu ermitteln, sodass auch ihnen problemlos erkennbar gewesen wäre, dass die Bf. über ein Eigenkapital verfüge, das den nun (unrichtig) vorgeschriebenen Abgabenbetrag bei weitem übersteige.

Bereits aus allen hier angeführten Gründen, werde der angefochtene Bescheid aufzuheben sein.

II. Unrichtiger Sachverhalt:

Das Finanzamt sei bei Erlassung des angefochtenen Bescheides beziehungsweise bei der Beurteilung, ob die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Abgabenansprüche überhaupt entstanden seien, ebenfalls von völlig unrichtigen Prämissen ausgegangen.

1. Richtig seien die Sachverhaltsfeststellungen, soweit sie die anonyme Anzeige und die Tatsache, dass am in der ShoppingCity Z.  sowie am in einer XY-Filiale in Graz/ZZ.. Kontrollen stattgefunden hätten, wiedergeben.

Richtig sei weiters, dass österreichweit Regalbetreuer für die Bf. tätig seien.

Wenn der Bf. im Nachfolgenden vorgeworfen werde, dass Personen als Selbständige teils mit richtigen, teils mit unrichtigen oder gar keinen Gewerbescheinen für sie tätig seien, so vermöge diese Tatsache das Vorliegen einer unselbständigen Tätigkeit nicht zu begründen.

Die Bf. lasse sich - soweit sie selbständige Gewerbetreibende beschäftige - zwar zu Beginn des Vertragsverhältnisses den Gewerbeschein vorweisen, nehme aber bei regelmäßigen Vertragsverhältnissen lediglich noch Stichproben vor, da sie als Auftraggeber davon ausgehen könne, dass selbständig tätige Gewerbetreibende dafür Sorge tragen würden, über eine aufrechte Gewerbeberechtigung zu verfügen.

Es wäre ja auch völlig lebensfremd anzunehmen, dass der (auch häufige) Auftraggeber eines Tischlers regelmäßig überprüfe, ob dieser (immer noch) über die richtige Gewerbeberechtigung verfüge, um sein Gewerbe auszuüben.

2. Wenn das Finanzamt im Weiteren darauf hinweise, dass angeblich habe festgestellt werden können, dass Personen häufig im Verbund (also ein Selbständiger und ein geringfügig freier Dienstnehmer) tätig seien, sei diese Feststellung einerseits nicht vom Akteninhalt gedeckt. Andererseits bleibe völlig im Dunkeln, was für Schlüsse daraus zu ziehen sein sollen.

Die Finanzpolizei habe anlässlich zweier Kontrollen am 13. und in zwei XY -Filialen vier Regalbetreuerinnen angetroffen, von denen nur eine einzige (Frau G.P. ) als geringfügig freie Dienstnehmerin beschäftigt sei.

Aus welchem Verfahrensergebnis das Finanzamt also die Feststellung schöpfe, dass „oftmals“ im Verbund gearbeitet werde und welche rechtliche Relevanz sich daraus ergeben solle, lasse es offen.

Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass es sich bei freien Dienstnehmern um selbständig tätige Personen handle, was sich auch aus einem Blick in ASVG und EStG völlig zwanglos ergebe:

§ 4 Abs. 4 ASVG unterscheide die freien Dienstnehmer ausdrücklich von den in § 4 Abs. 2 ASVG erfassten „echten“ Dienstnehmern, da die freien Dienstnehmer eben nicht „in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit“ beschäftigt würden, da sie sonst ohnehin von § 4 Abs. 2 ASVG erfasst wären.

Dass freie Dienstnehmer - so ihr Gewinn die steuerlich relevante Grenze überschreite - nicht lohn- sondern gemäß § 22 EStG einkommensteuerpflichtig seien, werde als amtsbekannt vorausgesetzt.

Der Unterschied zwischen den geringfügig freien Dienstnehmern und jenen Selbständigen, die mit Gewerbeschein für die Beschwerdeführerin tätig seien, liege sohin ausschließlich darin, dass erstere unter § 4 Abs. 4 ASVG fallen würden, wohingegen letztere gemäß § 4 Abs. 4 Z 2 lit. a ASVG vom Anwendungsbereich des ASVG ausgenommen seien.

An ihrer jeweils selbständigen Tätigkeit vermöge dies allerdings nichts zu ändern.

3. Unrichtig sei weiters, dass an schriftlichen Unterlagen lediglich die Stammdatenblätter existieren würden. Bei jeder Auftragserteilung würden – der Finanzpolizei übersandte und damit dem Finanzamt vorliegende - Auftragsinformationen übermittelt, die der Auftragserteilung zugrunde lägen.

Des Weiteren seien der Finanzpolizei die „Vereinbarungen zur Durchführung einer Merchandisingaktion“ übermittelt worden. Die Auftragsinformationen sowie die einzeln abgeschlossenen Vereinbarungen (die das mündlich Besprochene wiedergeben würden) seien somit Bestandteil des gegenständlichen Aktes, sodass nicht nachvollziehbar sei, wieso diese ignoriert würden. Auch die „Feststellung“, es würden an schriftlichen Unterlagen lediglich die Stammdatenblätter existieren, sei sohin unrichtig und aktenwidrig.

Dabei lasse das Finanzamt völlig unbeachtet, dass sich in diesen Unterlagen der ausdrückliche Hinweis finde, dass die Auftragnehmer sich auf eigene Kosten vertreten lassen könnten.

Auch die Feststellung des Finanzamtes, es würden keine Rechnungen gelegt, könne nicht herangezogen werden, um die gegenständlichen Auftragsverhältnisse als Dienstverhältnisse zu qualifizieren, da die Auftragnehmer die Erfüllung des Auftrages in einem von der Bf. zur Verfügung gestellten System mitteilen und auf Basis der bekanntgegeben Leistungen seitens der Bf. entsprechende Gutschriften ausgestellt und die entsprechenden Beträge zur Auszahlung gebracht würden. Auch von diesen Gutschriften seien der Finanzpolizei Dutzende zur Verfügung gestellt worden, auch diese seien sohin Aktenbestandteil und dürften deshalb nicht unbeachtet bleiben.

Es könne davon ausgegangen werden, dass dem zuständigen Finanzamt bekannt sei, dass eine Rechnungslegung in Form von Gutschriften gemäß § 11 Abs. 8 UStG gesetzlich vorgesehen sei. Die Feststellung, es würden keine Rechnungen gelegt, sei sohin grob irreführend bzw. im Hinblick darauf, dass die der Finanzpolizei übermittelten Gutschriften, die sich sohin im Akt befänden, Rechnungen ersetzen würden, auch aktenwidrig.

Richtig sei zwar, dass seitens der Beschwerdeführerin Jahrespläne erstellt würden, allerdings würden diese nicht die Auftragnehmer „binden“, sondern wiedergeben, was die Bf. mit ihren Auftraggebern vereinbart habe, und dazu dienen, die Auftragnehmer darüber zu informieren, welche Aufträge vergeben würden. Ob die Auftragnehmer einzelne Aufträge annehmen würden oder nicht, bleibe völlig ihnen überlassen. Es würden seitens der Bf. auch keine Touren geplant oder vorgegeben.

Der Geschäftsführer der Bf. habe diesbezüglich anlässlich seiner Einvernahme vom zur Tourenplanung dezidiert ausgesagt, dass es keine fixe Einteilung und Zeitpunkte gebe, dass allerdings nur der effizienteste Weg bezahlt werde. Ob die Auftragnehmer diesen Weg wählen würden oder nicht, unterliege allein ihrem Gutdünken.

Auch die Auftragnehmer hätten anlässlich ihrer Einvernahmen angegeben (so zB Frau A.F. anlässlich ihrer Einvernahme am ), dass sie sich selbst einteilen könnten, wie sie die betreuten Märkte anfahren würden.

Unrichtig sei auch, dass die Regionalmanager eine Vorgesetztenrolle im arbeitsrechtlichen Sinn spielen würden.

Wenn das Finanzamt dazu anführe, die Regionalmanager würden die Auftragnehmer kontrollieren, so sei das wiederum unrichtig, da sich aus sämtlichen im Akt erliegenden Aussagen ergebe, dass Kontrollen - wenn überhaupt – lediglich stichprobenartig stattfänden, um feststellen zu können, ob ein Auftrag erledigt sei.

Auch die bei den Kontrollen durch die Finanzpolizei angetroffenen Auftragnehmer selbst hätten im Übrigen angegeben, nicht kontrolliert zu werden.

Eine Kontrolle dahingehend, wann und wie der Auftrag erledigt werde, wäre auch gar nicht möglich, sei doch nicht bekannt, wann die Auftragnehmer wo tätig seien, da diese sich ihre Zeit völlig frei einteilen (und den Auftrag sanktionslos auch gar nicht erfüllen) könnten.

4. Das Finanzamt habe bezüglich der rechtlichen Qualifikation drei ganz wesentliche Feststellungen nicht getroffen:

a) Die Auftragnehmer seien nicht weisungsgebunden.

Dies ergebe sich wiederum aus dem Akteninhalt, da den Auftragnehmern nicht vorgegeben werde, wann und wie sie ihre Aufträge erledigen würden. Es werde ihnen auch keine fixe Arbeitszeit vorgegeben, sondern sie hätten - wenn sie einen Auftrag annehmen würden - diesen innerhalb eines bestimmten Zeitfensters zu erledigen, wie dies bei jeder Bestellung eines Werks der Fall sei, da der Auftraggeber in der Regel irgendwann ein Ergebnis vorliegen haben möchte. Weisungen, die sich auf Arbeitszeit, Arbeitsort oder Arbeitsweise beziehen würden, bestünden nicht.

Wenn das Finanzamt im angefochtenen Bescheid die Weisungsgebundenheit als eines der wesentlichen Kriterien für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses anführe, übersehe es, dass es selbst in seiner Sachverhaltsdarstellung keinerlei Feststellungen dazu getroffen habe, ob überhaupt Weisungen erteilt würden, da es das eben nicht feststellen habe können.

Hätte das Finanzamt richtigerweise festgestellt, dass Weisungen nicht erteilt würden, hätte es auch seine unrichtige rechtliche Beurteilung und die „Feststellung“ von Abgabenrückständen zu unterlassen gehabt.

b) Die Auftragnehmer könnten Aufträge sanktionslos ablehnen und ebenso sanktionslos nach Annahme des Auftrages nicht durchführen.

c) Die Auftragnehmer könnten sich jederzeit auf eigene Kosten vertreten lassen.

Diese beiden Feststellungen würden sich mühelos aus den vorgelegten Beilagen und sämtlichen Aussagen ergeben, mit denen sich das Finanzamt ausschließlich dort auseinandergesetzt zu haben scheine, wo dieser die Bf. belaste.

Dabei lasse es die Aussage des Geschäftsführers, wonach es allein im Jahr 2013 etwa 8.000 (!) Vertretungen gegeben habe, von denen die Bf. nicht informiert worden sei, was bei echten Dienstverhältnissen denkunmöglich wäre, völlig außer Acht.

Diesbezüglich sei der Finanzpolizei ein Ordner mit Unterlagen übergeben worden, aus denen sich die entsprechenden Vertretungen ergeben, der laut Auskunft der Finanzpolizei eingescannt worden und somit Teil des elektronischen Aktes sei.

Es werde auch darauf verwiesen, dass die Tatsache, dass Vertretungen (sowohl der selbständig tätigen Personen als auch der freien Dienstnehmer) ohne Zustimmung und ohne Meldepflicht nicht nur erlaubt seien, sondern tatsächlich stattfänden, zumindest dem Finanzamt Bregenz und der BH Mödling - vermutlich aber auch dem einschreitenden Finanzamt - bekannt seien.

Dazu werde der Vollständigkeit halber festgehalten, dass das Finanzamt Bregenz den Geschäftsführer der Bf. nach einer Kontrolle vom angezeigt habe, da eine Person angetroffen worden sei, die angeblich nicht vor Arbeitsantritt von der Bf. zur GKK angemeldet worden sei.

Nach Einvernahme sämtlicher Betroffener und einer Stellungnahme des Geschäftsführers der Bf. habe sich für die Behörde ergeben, dass die angetroffene Person tatsächlich in keinem Vertragsverhältnis zur Bf. gestanden sei, sondern dass es sich um die Vertretung eines Auftragnehmers der Bf. gehandelt habe.

Das gegen den Geschäftsführer der Bf. geführte Verwaltungsstrafverfahren nach dem ASVG sei sohin (mit Zustimmung des Finanzamtes!) eingestellt worden.

Zum Beweis dafür würden die Anzeige des FA Bregenz vom , die Rechtfertigung des Geschäftsführers der Bf. vom sowie der Bescheid der BH Mödling vom , mit dem das Verfahren eingestellt worden sei, vorgelegt.

Da die Vertretungsbefugnis wesentlichstes Merkmal einer selbständigen Tätigkeit sei, hätte das Finanzamt (auch im Zusammenhalt mit anderen Merkmalen selbständiger Tätigkeit) nicht vom Vorliegen von Dienstnehmereigenschaft ausgehen dürfen.

Zuletzt werde festgehalten, dass die Finanzpolizei den Geschäftsführer der Bf. auch bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wegen Verstoßes gegen § 153e StGB angezeigt habe. Hätte die Bf. (bzw. ihr Geschäftsführer) tatsächlich so agiert, wie im angefochtenen Bescheid unterstellt, lägen in der Tat derartige Verstöße vor.

Die Staatsanwaltschaft sei jedoch richtigerweise davon ausgegangen, dass es sich bei den betroffenen Personen eben nicht um Dienstnehmer gehandelt habe, und habe das Verfahren am gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, wenn der Tatbestand, der die Ermittlungen ausgelöst habe, nicht erfüllt sei.

Abgesehen davon, dass bei Erlassung des angefochtenen Bescheides das Ermessen unrichtig ausgeübt worden sei, sei dem Bescheid also auch ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt worden, sodass dieser auch aus diesem Grunde jedenfalls aufzuheben sein werde.

Zuletzt sei in Betracht zu ziehen, dass dann, wenn im weiteren Verfahren sämtliche von der Bf. vorgelegten Beweismittel auch tatsächlich (im Sinn des § 115 Abs. 3 BAO) gewürdigt würden und der Sachverhalt richtig festgestellt werde, durchaus die Möglichkeit bestehe, dass die Abgabenverbindlichkeit der Bf. € 0,00 betrage, sodass der angefochtene Bescheid völlig überschießend wäre.

Beweis:

Anzeige des FA Bregenz vom
Rechtfertigung vom
Bescheid der BH Mödling vom
Mitteilung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt über die Einstellung des Verfahrens vom

III. Rechtswidrige und unrichtige Berechnung der Bemessungsgrundlage:

Die Behörde nehme gemäß § 184 BAO eine Schätzung der Bemessungsgrundlagen vor. Diese vorgenommene Schätzung sei rechtswidrig, da

1. die formalen Voraussetzungen für die Schätzung nicht vorlägen und
2. die Schätzungsmethode mit gravierenden Mängeln behaftet und völlig ungeeignet sei, den wahren Besteuerungsgrundlagen auch nur annähernd nahe zu kommen.

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass § 184 BAO wie folgt laute:

„(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.“

Zu 1. Die formalen Voraussetzungen für die Schätzung lägen nicht vor:

Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruhe allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen (vgl. hierzu Ritz, BAO5, § 184 Rz 6 und die dort angeführte VwGH-Judikatur). Der VwGH habe klar zum Ausdruck gebracht, dass eine Schätzung iSd § 184 BAO als „ultima ratio“ in Betracht komme, nicht jedoch aber bei bloßen Schwierigkeiten sachlicher oder rechtlicher Natur (vgl. ).

Es wäre für die Behörde ein Leichtes gewesen, die Bemessungsgrundlagen zu ermitteln bzw. hätte die Behörde die Bf. beauftragen können, die Bemessungsgrundlagen zur Verfügung zu stellen, was allerdings rechtswidrig unterlassen worden sei.

Die Behörde habe sohin ihre amtswegige Ermittlungspflicht iSd § 115 BAO gänzlich vernachlässigt.

Der Abgabepflichtige sei seiner Mitwirkungspflicht zu jeder Zeit nachgekommen und habe bereits mehrfach (!!!) seine volle Kooperation nicht nur zugesichert, sondern durch sein Verhalten auch ständig gezeigt, was die Finanzpolizei bis dato unbeachtet gelassen habe. Ebenso sei bei der Schätzung das Parteiengehör nicht gewahrt worden. Auch damit bestätige die Finanzpolizei wiederum, dass sie nicht bereit sei, die fundamentalen Grundsätze des Rechtsstaates einzuhalten und sich der klaren Judikatur des VwGH (so zB zu 90/14/0211) zu widersetzen, verlange doch der Verwaltungsgerichtshof ():

„Auch ein Schätzungsverfahren muss jedenfalls einwandfrei durchgeführt werden (etwa amtswegige Sachverhaltsermittlung bis zur Grenze des Zumutbaren gehend, mit Aufforderung zur Mitwirkung der Partei, Parteiengehör) und die den Prozess der Schätzung ausmachenden, letztlich zum Schätzungsergebnis führenden Gedanken und Schlussfolgerungen müssen schlüssig, begründet und nachvollziehbar sein.“

Dies habe uneingeschränkt auch für die Schätzung im Zuge eines Sicherstellungsauftrages zu gelten.

Die Behörde habe völlig falsche - an den Haaren herbeigezogene – Berechnungen angestellt, anstatt den Abgabepflichtigen ganz simpel aufzufordern, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken.

Die Behörde hätte dabei auch nicht einmal „bis zur Grenze des Zumutbaren“ gehen müssen, sondern nur den einfachsten und auch verwaltungsökonomischsten Weg, der noch dazu gesetzlich geboten sei, wählen müssen.

Zu 2. Die Schätzungsmethode sei mit gravierenden Mängeln behaftet und völlig ungeeignet, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen:

Die Behörde schließt aus 7 (!!!) Rechnungen von insgesamt vier Personen auf eine Gesamtheit von über 1.000 Rechnungen pro Jahr, sohin für fünf Jahre auf eine Gesamtheit von über 5.000 (!!!) Rechnungen, begründe so die vorgenommene Schätzung und vermeine, tatsächlich auf diese Weise den wahren Besteuerungsgrundlagen nahe zu kommen.

Sogar einer mit statistischem Wissen gänzlich unvertrauten Person leuchte ein, dass die Wahrscheinlichkeit, durch eine solcher Art vorgenommene Hochrechnung zu korrekten Bemessungsrundlagen zu kommen, bei rund 1,00 Promille liege!

Darüber hinaus seien die Bestimmungen des § 62a EStG bei der Schätzung (bewusst?) außer Acht gelassen worden.

§ 62a EStG sei mit in Kraft getreten und normiere:

„(1) Hat der Arbeitgeber die Anmeldeverpflichtung des § 33 ASVG nicht erfüllt und die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten und abgeführt, gilt ein Nettoarbeitslohn als vereinbart; die Annahme einer Nettolohnvereinbarung gilt nicht, wenn für die erhaltenen Bezüge die Meldepflichten gemäß §§ 119 ff BAO oder § 18 GSVG erfüllt wurden.

(2) Abs. 1 gilt auch, wenn der Arbeitnehmer gemäß § 83 Abs. 3 unmittelbar als Steuerschuldner in Anspruch genommen wird.“

Die der Schätzung zugrundeliegende Annahme, dass es sich bei der Auszahlung der Beträge um Nettolöhne handle und daher auf Bruttobeträge hochzurechnen seien, basiere deshalb nicht auf § 62a EStG, weil

  • § 62a EStG erst mit in Kraft getreten sei, wodurch die Hochrechnung für 2010 jedenfalls falsch sei,
     

  • § 62a EStG eine Hochrechnung ausschließlich dann für zulässig erachte, wenn die Meldepflichten der §§ 119 ff BAO oder § 18 GSVG nicht erfüllt worden seien. Nun hätten alle Gewerbescheininhaber selbstverständlich eine Meldung gemäß § 18 GSVG erstattet, da bei Anmeldung des Gewerbes automatisch die zuständige SVA verständigt und bei den freien Dienstnehmern der Meldepflicht ebenso nachgekommen worden sei, was trotz der schwerwiegenden Ermittlungsfehler sogar die Finanzpolizei hätte feststellen können.

Hätte sich die Finanzpolizei mit den richtigen Bemessungsgrundlagen auseinandergesetzt, hätte sie - unabhängig davon, dass die Abgabenforderung bereits dem Grunde nach nicht zustehe - rechnerisch eine zu etwa 70% niedrigere Forderung ermitteln müssen.

All das zeige, dass der angefochtene Bescheid nicht nur auf einer unrichtigen Ermessensausübung und einem unrichtigen Sachverhalt basiere, sondern darüber hinaus jeglicher rechtlicher Grundlage entbehre.

**********

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus wie folgt:

Zu Punkt I.1.1. der Beschwerdeausführungen:

Zunächst sei der Bf. zuzustimmen, dass ihre Bilanz 2013 ein Eigenkapital in Höhe von € 1,667.475,77 sowie liquide Mittel in Höhe von € 674.646,26 aufweise. Zu widersprechen sei allerdings der Behauptung, dass die Nichtverfügbarkeit des gesamten Sicherstellungsbetrages in liquiden Mitteln die Einbringung nicht erschwere. Gerade das Gegenteil sei der Fall. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass aus dem im Sicherstellungsauftrag dargestellten Sachverhalt auch Forderungen an Sozialversicherungsbeiträgen zu erwarten seien. Nach der Judikatur (zuletzt etwa Erkenntnis des ) rechtfertige eine erhebliche Verschuldung des Abgabepflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lasse, eine Maßnahme nach § 232 BAO; genau diese erhebliche Verschuldung (resultierend aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Abgabenansprüchen, den zu erwartenden Vorschreibungen an Sozialversicherungsbeiträgen und den bereits in der Bilanz ausgewiesenen Verbindlichkeiten) sowie der Zugriff der zuständigen Sozialversicherungsanstalten als Gläubiger von Sozialversicherungsbeiträgen seien zu befürchten.

Zu Punkt I.1.2. der Beschwerdeausführungen:

Der Bf. sei insoweit zuzustimmen, dass im Rahmen der letzten Prüfung der Sozialversicherungsbeiträge und lohnabhängigen Abgaben (Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ) die Tätigkeit der RegalbetreuerInnen nicht beanstandet worden sei; dies werde vom damals zuständigen Prüforgan auch bestätigt. Somit könne der im angefochtenen Bescheid auf dieser Basis erhobene Gefährdungsvorwurf nicht aufrechterhalten werden. Die oben dargestellten Erwägungen zu Punkt I.1.1. der Beschwerdeausführungen würden jedoch für die Annahme der Gefährdung bzw. Erschwerung im Sinne von § 232 BAO für sich alleine hinreichen; die Abgabenbehörde sei an die „Nichtbeanstandung“ im Rahmen der genannten Prüfungsmaßnahme für die Jahre 2005 bis 2009 nicht gebunden.

Zu Punkt I.1.3. der Beschwerdeausführungen:

Die Aussage des Geschäftsführers zur Insolvenzgefahr habe dieser laut Auskunft des Organes der Finanzpolizei nach der Aufnahme und Unterfertigung der Niederschrift getroffen und habe im Hinblick auf diese Umstände nur mehr durch Aktenvermerk dokumentiert werden können. An der inhaltlichen Richtigkeit des Aktenvermerkes könne kein Zweifel bestehen und die Äußerung des Geschäftsführers werde im Hinblick auf die zu Punkt I.1.1. dargelegte erwartbare Verschuldung plausibel.

Zu Punkt I.2. der Beschwerdeausführungen:

Die von der Bf. ins Treffen geführten Judikatur- und Richtlinienzitate würden zutreffen, nicht aber die daraus gezogenen Schlussfolgerungen für den konkreten Fall. Es könne dazu auf die bereits oben dargelegten Erwägungen verwiesen werden.

Zu Punkt II. der Beschwerdeausführungen:

Die Bf. moniere eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung und bestreite die Entstehung des Abgabenanspruches. Es sei ihr entgegenzuhalten, dass nach der Judikatur (zuletzt etwa Erkenntnis des ) bloß gewichtige Anhaltspunkte für die Entstehung des Abgabenanspruches vorliegen müssten, es sei jedoch mit Verweis auf , in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden, ob die Abgabenschuld tatsächlich entstanden sei. Aus dem Wortlaut des § 232 BAO und der darauf beruhenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (, 0155) gehe hervor, dass die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld, wie sie nur durch ein ordnungsgemäßes Festsetzungsverfahren gewährleistet und etwa für die Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld iSd § 226 BAO Voraussetzung sei, für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht erforderlich sei. Die gewichtigen Anhaltspunkte für die Entstehung von Abgabenansprüchen laut dem angefochtenen Bescheid seien in eben diesem umfangreich und klar dargelegt worden; die Beschwerdeausführungen würden diese nicht ins Wanken zu bringen vermögen. Das diesbezügliche Sachverhaltsvorbringen werde im Abgabenfestsetzungsverfahren noch zu prüfen und zu würdigen sein; vorweg sei nur auf folgende Punkte eingegangen:

Die Bf. führe aus, dass auch die Feststellung des Finanzamtes, es würden keine Rechnungen gelegt, nicht herangezogen werden könne, um die gegenständlichen Auftragsverhältnisse als Dienstverhältnisse zu qualifizieren, da die Auftragnehmer die Erfüllung des Auftrages in einem von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten System mitteilen und auf Basis der bekanntgegebenen Leistungen seitens der Bf. entsprechende Gutschriften ausgestellt und die entsprechenden Beträge zur Auszahlung gebracht würden. Dieses Dokumentations- und Abrechnungssystem sei ein Indiz für das Vorliegen von Dienstverhältnissen, da die Verpflichtung zur Führung eines arbeitgebereigenen Leistungserfassungssystems mit zeitlicher Komponente (wie im angefochtenen Bescheid unwidersprochen ausgeführt, erfolge die Entlohnung nach „Regalmetern“, wobei für einen Regalmeter die Richtzeit von einer Arbeitsstunde vorgegeben sei und den RegalbetreuerInnen dafür ein Stundensatz als Entgelt gewährt werde) für ArbeitnehmerInnen geradezu typisch sei.

Zum Vorwurf, das Finanzamt hätte bezüglich der rechtlichen Qualifikation drei ganz wesentliche Feststellungen nicht getroffen, nämlich zur Weisungsgebundenheit, zum Recht Aufträge sanktionslos abzulehnen und zum Vertretungsrecht, sei Folgendes zu entgegnen:

Die sich aus einer Weisungsgebundenheit ergebende persönliche Abhängigkeit von DienstnehmerInnen könne auch dann vorliegen, wenn der Dienstgeber praktisch überhaupt nicht in den Arbeitsablauf eingreife, weil sich schon auf Grund der auszuführenden Tätigkeit genaue Arbeitsanweisungen ergeben würden und daher zusätzliche Weisungen nicht von Nöten seien. Wenn durch die vorgegebene Tätigkeit ausreichend genau umrissen sei, welche Arbeitsleistung zu erbringen sei, und darüber hinaus die Vorgaben hinsichtlich der Art und des Ortes der einzuschlichtenden Ware in genauester Weise determiniert seien (wie dies in Filialen großer Einzelhandelsketten aus verkaufspsychologischen Gründen nach der allgemeinen Lebenserfahrung eben der Fall sei), so sei schon daraus ersichtlich, dass die Auftragnehmer der Beschwerdeführerin kein Werk schulden, sondern ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen würden. Genau diese Aussagen habe die Judikatur () unter Bezugnahme auf deutsche Judikate bei vergleichbarer Rechtslage zur Tätigkeit von Regalschlichtern im Rahmen eines dem vorliegenden Fall sehr ähnlichen Sachverhaltes getroffen und der Verwaltungsgerichtshof zu 2010/13/0117 die Behandlung einer dagegen gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Das angeblich vorhandene faktische Recht der RegalbetreuerInnen, Aufträge abzulehnen oder nicht durchzuführen, werde in der Beschwerde nur behauptet, aber durch keinerlei Beweisangebote gestützt.

Es möge nun sein, dass sich die AuftragnehmerInnen im vorliegenden Fall selbst eine Vertretung organisieren könnten, jedoch seien Vertretungsbefugnis ebenso wie das Unternehmerwagnis als Beurteilungskriterien nur relevant, wenn die in der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG enthaltenen zwei Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen würden, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die organisatorische und zeitliche Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen würden. Wie im angefochtenen Bescheid und auch oben hinreichend begründet, seien diese beiden Kriterien deutlich verwirklicht und es lägen somit gewichtige Gründe für das Vorliegen von Dienstverhältnissen vor. Zu den Vertretungen müsse überdies auf den Widerspruch in der Beschwerdeaussage hingewiesen werden, dass das vertretungsbefugte Organ der Bf. über Unterlagen zu etwa 8.000 Vertretungen im Jahr 2013 verfüge, „von denen die Bf. nicht informiert“ worden sei.

Zu Punkt III. der Beschwerdeausführungen:

Zum Vorwurf der rechtswidrigen und unrichtigen Berechnung der Bemessungsgrundlage im Rahmen einer Schätzung gemäß § 184 BAO sei zunächst wiederholend darauf zu verweisen, dass nach der bereits zitierten Judikatur die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld, wie sie nur durch ein ordnungsgemäßes Festsetzungsverfahren gewährleistet und etwa für die Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld iSd § 226 BAO Voraussetzung sei, für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht erforderlich sei. Bezeichnenderweise unterlasse es die Bf. in Ihrer Beschwerde, die in Frage kommenden Besteuerungsgrundlagen offenzulegen und belasse es bei der unbelegten und nicht näher begründeten Behauptung, die Wahrscheinlichkeit des Zutreffens der im angefochtenen Bescheid genau dargelegten Hochrechnung als Basis der bisher bekannten Fakten liege „bei rund 1,00 Promille“.

Die Bestimmung des § 62a EStG habe nach Auffassung der Abgabenbehörde nur insoweit Bedeutung, als der tatsächliche Inhalt einer Entlohnungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Dunkeln bleibe und nicht durch andere Sachverhaltselemente erschließbar sei, dass tatsächlich ein Nettolohn vereinbart worden sei. Es handle sich also um eine widerlegbare gesetzliche Vermutung.

Im vorliegenden Fall liege der maximale vereinbarte Stundenlohn von € 7,20 (wie unwidersprochen im angefochtenen Bescheid aufgezeigt) weit unter den kollektivvertraglichen Mindestsätzen, sodass auch im Geltungsbereich des § 62a EStG zumindest im Rahmen des Sicherstellungsverfahrens ohne Prüfung der Erfüllung der in leg.cit. genannten Meldepflichten von einer Nettolohnvereinbarung ausgegangen werden könne. Es sei kaum zu erwarten, dass am österreichischen Arbeitsmarkt Personen bereit seien, derartige Löhne als Bruttolöhne zu akzeptieren, von denen noch Sozialversicherungsabgaben und Steuern abzuführen seien. Es sei abermals darauf zu verweisen, dass nach der bereits zitierten Judikatur die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld, wie sie nur durch ein ordnungsgemäßes Festsetzungsverfahren gewährleistet und etwa für die Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld iSd § 226 BAO Voraussetzung sei, für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht erforderlich sei.

Die Beschwerdeausführungen seien somit nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Sicherstellungsauftrages in Zweifel zu ziehen.

Da kein Antrag auf sofortige Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gestellt worden sei, ergehe diese Beschwerdevorentscheidung in Ansehung der zwingenden gesetzlichen Anordnung des § 262 Abs. 1 BAO.

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Fristgerecht beantragte die Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat.

**********

In Entsprechung eines Antrages auf Akteneinsicht vom übermittelte das Bundesfinanzgericht der steuerlichen Vertretung der Bf. die ihm seitens des Finanzamtes zugekommenen Unterlagen, woraufhin mit Schreiben vom ein ergänzendes Vorbringen erstattet wurde:

Die Bf. habe - vertreten durch ihren steuerlichen Vertreter - den Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Mit E-Mail vom sei diesem Ersuchen dadurch nachgekommen worden, dass die dem BFG vom FA Baden Mödling vorgelegten Urkunden sowohl an den steuerlichen Vertreter als auch an die im Verfahren ausgewiesenen Rechtsvertreter der Bf. übermittelt worden seien.

Festgehalten werde, dass es sich dabei lediglich um einen Bruchteil der im gegenständlichen Verfahren vorhandenen und auch von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden handle, sodass das ergänzende Vorbringen samt ergänzender Urkundenvorlage zur Schaffung einer tatsächlichen Basis zur Entscheidungsfällung jedenfalls notwendig sei. Überdies würden jene Urkunden, die von der FinPol und/oder dem FA Baden Mödling nicht an das BFG übermittelt worden seien, nochmals vorgelegt.

1. Zu den seitens der FinPol in den dem BFG vorliegenden E-Mails gemachten Angaben, wonach Gefahr in Verzug vorliege, die den angefochtenen Sicherstellungsauftrag im Wesentlichen begründen würden, werde bereits an dieser Stelle festgehalten, dass diese Angaben unwahr und aus der Luft gegriffen seien.

Es habe (unter anderem) am eine Einvernahme des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin, Herrn C.E. , im Beisein seiner Rechtsanwältin, Mag.  M.S. , stattgefunden. Die vollständige Aussage des Herrn E. finde sich in der dem BFG vorliegenden NS vom .

Offenbar nach dieser Aussage sei seitens der FinPol ein handschriftlicher AV erstellt worden, der dem BFG ebenfalls vorliege und in dem die einschreitende Finanzpolizistin wahrheitswidrig festgehalten habe, der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hätte nach Beendigung der Niederschrift in Anwesenheit seiner Rechtsanwältin gesagt, er müsse in Konkurs gehen, wenn die selbständigen Regalbetreuerlnnen ihm bzw. „seiner Firma“ als Dienstnehmer zugerechnet werden würden.

Diese Aussage sei zu keinem Zeitpunkt getätigt worden, sondern sei frei erfunden.

Bis zur Zustellung des hier angefochtenen Sicherstellungsauftrages sei der gegenständliche AV weder dem Geschäftsführer noch seiner Rechtsvertreterin oder dem Steuerberater bekannt gewesen.

Bekannt geworden sei der AV unwahren lnhalts erst anlässlich der Zustellung des angefochtenen Sicherstellungsauftrages, da dieser ganz wesentlich auf dieser nicht getätigten Aussage, mit der das Vorliegen von Gefahr in Verzug sowie die mögliche Gefährdung oder Erschwerung der Abgabeneinbringung begründet worden sei, basiere.

Die sowohl anlässlich der Einvernahme vom als auch bei der Zustellung des Sicherstellungsauftrages und der darauf basierenden Pfändung anwesende Finanzpolizistin, P.P. , sei von RA Mag.  S. , in deren Anwesenheit die inkriminierte Aussage angeblich getätigt worden sei, aufgefordert worden, mitzuteilen, wann und unter welchen Umständen diese Aussage getätigt worden sein solle und warum sich diese nicht im Protokoll, sondern in einem eigens angefertigten AV finde.

Frau P. habe daraufhin in Anwesenheit der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin, des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin sowie der Steuerberater Mag.  P.R. und Dr.  P.B. geschildert, dass die Aussage getätigt worden sei, als einer der drei bei der Einvernahme am anwesenden Finanzpolizisten beim Dienst-PKW gewesen sei, um die Niederschrift auszudrucken. Dies erkläre auch, warum sich die Aussage nicht in der Niederschrift finde.

Aus Sicht der Beschwerdeführerin stelle sich nun die Frage, wieso ein AV unrichtigen lnhalts von drei Finanzpolizisten unterfertigt worden sei, wenn anlässlich der behaupteten Aussage überhaupt nur zwei Finanzpolizisten anwesend gewesen sein sollten.

Darauf angesprochen, wieso die Niederschrift, die sowohl vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin als auch von der Rechtsvertreterin durchgelesen und korrigiert worden sei, bevor deren Endfassung ausgedruckt und unterfertigt worden sei, nicht entsprechend ergänzt worden sei, habe Frau P. keine Antwort geben können. Es sei ihr seitens der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin bereits anlässlich der Sicherstellung mitgeteilt worden, dass eine derartige Aussage nie getätigt worden sei.

Wozu die Angabe der P.P. in ihrem E-Mail vom , wonach der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin „überdies“ deutscher Staatsbürger sei und seine Lebensgefährtin in Deutschland lebe (was wiederum unrichtig sei), dienen solle, verschließe sich der Beschwerdeführerin. Sollte damit angedeutet werden, dass Gefahr im Verzug vorliege, da der Geschäftsführer sich nach Deutschland „absetzen“ könnte, sei dies ebenso haltlos wie lächerlich, da ein Zugriff auf Abgabenschuldner den österreichischen Behörden in Deutschland ohne weiteres möglich sei.

Beweis: Einvernahme C.E. , Mag.  M.S. und Mag.  P.R. , die alle anlässlich der mündlichen Verhandlung vom anwesend sein würden

2. Noch mit E-Mail vom sei Frau P. von der Rechtsvertreterin aufgefordert worden, jenen „internen Aktenvermerk“ zu übermitteln, in dem sich die dem Sicherstellungsauftrag zugrundeliegende inkriminierte Aussage finde.

Herr Mag.  M. , ein Mitarbeiter des juristischen Dienstes der FinPol, habe dazu mit E-Mail vom lediglich mitgeteilt, man möge in den beim zuständigen Finanzamt aufliegenden Akt Einsicht nehmen, und die Übersendung des AV verweigert.

Der AV sei sohin direkt beim zuständigen FA ausgehoben worden. Diesem AV seien - wie bereits vorgebracht - die (unleserlichen) Unterschriften von drei Beamten zu entnehmen. Da Frau P. in Anwesenheit mehrerer Zeugen angegeben habe, die Aussage sei erfolgt, als einer von drei Finanzpolizisten sich beim Dienst-PKW befunden habe, um die Niederschriften auszudrucken, sodass nach ihrer eigenen Aussage nur sie und ein zweiter Polizist bei der Aussage anwesend gewesen sein könnten, sei sie mit Schreiben der Rechtsvertreterin vom zur Stellungnahme aufgefordert worden.

Als Reaktion darauf habe die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin am ein E-Mail von Frau P. erhalten, in dem diese mitgeteilt habe, dass amtliche Wahrnehmungen in Form paraphierter Aktenvermerke aufgenommen werden könnten, habe die deutlich gestellte Frage aber unbeantwortet gelassen.

Mit Schreiben vom habe die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin Frau P. darauf aufmerksam gemacht, dass Aktenvermerke gemäß § 89 BAO nur dann angefertigt werden könnten bzw. dürften, wenn kein Anlass zur Aufnahme einer Niederschrift bestehe. Der gegenständliche AV, der genau aus Anlass einer Niederschrift und quasi „neben“ dieser angefertigt worden sei, finde sohin - abgesehen von der Unrichtigkeit seines Inhalts - im Gesetz keine Deckung.

Dieses Schreiben sei seitens HR B.S. von der FinPol Stmk/Kärnten mit Schreiben vom beantwortet worden, der mitgeteilt habe, dass die inkriminierte Äußerung des Herrn E. beim Verlassen der Büroräumlichkeiten getätigt worden sei und der AV nicht auf der BAO basiere, da die Ermittlungshandlungen „außerhalb des Abgabenverfahrens getätigt“(???) worden seien.

Auch diese Angabe sei unrichtig, da die Rechtsvertreterin, in deren Anwesenheit die inkriminierte Aussage angeblich getätigt worden sei, beim Verlassen der Büroräumlichkeiten nicht dabei gewesen sei, sondern im Besprechungszimmer der Beschwerdeführerin verblieben sei. Auch der Inhalt dieses Schreibens basiere also offenbar auf unrichtigen Angaben der Frau P. .

Zuletzt habe der Beschwerdevorentscheidung vom dann entnommen werden können, dass die einschreitende Finanzpolizistin angegeben habe, die inkriminierte Aussage sei „nach Aufnahme und Unterfertigung der Niederschrift“ erfolgt, was wiederum ihrer am in Anwesenheit mehrerer Zeugen getätigten Aussage diametral widerspreche.

Als Ergebnis ist also festzuhalten, dass der angefochtene Sicherstellungsauftrag ganz wesentlich auf einer unrichtigen Angabe einer Finanzpolizistin basiere, sodass der AV, der diese Angabe enthalte, der nunmehrigen Entscheidung keinesfalls zugrunde zu legen sein werde.

Entfalle aber aufgrund der Unrichtigkeit des AV dieser als Grundlage für den Sicherstellungsauftrag, verbleibe nichts, das auf eine Gefährdung oder Erschwerung der Abgabeneinbringung hindeute. Damit entfalle aber das wesentlichste Kriterium für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages, sodass der Beschwerde bereits aus diesem Grund stattzugeben sein werde.

Beweis: E-Mail der Mag.  S. vom , E-Mail des Mag.  M. vom , Schreiben der Mag.  S. vom , Schreiben der Frau P. vom , Schreiben der Mag.  S. vom , Schreiben des HR B. vom , BVE vom

3. Abgesehen von der Unrichtigkeit der oben wiedergegebenen Angaben der FinPol sei der Sicherstellungsauftrag auch aus den weiteren in der Beschwerde vom angeführten Gründen nicht berechtigt.

Um Wiederholungen zu vermeiden, werde auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen und dazu ergänzend vorgebracht wie folgt:

3.1. Der Sicherstellungsauftrag bzw. die BVE sei unter anderem damit begründet worden, dass eine erhebliche Verschuldung des Abgabepflichtigen die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages begründe.

Dabei übersehe das FA Baden Mödling, dass keine erhebliche Verschuldung der Beschwerdeführerin vorliege.

Die erhebliche Verschuldung werde dabei mit möglichen Forderungen der GKK begründet, von der zu Punkt I.1.2. der BVE ausgeführt werde, dass die Tätigkeit der Regalbetreuer bereits bei der letzten GPLA nicht beanstandet worden sei (siehe dazu auch im nächsten Punkt) und dass diese Tätigkeit nicht als Begründung der Gefährdung herangezogen werden könne.

Es werde sohin auf die in Punkt 1.1. der Beschwerde widergegebenen, auf der Bilanz 2013 basierenden Zahlen verwiesen und unter Hinweise auf das Eigenkapital von EUR 1.667.475,00, die Eigenmittelquote von 63,38%, die liquiden Mittel von EUR 674.646,00, die Rückstellungen und Verbindlichkeiten von EUR 963.583,00 und die Forderungen und das kurzfristige Umlaufvermögen von EUR 1.691.992,00 ergänzend Folgendes festgehalten:

ln der BVE werde zu Punkt I.1.3. der Beschwerde Folgendes ausgeführt: „An der inhaltlichen Richtigkeit des Aktenvermerkes kann kein Zweifel bestehen und die Äußerung des Geschäftsführers wird im Hinblick auf die zu Punkt I.1.1. dargelegte erwartbare Verschuldung plausibel.“

Darauf basierend habe das Finanzamt einen völlig an den Haaren herbeigezogenen Sicherstellungsbetrag errechnet und ohne in die dem Finanzamt vorliegende Bilanz 2013 der Bf. auch nur zu beachten, einen Sicherstellungsauftrag erlassen.

Als geübter Bilanzleser hätte man leicht erkennen können, dass der inhaltlich falsche und auch völlig falsch errechnete Sicherstellungsbetrag im Eigenkapital der Bf. leicht Deckung finde. Das Eigenkapital wäre zwar auf EUR 524.769,00 abgefallen, aber die Eigenkapitalquote hätte noch immer rd 20% betragen. Das URG sehe einen Reorganisationsbedarf bei Unterschreiten einer Eigenkapitalquote von 8% und einer fiktiven Schuldentilgungsdauer von mehr als 15 Jahren.

Hätte das Finanzamt die dem Finanzamt vorliegende Bilanz 2013 der Bf. zumindest gelesen, so hätte es auf Seite 8 des Jahresabschlusses die Kennzahlen gemäß URG erkennen können und hätte auch feststellen können, dass der Cash Flow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit rund EUR 630.000,00 p.a. beträgt.

Bei korrekter Beurteilung dieser Bilanz liege weder eine Konkursgefahr, noch eine Zahlungsunfähigkeit oder auch nur eine Zahlungsgefährdung vor. Daran erkenne man, dass das Finanzamt sich mit dem gegenständlichen Sachverhalt rein gar nicht auseinandergesetzt und sogar die einfachsten Schritten unterlassen habe, um sich ein Bild der finanziellen Situation der Gesellschaft zu verschaffen.

Im Rahmen der gegenständlichen Sicherstellung sei dem FA Baden Mödling über erste Aufforderung eine abstrakte Bankgarantie über EUR 130.000,00 mit einer Laufzeit bis zur Verfügung gestellt worden und der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe gegenüber der Bank eine persönliche Haftung dafür übernommen.

Weder die Beschwerdeführerin noch ihr Geschäftsführer hätten sohin irgendein Verhalten gesetzt, das auch nur darauf hindeute, dass die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringlichmachung von Abgaben zu befürchten sei.

Im Gegenteil: Die Beschwerdeführerin habe auch der FinPol umgehend und freiwillig sämtliche Unterlagen und notwendigen Nachweise übermittelt, die allerdings von der FinPol und dem FA Baden Mödling gänzlich unbeachtet geblieben seien.

Beweis: JAB 2013 (dem Finanzamt vorliegend)

3.2. Es müsse auch beachtet werden, dass ein weiterer ganz wesentlicher zur Begründung der Sicherstellung herangezogener Punkt ersatzlos weggefallen sei:

Das FA Baden Mödling selbst stelle fest, dass die Tätigkeit der Regalbetreuer von der GKK anlässlich der letzten GPLA für die Jahre 2005 bis 2009 (die derzeit laufende GPLA sei noch nicht abgeschlossen) nicht beanstandet worden sei und dass der im angefochtenen Sicherstellungauftrag auf dieser Basis angenommene Gefährdungsvorwurf nicht aufrechterhalten werden könne.

Genau diese angebliche Beanstandung habe aber zur Erlassung des gegenständlichen Sicherstellungsauftrages geführt. Auch die Tatsache, dass diese Basis des Sicherstellungsauftrages weggefallen sei, habe zu dessen ersatzloser Aufhebung zu führen.

Würden nämlich - wie bereits anlässlich der letzten GPLA, der derselbe Sachverhalt zugrunde liege wie dem nun ergangenen Sicherstellungsauftrag – keine soziaIversicherungsrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnisse vorliegen, seien diese auch Iohnsteuerrechtlich nicht relevant, sodass die vom FA Baden Mödling geschätzten Lohnsteuerbeträge jeglicher Basis entbehren würden.

3.3. Wenn das FA Baden Mödling in weiterer Folge die Entscheidung des UFS zu RV/0574-W/09 heranziehe und meine, der Sachverhalt sei vergleichbar, gebe es damit zu erkennen, dass es sich mit dem gegenständlichen Sachverhalt überhaupt nicht auseinandergesetzt habe.

Im hier gegenständlichen Fall könnten sich die Regalbetreuer vertreten lassen und würden dies auch tun. Sie seien in keiner Weise in irgendeinen Markt, in dem sie tätig werden würden, (oder in das Unternehmen der Beschwerdeführerin) integriert und sie würden auch von den im Markt tätigen Mitarbeitern sowie der Beschwerdeführerin keinerlei Weisungen erhalten.

Ganz anders würde sich der Sachverhalt der oben zitierten Entscheidung (UFS RV/0574-W/09) darstellen. Dort hätten die Regalbetreuer „in der gleichen Art und Weise wie das angestellte Personal im Markt“ gearbeitet und seien - wie eigenes Personal - zum Ausgleich von Spitzenzeiten eingesetzt worden. Die Regalbetreuer hätten den Anweisungen des im Markt tätigen Personals zu folgen gehabt und seien von diesem kontrolliert worden. Die Arbeitszeit sei im zitierten Fall über das Arbeitszeitsystem des Marktes erfasst worden.

Nichts von dem treffe auf den gegenständlichen Fall zu:

- Die Regalbetreuer würden sich Zeit und Arbeitsort völlig frei einteilen,
- es würden keine Weisungen erteilt werden,
- es würden keine Kontrollen durchgeführt werden,
- kein Auftrag müsse angenommen werden,
- Aufträge könnten sanktionslos abgelehnt werden,
- auch angenommene Aufträge müssten nicht durchgeführt werden und
- die Regalbetreuer könnten sich jederzeit vertreten lassen und würden das auch tun.

Wenn das FA Baden Mödling anführe, dass das angeblich vorhandene faktische Recht der Regalbetreuer, Aufträge abzulehnen, nicht durchzuführen sei, oder sich vertreten zu lassen durch keinerlei Beweisanbot unterstützt werde, so ignoriere es offenbar den Akteninhalt.

Wenn das FA Baden Mödling weiters anführe, dass Vertretungsbefugnis und Unternehmerwagnis nur dann Abgrenzungskriterien darstellen würden, wenn Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers nicht vorliegen würden, übersehe es wiederum zweierlei:

Einerseits würden weder Weisungsbefugnis des Auftraggebers noch Eingliederung in einen Betrieb (und zwar weder in den Betrieb der Beschwerdeführerin noch in den Betrieb irgendeines Standortes, an dem die Regalbetreuer tätig seien) vorliegen.

Andererseits schließe das Vorliegen einer Vertretungsbefugnis die für die Bejahung unselbständiger Tätigkeit notwendige persönliche Abhängigkeit - auch nach der diesbezüglich eindeutigen und ständigen Judikatur des VwGH - völlig aus, sodass im gegenständlichen Fall keine Dienstverhältnisse vorliegen könnten.

Es seien der FinPol Unterlagen über 8000(!) ungemeldete Vertretungen überlassen worden, die Bestandteil des gegenständlichen Aktes sein müssten (dem BFG - im Gegensatz zur GKK, an die diese Unterlagen nach mehrmaligen Urgenzen übermittelt worden seien - allerdings offenbar nicht vorgelegt worden seien).

Es würden diesem Schriftsatz also die Unterlagen über 8000 Vertretungen beigelegt und dazu vorgebracht wie folgt:

Im Bereich der Regalbetreuung gebe es zwei Arten von Vertretungen:

a) Jene, bei denen sich im System der Beschwerdeführerin erfasste Regalbetreuer von anderen im System erfassten Regalbetreuern vertreten lassen würden.

In diesem Fall erfahre die Beschwerdeführerin dadurch von den Vertretungen, dass ein Regalbetreuer den Auftrag annehme und ein anderer ihn abrechne.

b) Jene, bei denen sich Regalbetreuer von Personen vertreten lassen würden, die nicht im System der Beschwerdeführerin erfasst seien und die daher direkt mit den von ihnen vertretenen Personen abrechnen würden.

Von derartigen Vertretungen erfahre die Beschwerdeführerin nur durch Zufall, so z.B. durch Anzeigen der FinPol.

Als Beispiel dazu werde auf den von der FinPoI angezeigten Fall MDS2-V-12 131780/5 der BH Mödling verwiesen, in dem seitens der FinPoI ein Verstoß der Beschwerdeführerin gegen § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG behauptet worden sei.

Es sei nämlich ein Regalbetreuer in Vorarlberg angetroffen worden, der nicht von der Beschwerdeführerin zur GKK angemeldet worden sei. Tatsächlich habe es sich bei diesem Regalbetreuer um den Vertreter einer für die Beschwerdeführerin tätigen Auftragnehmerin gehandelt, was - mit Zustimmung der FinPol! - zur Einstellung des Verfahrens geführt habe.

Schon damit sei ausreichend belegt, dass die Auftragnehmer der Beschwerdeführerin sich vertreten lassen könnten und von diesem Vertretungsrecht auch Gebrauch machen würden.

Hätten sich die FinPol und/oder das FA Baden Mödling mit dem gegenständlichen Sachverhalt konkret auseinandergesetzt, statt eine völlig andere Sachverhalte betreffende Judikatur zu zitieren, hätte der gegenständliche Sicherstellungsauftrag nicht erlassen werden dürfen.

Beweis: Liste über 8000 ungemeldete Vertretungen, Anzeige des FA Bregenz vom , Rechtfertigung vom , Bescheid des BH Mödling vom

3.4. Die FinPol hält in dem dem BFG vorliegenden E-Mail vom fest, dass ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden sei (was zutreffe, dieses sei bislang noch anhängig).

Dem angefochtenen Sicherstellungsauftrag liege die von der FinPol zur Anzeige gebrachte Annahme zugrunde, dass es sich bei sämtlichen Regalbetreuern um echte Dienstnehmer im Sinn des § 47 EStG handle (angefochtener Sicherstellungsauftrag Seite 3). Demnach handle es sich - gemäß dem angefochtenen Sicherstellungsauftrag - weder um freie Dienstverhältnisse, noch um selbständige Auftragsverhältnisse.

Die FinPoI selbst sei allerdings mittlerweile nicht mehr imstande, ihren unrichtigen Rechtsstandpunkt aufrecht zu erhalten.

Im zu GZ.1 der BH Mödling geführten Verwaltungsstrafverfahren habe die FinPol mit Schriftsatz vom ihren unrichtigen Rechtsstandpunkt insofern aufgegeben, als sie nunmehr nicht mehr apodiktisch festgestellt haben möchte, dass die Regalbetreuer unter § 4 Abs. 1 und 2 ASVG fallen würden. Vielmehr verlange die FinPoI nun eventualiter, die BH Mödling möge feststellen, dass die Auftragsverhältnisse der Regalbetreuer als freie Dienstverhältnisse gemäß § 4 Abs. 4 ASVG zu qualifizieren seien.

Das sei zutreffend:

Die Regalbetreuer würden als freie Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG oder als selbständige Unternehmer mit Gewerbeschein beschäftigt werden.

Bei Einkommen freier Dienstnehmer liege kein Arbeitslohn iSd § 47 EStG iVm Einkünften iSd § 25 EStG vor, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb, was dem gegenständlichen Sicherstellungsauftrag ebenfalls die Grundlage entziehe, da die Beschwerdeführerin naturgemäß in diesem Fall keine Lohnsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen habe.

Lediglich der Vollständigkeit halber werde festgehalten, dass Auftragnehmer, die grundsätzlich als freie Dienstnehmer zu qualifizieren wären, dann, wenn sie – wie im gegenständlichen Fall - über einen Gewerbeschein verfügen würden, ex lege (§ 4 Abs. 4 Z 2 Iit. a ASVG) auch nicht bei der GKK zu versichern, sondern selbständig seien und den Bestimmungen des GSVG unterliegen würden. Es sei bei rechtsrichtiger Qualifikation der Auftragsverhältnisse daher auch nicht mit Nachforderungen der GKK zu rechnen.

Beweis: Stellungnahme der FinPol vom (letzte Seite)

3.5. Weiters teile die FinPoI in einer E-Mail vom mit, dass bezüglich des gegenständlichen Sachverhaltes eine „Bekanntgabe“ an die Staatsanwaltschaft erfolgt sei.

Hätte die Beschwerdeführerin die ihr zur Last gelegten Vergehen begangen, würde es sich zweifelsohne gemäß den Bestimmungen des StGB zu ahndende Delikte handeln, sodass die Staatsanwaltschaft von Gesetz wegen verpflichtet wäre, ein entsprechendes Verfahren gegen die Beschwerdeführerin (bzw. deren Geschäftsführer) zu führen.

Auch die Staatsanwaltschaft habe trotz der detaillierten und mit zahllosen die Beschwerdeführerin scheinbar belastenden Unterlagen „belegten“ Sachverhaltsdarstellung der FinPoI nach Prüfung des Sachverhaltes keinen Anlass gesehen, entsprechende Schritte zu setzen. Das Strafverfahren sei sohin nach § 190 Z 2 StPO eingestellt worden, da die Staatsanwaltschaft keine tatsächlichen Grund zur Verfolgung gesehen habe.

Beweis: Mitteilung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt über die Einstellung des Verfahrens vom Jänner 2015

3.6. Das FA Baden Mödling gestehe in Punkt I.1.2. der BVE zu, dass die Tätigkeit der Regalbetreuer nicht beanstandet worden sei und dass diese nicht als Basis der Sicherstellung dienen könne.

Da dem gegenständlichen Sicherstellungauftrag allerdings ausschließlich die Beschäftigung der Regalbetreuer zugrunde Iiege‚ habe das FA Baden Mödling damit bereits zugestanden, dass dem gesamten Sicherstellungsauftrag die Basis fehle, sodass völlig unverständlich sei, wieso dieser nicht bereits mit der BVE des FA Baden Mödling aufgehoben worden sei.

Beweis: wie bisher

3.7. Zusammenfassend wird zur Tatsachenbasis des angefochtenen Sicherstellungsauftrages also Folgendes festgehalten:

- Die vom Finanzamt Baden Mödling angenommene Gefährdung oder Erschwerung der Einbringlichmachung von Abgaben basiere im Wesentlichen auf unwahren Angaben der FinPol.

- Die FinPoI selbst sei nicht mehr imstande, ihren unrichtigen Rechtsstandpunkt aufrecht zu erhalten und gehe mittlerweile selbst (zumindest eventualiter) vom Vorliegen freier Dienstnehmer aus, die nicht unter die Bestimmung des § 47 EStG fallen würden.

- Die Art der Beschäftigung der Regalbetreuer könne als Basis des Vorwurfs der Gefährdung der Einbringlichmachung von Abgaben nicht herangezogen werden (BVE FA Baden Mödling vom , Seite 1f).

Zur Rechtslage werde auf die Beschwerde verwiesen und dazu ergänzend Folgendes vorgebracht:

Gemäß § 115 BAO habe die Abgabenbehörde Angaben des Abgabenpflichtigen auch zu seinen Gunsten zu würdigen, was im gegenständlichen Fall ganz offensichtlich nicht geschehen sei, sodass auch darin ein Verstoß gegen die objektive Ermittlungspflicht der Abgabenbehörde zu sehen sei.

lm gegenständlichen Fall sei eklatant und in rechtsstaatlich höchst bedenklicher Weise - insbesondere durch die FinPoI, die selbst zugestehe, „außerhalb des Abgabenverfahrens“ (und offenbar in einem rechtsfreien Raum außerhalb der BAO) zu agieren - gegen führende Grundsätze der BAO verstoßen worden. Schon diese Verstöße für sich genommen seien hinreichend, den angefochtenen Sicherstellungsauftrag mit Rechtswidrigkeit zu behaften, die zu seiner Aufhebung zu führen habe.

3.8. Wenn das FA Baden Mödling der Beschwerdeführerin zu ihren Ausführungen in Bezug auf die rechtswidrige und unrichtige Berechnung der Bemessungsgrundlage vorhaIte‚ sie habe es „bezeichnenderweise“ unterlassen, die in Frage kommenden Besteuerungsgrundlagen offenzuIegen‚ so ziehe es einen Zirkelschluss:

Die Beschwerdeführerin beschäftige selbständigen Auftragnehmer, sodass die Besteuerungsgrundlage für unselbständige Auftragnehmer EUR 0,00 betrage. Es sei der Beschwerdeführerin sohin nicht möglich, eine Besteuerungsgrundlage für Abgaben offenzulegen, die schon dem Grunde nach nicht bestehen würden.

Der Vollständigkeit halber werde an dieser Stelle festgehalten, dass keine Stundensätze bezahlt werden würden, sondern dass nach Regalmetern abgerechnet werde. Wie lange ein Auftragnehmer zur Betreuung eines Regals benötige, sei dabei für die Beschwerdeführerin völlig irrelevant. Es ergebe sich auch aus keiner der Niederschriften, dass nach Zeiteinheiten abgerechnet werde. Dies entspringe ausschließlich den Behauptungen der FinPol, deren Kompetenz insofern angezweifelt werden dürfe, als die ermittelnde Beamtin, P.P. ‚ anlässlich der am vorgenommenen Einvernahmen gegenüber der Rechtsvertreterin angegeben habe, die Bezeichnung „geringfügig freie Dienstnehmer“ noch nie gehört zu haben und eine solche Beschäftigung für illegal zu halten. Auch dies sei für das gegenständliche Verfahren bezeichnend und werde entsprechend zu würdigen sein.

Beweis: wie bisher

Aus all diesen Gründen ergebe sich, dass der angefochtene Sicherstellungsauftrag zu Unrecht ergangen sei.

In der mündlichen Verhandlung vom wurde lediglich auf das schriftliche Vorbringen verwiesen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabenpflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung zu begegnen.

Im Beschwerdeverfahren ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Ausnahme vom Grundsatz, wonach für Beschwerdeentscheidungen grundsätzlich die Sachlage zur Zeit der Entscheidung maßgeblich ist, lediglich zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben waren (), somit nicht, ob sie im Zeitpunkt der Beschwerdeerledigung noch vorliegen.

Den Ausführungen der Bf., dass die Berechnung der voraussichtlichen Nachforderungen an Lohnabgaben rechtswidrig vorgenommen worden und unrichtig sei, muss entgegengehalten werden, dass ein Sicherstellungsauftrag kein abschließender Sachbescheid ist, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, aus deren Natur sich ergibt, dass die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht erforderlich ist (), zumal er dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind ().

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages setzt somit die Entstehung eines noch nicht vollstreckbaren Abgabenanspruches sowie die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der betreffenden Abgaben voraus.

Auf Grund der Feststellungen der Abgabenbehörde, dass die als Selbständige oder geringfügig freie Dienstnehmer beschäftigten RegalbetreuerInnen bzw. „Regionalen Leiter“ nach der Legaldefinition des Einkommensteuergesetzes, den Einkommensteuerrichtlinien sowie der einschlägigen Judikatur als unselbständige Dienstnehmer zu gelten hätten, weshalb diesfalls Lohnabgaben in der im Sicherstellungsauftrag genannten Höhe nicht abgeführt worden seien, legte das Finanzamt schlüssig und nachvollziehbar die voraussichtliche Entstehung des Abgabenanspruches dar.

Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden ist, ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist (), gehen die Einwendungen der Bf., dass mangels unselbstständiger Dienstnehmereigenschaft der RegalbetreuerInnen und regionalen Leiter Lohnabgaben nicht angefallen wären, daher ins Leere.

Das Finanzamt erklärte auch bereits in der Beschwerdevorentscheidung, den Vorwurf, dass seitens der Bf. diese geschäftlichen Praktiken beibehalten worden seien, da in einer Vorprüfung der lohnabhängigen Abgaben für die Jahre bis 2009 festgestellt worden sei, dass ebenfalls Scheinselbständige ohne Abfuhr von Lohnabgaben beschäftigt gewesen seien, nicht mehr aufrecht zu erhalten, da damals die Tätigkeit der RegalbetreuerInnen nicht beanstandet worden sei. Dem war auch seitens des Bundesfinanzgerichtes zu folgen.

Daraus lässt sich allerdings nicht ableiten, dass durch eine gewonnene bessere Einsicht keine Qualifizierung als unselbstständige Dienstnehmer und damit Nachversteuerung der Lohnabgaben erfolgen könnte.

Von einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung von Abgaben im Sinne der Bestimmung des § 232 BAO ist im Wesentlichen dann zu sprechen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () sind derartige Gefährdungen oder Erschwerungen u.a. bei drohendem Insolvenzverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben. Auch schwer wiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabenpflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, rechtfertigen ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabenpflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt, eine Maßnahme nach § 232 BAO.

Ob eine solche Gefährdung vorliegt, ist auf Grund der Gegenüberstellung der Abgabenforderung und des zur Begleichung der Forderung zur Verfügung stehenden Einkommens und Vermögens zu beurteilen. Es reicht, wenn das Aufkommen in Gefahr gerät (; vgl. ).

Dazu brachte die Bf. in ihrer Beschwerde vor, dass aus der Bilanz zum hervorgehe, dass sich an liquiden Mitteln zusammen mit den freien Rücklagen und dem Stammkapital ein den angeblichen Abgabenrückstand bei weitem übersteigendes Eigenkapital ergebe.

Dazu ist festzustellen, dass die Daten aus der am eingereichten und damals der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden Bilanz 2013 nicht zeitnah zur Erlassung des Sicherstellungsauftrages stehen.

Mittlerweile liegt allerdings bereits die am eingereichte Bilanz zum vor, die aufgrund der zeitlichen Nähe zum Sicherstellungsauftrag () zur Beurteilung der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringlichkeit herangezogen werden kann, obwohl sie im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages der Abgabenbehörde noch nicht zur Verfügung stand, da jedenfalls aber die darin ausgewiesenen nachstehenden Bilanzposten schon im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages im Vermögen bzw. den Verbindlichkeiten der Bf. vorhanden waren:

  • Kundenforderungen € 2.030.130,40

  • Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten € 402.796,54

  • Eigenkapital € 1.379.922,88 (davon Bilanzgewinn € 500.000,00)

  • Lieferantenverbindlichkeiten € 1.277.368,80

Daraus ergibt sich, dass die wirtschaftliche Lage der Bw. derart stabil ist, dass selbst eine in Aussicht gestellte Abgabennachforderung in der Größenordnung von € 1.142.706,62 nicht dazu führen würde, dass die Einbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten gefährdet wäre, da der sichergestellte Betrag in den Kundenforderungen samt liquiden Mittel abzüglich der Lieferantenverbindlichkeiten noch gedeckt gewesen wäre, zumal die Bf. in Aussicht stellte, gegebenenfalls die Abgabennachforderungen auch kreditfinanziert begleichen zu können.

Da die Bilanz 2014 keine buchmäßige Überschuldung ausweist, kann im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages nicht von der Gefahr einer Insolvenzeröffnung ausgegangen werden.

Darüber hinaus wies das Abgabenkonto der Bf. zum Betrachtungszeitpunkt einen Saldo von € 0,00 auf (derzeit besteht ein Guthaben von € 139.672,48, resultierend aus Gutschriften aus der Veranlagung der Körperschaftsteuer 2014 sowie der Körperschaftsteuervorauszahlung 04-06/2015, die nicht verwendet wurden). Im Jahr 2014 wurde ein Umsatz in Höhe von rund € 6,3 Mio. erzielt. Das Unternehmen war auch nach Erlassung des verfahrensgegenständlichen Sicherstellungsauftrages in der Lage, sämtliche Abgaben fristgerecht zu entrichten (bisherige Zahlungen € 867.335,51).

Diese Daten und das Vorbringen der Bf. zur wirtschaftlichen Lage sprechen dafür, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungauftrages die Einbringlichmachung der angeführten Beträge nicht gefährdet war.

Es ist daher nicht ersichtlich, dass einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe durch Sicherstellung zu begegnen war.

Somit ist die weitere kumulative Voraussetzung des § 232 Abs. 1 BAO nicht als erfüllt anzusehen.

Der Sicherstellungsauftrag war somit spruchgemäß aufzuheben.

  

Zulässigkeit einer Revision

Gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da es nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Es folgt vielmehr der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 232 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7102532.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at