Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.01.2016, RV/3100176/2015

1.) Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung des großen Pendlerpauschales 2.) Mehraufwendungen für Verpflegung und Unterkunft 3.) Zuerkennung von Kilometergeldern

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin O in der Beschwerdesache Bf NM, gegen den Bescheid des XXX vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 zu Recht erkannt: 

I.) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.) Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.) Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.) Die Bf (Beschwerdeführerin) ist A Lehrerin. In der am übermittelten Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2012 wurden ua nachstehende Werbungskosten geltend gemacht: großes Pendlerpauschale 372 €, Reisekosten 2.704,32 €.

2.) Anlässlich einer persönlichen Vorsprache der Bf beim Finanzamt wurden diverse Belege vorgelegt. Aus den vorgelegten Belegen (BFG-Akt, S. 11-23) ergibt sich, dass die Bf im Jahr 2012 in B , wohnhaft war und am C unterrichtet hat. Nachstehende Stundenpläne wurden bekanntgegeben:

Stundenplan -


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Di
07:30-13:05
Do
07:30-13:05
Fr
10:10-15:20

Stundenplan -


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Mo
10:25-15:20
Di
07:30-13:30
Mi
07:00-13:05
Do
10:25-13:05
Fr
09:00-12:30

Für die Fahrten nach C1 (13 Kilometer) wurde das große Pendlerpauschale ab 2 Kilometer geltend gemacht.

Die Bf hat im Jahr 2012 an der D Schule1 Internatsdienste verrichtet. Für diese Tätigkeit wurde die Berücksichtigung nachstehender Kilometer-, Tages- und Nächtigungsgelder als Werbungskosten beantragt (vgl. Aufstellung, BFG-Akt, S. 14):


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Reisekosten
Betrag
Kilometergeld
1.317,12
Taggeld
1.267,20
Nächtigungsgeld
120,00
 
2.704,32

Die Tätigkeit in F hat die Bf am beendet.

3.) Mit Ausfertigungsdatum erging der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 (BFG-Akt, S. 33-34). Das große Pendlerpauschale für die Fahrtstrecke E - C1 wurde nicht gewährt, weil die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels zumutbar sei. Die Wegzeit von 1,5 Stunden werde nicht überschritten. Ferner wurde ausgeführt, d ie Fahrtkosten vom Wohnort nach F könnten ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Diesfalls sei allenfalls das Pendlerpauschale zu gewähren. Das Pauschale stehe aber nicht zu, da je Lohnzahlungszeitraum nicht mehr als 10 Fahrten getätigt worden seien. Die Geltendmachung von Kilometergeldern sei nicht zulässig. Nächtigungsgelder seien mangels entsprechender Nachweise nicht zu berücksichtigen. Taggelder seien nicht anzuerkennen, weil in F ein (weiterer) Mittelpunkt der Tätigkeit begründend worden sei.

4.) Gegen den genannten Bescheid wurde mit Eingabe vom fristgerecht Beschwerde (BFG-Akt, S. 58) erhoben und ausgeführt, das Pendlerpauschale für die Wegstrecke E1 - C1 sei zu gewähren, weil die Wegzeit von 1,5 Stunden zum Teil überschritten werde bzw. zum Teil kein öffentliches Verkehrsmittel verkehre. Dies treffe auch auf die Wegstrecke nach F zu. Die Zuerkennung von Kilometer-, Tages- und Nächtigungsgelder sei der Bf anlässlich eines persönlichen Beratungsgespräches von einem Mitarbeiter des Finanzamtes VCV zugesichert worden. Eine Aufstellung dieser Aufwendungen sei übermittelt worden.

5.) Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet angewiesen. In der gesondert ergangen Bescheidbegründung vom (BFG-Akt, S. 60) wurde ausgeführt, Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte seien durch den Verkehrsabsetzbetrag und allenfalls durch das Pendlerpauschale abgegolten. Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels sei auch dann zumutbar, wenn ein Teil der Wegstrecke (weniger als die Hälfte) mit dem PKW zurückgelegt werden müsse (Park & Ride), und die Gesamtwegzeit von 90 Minuten in einer Richtung nicht überschritten werde. Diese Voraussetzungen seien im Beschwerdefall gegeben. Die Benützung der Bahn sei auf der überwiegenden Wegstrecke zumutbar. Die Wegzeit von E1 zum Bahnhof G sei mit 20 Minuten angesetzt worden (laut GoogleMaps betrage die Fahrzeit mit einem PKW nur 6 Minuten). Die Entfernung der Schule vom Bahnhof C1 betrage 620 Meter. Die Gehzeit sei mit 10 Minuten geschätzt worden.

Die Tages- und Nächtigungsgelder für den Dienstort F könnten nicht berücksichtigt werden, weil ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit (Aufenthalt in F mindestens einmal pro Woche) begründet worden sei. Die Anfangsphase von fünf Tagen sei bereits 2011 überschritten worden.

Eine Berücksichtigung von (tatsächlichen) Fahrtkosten für Fahrten nach F komme nicht in Betracht. Für weitere Dienstverhältnisse stehe (Rechtslage 2012) nur dann ein zusätzliches Pendlerpauschale zu, wenn dadurch im Lohnzahlungszeitraum überwiegend das Zurücklegen zusätzlicher Wegstrecken verursacht werde. Im Beschwerdefall gehe aus den vorgelegten Unterlagen hervor, dass direkte Fahrten von C1 nach F nicht getätigt worden seien. Die Bf sei am Montag, Mittwoch und an einigen Wochenenden in F gewesen. Am Dienstag, Donnerstag und Freitag sei sie am BRG in C1 tätig gewesen (Zeitraum - ). Die Wegstrecke nach F sei an weniger als der Hälfte der Arbeitstage zurückgelegt worden. Für dieses Dienstverhältnis könne daher kein Pendlerpauschale und auch kein Kilometergeld in Anspruch genommen werden.

Bezüglich der (fernmündlich erteilten) Auskunft eines Mitarbeiters des Finanzamtes VCV wurde ausgeführt, dass kein Vertrauensschutz bestehe, weil das Auskunftsersuchen nicht schriftlich gestellt worden sei.

6.) Im rechtzeitig gestellten Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht vom (BFG-Akt, S. 63) wurde ergänzend noch ausgeführt, die Fahrt mit dem PKW von der Wohnstätte zum Bahnhof in G sei aufgrund der Fahrverhältnisse im Winter ( G und E1 würden zu den schneereichsten Gebieten Tirols gehören) nur mit einem SUV mit Allradantrieb möglich (Interessentschaftsweg, Straße mit großem Gefälle). Die Straße sei des Öfteren zu den Zeitpunkten gar nicht oder schlecht geräumt bzw. vereist. Wenn keine Fahrtkosten nach F zustehen würden, müsste der Bf zumindest das große Pendlerpauschale Rz 272-272d zustehen. Wenn keine Taggelder zustehen sollten, müssten der Bf zumindest lt. Rz 10301 Nächtigungsgelder (Dienstort) F gewährt werden.

II.) Rechtslage und Erwägungen.

1.) Pendlerpauschale ( E1 - C1 , E1 – F ):

1.1.) Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 in der für das Beschwerdejahr geltenden Fassung sind Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a.) diese Ausgaben sind bei einer Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten.

c.) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt:

Bei einer einfachen Wegstrecke von


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2 km bis 20 km
372 Euro jährlich
20 km bis 40 km
1.476 Euro jährlich
40 km bis 60 km
2.568 Euro jährlich
Über 60 km
3.672 Euro jährlich

Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach lit. b und c sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

1.2.) Eine nähere ausdrückliche Bestimmung, was unter dem Begriff der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Aus § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a und b EStG 1988 ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 grundsätzlich für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht den Individualverkehr und die Benützung eines Kfz, sondern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels steuerlich berücksichtigt wissen will. Nur wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich oder nicht zumutbar ist, können im Wege der Pauschbeträge nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 Kosten des Individualverkehrs geltend gemacht werden (vgl. zB ).

1.3.) Der Begriff der Unzumutbarkeit in § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 handelt dabei nicht von der Zumutbarkeit des Pendelns an sich, sondern davon, ob den Pendlern ein in der Benützung von Massenbeförderungsmitteln statt einer Teilnahme am Individualverkehr gelegener Verzicht auf eine Verkürzung der Fahrzeiten zugemutet werden kann (vgl. ).

Dies setzt allerdings grundsätzlich einen Vergleich zwischen den Fahrzeiten im öffentlichen Verkehr und im Individualverkehr voraus.

Die Notwendigkeit eines Vergleichs zwischen öffentlichem Verkehr und Individualverkehr bestätigen auch die Gesetzesmaterialien, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG herangezogen hat. Die Erl RV zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG (621 BlgNR XVII. GP, 75) führen diesbezüglich aus:

"Unzumutbar' sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massenbeförderungsmitteln als mit dem eigenen KFZ; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen."

Auch nach den Gesetzesmaterialien ist der Begriff der Unzumutbarkeit somit grundsätzlich ein relationaler Begriff ("im Vergleich zu einem Kfz"), wobei die Erläuterungen zudem eine Fahrzeit von 90 Minuten jedenfalls für zumutbar halten ( und 2010/15/0156).

1.4.) Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeiten oder Anfahrzeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels , Wartezeiten etc. Stehen verschiedene Verkehrsmittel zur Verfügung, dann ist von der Benützung des schnellsten Verkehrsmittels auszugehen, darüber hinaus ist eine optimale Kombination von Massenbeförderungs- und Individualbeförderungsmittel (zB "Park and Ride“) zu unterstellen (vgl. Doralt, EStG13, Rz 108 zu § 16).

1.5.) Das Finanzamt hat bereits in der Beschwerdevorentscheidung dargelegt, dass die Wegzeit von E Straße1 nach G , Bahnhof allenfalls 20 Minuten beträgt (tatsächliche Fahrzeit mit dem PKW laut Routenplaner 6 Minuten). Die Entfernung des Bahnhofes in C1 von der Arbeitsstätte der Bf hat das Finanzamt mit 620 Metern ermittelt und hiefür eine Gehzeit von 10 Minuten veranschlagt. Die Berechnung der Wegzeiten könne der beiliegenden Zusammenstellung entnommen werden. Die Benutzung der Bahn sei auf der überwiegenden Wegstrecke zumutbar.

Zu den Ausführungen des Finanzamtes hat die Bf im Vorlageantrag ausgeführt, die Fahrt mit dem PKW nach G sei im Winter nur mit einem SUV mit Allrad möglich (Interessentschaftswege, Straße mit großer Steigung bzw. mit großem Gefälle).

1.6.) Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde ua nachstehendes Ersuchen an die Bf gerichtet:

„3.) Laut beiliegendem Ausdruck des Routenplaners beträgt die Fahrzeit von E2 nach c2 (BG und BRG C1 ) im Individualverkehr 16 Minuten (12,4 km).

Bei einem Vergleich mit dem öffentlichen Verkehr (Park & Ride) ergeben sich folgende Zeiten (vgl. beiliegende Ausdrucke Routenplaner und ÖBB Fahrpläne):


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Wohnort C3 , Bahnhof G , 3,7 km
6 Minuten
Bahnhof G , Bahnhof C1 , 9,2 km
8 Minuten
Bahnhof C1 , C3 , 685 m (Gehweg)
8 Minuten

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung () ist im Nahbereich von 25 km die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Wegstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebende Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen.

Im Beschwerdefall kann sohin von einer Unzumutbarkeit  im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 (Überschreiten einer Fahrzeit von 90 Minuten) für die Strecke E1 - C1 nicht ausgegangen werden.

Es steht Ihnen frei, hiezu Stellung zu nehmen.

4.) Nicht verständlich ist im Vorlageantrag von „3.) zu Pendlerpauschale C4 “ erstattetes Vorbringen.

Es ist zu präzisieren, was Sie mit diesem Vorbringen überhaupt zum Ausdruck bringen bzw. einwenden wollten. Das Vorbringen ist überdies durch beweiskräftige und zeitnahe Unterlagen nachzuweisen.

5.) In zeitlicher Hinsicht ist bei der Gewährung des Pendlerpauschales (§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988) im Beschwerdejahr 2012 auf das Überwiegen im Lohnzahlungszeitraum abzustellen. Ein Anspruch auf Pendlerpauschale besteht nur, wenn die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurückgelegt wird. Bei 20 Arbeitstagen im Monat muss die Strecke daher mindestens elf Tage zurückgelegt werden. Teilzeitbeschäftigte, die nur an einem oder zwei Tagen in der Woche zur Arbeitsstätte pendeln, konnten daher nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle BGBl I 53/2013 kein (aliquotes) Pendlerpauschale in Anspruch nehmen. Erst nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit e EstG 1988 idF 53/2013 steht teilzeitbeschäftigten Pendlern seit 2013 ein aliquotes Pendlerpauschlage zu (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, Rz 23ff zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG und die dort angeführte Judikatur).

a.) Sie werden daher ersucht, sachverhaltsmäßig und rechtlich detailliert darzulegen, aus welchen Gründen Ihnen für die Fahrten E1 – F im Jahr 2012 ein Pendlerpauschale zustehen soll.

b.) Ihr Vorbringen im Vorlageantrag vom „2) zu Fahrtkosten Dienstort F “ ist nicht verständlich. Das Vorbringen ist umfassend zu präzisieren.

c.) Informativ wird mitgeteilt, dass das BFG nicht an Erlässe und Richtlinien des BMF gebunden ist. Zudem vermag ein Verweis auf Richtlinien die gebotene Sachverhaltsklärung nicht zu ersetzen.

Rz 272-272d der Lohnsteuerrichtlinien wurden durch den Wartungserlass 2013 eingefügt, weil es im Jahr 2013 bezüglich des Pendlerpauschales zu gesetzlichen Änderungen gekommen ist."

Dem Vorhalt beigelegt wurden Ausdrucke aus den Routenplanern sowie Fahrplanauskünfte aus dem Jahr 2012 für die Strecken G - C1 , C1 -  G zum und zum , aus denen ersichtlich ist, dass zwischen G und C1 regelmäßig Züge verkehrt haben. Die Fahrtdauer hat zwischen 8 und 22 Minuten betragen.

1.7.) In Beantwortung des Vorhaltes wurde in der Eingabe vom (BFG-Akt, S. 83) von der Bf Folgendes ausgeführt:

„ Zu 3.) In den Asfinagausdrucken handelt es sich um statische Berechnungen (andauernde Höchstgeschwindigkeit auf der ganzen Fahrstrecke), die keinesfalls die realistischen Fahrzeiten belegen.

Zu 4.) Ein Gutachten, die mein Vorbringen in Hinsicht des zu hohen Risikos bei der Fahrt von der Wohnstätte zu Park und Ride Bf. G bei Schneefahrbahn darstellt, habe ich nach Abwägung der Kosten nicht erstellt.

Zu 5.) Insgesamt benötige ich an jedem Arbeitstag die öffentlichen Verkehrsmittel od. meinen PKW um zur Arbeit zu kommen. Konkret 5mal pro Woche bzw. über 20mal im Monat 3mal in der Woche E C1 und 2mal in der Woche E - F ). Dadurch besteht ein Anspruch auf die große Pendlerpauschale.“

1.8.) Die Ausführungen der Bf vermögen in keiner Weise zu überzeugen. Zutreffend mag sein, dass E1 und G schneereiche Regionen sind. Mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen hat die Bf weder dargelegt noch bewiesen, dass ergiebige Schneefällen oder andere Witterungsverhältnisse an bestimmten Tagen im Winter 2012 eine PKW Fahrt nach G unmöglich gemacht hätten. Ebenso wenig hat die Bf quantifiziert, in welchem Ausmaß die Fahrstrecke (tatsächlich) Interessenschaftswege und große Gefälle bzw. Steigungen aufweist bzw. beinhaltet. Auch die Ausführungen, wonach die Wegstrecke des Öfteren zu den Zeitpunkten gar nicht oder schlecht geräumt bzw. vereist gewesen sein soll, sind derart unbestimmt geblieben, dass daraus keine Unzumutbarkeit der Nutzung eines Park & Ride Systems abgeleitet werden kann. Hinzu kommt noch, dass die Ausführungen der Bf auf der bloßen Behauptungsebene geblieben sind. Dass die Bf ein Gutachten zur Gefährlichkeit der Strecke E nach G einzig aus Kostengründen nicht eingeholt hat, hält das Bundesfinanzgericht für nicht glaubwürdig. Ein derartiger Nachweis hätte nämlich auch durch andere Beweismittel (zB Befundaufnahme und Stellungnahme eines Autofahrerclubs) erbracht werden können. Für gänzlich unglaubwürdig hält das Bundesfinanzgericht, das (weitere) Vorbringen der Bf, wonach die Strecke E -  G im Winter nur mit einem SUV mit Allradantrieb befahrbar sei. Folgt man den Ausführungen der Bf müssten alle motorisierten Einwohner von E im Winter entweder über SUV Fahrzeug mit Allradantrieb verfügen um nach G zu gelangen, oder weite Umwege in Kauf nehmen um den Ort zu erreichen. Zudem müssten Touristen, die über G nach E anreisen, auch derartige Fahrzeuge besitzen, um ihr Urlaubsziel zu erreichen. Dass dies nicht der Fall ist, braucht  keiner weiteren Erläuterung.

1.9.) Mit dem (wiederum) nur allgemein gehaltenen Vorbringen, wonach es sich bei den Asfinag-Ausdrucken nur um statische Berechnungen handeln würde, die keinesfalls die realistischen Fahrzeiten belegen, hat die Bf die Unzumutbarkeit der Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht aufgezeigt. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass die Bf in der Vorhaltsbeantwortung vom nicht einmal darzulegen vermochte, welche Fahrzeiten ihrer Ansicht nach denn realistisch sein sollen.

1.10.) Nachdem die Bf sowohl der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes, die als Vorhalt gilt, als auch dem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen vermag, ist im Beschwerdefall von einer Unzumutbarkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 (Überschreiten einer Fahrzeit von 90 Minuten) für die Fahrtstrecke E1 - C1 nicht auszugehen. Das (große) Pendlerpauschlae kann für diese Fahrtstrecke nicht gewährt werden.

1.11.) Bei (mehreren) Dienstverhältnissen steht ein zusätzliches Pendlerpauschale für ein weiteres Dienstverhältnis nur dann zu, wenn dadurch im Lohnzahlungszeitraum überwiegend das Zurücklegen zusätzlicher Wegstrecken (zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) verursacht wird. In diesem Fall ist für die Zuerkennung des Pendlerpauschales bei jedem Dienstverhältnis die jeweilige Wegstrecke Wohnung - Arbeitsstätte maßgeblich ().

In zeitlicher Hinsicht müssen die Voraussetzungen für das (große und kleine) Pendlerpauschale im Lohnzahlungszeitraum überwiegend gegeben sein; bei durchgehender Beschäftigung im Lohnzahlungszeitraum. Für den Kalendermonat nimmt die Verwaltungspraxis 20 Arbeitstage an, sodass ein Pendlerpauschale nur zusteht, wenn im Kalendermonat an mehr als 10 Tagen die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung zurückgelegt wird (vgl. Doralt, EstG13, § 16, Rz 111, Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, § 16 Anm. 75, Hofstätter/Reichel, EStG 1988, Rz 25).

Die Bf hat in den Jahren 2011 und 2012 in F und zwar an der D ( Schule2 ) sog. Internatsdienste (Beaufsichtigung von Internatsschülern, Unterstützung beim Studium und Hilfestellung bei Hausaufgaben) verrichtet (BFG-Akt, S. 83). Das Dienstverhältnis in F war auf bestimmte Zeit nämlich bis längstens abgeschlossen. Die Internatsdienste in F hat die Bf jeweils am Montag, Mittwoch und an einigen Wochenenden absolviert, wie nachstehendes Beispiel verdeutlicht:


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Datum
 
Veranstaltung
Abfahrt
Ankunft
Mo
Internatsdienst
08:30
22:15
Mi
Internatsdienst
12:20
22:15
Mo
Internatsdienst
08.30
22:15
Mi
Internatsdienst
12:20
22:15
So
Internatsdienst
17:20
23:59
Mo
Internatsdienst
00:00
22:15
Mi
Internatsdienst
12.20
22.15

Die Tätigkeit am C hat die Bf im Zeitraum vom jeweils am Dienstag, Donnerstag und Freitag ausgeübt.

Insoweit die Bf die Meinung vertritt, dass für die Zuerkennung des (großen) Pendlerpauschales für die Wegstrecke E – F , auch die an anderen Tagen zurückgelegte Wegstrecken E – C1 zu berücksichtigen seien, wird die Rechtslage verkannt.

Aus der vorgelegten Aufstellung (Kilometergeld, BFG-Akt, S. 85 ff) ergibt sich, dass die Bf die Wegstrecke E – F im Jahr 2012 im Jänner siebenmal, im Februar achtmal, im März neunmal, im April sechsmal, im Mai achtmal, im Juni neunmal und im Juli dreimal zurückgelegt. Ein Pendlerpauschlage für die Strecke E - F kann daher nicht gewährt werden.

2.) Fahrtkosten (Kilometergelder für die Wegstrecke E - F ):

Was die geltend gemachten Fahrtkosten für die Strecke E – F anbelangt, hat das Finanzamt zu Recht darauf hingewiesen, dass Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung mit dem Verkehrsabsetzbetrag und einem (allfälligen) Pendlerpauschale abgegolten sind, zumal Fahrten zwischen den einzelnen Arbeitsstätten im Beschwerdefall unbestritten nicht durchgeführt worden sind.

3.) Tagegelder ( F ):

Zu den Werbungskosten zählen auch Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenen Beträge nicht übersteigen (vgl. § 16 Abs.1 Z 9 EStG 1988).

Nur wenn eine beruflich veranlasste Reise vorliegt, kann ein Verpflegungsmehraufwand geltend gemacht werden. Ein Verpflegungsmehraufwand steht nicht zu, wenn ein (weiterer) Mittelpunkt der Tätigkeit begründend wird. Nicht jeder Aufenthalt an einem Ort zwecks Verrichtung dienstlicher Obliegenheiten macht diesen zum Mittelpunkt einer Tätigkeit; zu einem (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit wird ein Ort nur aufgrund längeren durchgehenden Aufenthaltes eines Steuerpflichtigen oder aufgrund eines wiederkehrenden Einsatzes über einen längeren Zeitraum (). Der längere Aufenthalt an einem Ort ermöglicht es dem Steuerpflichtigen, sich dort über die Verpflegungsmöglichkeiten zu informieren und so jenen Verpflegungsmehraufwand zu vermeiden, der allein die Annahme von Werbungskosten anstatt nicht abzugsfähiger üblicher Verpflegungsaufwendungen der privaten Lebensführung rechtfertigt ().

Ein Verpflegungsaufwand steht daher nicht zu

- bei durchgehendem Einsatz am gleichen Ort nach einer Woche,

- bei wöchentlich wiederholten Einsätzen am gleichen Ort nach einer angemessenen Anlaufphase (wohl ebenfalls etwa fünf bis sieben Tage, vgl. Doralt, EStG13, § 16 Rz 175/1 ff).

Das Tagesgeld für Inlandreisen beträgt 26,40 € pro Tag für 24 Stunden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht das Tagesgeld allerdings nur zu, wenn eine Nächtigung erforderlich ist. Dauert die Reise nur einen Tag, kann ein Verpflegungsmehraufwand durch die Mitnahme von Lebensmitteln vermieden werden (Doralt, EStG13, § 16 Rz 197 und die dort angeführte Judikatur).

Dies bedeutet, dass der Bf für einen Großteil der getätigten Reisen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ohnedies kein Verpflegungsmehraufwand (Tagegelder) zusteht. Die Bf hat im Jahr 2012 nämlich nur achtmal in F genächtigt (/, /, /, /, /, /, /, 17.06.2012718.06.2012, BFG-Akt, S. 85 ff).

Aus den vorgelegten Aufstellungen der Bf (Taggeld/Nächtigungsgeld 2011 und 2012) ergibt sich ferner, dass die Bf auch im Jahr 2011 (während der Schulzeit) wöchentlich in F Internatsdienste verrichtet hat. Es ist dem Finanzamt zuzustimmen, dass die Bf in F einen (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit begründend hat und infolge Verstreichens der Anlaufphase keine (weiteren) Taggelder im Jahr 2012 zustehen.

4.) Nächtigungskosten:

Bei Nächtigungskosten ist Grundvoraussetzung allerdings, dass „Aufwendungen der fraglichen Art überhaupt anfallen, dh dass der Steuerpflichtige derartige Kosten aus eigenem zu tragen hat (vgl. zB . 90/14/0182)“.

Der Antrag auf Berücksichtigung von Nächtigungsgeldern wurde mit Eingabe vom ohnedies zurückgenommen.

6.) Abschließend sei nochmals erwähnt, dass Richtlinien mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt keine für Gerichte beachtliche Rechtsquellen darstellen (vgl. etwa ).

7.) Insoweit die Bf darauf verweist, dass ihr anlässlich eines persönlichen Beratungsgespräches von einem Mitarbeiter des Finanzamtes VCV zur Geltendmachung von Tage- und Nächtigungsgeldern geraten worden sei, ist ihr zu erwidern, dass ein Vertrauensschutz zwar bei unrichtigen Rechtsauskünften besteht. Dies setzt aber voraus, dass die Auskunft durch die zuständige Abgabenbehörde (im Beschwerdefall durch das XXX und nicht durch das Finanzamt VCV ) erfolgt ist und ein Abgabepflichtiger ausdrücklich von der Abgabenbehörde zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wurde und sich nachtäglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausgestellt hat (vgl. ). Für letztgenannten Umstand ist die Bf überdies jeglichen Nachweis schuldig geblieben.

III.) Zulässigkeit einer Revision:

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt, und die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.3100176.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at