Die Vorankündigung einer Außenprüfung ist keine verjährungsunterbrechende Amtshandlung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde der Bf., vertreten durch Schaler und Authried Steuerberatung OEG, 1040 Wien, Wohllebengasse 7/16, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer 2006 - 2010
I. zu Recht erkannt:
Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 wird Folge gegeben.
Dieser Bescheid wird aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
II. beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2007 – 2010 wird gemäß § 256 Abs 3 iVm § 278 Abs 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) als gegenstandslos erklärt.
Gegen diesen Beschluss ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Entscheidungsgründe
Bei der Beschwerdeführerin (Bf) fand eine Außenprüfung betreffend uA die Streitjahre statt. Diese wurde vom Finanzamt (FA) mit Schreiben vom , zugestellt mit Rsb am , insofern vorangekündigt, als beabsichtigt sei, in nächster Zeit eine Außenprüfung durchzuführen. Voraussichtlicher Prüfungsbeginn und voraussichtlicher Prüfungsort würden telefonisch vereinbart.
Der Bescheid über einen Prüfungsauftrag betreffend Einkommensteuer 2003 – 2010 wurde der Bf am zur Kenntnis gebracht und ausgefolgt.
Am gleichen Tag begann die Außenprüfung betreffend Einkommensteuer 2003 – 2010.
Die Betriebsprüfung (Bp) gelangte zum Ergebnis, dass die Bf anteilig als wirtschaftliche Eigentümerin des der Stiftung1 gewidmeten Vermögens anzusehen sei und bei ihr die aus diesem Vermögen erzielten Erträge und Wertsteigerungen anteilig zur Einkommensteuer zu erfassen seien. Die Bp ging davon aus, dass es sich bei der Stiftung1 um kein mit einer inländischen Körperschaft vergleichbares Rechtsgebilde handle, die Stiftung1 als „transparente Stiftung“ anzusehen sei und die vertretungsbefugten Organe der Foundation auf Grund des Mandatsvertrages als Treuhänder anzusehen seien.
Das FA folgte diesen Feststellungen und erließ am entsprechende Einkommensteuerbescheide 2006 – 2010.
Gegen diese Rechtsansicht richtet sich die Berufung (nunmehr Beschwerde) der Bf vom .
Nach Erstellung einer Stellungnahme durch die Bp legte das FA die Berufung (nunmehr Beschwerde) dem UFS (nunmehr BFG) zur Entscheidung vor.
Die Bf brachte mit Schriftsatz vom eine Gegenäußerung zur Stellungnahme der Bp ein und machte bezüglich Einkommensteuer 2006 zusätzlich Verjährung geltend.
Das FA teilte dem BFG am mit, dass Selbstanzeigen der Bf betreffend nicht erklärter Einkünfte aus einer (weiteren) transparenten Liechtensteinischen Stiftung eingelangt seien.
Mit Schreiben vom beauftragte das BFG das FA gemäß § 269 Abs 2 BAO mit Ermittlungen betreffend die Auswirkungen der Selbstanzeige und erteilte einen Berichtsauftrag. Insbesondere sollte überprüft werden, ob und in welcher betraglichen Höhe die Selbstanzeige unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des FA zu Änderungen in der Höhe der zu bezeichnenden Einkünfte der Bf und somit zu einer Änderung des vom FA festgesetzten Abgabenbetrages führen könnte und dies darzustellen.
Mit Schriftsatz vom erteilte die Bf die Zustimmung zur Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2010 gemäß § 300 Abs 1 zweiter Satz BAO zwecks Berücksichtigung der in der Beilage dargestellten Einkünfte aus der
Stiftung2
.
Der Aufhebung gemäß § 300 Abs 1 zweiter Satz BAO betreffend Einkommensteuer 2006 wurde nicht zugestimmt, weil das Recht zur bescheidmäßigen Festsetzung der Einkommensteuer 2006 bereits Ende 2011 verjährt gewesen sei.
Mit Beschluss vom leitete das BFG die Zustimmungserklärung der Bf zur Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2007 – 2010 an das FA unter Setzung einer Frist von drei Monaten ab Zustellung dieses Beschlusses weiter.
Mit Schreiben vom wurde das BFG gemäß § 300 Abs 5 BAO über die Aufhebung der Bescheide vom betreffend Einkommensteuer 2007 – 2010 verständigt. Der aufhebende Bescheid und die den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheide der Jahre 2007 – 2010 wurden in Kopie übermittelt.
Für das Jahr 2006 blieb der Ermittlungsauftrag des BFG aufrecht.
Diesbezüglich berichtete das FA dem BFG mit Schriftsatz vom . Es wurde ausgeführt wie folgt:
„Die Beschwerdeführerin brachte … Selbstanzeige betreffend Einkommensteuer 2004 bis 2012 ein. … Hintergrund für die Selbstanzeige war, dass die Abgabepflichtige zusätzliche ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Sonstige Einkünfte über die in Liechtenstein ansässige und als transparent einzustufende Stiftung2 bezogen hat. …“
Die Höhe der ausländischen Einkünfte war ebenso dargestellt wie die Änderung gegenüber dem beschwerdeanhängigen Einkommensteuerbescheid 2006.
Mit Schreiben vom zog die Bf die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2010 zurück.
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 wurde ausdrücklich nicht zurückgezogen.
Als Erläuterung wurde iW ausgeführt, die Bf habe am Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2006 – 2010 eingebracht. Die Beschwerde habe sich in erster Linie gegen die rechtliche Beurteilung des FA, wonach es sich bei der Stiftung1 um eine transparente Stiftung handle und der Bf die Einkünfte der Stiftung anteilig direkt zuzurechnen seien, gewendet. Zusätzlich sei betreffend 2006 Festsetzungsverjährung eingewendet worden. Mit Beschluss vom sei die Zuständigkeit gemäß § 300 BAO für die Jahre 2007 bis 2010 vom BFG an das FA für drei Monate abgetreten worden. Das FA habe dadurch die offen gelegten Einkünfte aus der Stiftung2 erstmals in den Einkommensteuerbescheiden 2007 bis 2010 erfassen können. Damit seien die Einkünfte aus der Stiftung1 und der Stiftung2 in den genannten Bescheiden veranlagt. Die neuen Bescheide seien bereits ergangen und überprüft worden. Da der Zeitraum von drei Monaten bereits abgelaufen sei, liege die Zuständigkeit, über die Beschwerde zu entscheiden, wieder beim BFG. Die Zurücknahme der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2010 bedeute, dass die Bf die Bescheide, in welchen ihr materiell die Einkünfte aus der Stiftung1 und der Stiftung2 direkt zugerechnet worden seien, nicht weiter bekämpfe.
Der Einkommensteuerbescheid 2006 werde ausschließlich wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung weiterhin bekämpft. Die direkte Zurechnung der anteiligen Einkünfte aus der Stiftung im Einkommensteuerbescheid 2006 werde nicht weiter bekämpft.
Die Verjährungsfrist betrage fünf Jahre. Die Verjährungsfrist für das Jahr 2006 ende somit Ende 2011. Würden nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs von der Behörde innerhalb der Verjährungsfrist unternommen, so verlängere sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die bloße Ankündigung einer Maßnahme Ende 2011 (Ankündigung einer Außenprüfung) stelle nach herrschender Rechtsmeinung keine Unterbrechungshandlung im Sinne des § 209 Abs 1 BAO dar (der Prüfungsauftrag sei am unterfertigt worden), weshalb das Recht auf Festsetzung der Einkommensteuer 2006 mit Ablauf 2011 verjährt und der Einkommensteuerbescheid 2006 vom im Spruch rechtswidrig sei. Es werde daher beantragt, diesen Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Mit Schriftsatz vom zog die Bf den in der Beschwerde gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung sowie auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat zurück.
Hinsichtlich Verjährung betreffend Einkommensteuer 2006 wurde ergänzend vorgebracht, bei dem beigelegten Schreiben des FA vom handle es sich um eine bloße Ankündigung, eine zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs dienende Unterbrechungshandlung in Hinkunft unternehmen zu wollen. Diese bloße Absichtserklärung sei nicht geeignet, die Verjährung zu unterbrechen. Diese Absichtserklärung sei auch zu unbestimmt, denn die Abgabenbehörde müsse in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise etwas zur Feststellung des Steueranspruchs unternehmen und es müsse hierbei auf die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruchs ausdrücklich abgezielt werden. Die Abgabenbehörde müsse sich auf einen konkreten Abgabenanspruch und auf einen bestimmten Abgabenzeitraum beziehen.
Im str Schreiben vom sei weder der Abgabenanspruch konkretisiert noch der Abgabenzeitraum genau bestimmt bzw in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise bestimmt worden („voraussichtlicher Prüfungsgegenstand: Einkommensteuer, voraussichtlicher Prüfungszeitraum: 2003 bis 2010“). Anders als in dem dem VwGH Erkenntnis vom zu Grunde liegenden Sachverhalt habe die Behörde im Beschwerdefall auch keine über eine bloße Ankündigung hinausgehende Amtshandlung gesetzt und mit dem Schreiben vom noch keinen Weg mit dem Ziel zur Geltendmachung eines konkreten Abgabenanspruchs beschritten.
Ferner wurden die Einkünfte aus der Stiftung1 und Stiftung2 im Jahr 2006 dargestellt.
Über die Beschwerde wurde erwogen
Eingangs wird darauf hingewiesen, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen gemäß § 323 Abs 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen sind.
Einkommensteuer 2006:
Die Vorankündigung der Außenprüfung vom , mit Rsb zugestellt am , hat folgenden Wortlaut:
„Es ist beabsichtigt, in nächster Zeit bei
Bf. eine Außenprüfung gem. § 147 BAO iVm § 99 FinStrG durchzuführen.
Sie werden ersucht, einen geeigneten Arbeitsraum zur Verfügung zu stellen und die zur Durchführung der Prüfung erforderlichen Bücher und Aufzeichnungen sowie Belege, Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen zum unten angeführten Termin sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.
Voraussichtlicher Prüfungsgegenstand: Einkommensteuer
Voraussichtlicher Prüfungszeitraum: 2003 bis 2010
Prüfungsorgane …
Voraussichtlicher Prüfungsbeginn: wird telefonisch vereinbart
Voraussichtlicher Prüfungsort: wird telefonisch vereinbart
Telefonnummer …
E-Mail ….“
Der Bescheid über einen Prüfungsauftrag betreffend Einkommensteuer 2003 – 2010 wurde der Bf am zur Kenntnis gebracht und ausgefolgt. Am gleichen Tag begann die Außenprüfung betreffend Einkommensteuer 2003 – 2010.
Strittig ist, ob das zitierte, mit „Ankündigung der Außenprüfung“ titulierte Schreiben vom eine verjährungsunterbrechende Handlung ist.
Vorab ist zu prüfen, ob das Schreiben eine Ankündigung einer Außenprüfung iSd § 148 Abs 5 BAO ist.
§ 148 Abs 5 BAO lautet:
„ (5) Außenprüfungen sind dem Abgabepflichtigen oder seinem Bevollmächtigten tunlichst eine Woche vorher anzukündigen, sofern hiedurch der Prüfungszweck nicht vereitelt wird.“
Nach Ritz BAO, 5., überarbeitete Auflage, § 148, Tz 15,16 mwN bezieht sich das Wort „tunlichst“ nach dem Normzweck auf die Wochenfrist, sodass die Ankündigung gegebenenfalls eine Woche vor dem geplanten Prüfungsbeginn zu erfolgen hat, daher eine längere Ankündigungsfrist nicht gesetzwidrig wäre. § 148 Abs 5 stellt der Behörde frei, ob sie die Ankündigung gegenüber dem Abgabepflichtigen oder seinem Bevollmächtigten vornimmt. Die Ankündigung kann schriftlich erfolgen. In der Praxis erfolgt die Ankündigung oftmals telefonisch; dies ist zulässig.
Aus organisatorischen Gründen (Abstimmung des Prüfungsbeginnes, Bereitstellung der Unterlagen ….) wird im Regelfall die Ankündigung beim Abgabepflichtigen vorzuziehen sein. Dies erscheint nicht zuletzt dann problematisch, wenn hierdurch der Abgabepflichtige (am Telefon) zu einer Terminzusage – ohne vorherige Rücksprache mit seinem steuerlichen Vertreter – veranlasst werden soll.
Aus Wortlaut, Sinn und Literatur ergibt sich, dass es sich beim zu beurteilenden Schreiben des FA um keine Ankündigung einer Außenprüfung iSd § 148 Abs 5 BAO handelt. Eine derartige Ankündigung hat den Sinn, Zeit und Ort der Außenprüfung zu fixieren und die Vorbereitung der benötigten Unterlagen zum festgesetzten Termin zu ermöglichen.
Nach Watzinger in Koller/Schuh/Woischitzschläger, Handbuch zur Praxis der steuerlichen Betriebsprüfung, 16. Lieferung, Kommentar zu § 148 Abs 5 BAO, ist die „Prüfungsankündigung …die zeitliche Fixierung des Prüfungsbeginns.“
Davon ist nach Watzinger aaO die Vorankündigung der Prüfung zu unterscheiden. Bei der Prüfung von Konzernen und Größtbetrieben erfolge häufig eine Kontaktaufnahme mit dem Ziel, die vorgesehene Prüfung zu planen und zeitlich abzustimmen, was manchmal Monate vor dem tatsächlichen Prüfungsbeginn erfolge. Dies könne nicht als Ankündigung gesehen werden.
Im ggstdl Fall wurde kein Termin festgesetzt bzw vereinbart und auch der Ort wurde nicht fixiert. Es wurde lediglich die Absicht kundgetan, in „nächster Zeit“ eine Außenprüfung durchzuführen, wobei Zeit und Ort erst später vereinbart werden sollen. Genannt wurde die voraussichtliche Abgabe und der voraussichtliche Prüfungszeitraum.
Es handelt sich daher um die der Ankündigung gemäß § 148 Abs 5 BAO vorhergehende Absichtserklärung, eine Prüfung zu einem noch zu fixierenden Zeitpunkt durchzuführen.
§ 209 Abs 1 BAO lautet:
„ Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs 3 FinStrG, § 32 Abs 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.“
Im ggstdl Fall ist die Amtshandlung nach außen erkennbar. Das Schreiben wurde der Bf mit Rsb zugestellt.
Die Fristverlängerung setzt die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (vgl Ritz, aaO, § 209, Rz 3 mwN).
Im vorliegenden Fall wurde als voraussichtlicher Prüfungsgegenstand „Einkommensteuer“ genannt und als voraussichtlicher Prüfungszeitraum „2003 – 2010.“ Damit ist zwar der Abgabenanspruch hinreichend bestimmt, er muss aber auch in ausreichender Form geltend gemacht werden.
Nach Ritz aaO § 209, Rz 5, mwN genügt die bloße Ankündigung einer Amtshandlung nicht.
Nach Ritz aaO § 209, Rz 17 ist nach „hA (Reeger/Stoll, BAO, § 209 Tz 2; Thallinger/Heitzinger, Prüfungszeitraum, in Koller/Schuh/Woischitzschläger, Betriebsprüfung III,20; ; Ellinger uA aaO; aM ) … bereits die Ankündigung einer Außenprüfung bedeutsam…“
Nach Ellinger uA (vgl BAO, 3. Aufl., § 209 Abs 2, Anm 2) haben b loße Ankündigungen von für die Verlängerung der Verjährungsfrist geeigneten Amtshandlungen keine Verlängerungswirkung, es sei denn, dass solche Ankündigungen ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sind, wie zB die Ankündigung von Außenprüfungen iSd § 148 Abs 5 BAO.
Watzinger aaO führt diesbezüglich aus:
„3.4. Prüfungsankündigung und Verjährung
Nach verschiedenen Literaturmeinungen stellt die Ankündigung einer Außenprüfung eine Verlängerungshandlung dar (Reeger/Stoll, BAO, § 209 Tz 2; Thallinger/Heitzinger, Prüfungszeitraum, 19ff). Die Rechtsprechung ist widersprüchlich. Im Erkenntnis vom , 99/16/0379 spricht der VwGH aus, dass die Ankündigung einer Buch- und Betriebsprüfung die Verjährungsfrist unterbricht und zwar auch dann, wenn die Prüfung (zB auf Wunsch des Abgabepflichtigen wie im Beschwerdefall) sodann verschoben wird (der VwGH verweist auf Ritz, BAO, Tz 17 zu § 209 der 2. Auflage und den dort wiedergegebenen Belegstellen). Das Gegenteil spricht der VwGH im Erkenntnis vom , 99/15/0098 aus, wo er ausführt, dass die Verjährung weder durch eine Selbstanzeige, die lediglich aus einem Schreiben an das Finanzamt besteht, noch durch Zeugeneinvernahmen im Zuge eines nicht die Abgabenhinterziehung betreffenden Strafverfahrens, noch durch die Ankündigung einer Betriebsprüfung unterbrochen wird.
Wird die Ankündigung einer Außenprüfung schriftlich an den Abgabepflichtigen mit der Aufforderung, die Aufzeichnungen vorzulegen, geschickt, so stellt dies mE auf jeden Fall eine Verlängerungshandlung iSd § 209 Abs 1 dar.“
Der dem Abgabepflichtigen bekannt gegebene Prüfungsauftrag bewirkt jedenfalls die Verjährungsfristverlängerung, nicht aber bereits die Ausstellung des Prüfungsauftrags.
Unstrittig ist, dass abgabenbehördliche Prüfungen, die von einem sachlich zuständigen FA durchgeführt werden, fristverlängernde Amtshandlungen sind (vgl Ritz aaO, § 209, Tz 13 mwN).
Nach , setzt eine Unterbrechungshandlung voraus, dass die Abgabenbehörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise etwas zur Feststellung des Steueranspruches unternimmt (unter Verweis auf ). Die bloße Ankündigung einer Unterbrechungshandlung genügt allerdings noch nicht (unter Verweis auf ).
Bei der Abgrenzung einer Unterbrechungshandlung von der bloßen Ankündigung einer Unterbrechungshandlung ist nach VwGH aaO entscheidend, ob dem Schritt der Abgabenbehörde – über den bloßen Selbstzweck der angestrebten Unterbrechung der Verjährungsfrist hinausgehend – eine Funktion im Hinblick auf die Geltendmachung des Steueranspruches zukommt (unter Verweis auf
).
Der VwGH hatte zu beurteilen, ob das Schreiben der Landeshauptstadt Innsbruck vom , wonach näher genannte Abgaben voraussichtlich im Jahre 2006 zur Vorschreibung gelangen, da das Ermittlungsverfahren zur Feststellung der relevanten Bemessungsgrundlagen noch nicht abgeschlossen sei, eine Unterbrechungshandlung darstellt.
Der VwGH gelangte zum Ergebnis, dass nicht zu erkennen sei, dass dem Schreiben „ eine Funktion im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Abgabenansprüche zugekommen wäre, welche über die beabsichtigte Unterbrechung der Verjährung hinausgeht. Das Schreiben enthält nämlich im Wesentlichen die Ankündigung, dass die Abgaben voraussichtlich im Jahre 2006 zur Vorschreibung gelangen werden. Damit wurden mit diesem Schreiben keine Schritte zur Geltendmachung des Abgabenanspruches gesetzt, sondern solche Schritte erst angekündigt. Das Schreiben war somit nicht geeignet, eine im Lauf befindliche Verjährungsfrist zu unterbrechen.“
In , war ein Schreiben des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom folgenden Inhalts in Bezug auf eine verjährungsunterbrechenden Wirkung zu beurteilen:
"Gemäß § 115 der OÖ LAO LGBl. Nr. 107/1996, ist beabsichtigt, eine Überprüfung der für die Linzer Betriebsstätte erklärten Kommunalsteuer durchzuführen. Prüfungszeitraum ist bis . Das Prüfungsorgan wird im Laufe des nächsten Jahres mit Ihnen Kontakt aufnehmen. Mit diesem Schreiben ist die Abgabenprüfung für obigen Zeitraum eingeleitet."
Der VwGH hielt fest, dass uA abgabenbehördliche Prüfungen, auch wenn ein Prüfungsauftrag nicht vorliege, unterbrechende Wirkung hätten. Die bloße Ankündigung einer Unterbrechungshandlung genüge allerdings noch nicht (mit Verweis auf ). Eine Unterbrechungshandlung setze voraus, dass die Abgabenbehörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise etwas zur Feststellung des Steueranspruchs unternehme (mit Verweis auf ). Weiters führte der VwGH aus:
„Vergleicht man das von der belangten Behörde für ihren Rechtsstandpunkt ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/16/0379, mit jenem vom , 85/16/0111, fällt auf, dass dem Erkenntnis vom ein Schreiben der Abgabenbehörde zu Grunde lag, dessen einziger objektiv erkennbarer Zweck augenscheinlich darin lag, den Lauf der Verjährungsfrist durch die Ankündigung einer Kapitalverkehrssteuerprüfung zu unterbrechen, während das eine Getränkesteuerprüfung ankündigende Schreiben, das dem Erkenntnis vom zu Grunde lag, darauf abzielte, mit dem Abgabepflichtigen eine konkrete Terminvereinbarung zu treffen.
Bei der Abgrenzung der Unterbrechungshandlung von der bloßen Ankündigung einer Unterbrechungshandlung, insbesondere einer abgabenbehördlichen Prüfung, kommt es demnach entscheidend darauf an, ob dem Schritt der Abgabenbehörde – über den bloßen Selbstzweck der angestrebten Unterbrechung der Verjährungsfrist hinausgehend – eine Funktion im Hinblick auf die Geltendmachung des Steueranspruches zukommt. In diesem Sinne ist auch in dem von der belangten Behörde herangezogenen Erkenntnis vom von "zur Zweckerreichung dienenden Verwaltungsmaßnahmen" die Rede.
Im Beschwerdefall ist nicht zu erkennen, dass dem streitgegenständlichen Schreiben vom irgendeine Funktion im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Kommunalsteueranspruches zugekommen wäre. Eine "Kontaktaufnahme durch ein Prüfungsorgan" wurde vielmehr erst in Aussicht gestellt. Dass im streitgegenständlichen Schreiben Abgabenart, Abgabenzeiträume und auch der Name des betroffenen Abgabenschuldners genannt sind, ändert nichts daran, dass mit diesem Schreiben noch kein Schritt zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs gesetzt wurde, sondern solche Schritte erst angekündigt wurden. Auch ist nicht zu erkennen, dass die anzuwendende Verfahrensordnung eine "Einleitung" einer abgabenbehördlichen Prüfung vorsieht und das Schreiben vom damit bereits als (erster) Teil bzw. Beginn der abgabenbehördlichen Prüfung angesehen werden könnte. Das Schreiben vom war daher gleichfalls seinem Inhalte nach nicht geeignet, eine im Lauf befindliche Verjährungsfrist zu unterbrechen.“
Das BFG folgt der dargestellten Judikatur und Literatur und gelangt zur Ansicht, dass im ggstdl Fall noch kein Schritt zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs gesetzt wurde, sondern solche Schritte erst angekündigt wurden.
Das Schreiben enthält nämlich im Wesentlichen die Ankündigung, dass beabsichtigt ist, in „nächster Zeit“ eine Außenprüfung durchzuführen. Zeit und Ort werden erst (in der Zukunft) telefonisch vereinbart, dh die Abgabepflichtige wird erst später zwecks Terminvereinbarung kontaktiert.
Es handelt sich daher nicht um die Ankündigung einer Außenprüfung iSd § 148 Abs 5 BAO (welche nach herrschender Lehre eine Unterbrechungshandlung ist siehe oben), sondern (wie bereits oben ausgeführt) um die der Ankündigung gemäß § 148 Abs 5 BAO vorhergehende Absichtserklärung, eine Prüfung zu einem noch zu fixierenden Zeitpunkt durchzuführen.
Eine derartige Absichtserklärung ist noch kein Teil der Außenprüfung.
Daran vermag auch die Überschrift des Schreibens „Ankündigung der Außenprüfung“ nichts zu ändern, denn inhaltlich erfüllt dieses Schreiben eben nicht die in § 148 Abs 5 BAO normierten Voraussetzungen.
Eine Funktion iZm der Geltendmachung der Abgabenansprüche, welche über die beabsichtigte Unterbrechung der Verjährung hinausgeht, ist nicht erkennbar.
Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu . Das eine Getränkesteuerprüfung ankündigende Schreiben, welches diesem Erkenntnis zu Grunde lag, zielte nämlich darauf ab, mit dem Abgabepflichtigen eine konkrete Terminvereinbarung zu treffen.
Eine derartige Funktion kann dem hier zu beurteilenden Schreiben nicht entnommen werden.
Der Bf ist daher Recht zu geben, dass eine derartige Absichtserklärung keine nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs ist.
Andere verjährungsunterbrechende Amtshandlungen sind nicht hervorgekommen. Die Verjährungsfrist wurde daher nicht verlängert.
Gemäß § 207 Abs 2 BAO (Bemessungsverjährung) beträgt die Verjährungsfrist bei der Einkommensteuer fünf Jahre.
Gemäß § 208 Abs 1 BAO beginnt die Verjährung mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Die Verjährungsfrist für die Einkommensteuer 2006 beginnt daher mit Ablauf des Jahres 2006 zu laufen. Das Recht, die Einkommensteuer festzusetzen, endete daher mit Ablauf des Jahres 2011.
Die Einkommensteuer war daher zum Zeitpunkt der Erlassung des Einkommensteuerbescheides im Jahr 2012 bereits verjährt.
Der Einkommensteuerbescheid 2006 war aufzuheben.
Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des VwGH die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im ggstdl Fall folgt das BFG der einheitlichen Rechtsprechung des VwGH in Bezug auf verjährungsunterbrechende Amtshandlungen iZm einer Außenprüfung (vgl VwGH , 99/16/0379; ; ), sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt und die ordentliche Revision demnach nicht zuzulassen war.
Einkommensteuer 2007 bis 2010:
Das BFG ging gemäß § 300 Abs 1 BAO vor. Die Bf stimmte der Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu und das BFG leitete mit Beschluss vom die Zustimmungserklärung unter Setzung einer angemessenen Frist von drei Monaten an das FA weiter.
Durch diesen Beschluss gemäß § 300 Abs 1 lit b BAO verlor das BFG zufolge § 300 Abs 2 BAO vorübergehend seine Zuständigkeit zur Erledigung der Beschwerde (vgl Ritz, aaO, § 300, Rz 11).
Das FA hob am die Bescheide auf und verband diese mit den die aufgehobenen Bescheide ersetzenden Bescheiden (§ 300 Abs 3 BAO).
Das FA erfasste in diesen Bescheiden erstmals die nunmehr offen gelegten Einkünfte der Bf aus der Stiftung2. Unverändert erfasst wurden auch die in Beschwer gezogenen Einkünfte aus der Stiftung1.
Mit Schreiben vom wurde das BFG gemäß § 300 Abs 5 BAO über die Aufhebung der Bescheide vom betreffend Einkommensteuer 2007 – 2010 verständigt. Der aufhebende Bescheid und die den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheide wurden in Kopie übermittelt.
Gemäß § 300 Abs 5 lebt durch die Bekanntgabe der Aufhebung (idR durch Zustellung) die Entscheidungspflicht des BFG wieder auf.
Der Aufhebungsbescheid stellt nämlich keine Erledigung der Beschwerde dar. Diese bleibt unerledigt und gilt nach § 253 BAO als gegen den Ersatzbescheid iSd § 300 Abs 3 BAO gerichtet (vgl Ritz aaO, § 300, Rz 12).
Damit wurde das BFG wieder zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig.
Da in den Ersatzbescheiden betreffend die Einkünfte aus der Stiftung1 dem Beschwerdebegehren nicht Rechnung getragen wurde, war die Beschwerde unerledigt und vom BFG grs inhaltlich zu entscheiden.
Da die Bf die Beschwerde jedoch mit Schreiben vom gemäß § 256 Abs 1 BAO zurücknahm, war diese gemäß § 256 Abs 3 BAO iVm § 278 Abs 1 BAO mit Beschluss als gegenstandslos zu erklären.
Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 B-VG und 25a Abs 1 VwGG ist gegen einen die Angelegenheit abschließenden Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.
Im ggstdl Fall ergibt sich die Lösung unmittelbar aus dem Gesetz, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt und die ordentliche Revision demnach nicht zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 148 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 208 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 300 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 300 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 300 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 300 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 256 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Knechtl in taxlex 2016, 96 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7103181.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at