TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.11.2015, RV/7101893/2014

Säumniszuschlag - Grobes Verschulden bei Rechtsunkenntnis

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Dr. Reinhard Gotthold Lauer, Brandmayergasse 36/10, 1050 Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Säumniszuschlag zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt von der Kapitalertragsteuer 12/2013 in Höhe von € 59.418,52 gemäß § 217 Abs.1 und 2 BAO einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 1.188,37 fest, weil die angeführte Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet wurde.

In der dagegen eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin (Bf) wie folgt aus:

Die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 12/2013 wurde Anfang Jänner 2014 dem Finanzamt über Finanzonline gemeldet und einbezahlt. Die Steuerpflichtige ging davon aus, dass die Zahlung rechtzeitig bis erfolgen kann.

Hiermit stelle ich den Antrag, den Säumniszuschlag im Betrag von € 1.188,37, festgesetzt im Bescheid vom , nicht festzusetzen, da die Abgabenpflichtige kein grobes Verschulden trifft.

Die Abgabepflichtige entrichtet stets sämtliche Abgaben pünktlich. Daher ersuche ich den entschuldbaren Irrtum zu verzeihen und gemäß § 217 Abs 7. BAO keinen Säumniszuschlag festzusetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Zur Begründung führte das Finanzamt wie folgt aus:

Gemäß § 217 Abs. 1 iVm § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft.

Laut Kapitalertragsteuermeldung, die per FinanzOnline eingebracht wurde, ist die Ausschüttung der GmbH am erfolgt. Gemäß § 96 Abs. 1 EStG hat der Abzugsverpflichtete die einbehaltenen Steuerbeträge unter der Bezeichnung "Kapitalertragsteuer" binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge abzuführen.

Die Kapitalertragsteuer hätte daher spätestens bis zum entrichtet werden müssen.

Die Überweisung ist jedoch gemäß § 211 Abs. 1 lit. d iVm § 211 Abs. 2 BAO am erfolgt.

Geldschulden sind Bringschulden. Der Schuldner trägt nach § 905 Abs. 2 ABGB die Kosten und die Gefahr der Übersendung des Geldbetrages (vgl. zB. ).

In der Beschwerde wird vom Beschwerdeführer vorgebracht, dass der Steuerpflichtige davon ausging, dass die Zahlung rechtzeitig bis zum erfolgen kann. Der Abgabepflichtige habe sämtliche Abgaben stets pünktlich entrichtet. Es werde daher ersucht, den entschuldbaren Irrtum zu verzeihen und gemäß § 217 Abs. 7 BAO keinen Säumniszuschlag festzusetzen.

Dazu ist vom Finanzamt zu entgegnen, dass ein grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Da jedoch auch schon die Körperschaftsteuer 2012 und die Anspruchszinsen 2012, die am fällig waren, nicht zur Gänze bis zum sondern erst am bezahlt wurden, also bereits in der Vergangenheit Versäumnisse bei der Entrichtung vorlagen, ist eine Aufhebung des Säumniszuschlages iSd § 217 Abs. 7 BAO ausgeschlossen, weil nicht bloß eine leichte Fahrlässigkeit vorliegt.

Da also die Kapitalertragsteuer nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet wurde und die Begünstigungsbestimmung des § 217 Abs. 7 BAO nicht zur Anwendung kommt, war gemäß § 217 BAO ein erster Säumniszuschlag vorzuschreiben und die Beschwerde abzuweisen.

Mit Eingabe vom stellte die Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und führte wie folgt aus:

Bei der neuen ab bestehenden Verpflichtung, die Kapitalerträge per Finanzonline zu melden, gibt es beträchtliche Anfangsschwierigkeiten. Die Handhabung dieser FinanzonlineMaske ist äußerst kompliziert.

Die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 12/2013 wurde Anfang Jänner 2014 dem Finanzamt über Finanzonline gemeldet und einbezahlt. Die Steuerpflichtige ging davon aus, dass die Zahlung rechtzeitig bis erfolgen kann.

Wegen der Weihnachtsferien war eine frühere Meldung auch schwer möglich.

Keinesfalls wollte man die Steuer zu spät entrichten. Die Zahlungsüberschreitung war äußerst gering.

Deshalb stelle ich den Antrag, den Säumniszuschlag im Betrag von € 1.188,37, festgesetzt im Bescheid vom , nicht festzusetzen, da die Abgabenpflichtige kein grobes Verschulden trifft.

Die Abgabenpflichtige entrichtet stets sämtliche Abgaben pünktlich. Daher ersuche ich den entschuldbaren Irrtum zu verzeihen und gemäß § 217 Abs. 7 BAO keinen Säumniszuschlag festzusetzen.

Die in der Beschwerdevorentscheidung angesprochene nicht rechtzeitige Entrichtung der Körperschaftsteuer 2012 samt Anspruchszinsen hat eine Zeitüberschreitung von lediglich 2 Tagen ( statt ) und einen völlig unbedeutenden Betrag von € 103,75 betroffen. Diese Bagatelle sollte man nicht als Versäumnis qualifizieren.

Die Steuerpflichtige bemüht sich, sämtliche Zahlungen an das Finanzamt immer pünktlich durchzuführen.

Daher ersuche ich Sie, von der Festsetzung des Säumniszuschlages abzusehen und den Bescheid aufzuheben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Anträge gemäß § 217 Abs. 7 und 8 BAO können auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagbescheid gestellt werden (vgl. Ritz, SWK 2001, S 343) und sind diesfalls in der Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen.

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt.

Laut Aktenlage wurde die aus einer Ausschüttung der GmbH vom 30.  Dezember  2013 resultierende und damit g em äß § 96 Abs. 1 EStG laut angefochtenem Bescheid am (bzw. laut Beschwerdevorentscheidung am 8.  Jänner  2014) fällige Kapitalertragsteuer 12/2013 in Höhe von € 60.000,00 mit einem Teilbetrag von € 59.418,52 erst durch Überweisung (§ 211 Abs. 1 l it. d BAO) am und somit verspätet entrichtet wurde, sodass die Säumniszuschlagsvorschreibung als objektive Säumnisfolge grundsätzlich zu Recht erfolgte.

Die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung, dass die Überweisung gem äß §  211 Abs. 1 l it. d i Vm § 211 Abs. 2 BAO am 14.  Jänner  2014 erfolgt sei, ist insofern zu berichtigen, als gemäß § 211 Abs. 2 BAO eine Entrichtung bis 14.  Jänner  2014 ohne Rechtsfolgen zu bleiben hätte.

Entsprechend den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung erfolgte auch die Entrichtung der am 9.  Dezember  2013 fälligen Körperschaftsteuer 2012 und der Anspruchszinsen 2012 mit einem Teilbetrag von € 165,76 erst am 16.  Dezember  2013. Auch wenn der davon betroffene Betrag gering ist, ist diese Verspätung ebenfalls als Säumnis qualifizieren.

Sofern die Bf davon ausging, dass die Zahlung rechtzeitig bis e rfolgen könne, ist dem zu entgegnen, dass Rechtsunkenntnis im Allgemeinen vorwerfbar ist, wenn Rechtskenntnis bei Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit hätte erreicht werden können. In der Unterlassung einer gebotenen und zumutbaren Erkundigung liegt ein Verschulden (vgl. Stoll, BAO, 1529, und die dort zitierte Judikatur). Inwieweit die Bf daran gehindert gewesen sei, Erkundigung betreffend die Fälligkeit der Kapitalertragsteuer 12/2013 bei seinem steuerlichen Vertreter oder dem Finanzamt einzuholen, wurde nicht dargelegt und war auch nicht erkennbar.

In einem vom Antragsprinzip beherrschten, auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichteten Verfahren tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund (vgl. Ritz, BAO4, § 115 Tz 12). Wer eine Begünstigung in Anspruch nehmen will, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

In diesem Sinne wäre es an der Bf gelegen, über die allgemein gehaltene Rechtfertigung der Unkenntnis der Fälligkeit der Kapitalertragsteuer 12/2013 hinaus jene Gründe genau darzulegen, die sie veranlasst haben, sich über die Bestimmungen des § 96 Abs. 1 EStG nicht rechtzeitig zu informieren. Die steuerlich vertretene Bf hätte lediglich rechtzeitig Kontakt zu ihrem Steuerberater aufnehmen müssen.

Das Vorbringen, dass es bei der neuen ab bestehenden Verpflichtung, die Kapitalerträge per Finanzonline zu melden, beträchtliche Anfangsschwierigkeiten gebe und wegen der Weihnachtsferien eine frühere Meldung auch schwer möglich gewesen sei, übersieht schon, dass der Bf die zu späte Entrichtung und nicht die zu späte Meldung zum Vorwurf gemacht wurde.

Die Voraussetzungen für eine Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO lagen somit nicht vor, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7101893.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at