Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.07.2015, RV/2100724/2015

Aufwendungen für englischsprachige Zeitungen und Zeitschriften als Werbungskosten bei Englischlehrer an AHS und Volkshochschule

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache X, gegen die Bescheide des Finanzamts Y vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2008 und 2009 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) unterrichtete in den Streitjahren Englisch an einem Gymnasium und an einer Volkshochschule. Bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit machte er ua. Aufwendungen für englischsprachige Fachliteratur und englischsprachige (englische und amerikanische) Tageszeitungen in Höhe von 1.046,52 Euro (2008) bzw. in Höhe von 885,58 Euro (2009) als Werbungskosten geltend.

Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom bzw. mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom berücksichtigte das Finanzamt zunächst die Werbungskosten in der geltend gemachten Höhe. In der Folge forderte das Finanzamt den Bf. auf, die Aufwendungen für Fachliteratur belegmäßig nachzuweisen. Mit Bescheiden vom hob das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2008 und 2009 gemäß § 299 BAO auf. Mit den am selben Tag ausgefertigten neuen Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2008 und 2009 wurden vom Finanzamt nur mehr Aufwendungen für Fachliteratur in Höhe von 545,32 Euro (2008) bzw. in Höhe von 367,69 Euro (2009) als Werbungskosten anerkannt. In der Begründung dieser Bescheide führte das Finanzamt aus, Aufwendungen für Fachliteratur könnten nur in der nachgewiesenen Höhe anerkannt werden.

In der gegen die Einkommensteuerbescheide erhobenen Berufung (nunmehr: Beschwerde) führte der Bf. aus, dass er offensichtlich Ausführungen der damaligen Sachbearbeiterin missverstanden und daher den Kauf englischer und amerikanischer Tageszeitungen nicht weiter belegt habe. Er habe den Nachweis über 500 Euro für diese Zeitungen auf Grund des damaligen Gesprächs auch für die folgenden Jahre als erbracht angesehen; eine Auffassung, die von der derzeitigen Sachbearbeiterin aber nicht geteilt werde. Der Berufung (Beschwerde) legte er die Bestätigung einer Trafikantin mit folgendem Inhalt bei: „Es wird bestätigt, dass der Bf. in meinem Geschäft seit Jahren englische und amerikanische Zeitungen kauft. Er kauft jede Woche mindestens die Samstagausgabe des Daily Telegraph (5,57 Euro), eine Ausgabe von USA Today (2,20 Euro) und eine Ausgabe des Guardian (3 Euro).“ Weiters legte er der Berufung (Beschwerde) Quittungen der Trafikantin für die Jahre 2008 und 2009 über jeweils 500 Euro für Zeitungen/Zeitschriften bei.

Das Finanzamt wies die Berufung (Beschwerde) mit Berufungsvorentscheidung vom ab. In der Begründung führte das Finanzamt aus, Wörterbücher, Tageszeitungen, Reiseführer, für die Allgemeinheit bestimmte Geschichtswerke, Kinderbücher und Romane würden typischerweise nicht für schulische, sondern für Zwecke der persönlichen Erbauung oder zur Befriedigung eines Kunst- oder Kulturinteresses genutzt. Daran ändere der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger, der eine Fremdsprache beherrsche, derartige Werke in der Originalsprache anschaffe und lese, ebenso nichts wie die Tatsache, dass die Anschaffung derartiger Werke die berufliche Tätigkeit eines Fremdsprachenlehrers zweifellos fördere und er aus den Werken Anregungen für die Gestaltung des Unterrichts entnehmen könne. Die Aufwendungen für englische und amerikanische Tageszeitungen fielen daher unter das in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 normierte Abzugsverbot.

In dem dagegen erhobenen Vorlageantrag führte der Bf. aus, dass ein zeitgemäßer Fremdsprachenunterricht ohne regelmäßige Lektüre vor allem von Zeitungen und Zeitschriften, aber auch von Literatur aller Art einfach nicht möglich sei. Er verwende schon seit Jahrzehnten nur diese Art von Texten in allen Oberstufenklassen und oft auch in den Unterstufenklassen des Gymnasiums und darüber hinaus bei seiner Arbeit als Erwachsenenbildner an der Volkshochschule. In seiner Kursbeschreibung für die Volkshochschule werde diese Tatsache eigens angeführt. Es stelle sich für ihn auch die Frage, warum diese Aufwendungen, die vor vier Jahren – nach einer Überprüfung durch das Finanzamt – anerkannt worden seien, nun nicht mehr anerkannt würden. Abschließend schlug der Bf. vor, zur fachlichen Überprüfung seiner Begründung den Fachinspektor für den Unterricht in modernen Sprachen an AHS beim Landesschulrat für A beizuziehen.

Mit Bescheid vom gab der Unabhängige Finanzsenat der Berufung (nunmehr: Beschwerde) Folge. In der Begründung wurde ausgeführt, dass Aufwendungen für Tageszeitungen in der Regel unter das in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 normierte Abzugsverbot fallen. Nur wenn sich die private Mitveranlassung als völlig untergeordnet erweise, stehe sie nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) der Abzugsfähigkeit nicht entgegen. Einen solchen Ausnahmefall habe der Verwaltungsgerichtshof (vgl. ) im Fall einer Französischlehrerin als gegeben angesehen, die an einer Universität unterrichtet und Aufwendungen für französische Fachzeitschriften und Fachbücher sowie für einzelne Ausgaben verschiedener fremdsprachiger (englischer und französischer) Tageszeitungen als Werbungskosten geltend gemacht habe. Im gegenständlichen Fall habe der Bf. für seinen Unterricht ausschließlich Texte aus der von ihm angeschafften Literatur sowie aus den englischsprachigen Tageszeitungen verwendet. Der vorliegende Fall sei daher mit jenem der oa. Französischlehrerin vergleichbar. Eine allfällige private Mitveranlassung hinsichtlich der Anschaffung der englischsprachigen Tageszeitungen sei daher nur mehr als völlig untergeordnet anzusehen. Das in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 normierte Abzugsverbot komme daher nicht zur Anwendung.

Gegen diesen Bescheid erhob das Finanzamt Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung, Aufwendungen für Tageszeitungen zählten nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) grundsätzlich zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung. Der Unabhängige Finanzsenat habe seiner Entscheidung das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/14/0064, zugrunde gelegt. In dieser Rechtssache sei es darum gegangen, dass eine Vertragslehrerin für Romanistik an einer Universität Zeitschriften und Bücher dokumentierterweise ausschließlich für die Vorbereitung, Abhaltung bzw. Ausgestaltung von Lehrveranstaltungen an der Universität angeschafft und darüber hinaus detaillierte Angaben darüber gemacht habe, welche Bücher und Zeitschriften sie für welche konkreten Lehrveranstaltungen benötigt habe. Ferner seien diese Quellen nach Art, Inhalt, Umfang und Bedeutung weder außerhalb der Berufssparte der Beschwerdeführerin anzutreffen noch für einen Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad bestimmt gewesen. Im vorliegenden Fall sei jedoch nicht belegt worden, für welche konkreten Unterrichtsmaßnahmen welche Tageszeitungen oder Teile davon verwendet worden seien. Vielmehr habe der Bf. in seinem Vorlageantrag allgemein darauf verwiesen, dass ein zeitgemäßer Fremdsprachenunterricht ohne regelmäßige Lektüre vor allem von Zeitungen und Zeitschriften, aber auch von Literatur aller Art nicht möglich sei. Diese Aussage könne mangels weitergehender Konkretisierung nach Ansicht des Finanzamts nur dahingehend interpretiert werden, dass die Anschaffung der englischsprachigen Tageszeitungen zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Bf. erfolgt sei. Auch die Angabe im Vorlageantrag, er verwende schon seit Jahrzehnten nur diese Art von Texten in allen Oberstufenklassen und oft auch in den Unterstufenklassen des Gymnasiums und darüber hinaus bei seiner Arbeit als Erwachsenenbildner an der Volkshochschule vermag nach Ansicht des Finanzamts nicht aufzuzeigen, dass die Anschaffung der englischsprachigen Tageszeitungen weit überwiegend berufsspezifischen Aspekten gedient habe, dass eine allfällige private Mitveranlassung hinsichtlich ihrer Anschaffung nur mehr als völlig untergeordnet und der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen nicht entgegenstehend zu beurteilen gewesen sei.

Mit Erkenntnis , hob der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Finanzsenats wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.

Im fortgesetzten Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde der Bf. aufgefordert, nachzuweisen, für welche konkreten Lehrveranstaltungen er welche Zeitungen bzw. Zeitschriften benötigt habe.

In der Vorhaltsbeantwortung vom gab der Bf. zunächst (nochmals) bekannt, dass er jeweils die Samstagausgabe des Daily Telegraph und mindestens zweimal in der Woche USA Today und den Guardian gekauft habe. Daneben habe er das Time Magazin im Abonnement bezogen. Diese Zeitungen und Zeitschriften seien nur der Hauptteil des von ihm verwendeten Materials und die unentbehrliche Grundlage seines Unterrichts gewesen, weil er in seiner fast 40-jährigen Tätigkeit an der Oberstufe eines Gymnasiums nie ein Lehrbuch verwendet habe. Auch für die Vorbereitung von über 20 Maturaterminen habe er Texte, Statistiken, Graphiken, Schlagzeilen und Cartoons aus den Zeitungen gesammelt. Auf diese Art habe er viele Gebiete vom Tagesgeschehen über den Sport (besonders wichtig für Einblicke in die Mentalität von Engländern und Amerikanern durch die Betonung von typischen Sportarten wie Cricket, Rugby, Baseball und Football) bis zur Jugendszene abdecken und authentisch präsentieren können. Hinzu komme die Tatsache, dass die Beschäftigung mit aktuellen Texten viel fordernder, aber auch lohnender sei. Das aktuelle Material habe er oft auch in der Unterstufe als Motivationsschub einsetzen können. In der Volkshochschule hätten Hörer seine Kurse in der Erwartung belegt, neben der sprachlichen Kompetenzsteigerung Informationen über Entwicklungen in englischsprachigen Ländern zu erhalten. Den Bezug der oa. Zeitungen und Zeitschriften habe er bei seiner Pensionierung im Jahr 2011 reduziert und mit der Beendigung seiner Tätigkeit an der Volkshochschule aufgegeben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Diese Bestimmung enthält als wesentliche Aussage ein Abzugsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zugrunde liegt, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen (vgl. zB , m.w.N.).

Bei der Abgrenzung beruflich bedingter Aufwendungen von den Kosten der Lebensführung ist eine typisierende Betrachtungsweise derart anzuwenden, dass nicht die konkrete tatsächliche Nutzung, sondern die typischerweise zu vermutende Nutzung als allein erheblich angesehen werden muss. Als Ergebnis dieser gebotenen typisierenden Betrachtungsweise entscheidet der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die Anschaffung von Werken der Literatur, die von allgemeinem Interesse oder für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad bestimmt ist, nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung begründet (vgl. für viele ). Unter den Begriff der Werke der allgemein interessierenden Literatur fallen nicht nur Werke der klassischen Literatur und der Belletristik, sondern auch Zeitschriften (vgl. ). Auch Aufwendungen für Tageszeitungen sind in der Regel nicht abzugsfähig (vgl. nochmals ).

Eine von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Betrachtungsweise muss nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Personen Platz greifen, deren Berufsausübung unter berufsspezifischen Aspekten eine weit überdurchschnittliche zwingende Auseinandersetzung mit Tagesereignissen mit sich bringt, die im regelmäßigen Erwerb einer Vielzahl verschiedener (in- und ausländischer) Tageszeitungen zum Ausdruck kommt (vgl. , und nochmals ). Anderes kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch dann gelten, wenn Zeitungen und Zeitschriften ausschließlich für die Vorbereitung, Abhaltung bzw. Ausgestaltung von Lehrveranstaltungen angeschafft werden, was aber vom Steuerpflichtigen nachzuweisen ist (vgl. ).

Der Bf. unterrichtete in den Streitjahren Englisch an einem Gymnasium und war außerdem in der Erwachsenenbildung tätig. Dass die Tätigkeit des Bf. eine weit überdurchschnittliche zwingende Auseinandersetzung mit Tagesereignissen mit sich bringt, ist aus dem allgemein gehaltenen Vorbringen des Bf., dass ein zeitgemäßer Fremdsprachenunterricht ohne regelmäßige Lektüre vor allem von Zeitungen und Zeitschriften, aber auch von Literatur aller Art nicht möglich ist, nicht ableitbar. Für den Nachweis, dass die Zeitungen und Zeitschriften ausschließlich für die Vorbereitung, Abhaltung bzw. Ausgestaltung von Lehrveranstaltungen angeschafft wurden, hätte es detaillierter Angaben des Bf. dahingehend bedurft, welche Zeitungen bzw. Zeitschriften er für welche konkreten Lehrveranstaltungen benötigte (vgl. ). Derartige Angaben enthält weder die Berufung (Beschwerde) noch der Vorlageantrag noch die im fortgesetzten Verfahren erstattete Vorhaltsbeantwortung. Dass die vom Bf. angeschafften Zeitungen und Zeitschriften derart auf die spezifischen beruflichen Bedürfnisse des Bf. abgestellt waren, dass ihnen die Eignung gefehlt habe, private Bedürfnisse anderer – nicht der Berufsgruppe des Bf. angehörender - Bevölkerungskreise zu befriedigen, behauptete der Bf. ohnedies nicht.

Der Nachweis, dass die im vorliegenden Fall strittigen Aufwendungen bzw. Ausgaben für englischsprachige Zeitungen und Zeitschriften entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung (nahezu) ausschließlich seine berufliche Sphäre betrafen, wurde vom Bf. daher nicht erbracht. Diese Aufwendungen fallen somit unter das in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 normierte Abzugsverbot.

Von der vom Bf. angeregten Beiziehung des Fachinspektors für den Unterricht in modernen Sprachen an AHS konnte abgesehen werden, weil die fachliche Qualität des Unterrichts des Bf. nicht in Zweifel gezogen wird. Die Frage, welche Zeitungen und Zeitschriften der Bf. für welche konkreten Lehrveranstaltungen verwendet hatte, hätte aber wohl nur er selbst beantworten können.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil der Entscheidung, soweit sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene Rechtsansicht zugrunde gelegt wurde.

Graz, am

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