Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.01.2016, RV/3100616/2015

(Keine) Doppelte Haushaltsführung (bei einem ledigen Abgpfl), Pendlerpauschale

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Sonnweber in der Beschwerdesache MTH, S_Weg 1 Tür 2, PLZ_1 E, vertreten durch Stb, gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer 2007 und 2008 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer war im Beschwerdezeitraum alleinstehend. Er erzielte als Angestellter in einem Architekturbüro in PLZ_1 R Lohneinkünfte in Höhe von 11.570,16 € (2007) und 21.928,90 € (2008). In den Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2007 und 2008 machte er im Zusammenhang mit seinem Architekturstudium in Innsbruck Aufwendungen für eine Mietwohnung am Studienort, für Familienheimfahrten nach PLZ_1 E (dem ca. 110 km vom Studienort entfernten Wohnort der Eltern, in deren Haus ihm eine Wohnung zur Verfügung stand) sowie den Studienbeitrag (nur 2007) in nachstehender Höhe als Werbungskosten geltend:


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2007
2008
Wohnung am Studienort
5.400,00
5.400,00
Fahrten zum Studienort
1.915,00
1.919,00
Studienbeitrag
378,72
 
Gesamt
7.693,72
7.319,00

2. Mit Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer u.a. ersucht, „einen Nachweis über die jeweilige Aufenthaltsdauer in Innsbruck“ vorzulegen. In der Vorhaltbeantwortung vom wurde mitgeteilt, der Beschwerdeführer sei 2007 im Architekturbüro teilzeitbeschäftigt gewesen und habe sich „überwiegend zu Studienzwecken in Innsbruck“ aufgehalten. 2008 habe er eine Vollzeitbeschäftigung gehabt, habe aber Arbeiten „in freier Zeiteinteilung“ für das Unternehmen erbringen können. Er habe sich weiterhin „überwiegend in Innsbruck zu Studienzwecken aufgehalten“.

3. Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt das jeweilige Datum der Fahrten von und nach Innsbruck und die Aufenthaltsdauer in Innsbruck anzugeben (bisher sei - in einer Beilage zur Abgabenerklärung - lediglich die Zahl der Fahrten pro Monat mitgeteilt worden). Ferner wurde um Vorlage von „Arbeitszeitaufzeichnungen zum Dienstverhältnis für 2007 und 2008“ ersucht, woraus ersichtlich sei, wann der Beschwerdeführer wo gearbeitet habe.

4. In der Vorhaltbeantwortung vom wurde zum Aufenthaltsort in den Jahren 2007 und 2008 mitgeteilt, der Beschwerdeführer habe sich "mit Ausnahme der studienfreien Zeit permanent am Studienort Innsbruck zu Studienzwecken" aufgehalten. Dies könne auch den vorgelegten Studienerfolgsbestätigungen entnommen werden. Die Aufenthaltsdauer am Studienort habe "im Durchschnitt" vier Tage pro Woche betragen. Meistens sei er am Donnerstag nach Hause und am Sonntag oder Montag wieder an den Studienort gefahren. Zum Zweck von Prüfungsvorbereitungen sei er vielfach auch in Innsbruck geblieben. Die monatlichen Heimfahrten hätten sich "zwischen 1 und 6, je nach Studienintensität" bewegt. Dem Ersuchen um Angabe des Datums der Fahrten von und zum Studienort und der Aufenthaltsdauer in Innsbruck (s. Vorhalt des Finanzamtes vom ) hat der Beschwerdeführer nicht entsprochen. Eine "taggenaue Fahrtaufzeichnung" erscheine ihm entbehrlich, könne aber, "wenn es amtsseits gewünscht" werde, aus dem Terminkalender erstellt werden. Zum Ersuchen des Finanzamtes um Vorlage von Arbeitsaufzeichnungen, aus denen ersichtlich sei, wann er wo gearbeitet habe, teilte er mit, Arbeitsaufzeichnungen gebe es nicht. Dem Finanzamt wurde stattdessen eine Bestätigung des Dienstgebers vorgelegt, wonach eine Sondervereinbarung bestanden habe, die es dem Beschwerdeführer ermöglicht habe, den Großteil seiner Arbeitsleistung "aus Gründen des Studienfortschrittes" vom Studienort aus zu erledigen.

5. Mit den am ausgefertigten Bescheiden betreffend Einkommensteuer 2007 und 2008 wurden die geltend gemachten Aufwendungen mit Ausnahme des Studienbeitrages nicht zum Abzug zugelassen. Begründend führte das Finanzamt aus, die Wohnung am Studienort sei die einzige Wohnung des Abgabepflichtigen. Die Fahrtkosten seien für Besuchsfahrten zu den Eltern aufgewendet worden. Es lägen insofern Aufwendungen der privaten Lebensführung vor.

6. In der Berufung vom wurde eingewendet, der einzige Hauptwohnsitz des Abgabepflichtigen sei seit jeher in E gelegen. Dort habe er mit seiner Lebensgefährtin die im 1. Obergeschoß des Elternhauses gelegene Wohnung von 2006 bis 2009 bewohnt. Der Wohnsitz in Innsbruck sei von Studienbeginn an ein "klassischer Zweitwohnsitz zu Studienzwecken" gewesen. Dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen stets dort sei, "wo die Familie (Partnerin, Eltern)" ihren Wohnsitz habe, bedürfe keiner weiteren Ausführungen. Auch bei Studenten, die in keiner Partnerschaft leben, sei dies "stets der Familienwohnsitz und nie der Studienort".

7. In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom führte das Finanzamt aus, der Abgabepflichtige habe erstmals in der Berufung mitgeteilt, dass sich sein Hauptwohnsitz seit 2006 in E befinde. Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagungen für 2007, 2008 und auch 2010 habe er seinen Familienstand mit ledig angegeben, der Name einer Partnerin sei nicht angeführt worden. Auch im Rechtsmittelverfahren sei ein Nachweis für eine bestehende Partnerschaft nicht erbracht und auch der Name der Partnerin nicht "offengelegt" worden. Laut Mietvertrag habe der Beschwerdeführer seit eine Wohnung in Innsbruck gemietet. Das Dienstverhältnis im Architekturbüro in R bestehe seit . Laut Bestätigung des Arbeitgebers vom sei der Dienstort in den Jahren 2007 und 2008 Innsbruck gewesen bzw. hätten die Arbeiten für den Arbeitgeber in Innsbruck erledigt werden können. Da Beweise für eine bestehende Partnerschaft nicht vorgelegt worden seien, sei davon auszugehen, dass in den Jahren 2007 und 2008 kein gemeinsamer Wohnsitz mit einer Partnerin in E bestanden habe. Bei einem alleinstehenden Steuerpflichtigen sei das Bestehen einer doppelten Haushaltsführung nur für einen Zeitraum von sechs Monaten als beruflich veranlaßt anzusehen. Da die doppelte Haushaltsführung seit März 2006 bestanden habe, sei dieser Zeitraum im September 2006 abgelaufen. Werde der doppelte Wohnsitz beibehalten, seien die damit verbundenen Kosten, auch die Fahrtkosten zwischen den Wohnsitzen, der privaten Lebensführung zuzurechnen.

8. Im Vorlageantrag vom wurde eingewendet, die Frage nach einer Lebensgefährtin - die "selbstverständlich sofort beantwortet" hätte werden können - habe das Finanzamt "in keinem Stadium des Verfahrens" gestellt. Eine schriftliche Bestätigung der Lebensgefährtin, wonach sie mit dem Beschwerdeführer seit Herbst 2006 in einer Partnerschaft in PLZ_1 E lebe, wurde der Beschwerde angeschlossen.

9. D ie Lebensgefährtin des Beschwerdeführers gab bei einer Befragung (Niederschrift vom ) an, in den Jahren 2007 und 2008 "überwiegend" in der Steiermark gelebt zu haben. Der Beschwerdeführer und sie hätten zu dieser Zeit eine Fernbeziehung geführt. Sie sei zweimal monatlich (von Donnerstag bis Sonntag oder Freitag bis Sonntag) nach E gefahren. Sie habe ihn in E und nicht in Innsbruck besucht, um die Familie kennenzulernen. Ihren Wohnsitz habe sie erst im Jänner 2009 nach E verlegt, weil sie in der Steiermark berufstätig (s. oben) gewesen sei. Die Entfernung zwischen ihrer Arbeitstelle und PLZ_1 E ermittelte das Finanzamt (aus Google-Maps) mit 520 km und die Fahrtzeit mit 6 Stunden.

10. Am übermittelte das Finanzamt eine "Stellungnahme/Bedenkenvorhalt zum Vorlageantrag" an den steuerlichen Vertreter und teilte mit, dass folgendes als erwiesen anzunehmen sei: Der Abgabepflichtige sei seit bei den Eltern (in E) gemeldet. Er habe dort bis keinen eigenen Haushalt gehabt. Er sei vom bis einschließlich in Innsbruck mit einem Nebenwohnsitz gemeldet.

11. Im Antwortschreiben (mail vom ) wies der steuerliche Vertreter auf das Erkenntnis Zl. 2008/15/0296 sowie die Entscheidung BFH , VI R 50/11 hin. Der VwGH habe bei einem ledigen Studenten, der beschäftigungsbedingt für eine absehbare Zeit am Studien-/Arbeitsort einen Zweitwohnsitz habe begründen müssen, entschieden, dass die Berücksichtigung der Kosten der doppelten Haushaltsführung nicht auf ein halbes Jahr beschränkt werden dürfe. Der BFH habe ausgesprochen, dass auch der ledige Steuerpflichtige am Wohnort einen eigenen Haushalt besitze, wenn er eine eigene Wohnung im Elternhaus bewohne und sich an den Kosten der Haushaltsführung der Eltern finanziell beteilige. Beides treffe auf den Beschwerdeführer zu. Der Beschwerdeführer habe Baustellentermine so gelegt, dass er sie bei der Hin- oder Rückfahrt von oder nach Innsbruck wahrnehmen habe können. Im Nahbereich von Innsbruck gelegene Baustellen habe er mit seinem Pkw von der dortigen Wohnung aus angefahren. Ein Fahrtenbuch habe er nicht geführt. Kostenersatz habe der Dienstgeber dafür nicht geleistet (die Lohnzettel würden "keinen Hinweis auf § 26 - Zahlungen" enthalten). Als "Vorschlag für die endgültige Regelung des Falles" sei vorstellar, dass für die Jahre 2007 - 2009 "das Pendlerpauschale über 60 km gewährt" werde. Seit Abschluss des Studiums mit sei sein Dienstort R. Für 2010 werde das Pauschale daher bis beantragt. Die Mietkosten für die Wohnung in Innsbruck seien in analoger Anwendung des Erkenntnisses Zl. 2008/15/0296 abzugsfähig.

12. Dazu teilte das Finanzamt im Schreiben vom mit, von einem eigenen Haushalt könne nur gesprochen werden, wenn eine Wohnung aus eigenem Recht (Eigentum, eigener Mietvertrag, eigene Betriebskosten, eigener Hausrat) genutzt sowie selbst bestimmend geführt und die Kosten überwiegend getragen werden (Hinweis auf ). Der Arbeitgeber habe bestätigt, dass der Beschwerdeführer seine Arbeiten von Innsbruck aus habe erledigen können. Nachweise, dass das Dienstverhältnis (gemeint offenbar der Einsatzort Innsbruck) befristet gewesen sei, wie dies aus der e-mail vom "herauszulesen" sei, lägen nicht vor. Laut Versicherungsdatenauszug sei der Abgabepflichtige mehr als 5 Jahre beim selben Architekturbüro angestellt, weshalb auch "keine ständig wechselnde Arbeitsstätte" vorliege. Es lägen bisher auch "keine Nachweise und Unterlagen" vor, aus denen auf einen eigenen Hausstand in E geschlossen werden könnte. Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung stünden nach den bisherigen Verfahrensergebnissen daher bereits dem Grunde nach nicht zu. Es sei darüber hinaus auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine "auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung gerechtfertigt" bzw. eine Wohnsitzverlegung nach Innsbruck unzumutbar gewesen sein sollte. Es habe sich herausgestellt, dass die im bisherigen Verfahren behauptete "Wohnungsgemeinschaft" mit der jetzigen Ehegattin in E nicht bestanden habe. Selbst wenn man vom Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung ausgehe, hätte dies zur Folge, dass die Übergangszeit (6 Monate) bereits im Jahr 2006 geendet hätte. Für eine "Stellungnahme unter Beibringung zweckdienlicher Nachweise und Unterlagen" räumte das Finanzamt eine Frist bis ein. Sollten die Bedenken des Finanzamtes nicht beseitigt werden, werde die Vorlage der Beschwerde mit dem Antrag auf Abweisung erfolgen.

13. Mit e-mail vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das BFG. Er führte aus, in seinem mail vom seien "die Gründe für die Zuerkennung der doppelten Haushaltsführung klar dargelegt (befristeter Aufenthalt am Studien-/Arbeitsort, Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung der Eltern, Betreuung von Baustellen des Arbeitgebers in Innsbruck und Telfs)" worden (Anm. BFG: die Entfernung von Innsbruck nach Telfs beträgt ca. 20 km).

14. Am wurde die Berufung (nunmehr Beschwerde) dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

15. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht (BFG) als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auf gegenüber dem BFG.

II. Rechtslage:

1. Pendlerpauschale

Gem. § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten (lit. a leg.cit.).

Zusätzliche Pauschbeträge (vgl. lit. b und c leg.cit.) sind zu berücksichtigen, wenn

- entweder der Arbeitsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst (sog. kleines Pendlerpauschale) oder

- die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich des halben Arbeitsweges nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens zwei Kilometer beträgt (sog. großes Pendlerpauschale).

In zeitlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Verhältnisse im Lohnzahlungszeitraum überwiegend (d.h. an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum) gegeben sein.

2. Nichtabzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden.

3. Rechtsprechung VwGH

Unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum (Familien)Wohnsitz, sind als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt erkannt, dass die Beibehaltung eines (Familien)Wohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des ständigen Wohnsitzes an den Ort der Beschäftigung kann die verschiedensten Ursachen haben und sich auch aus Umständen der privaten Lebensführung ergeben (z.B. mwH).

Die Wohnsitzverlegung ist auch einem alleinstehenden Steuerpflichtigen unzumutbar, wenn der Verbleib am Tätigkeitsort nur von (nach den Umständen gemessen) kurzer Dauer sein wird, weil das Beschäftigungsverhältnis zeitlich befristet und nach den Umständen des Einzelfalles von einer Rückkehr an den Hauptwohnsitz auszugehen ist ( zu einem auf vier bis fünf Jahren angelegten Ausbildungsverhältnis eines WT-Berufsanwärters).

III. Sachverhalt:

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen angenommen:

1. Der Beschwerdeführer war in den Streitjahren alleinstehend. Er begann im September 2002 an der Universität in Innsbruck Architektur zu studieren. Er war in Innsbruck vom bis mit Nebenwohnsitz an zwei näher bezeichneten Adressen (s.o.) gemeldet. Das Studium beendete er im Juni 2010.

2. Er stand seit  in einem Dienstverhältnis zu einem Architekturbüro in PLZ_1 R. Mit dem Dienstgeber bestand Einvernehmen darüber, dass der Arbeitsort im Hinblick auf das Studium "hauptsächlich Innsbruck und Umgebung" sein werde.

3. Die Entfernung zwischen PLZ_1 R, Adresse_DG (Adresse des Arbeitgebers) und PLZ_1 E (Wohnort der Eltern) beträgt laut Routenplaner rund 3 Kilometer, die Entfernung von E bzw. R zum Studienort Innsbruck rund 110 Kilometer.

4. Der Beschwerdeführer war bis bei seinen Eltern in PLZ_1 E, S_Weg 1 gemeldet. Seit bewohnt er zusammen mit seiner Lebensgefährtin in PLZ_1 E, U-Straße 8, ein seinem Vater gehörendes Haus. Am Studienort Innsbruck war er vom bis  an der Adresse Innrain 43 und vom bis an der Adresse Waldstraße 39 gemeldet. Im Beschwerdezeitraum hielt er sich "permanent am Studienort" (s. Vorhaltbeantwortung vom ) auf.

5. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers hatte ihren Hauptwohnsitz von 1980 (ihrem Geburtsjahr) bis in der Steiermark. Die Entfernung zu E betrug ca. 520 km. Im Jahr 2007 war sie dort ganzjährig, im Jahr 2008 vom 01.01. bis 30.11. berufstätig. Vom bis bezog sie Arbeitslosengeld. Ab stand sie in einem Arbeitsverhältnis in der Nähe von E. Seit  ist sie mit Hauptwohnsitz an der Adresse PLZ_1 E, U-Straße 8, gemeldet.

IV. Erwägungen:

1. Doppelte Haushaltsführung

1.1. Der Beschwerdeführer war von Dezember 2002 bis Jänner 2009 in Innsbruck gemeldet. Er selbst hat angegeben, sich 2007 und 2008 "überwiegend" zu Studienzwecken in Innsbruck aufgehalten zu haben (Vorhaltbeantwortung vom ). Auf Ersuchen des Finanzamtes um genaue Angaben zu den Fahrten von und nach Innsbruck und die dortige Aufenthaltsdauer hat er dies dahingehend präzisiert, dass er sich im Beschwerdezeitraum "mit Ausnahme der studienfreien Zeit permanent am Studienort Innsbruck zu Studienzwecken" aufgehalten habe (vgl. Vorhaltbeantwortung vom ).

Der Einwand in der Berufung, der einzige Hauptwohnsitz sei in E gelegen, wo er mit seiner Lebensgefährtin eine Wohnung im Obergeschoß des Elternhauses bewohnt habe, erweist sich damit als unzutreffend. Dasselbe ergibt sich aus den Angaben der Lebensgefährtin. Sie war im Beschwerdezeitraum in der Steiermark wohnhaft und berufstätig und hat mit dem Beschwerdeführer eine Fernbeziehung geführt  (vgl. oben Pkt. I/9).

Innsbruck war demnach Wohn-, Studien- und Arbeitsort des Beschwerdeführers.

1.2. In der Begründung der bekämpften Bescheide heißt es u.a., bei der Wohnung am Studienort handle es sich um den "einzigen eigenen Wohnsitz" des Abgbepflichtigen. In der "Stellungnahme/Bedenkenvorhalt" vom (s.o. Pkt. I/10) führte das Finanzamt aus, der Abgabepflichtige sei in E bei den Eltern gemeldet (Anm. BFG: soweit feststellbar seit Geburt), er habe dort aber bis keinen eigenen Haushalt gehabt. Im Schreiben vom (s.o. Pkt. I/12) wies das Finanzamt neurlich darauf hin, dass "keine Nachweise und Unterlagen" für einen eigenen Hausstand in E vorlägen. Auf Grund dieser wiederholten Hinweise wäre es am Beschwerdeführer gelegen, konkrete Nachweise dafür zu erbringen, dass er neben seinem Haushalt in Innsbruck einen weiteren Haushalt (in E) führen musste. Die Tatsache, dass er bei den Eltern gemeldet war und der Einwand, die Entscheidungen Zl. 2008/15/0296 und BFH , VI R 50/11 (das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung war jeweils unbestritten) seien "analog" anzuwenden, stellen keinen Nachweis dar.

Im gegenständlichen Fall ist daher davon auszugehen, dass gar keine doppelte Haushaltsführung vorlag und eine steuerliche Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen schon aus diesem Grund nicht erfolgen kann.

1.3. Dem Finanzamt ist auch insofern zuzustimmen, als Kosten der doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten ohnedies nur für einen Anfangszeitraum (der im Beschwerdezeitraum jedenfalls zu Ende war) berücksichtigt hätte werden können. Es ist nämlich nicht erkennbar, weshalb eine Wohnsitzverlegung nach Innsbruck unzumutbar gewesen sein könnte.  Der Beschwerdeführer hat sein Studium bereits im Jahr 2002 begonnen und im Dezember 2002 in Innsbruck eine Wohnung gemietet. Ein Nachweis dafür, dass der Aufenthalt in Innsbruck nur für einen vorübergehenden Zeitraum (etwa für die Dauer des Studiums) vorgesehen war, liegt nicht vor und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht erbracht, als er dazu aufgefordert wurde (vgl. Schreiben des Finanzamtes vom , Pkt. I/12). Auch der Umstand, dass der Dienstgeber seinen Sitz in R (in unmittelbarer Nähe zu E) hatte, musste nicht unbedingt eine Rückkehr nach R (oder E) nach sich ziehen. Der Beschwerdeführer war während der Zeit, in der er sich "permanent in Innsbruck" aufgehalten hat durchgehend angestellt und seine Teilzeitbeschäftigung (2007) wurde in eine Vollzeitbeschäftigung (2008) geändert. Der Dienstgeber führte demnach auch im Raum Innsbruck Projekte aus, die betreut werden mussten. Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer nach 6 Jahren (Dauer des Studiums von Ende 2002 bis 2009) Aufenthalt am Studienort bleiben hätte können und nicht nach E bzw. R zurückkehrt. Es wäre daher Sache des Beschwerdeführers gewesen, die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung darzulegen.

2. Pendlerpauschale

In seiner Eingabe an das Finanzamt (e-mail) vom schlug der Beschwerdeführer "zur endgültigen Regelung des Falles" vor, für 2007 bis 2009 das "Pendlerpauschale gem. EStG § 16 (1) 6 c über 60 km" zu gewähren.

Das Pendlerpauschale dient der Berücksichtigung von Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Diese Kosten sind grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten, der allen aktiven Arbeitnehmern unabhängig von den tatsächlichen Kosten zusteht.

Darüber hinaus stehen unter bestimmten Voraussetzungen Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales zu. In zeitlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Verhältnisse im Lohnzahlungszeitraum überwiegend (d.h. an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum) gegeben sein.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um Vorlage von Arbeitsaufzeichnungen zum Dienstverhältnis für 2007 und 2008, woraus ersichtlich sei, wann der Beschwerdeführer wo gearbeitet habe. Dazu wurde mitgeteilt, Arbeitsaufzeichnungen gebe es nicht (Vorhaltbeantwortung vom ; s.o. Pkt. I/4). Der Beschwerdeführer hat weiters angegeben, die Baustellentermine so gelegt zu haben, dass er sie bei der Hin- oder Rückfahrt von oder nach Innsbruck wahrnehmen habe können. Im Nahberich von Innsbruck gelegene Baustellen habe er mit dem Pkw von der dortigen Wohnung aus angefahren. Ein Fahrtenbuch habe er nicht geführt (mail vom ; s.o. Pkt. I/11). Kostenersätze des Arbeitgebers habe er nicht erhalten.

Es kann somit weder der Ort noch der Zeitpunkt noch die Häufigkeit der Arbeitseinsätze noch die jeweils zurückgelegte Strecke ermittelt werden. Eine Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Berücksichtigung zusätzlicher Fahrtkosten - in den bekämpften Bescheiden wurde der Verkehrsabsetzbetrag jeweils in Abzug gebracht - im Wege des Pendlerpauschales vorliegen, ist daher nicht möglich.

Die Beschwerde war daher auch in diesem Punkt abzuweisen.

Zulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit für Aufwendungen im Zusammenhang mit einer doppelten Haushaltsführung und zur Berücksichtigung von Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte besteht umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung, von der das gegenständliche Erkenntnis nicht abweicht.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Doppelte Haushaltsführung
Pendlerpauschale
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.3100616.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at