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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.04.2014, RV/2100115/2013

Absetzung für außergewöhnliche technische und wirtschaftliche Abnutzung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache A, B, C, vertreten durch BFP Wirtschaftsprüfungs- u. Steuerberatungs GmbH, Schubertstraße 62, 8010 Graz gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Beschwerdeführerin (eine Miteigentumsgemeinschaft), erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer Liegenschaft. Für das Jahr 2011 beantragte sie die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen wirtschaftlichen Abnutzung gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988. Begründend führte sie in einer Beilage zur Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften/gemeinschaften (Feststellungserklärung) für das Streitjahr aus, dass diese Liegenschaft seit dem Jahr 2002 an eine X vermietet wurde. Das Mietverhältnis sei im Juni 2011 beendet worden. Für die Nutzung des Gebäudes werde keine Betriebsstättengenehmigung mehr erteilt. Die Liegenschaft befinde sich darüber hinaus in einem allgemeinen Wohngebiet, wodurch eine Gewerbeberechtigung nicht mehr möglich sei. Auch die Möglichkeit zur Nutzung des Gebäudes als Lagerhalle falle aus, da dafür ebenfalls eine Betriebsstättengenehmigung erforderlich sei. Außerdem verfüge die Liegenschaft über eine schlechte Zufahrt, d.h. es bestehe kein ausreichender Platz für Lastkraftwagen um ihre Lieferung abzuladen. Für das Mietobjekt sei eine Vermietung daher nicht mehr möglich. Aufgrund dieses Sachverhaltes liege eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 iZm § 8 Abs. 4 EStG vor. Diese sei laut Rz 3199 iZm Rz 6422 EStR gegeben, „wenn die wirtschaftliche Nutzbarkeit eines Gegenstandes durch außergewöhnliche Umstände verändert worden sei“. Da das Gebäude aufgrund fehlender Betriebsstättengenehmigung nicht mehr für gewerbliche Zwecke genutzt werden könne und für Wohnzwecke ungeeignet sei, sei davon auszugehen, dass das Gebäude nicht vermietbar sei. Daher müsse die Vermietung aufgegeben werden. Folglich sei im Jahr 2011 eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abschreibung iHv 62.668,56 Euro vorgenommen und das Gebäude voll abgeschrieben worden.

In dem in der Folge ergangenen Feststellungsbescheid wurde die beantragte „außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988“ in Höhe von 62.668,56 Euro nicht als Werbungskosten anerkannt.

Begründend führte das Finanzamt aus, dass die Absetzung lt. Ausführungen in der Beilage zur Steuererklärung geltend gemacht worden sei, weil das Gebäude aufgrund der fehlenden Betriebsstättengenehmigung nicht mehr für gewerbliche Zwecke genutzt werden könne und für Wohnzwecke ungeeignet sei. Dem werde entgegen gehalten, dass lt. Bestandvertrag vom kein Gewerbebetrieb vermietet worden sei, sondern die Räumlichkeiten und Parkflächen lt. Bestandvertrag, sodass eine Betriebsstätten Genehmigung von Seiten des Bestandgebers nicht beinhaltet gewesen wäre.

Aufgrund der Kündigung des Bestandvertrages durch den Mieter am sei ersichtlich, dass das betreffende Objekt für den Bestandnehmer zu klein gewesen sei.

Weiters sei in der Beilage zur Steuererklärung behauptet worden, dass aufgrund eines Gutachtens vom der Verkehrswert der Liegenschaft nur aus dem Wert des Grund und Bodens bestehe, der Wert des Gebäudes jedoch mit Null anzusetzen sei. Dies sei insoweit nicht richtig, da laut Punkt 3.5.3 des Gutachtens der Verkehrswert des Gebäudes durch Gewichtung des Sachwertes und des Ertragswertes, die fast ident seien, ermittelt wurde. Aufgrund der Ermittlung des Ertragswertes lt. Punkt 3.5.2 des Gutachtens sei ersichtlich, dass sich die betreffenden Gebäude sehr wohl zu Vermietungszwecken nutzen ließen, sodass ein Jahresreinertrag durch Vermietung und Verpachtung von 16.232 Euro ermittelt worden sei. Daraus sei ersichtlich, dass im Jahr 2011 keine außergewöhnlichen Umstände eingetreten seien, durch die die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Vermietungsobjektes verändert worden sei.

Dagegen wandte sich die Bf. mit dem Rechtsmittel der Berufung (nunmehr Beschwerde) und wiederholte zusammenfassend nachstehende Auffassung:

„Auf Grundlage der fehlenden Betriebsstättengenehmigung als auch auf Grundlage der Lage (Lage in allgemeinem Wohngebiet) und Beschaffenheit der Liegenschaft eine Vermietung an einen Gewerbetreibenden nicht möglich ist und damit die Nutzungsdauer auf Null gekürzt worden und das Gebäude wirtschaftlich unbenutzbar geworden ist.“

In der ausführlichen Begründung wies die Bf. darauf hin, dass eine Vermietung des Objektes für Wohnzwecke ohne erheblichen finanziellen Aufwand nicht möglich sei. Zu den Ausführungen des Finanzamtes zum Gutachten werde darauf hingewiesen, dass das Gutachten im Zusammenhang mit der Verwertung der Liegenschaft erstellt worden sei.

Zur Klärung der immer wieder im Zuge des Verfahrens angesprochenen Frage der Betriebsstättengenehmigung hielt das Bundesfinanzgericht Rücksprache mit der zuständigen Bau- und Anlagenbehörde und erhielt die Auskunft, dass eine neue Betriebsstättengenehmigung nicht erforderlich sei, wenn ein neuer Betrieb in einem bereits bewilligten Umfang betrieben wird und die ursprüngliche Betriebsstättengenehmigung (5 Jahre nach Beendigung) noch nicht erloschen ist. Ein Änderungsantrag sei dennoch zu stellen. In allen anderen Fällen sei ebenfalls ein Änderungsantrag zu stellen, der iSd § 74 Abs. 2 der Gewerbeordnung zu prüfen sei. Der Flächenwidmungsplan habe bei dieser Prüfung jedoch keine Relevanz, da, so der zuständige Referent weiter, es sonst keine Gewerbebetriebe in einer Stadt geben könnte.

In der Folge wurde der Bf. die Möglichkeit gegeben dazu Stellung zu nehmen und einen Ablehnungsbescheid der Baubehörde vorzulegen.

Im Schreiben vom wurde von der Bf. darauf hingewiesen, dass die letzte Betriebsstättengenehmigung aus dem Jahre 1972 vorliege. In weiterer Folge wurde die auch dem Bundesfinanzgericht erteilte Auskunft der zuständigen Behörde wiedergegeben, dass keine generelle Betriebsstättengenehmigungen erteilt werden, sondern der betreffende Betrieb aufgrund der konkreten geplanten Tätigkeiten zu beurteilen ist.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Absetzungen für außergewöhnliche technische und wirtschaftliche Abnutzungen (AfaA) nach § 8 Abs. 4 EStG 1988 trägt einer Substanzeinbuße (technische Abnutzung) oder einer Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit (wirtschaftliche Abnutzung) Rechnung.

Die AfaA ist im Jahr des Eintritts der außergewöhnlichen Abnutzung vorzunehmen.

Eine außergewöhnliche Abnutzung liegt vor, wenn infolge besonderer Umstände ein außergewöhnlicher Wertverzehr eingetreten ist, und zwar durch technische oder wirtschaftliche Abnutzung (Doralt, EStG12, § 8, Tz 53f.).

Eine AfaA hat zur Voraussetzung, dass die geltend gemachten wirtschaftlichen Gründe die voraussichtliche Nutzungsdauer zu kürzen geeignet sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Steuerpflichtigen, den Nachweis für den Eintritt des außergewöhnlichen Wertverzehrs zu erbringen (, ).

Im Gutachten vom wird vom Gutachter unter Punkt 2.3 Nachstehendes ausgeführt:

„Sämtliche Objekte sind auf Grund des Alters und der Verwendung als Gewerbeimmobilie kurz vor Ende der technischen und wirtschaftlichen Nutzungsdauer angelangt.

Es wird überlegt, die Liegenschaft zu verkaufen.

Eine gewerbliche Nachnutzung (ausgenommen als Lager) wird auf Grund der Wohngebäude in der angrenzenden Nachbarschaft nicht mehr möglich sein, da die Grundstücke im Flächenwidmungsplan als WA Allgemeines Wohngebiet ausgewiesen sind, für einen neuen Gewerbebetrieb eine gewerbliche Genehmigung erforderlich ist, die aus den vor genannten Gründen nicht zu bekommen sein wird.

….“

Das heißt, abgesehen von der Behauptung, der Flächenwidmungsplan stehe einer Bewilligung entgegen und die, wie im Vorhalt vom auch aufgezeigt, so nicht stimmt, lässt sich aus den in diesem Gutachten getroffenen Feststellungen nicht der Eintritt einer außergewöhnlichen Abnutzung ableiten.

Wie aus dem gegenständlichen Bestandvertrag ersichtlich, hat die Bf. die betriebsnotwendige Liegenschaft in Bestand gegeben. Nach Punkt 1 dieses Vertrages sind Bestandgegenstand die Räumlichkeiten bzw. die Parkflächen laut Planskizze. Der Mieter beendete das Mietverhältnis in der Folge mit nachstehendem Schreiben vom . Auch dies ohne Hinweis auf den Eintritt einer außerordentlichen Abnutzung:

„Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Betriebes sind wir in gezwungener Lage eine größere Betriebsstätte zu wählen. Da bereits ein passendes Objekt gefunden wurde und zurzeit für unsere Ansprüche adaptiert wird, möchten wir den Vertrag zum kündigen.

Der Verdacht der Bf., bereits aufgrund des Flächenwidmungsplanes würde in Zukunft keine Genehmigung erteilt werden, stellt sich wie bereits erwähnt, als unbegründet dar. Abgesehen davon ist die Bf. jedoch grundsätzlich der Auffassung, dass keine Betriebsstättengenehmigung mehr erteilt werde und erachtet diese Befürchtung als ausreichend zur Vornahme einer AfaA.

Nach § 74 Abs. 2 der Gewerbeordnung dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen oder Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit unter anderem der Nachbarn oder der Kunden oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden oder die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.


Es ist nicht strittig, dass jeder neue Mieter für einen Betrieb in den von der Bf. gemieteten Räumlichkeiten einer Betriebsstättengenehmigung bedarf. Die Antragsstellung obliegt demjenigen (Mieter), der in den gemieteten Räumlichkeiten den Betrieb errichten will.

Ein solcher Antrag wurde gegenständlichenfalls jedoch nie gestellt.

Die bloße Vermutung der Bf., es könne mit der Erteilung der erforderlichen Bewilligung nicht gerechnet werden, kann nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes weder mit einem abweislichen Bescheid der Behörde gleichgehalten werden, noch bildet sie eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Aussichtslosigkeit eines entsprechenden Ansuchens um Bewilligung (vgl.).

Daraus folgt jedoch, dass die Bf. nicht den von der Rechtsprechung geforderten Nachweis eines außergewöhnlichen Wertverzehrs oder der Kürzung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer und sohin des Vorliegens der Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Abnutzung nach § 8 EStG 1988 erbracht hat.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein  Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In der vorliegenden Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Erkenntnis beruht auf der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (, ). Eine Revision ist somit unzulässig.

Bei der vorliegenden Rechtslage war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100115.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at