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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.12.2015, RV/7501887/2014

Vollstreckungsverfügung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7501887/2014-RS1
Im Vollstreckungsverfahren können Umstände, die im Titelbescheid rechtskräftig entschieden wurden, bei unverändert gebliebenem Sachverhalt wegen Rechtskraft des Titelbescheides nicht mehr behandelt werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri über die Beschwerden der A in W vom , wegen Vollstreckungsverfügungen des Magistrates der Stadt Wien, MA 6, Rechnungs- und Abgabenwesen vom X , Zahlungsreferenzen 1 und 2 zu Recht erkannt:

Die Beschwerden gegen die Vollstreckungsverfügungen zu den Zahlungsreferenzen 1 und 2 werden gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist für die vor dem BFG belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Am Y erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, Parkraumüberwachung, unter der Geschäftszahl MA 67-PA- 3 folgende Strafverfügung: „Sie haben am Z um 13:52 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in W1 mit dem mehrspurigen Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen XY folgende Verwaltungsübertretung begangen: Abstellen des Fahrzeuges, ohne für seine Kennzeichnung mit einem richtig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da sich neben den Parkscheinen mit den Nummern D1 , D2 eine Farbkopie des Parkscheins mit der Nummer D2 und ein weiterer Parkschein befanden. Die Parkometerabgabe wurde daher hinterzogen. Der Meldungsleger hielt im externen Notizfeld Folgendes fest: „vierter Parkschein, Parkscheinnummer mit Kugelschreiber verdeckt, 2-maI idente Parkscheinnummer, jeweilige Entwertungen 4-mal Z 09:00 Uhr und Parkkleber Bezirk C gültig bis 1014.“

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 5 Abs. 2 Parkometerabgabe
verordnung, ABI. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 in Anwendung des § 47 VerwaItungsstrafgesetz 1991 - VStG, eine Geldstrafe von EUR 294,00, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt.“

Am selben Tag erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, Parkraumüberwachung, unter der Geschäftszahl MA 67-PA- 4 eine weitere Strafverfügung: „Sie haben am Z um 20:18 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in W2 mit dem mehrspurigen Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen XY folgende VerwaItungsübertretung begangen: Abstellen des Fahrzeuges, ohne für seine Kennzeichnung mit einem richtig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da sich im Fahrzeug neben den Parkscheinen mit den Nummern D3 , D4 farbkopierte Parkscheine befanden. Die Parkometerabgabe wurde daher hinterzogen.

Der Meldungsleger hielt im externen Notizfeld Folgendes fest: „zwei weitere Parkscheine, Nummern durch Kugelschreiber verdeckt, mit den jeweiligen Entwertungen Z 17:00 Uhr, Parkscheine stark verpixelt, weiße Linien um die schwarzen Linien und Parkkleber Bezirk C gültig bis 1014.“

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 5 Abs. 2 Parkometerabgabe
verordnung, ABI. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 in Anwendung des § 47 VerwaItungsstrafgesetz 1991 - VStG, eine Geldstrafe von EUR 294,00, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt.“

Diese Strafverfügungen wurden je mittels RSa-Rückscheinbrief erstmalig am versucht an die Bf. zuzustellen, jedoch mangels Anwesenheit am Abgabeort nach Verständigung über die Hinterlegung ab zur Abholung am Postamt W3 bereitgehalten. Beide Schriftstücke wurden letztlich als „nicht behoben“ der belangten Behörde retouniert.

Da keine Zahlungen bei der belangten Behörde eingingen erließ die Behörde am X je eine Vollstreckungsverfügung zur Zahlungsreferenz 1 und 2 über je € 294,00.

Gegen diese Bescheide erhob die Bf. mittels E-mail vom Beschwerden und begründete diese wie folgt: "Ich erhielt vor einer Woche die og. Verfügungen und möchte dazu Beschwerde einlegen. Einer Vollstreckungsverfügung geht nach meinem Wissen stets eine Anonymverfügung voraus. Diese habe ich jedoch niemals erhalten und konnte demnach nicht darauf reagieren - ich hätte Einspruch erhoben. Deshalb liegt aus Ihrer Sicht eine Zahlungsverweigerung vor, die jedoch ungerechtfertigt ist."

Mit weiterer E-mail an das Bundesfinanzgericht vom gab die Bf. bekannt, dass sie in der Zeit vom 17.07. bis in K1 , gewesen wäre und deshalb die eingehende Post nicht hätte entgegennehmen können. Eine ursprünglich angesprochene Radtour hätte im Sommer 2013 stattgefunden und wäre somit in diesem Fall nicht maßgebend. Den Aufenthalt in K2 vorigen Sommer könne E1 , bestätigen. Eine Rechnung bzw Bestätigung würde leider nicht mehr aufliegen.

Im Verfahren des Bundesfinanzgerichtes wurde der bekanntgegebene Zeuge am befragt und übergab dieser dem Gericht eine Kopie der Rechnung der besuchten Ferienanlage, aus der hervorgeht, dass der Urlaub im Zeitraum bis stattgefunden hätte. Der Zeuge sagte ferner aus, dass er sich nicht mehr erinnern könne, ob sie für die Anreise einen zusätzlichen Tag benötigt hätten.

Laut zentralem Melderegister ist die Bf. seit R an der Adresse W aufrecht hauptwohnsitzlich gemeldet.

Im Rahmen der am anberaumten mündlichen Beschwerdeverhandlung sollte der Bf. die Aussage sowie die übergebene Zahlungsbestätigung zur Kenntnis gebracht werden. Mangels Erscheinen der Parteien (Bf. unentschuldigt, belangte Behörde entschuldigt) ist die Entscheidung nach der Aktenlage zu treffen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Bf. macht damit dem Grunde nach geltend, mit Strafverfügung bzw. (im ordentlichen Verfahren) mit Straferkenntnis wegen der in Frage stehenden Tat nur dann für schuldig erkannt und hiefür bestraft werden zu dürfen, wenn vorher der Beschwerdeführerin (als Täterin) in Ansehung dieser Tat eine Anonymverfügung (mängelfrei) zugestellt würde. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei zunächst die Regelung des § 49a Abs. 5 VStG, in der bestimmt ist, wem die Anonymverfügung zuzustellen ist; dies ist eben nicht unbedingt der Täter als solcher, wie es der Rechtsfigur der Anonymverfügung, die sich nicht gegen eine bestimmte Person als Täter (Beschuldigten) richtet, entspricht.

Aus dem Vorbringen der Bf., dass ihr keine Anonymverfügung zugestellt worden sei, lässt sich nichts gewinnen, da dem Organ der öffentlichen Aufsicht ein Wahlrecht eingeräumt ist, ob es eine Anonymverfügung gemäß § 49a VStG (im Falle eines Organs der Verwaltungsstrafbehörde selbst) bzw. eine Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG (im Falle eines Organes der Landespolizeidirektion Wien) oder eine Anzeige erstattet (Lewisch/Fister/Weilguni, Verwaltungsstrafgesetz, § 50 Tz 4), durch die das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §§ 40 ff. VStG gegen eine bestimmte Person als Lenker des Fahrzeuges eingeleitet wird.

Abgesehen davon übersieht die Bf. bei ihrem Vorbringen, dass dem Einzelnen (jedenfalls) kein durchsetzbarer Anspruch auf Erlassung einer Anonymverfügung - mangels rechtlicher Möglichkeit der Erzwingung einer solchen - zusteht (vgl. Walter, Die Verwaltungsstrafgesetznovelle 1987, ÖJZ 1988, S. 365; ebenso Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, RZ 894/6).
Somit steht jedenfalls nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dem Einzelnen kein subjektives Recht auf Erlassung einer Anonymverfügung oder einer Organstrafverfügung zu (; ).

Nach § 10 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG 1991) idF BGBl Nr. I 33/2013 sind auf das Vollstreckungsverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und dritte Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

Nach § 10 Abs. 2 VVG 1991 hat die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung keine aufschiebende Wirkung.

Nach § 54b Abs. 1 VStG 1991 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Soweit nach § 54b Abs. 2 VStG 1991 eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

Ein in Rechtskraft erwachsener Bescheid, der die erforderliche Bestimmtheit des Leistungsbefehls voraussetzt, ist taugliche Grundlage eines Vollstreckungsverfahrens. In diesem Verfahrensstadium kommt es daher auf die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Titelbescheides nicht mehr an und kann diese im Vollstreckungsverfahren auch nicht mehr geprüft werden.

Grundlage der Vollstreckungsverfügung ist der Titelbescheid, der den Exekutionstitel genau zu bestimmen hat. Da damit der maßgebliche Sachverhalt feststeht, geht der Erlassung der Vollstreckungsverfügung in der Regel kein Ermittlungsverfahren voraus (vgl. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht - ein systematischer Grundriss, S. 610, Rz. 999). Das (rechtskräftige) Straferkenntnis oder die Strafverfügung bilden daher den Exekutionstitel (vgl. Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, § 54b Rz. 4).

Die Vollstreckungsbehörde hat nur zu prüfen, ob ein exekutierbarer Titel vorliegt und die Vollstreckung zulässig ist. Unzulässig wäre daher, wenn die Leistung im Titelbescheid oder in der Vollstreckungsverfügung nicht genau genug bestimmt ist oder der Titelbescheid nachträglich aufgehoben würde (vgl. Zl. 2000/05/0193).

Vollstreckungsverfügungen iSd § 10 VVG 1991 sind nur solche Verfügungen von Vollstreckungsbehörden, die im Zuge des Vollstreckungsverfahrens ergehen und unmittelbar die Durchführung der Vollstreckung zum Gegenstand haben. Eine Vollstreckungsverfügung kann daher nur eine solche Verpflichtung zum Gegenstand haben, die dem Verpflichteten mit dem zu vollstreckenden Bescheid auferlegt worden ist (vgl. Zl. 89/10/0189).

Eine Vollstreckungsverfügung, die eine Maßnahme zum Gegenstand hat, die nicht bloß als Konkretisierung der im Titelbescheid auferlegten Verpflichtung anzusehen ist, ist infolge mangelnder Übereinstimmung mit dem Titelbescheid rechtswidrig (vgl. Zl. 89/10/0189).

Es liegt im Wesen des Vollstreckungsverfahrens, dass Umstände, über die im Titelbescheid rechtskräftig entschieden wurde, bei unverändert gebliebenem Sachverhalt im Vollstreckungsverfahren wegen Rechtskraft des Titelbescheides nicht mehr behandelt werden können (vgl. Zl. 2011/05/0129).

Wann eine Vollstreckung iSd § 10 VVG 1991 unzulässig ist, ist im Gesetz nicht näher ausgeführt. Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen des § 10 VVG mit den übrigen Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 ergibt sich, dass der Beschwerdegrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung nur dann gegeben ist, wenn die Bf. behauptet, dass die Voraussetzungen für eine Vollstreckung nicht gegeben sind.

Voraussetzung für eine Vollstreckung ist, dass überhaupt ein entsprechender Titelbescheid wie zB eine Strafverfügung oder ein Straferkenntnis vorliegt, diese gegenüber der Bf. wirksam geworden sind und der Verpflichtete ihrer Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Einleitung des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (vgl. Zl. 2001/07/0018).

Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet die Frage, ob mit den zwei Vollstreckungsverfügungen jeweils vom X die Zwangsvollstreckung der in den zwei Strafverfügungen vom Y verhängten Geldstrafen von jeweils € 294,00 rechtens ist.

Im vorliegenden Fall ist daher aufgrund des oben geschilderten Sachverhaltes zu prüfen, ob die Strafverfügungen gegenüber der Bf. nach ordnungsgemäßer Zustellung wirksam geworden sind.

Die Zustellung der von Gerichten und Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Dokumente regelt das Zustellgesetz (ZustG).

Nach § 2 Z 3 ZustG   bedeutet "Zustelladresse" ua. eine Abgabestelle.

Nach § 2 Z 4 leg. cit. ist "Abgabestelle" die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.

Nach § 13 Abs.1 leg.cit. ist das D okument dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.

Nach dem unstrittigen Akteninhalt ist die Bf. l aut zentralem Melderegister seit R an der Adresse W aufrecht hauptwohnsitzlich gemeldet. Die zuzustellenden Schriftstücke wurden, nachdem der Zustellversuch am an der Wohnanschrift der Bf. vergeblich verlaufen ist, vom Zustellorgan beim Postamt hinterlegt und ab zur Abholung bereitgehalten. Da die Sendungen in der Folge von der Bf. nicht behoben wurden, wurden sie der belangten Behörde zurückgesandt, wo sie jeweils am einlangten.

Nach der vom Zeugen übergebenen Rechnung der Ferienanlage steht für das Bundesfinanzgericht fest, dass der Urlaub der Bf. im Zeitraum bis stattfand. Der von ihr behauptete Urlaub in der Zeit vom 17.07. bis hat zumindest in diesem behaupteten Ausmaß nicht stattgefunden.

Es ist deshalb davon auszugehen, dass die als Hauptwohnsitz angegebene Wohnung im maßgeblichen Zeitraum von der Bf. bis zu ihrem Urlaubsantritt tatsächlich bewohnt und benutzt worden ist und daher eine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes ist. Die zuzustellenden Schriftstücke hätten daher von der Bf. – auch wenn sie am durch das Zustellorgan in der Wohnung nicht angetroffen werden konnte – ab , längstens aber bis zur Abreise nach K2 am vom Postamt abgeholt werden können.

Gegenständlich erfolgte die Zustellung jedoch durch Hinterlegung nach § 17 ZustG. Es ist daher zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die Zustellung durch Hinterlegung rechtswirksam erfolgt ist oder nicht.

Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument gemäß § 17 Abs. 1 ZustG im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Nach § 17 Abs. 3 leg. cit. ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf der Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Nach § 17 Abs. 4 leg. cit. ist d ie im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Will eine Behörde davon ausgehen, ein Dokument sei durch Hinterlegung zugestellt, so trifft sie von Amtswegen die Pflicht festzustellen, ob auch tatsächlich durch Hinterlegung eine Zustellung bewirkt wurde und ob nicht etwa der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. )

Der ordnungsgemäße Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde. Er macht Beweis über die Zustellung . Der Gegenbeweis ist möglich. Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (, , 95/19/0764).

Den Gegenbeweis hat die Bf. nicht erbracht. Mit ihrem Vorbringen vermag sie nicht nachzuweisen bzw. zumindest glaubhaft darzulegen, dass der Zusteller nicht Grund zur Annahme haben hätte können, dass der Empfänger sich regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Im Gegenteil, objektiv gesehen bestand für den Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Auf die obigen Ausführungen zur Wohnung als Abgabestelle darf verwiesen werden.

Der bloße Umstand, dass die Empfängerin während der Zustellzeit nicht an der Abgabestelle angetroffen werden konnte, schließt die Annahme, dass sich die Empfängerin regelmäßig an der Abgabestelle aufhält nicht aus. Die Hinterlegung der Schriftstücke war daher zulässig. Die Bf. konnte daher vor ihrer Abreise Kenntnis vom Zustellvorgang erlangen. Die tatsächliche Kenntnisnahme bzw. das Zukommen der Hinterlegungsanzeige wird vom Gesetz nicht gefordert (vgl. ; ).

Die Schriftstücke hätten daher bis – bis zur Abreise nach K2 - behoben werden können. Die Zustellung ist daher am wirksam geworden. Dass die Bf. am nach K2 reiste, ändert an der Wirksamkeit der Zustellung nichts. Bei der Anwendung des § 17 Abs. 3 ZustG kommt es nicht darauf an, ob die Empfängerin auf Grund privater oder beruflicher Aktivitäten keine Zeit für die Abholung einer Sendung findet oder die Abgabestelle wieder verlässt, sie hätte vielmehr entsprechende Dispositionen treffen müssen, um in den Besitz der Schriftstücke zu gelangen (vgl. ebenfalls ; Ritz, BAO4, § 17 Zustellgesetz, Tz 19 mwN).

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig. Eine Angelegenheit, die - wie die bekämpften Vollstreckungsverfügungen - einen Antrag zum Gegenstand hat, der mit einem Verwaltungsstrafverfahren untrennbar verbunden ist, stellt eine "Verwaltungsstrafsache" i. S. d. § 25a Abs. 4 VwGG dar (vgl. zum Begriff der "Verwaltungsstrafsache" etwa ; u. v. a. oder ). Daher kommt der Revisionsausschluss des § 25 Abs. 4 VwGG zum Tragen.

Eine ordentliche Revision der belangten Behörde war für nicht zulässig zu erklären, weil das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhing, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es wird dabei auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 10 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
§ 17 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Schlagworte
Vollstreckungsverfügung
Abweisung
rechtskräftige Zustellung der Strafverfügung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7501887.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at