Höhe der außergewöhnlichen Belastungen bei Behinderung mit erhöhter Familienbeihilfe und mit Pflegegeld
VfGH-Beschwerde zur Zl. E 2556/2015 eingebracht. Mit Erk. v. aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/5101730/2016 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. NN in der Beschwerdesache Bf, gegen den Bescheid des FA XYZ vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid 2011.
Verfahren
In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2011 beantragte der Beschwerdeführer eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastungen in Höhe von 20.406,77 € (Kostenbeitrag Werkstätte M Jänner bis Dezember 2011 3.720,00 €, Kostenbeitrag Wohnhaus M Jänner bis Dezember 2011 14.372,52 €, Fahrtkosten 1.890,00 €, davon Fahrten Therapien, Arztbesuche, Apotheke 1.000 km, Hin- und Rückfahrten Nebenwohnsitz M W – Hauptwohnsitz R 140 Fahrten à 25 km = 3.500 km, Abrechnung Behandlungsbeitragsvorschreibung BVA 25,00 €, Rezeptgebühren 214,25 €, Honorarnote Dr. D , Hautärztin, 185,00 €) für seinen zu 80 % behinderten Sohn Martin.
Das Finanzamt anerkannte steuermindernd nachgewiesene Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 4.567,94 €. In diesem Betrag sind die beantragten Positionen „Kostenbeitrag Werkstätte M “, „Rezeptgebühren“ und „Honorarnote Dr. D “ zur Gänze, „Abrechnung Behandlungsbeitragsvorschreibung BVA“ mit einem aufgrund der vorgelegten Unterlagen ermittelten Betrag von 28,69 €, ebenso wie „Fahrtkosten Therapien, Arztbesuche, Apotheke“ im Ausmaß von – wie in den Vorjahren – geschätzten 1.000 Kilometern in Höhe von 420,00 € enthalten (Bescheid vom , Abgabengutschrift 938,00 €).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Berufung und beantragte, die geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Hinsichtlich der näheren Ausführungen wird auf die Berufungsschrift verwiesen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Auf die Begründung wird verwiesen.
Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Auf die näheren Ausführungen wird verwiesen.
In weiterer Folge legte das Finanzamt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG wurde mit der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen über. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind am anhängige Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Das Verfahren betreffende Anbringen wirken ab auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
Festgestellter Sachverhalt
Der Sohn des Beschwerdeführers Martin S ist zu 80 % behindert und wohnt seit auf Dauer in der sozialen Einrichtung – „ M I I - für mehrfach beeinträchtigte Menschen“ und hat dort seinen Nebenwohnsitz gemeldet. Laut Bestätigung der Geschäftsleitung M vom ist er in der Fähigkeitsorientierten Aktivität (Tagesstruktur) beschäftigt und erhält keinen Lohn/Gehalt oder sonstiges Einkommen. Der Kostenbeitrag beträgt aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags monatlich 310,00 € (Jänner bis Dezember 2011 gesamt 3.720,00 €).
Für Martin S besteht im Zeitraum 1. Jänner bis Anspruch auf Pflegegeld. Da er sich auf Kosten des Landes Oberösterreich in einer Wohnheim – Vollbetreuung befindet, geht sein Anspruch auf Pflegegeld auf Antrag des Kostenträgers ab Mai 2010 – ausgenommen eines Betrages von monatlich 44,29 € (10 v.H. der Stufe 3) – für die Dauer der Unterbringung auf den Kostenträger über (Mitteilung über den Übergang des Anspruches auf Pflegegeld gemäß § 11 Oö. PGG des Amtes der Oö. Landesregierung vom ).
Im beschwerdegegenständlichen Jahr sind für Martin S Rezeptgebühren in Höhe von 214,25 € und Arztkosten in Höhe von 185 € angefallen; die Behandlungsbeiträge der BVA belaufen sich auf 28,69 €. In den beantragten Fahrtkosten von 1.890 € sind Fahrten zu Therapien, Ärzten und Apotheke im Ausmaß von 1.000 km enthalten; für Fahrten zwischen dem Nebenwohnsitz und dem Hauptwohnsitz hat der Beschwerdeführer 3.000 km veranschlagt (140 Fahrten à 25 km).
Laut Behindertenpass liegt für Martin S Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung vor. Das Kfz mit dem Kennzeichen K ist auf Martin S angemeldet.
Dem Beschwerdeführer wurde 2011 für seinen Sohn eine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 gewährt; der Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind gemäß § 106a Abs. 1 EStG 1988 wurde mit 220 € in Abzug gebracht.
Beweiswürdigung
Die Höhe der beantragten Kosten aus der Behinderung eines Kindes wird belegt durch die Bestätigung der Geschäftsleitung der M II vom , die Abrechnungen der Behandlungsbeiträge durch die BVA, die Bestätigung der Neuen Stadtpotheke Z vom , sowie die Honorarnote von Dr. D vom .
Rechtslage
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2).
Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3).
Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt (Abs. 4 1. Satz).
Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden (Abs. 6):
- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen (BudBG 2011, BGBl I 111/2010).
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
Gemäß § 35 Abs. 1 EStG 1988 idF BudBG 2011, BGBl I 111/2010, steht dem Steuerpflichtigen jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu, wenn er außergewöhnliche Belastungen durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird, hat, und weder er noch sein (Ehe)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält.
Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung (§ 34 Abs. 6) geltend gemacht werden (Abs. 5).
Aufgrund der §§ 34 und 35 EStG 1988 erließ der Bundesminister für Finanzen die Verordnung BGBl. 303/1996 (VO).
Gemäß § 1 VO idF BGBl II 430/2010 sind die in den §§ 2 bis 4 genannten Mehraufwendungen, die der Steuerpflichtige bei eigenem Anspruch oder bei Anspruch seines (Ehe-)Partners auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag durch eine Behinderung des Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2 EStG 1988), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird, hat, als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Nach Abs. 3 sind diese Mehraufwendungen nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
Gemäß § 3 Abs. 1 VO idF BGBl II 430/2010 ist für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen (1. Satz).
Gemäß § 4 VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) und Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
Gemäß § 5 Abs. 1 VO idF BGBl I 416/2001 sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für diegemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 262 Euro vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen. Nach Abs. 3 sind zusätzlich zum (gegebenenfalls verminderten) Pauschbetrag nach Abs. 1 auch Aufwendungen gemäß § 4 sowie das Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte im nachgewiesenen Ausweis zu berücksichtigen.
Rechtliche Erwägungen
Strittig ist die Höhe der geltend gemachten Kosten aus der Behinderung eines Kindes.
Der Beschwerdeführer erhält eine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) 1967. Dies hat zur Folge, dass statt des Freibetrages nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 der Freibetrag nach § 5 VO zur Anwendung kommt.
Nach § 5 VO sind „Mehraufwendungen“ ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit einem Pauschbetrag von 262 € monatlich zu berücksichtigen, der allerdings für Monate des Bezuges einer pflegebedingten Geldleistung zu kürzen ist (; LStR, § 35 Rz 857; Jakom/Baldauf EStG, 2015, § 35 Rz 28). Dies bedeutet, dass die pflegebedingten Geldleistungen vom Pauschbetrag abzuziehen sind, was bei – den Pauschbetrag übersteigenden – pflegebedingten Geldleistungen zu einer Kürzung bis Null führt.
Eine Kürzung um die pflegebedingten Geldleistungen kann nur dann erfolgen, wenn die Kostenersätze mit den Aufwendungen in ursächlichem Zusammenhang stehen (vgl. RV/0094-I/07). Entscheidend ist, ob die Aufwendungen durch den immanenten Leistungszweck des Ersatzes abgedeckt sind ().
Der immanente Leistungszweck des Pflegegelds ergibt sich aus der Widmung durch den Gesetzgeber. Nach § 1 BPGG verfolgt das Pflegegeld den Zweck, in Form eines Beitrages „pflegebedingte Mehraufwendungen“ pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Das Pflegegeld soll dazu beitragen, dass pflegebedürftige Personen Pflegeleistungen „einkaufen“ können (zB ). Das Pflegegeld stellt eine zweckgebundene Leistung zur teilweisen Abdeckung der pflegebedingten Mehraufwendungen dar und keine Einkommenserhöhung. Da die tatsächlichen Kosten für die Pflege das Pflegegeld in den meisten Fällen übersteigen, kann das Pflegegeld nur als pauschalierter Beitrag zu den Kosten der erforderlichen Pflege verstanden werden. Es ermöglicht pflegebedürftigen Menschen eine gewisse Unabhängigkeit ( RV/0094-I/07).
Im gegenständlichen Fall ist der Sohn des Beschwerdeführers in einem Wohnheim mit Vollbetreuung (Kostenträger Land Oberösterreich) untergebracht. Der Anspruch auf das – den Pauschbetrag übersteigende – Pflegegeld ist für die Dauer der Unterbringung auf den Kostenträger übergegangen. Die Anrechnung des Pflegegeldes auf den Pauschbetrag hat unabhängig vom Anspruchsübergang dennoch stattzufinden.
Nach § 5 Abs. 3 VO sind zusätzlich zum (gegebenenfalls verminderten) Pauschbetrag nach Abs. 1 auch Aufwendungen gemäß § 4 sowie das Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte im nachgewiesenen Ausweis zu berücksichtigen
Der Beschwerdeführer hat unter diesem Titel die Anerkennung von Unterbringungs- und Betreuungskosten, Fahrtkosten, Behandlungsbeiträgen BVA, Rezeptgebühren und Arztkosten als außergewöhnliche Belastungen beantragt.
Kosten der Heilbehandlung (§ 4 VO) sind Kosten für den Arzt, das Spital, ärztlich verordnete Kuren, Therapien, Medikamente, sofern sie mit der Behinderung in Zusammenhang stehen (Jakom/Baldauf EStG, 2015, § 35 Rz 27); weiters dabei anfallende Fahrt- bzw. Transportkosten im tatsächlichen Ausmaß bzw. in Höhe des amtlichen Kilometergelds bei Verwendung des (familien)eigenen Kfz, und zwar gegebenenfalls auch neben einem Pauschbetrag gemäß § 3 Abs. 1 VO (). Nicht als Kosten der Heilbehandlung sind Aufwendungen anzusehen, die regelmäßig durch die Pflegebedürftigkeit verursacht werden, wie Kosten für Pflegepersonal, Bettwäsche, Verbandsmaterialien usw. Diese Kosten werden durch das Pflegegeld abgegolten (LStR, § 35 Rz 851).
Entsprechend den oben zitierten Bestimmungen gewährte das Finanzamt richtigerweise folgende Positionen zur Gänze als außergewöhnliche Belastungen: „Kostenbeitrag Werkstätte M “, „Rezeptgebühren“ und „Honorarnote Dr. D “; bei der „Abrechnung Behandlungsbeitragsvorschreibung BVA“ ergab sich aufgrund der vorgelegten Unterlagen ein den Antrag übersteigender Wert von 28,69 €.
Bei den Fahrtkosten „Therapien, Arztbesuche, Apotheke“ anerkannte das Finanzamt insgesamt 420,00 € (1.000 km – wie vom Beschwerdeführer beantragt), da Fahrtkosten anlässlich der Konsultation von Ärzten und dem Aufsuchen von Spitälern regelmäßig zwangsläufig anfallen und deshalb als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind (Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 34 Tz 78 „Fahrtkosten“). Der oben genannte Betrag wird wie folgt ermittelt: Die Höhe des Kilometergeldes richtet sich nach § 26 Z 4 EStG 1988; im berufungsgegenständlichen Zeitraum belief sich die Höhe auf 0,42 €.
Zusätzlich machte der Beschwerdeführer Fahrtkosten für 3.500 km (40 Fahrten à 25 km zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz seines Sohnes) geltend. Bei diesen Fahrten handelt es sich jedoch um keine im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung stehenden Kosten, sodass diese nicht zwangsläufig erwachsen, auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass sie therapeutisch einen positiven Effekt erzielen. Sie sind daher als außergewöhnliche Belastungen nicht abzugsfähig.
In dem in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Erkenntnis () hat der Verwaltungsgerichtshof neben den Kosten des Besuches einer Sonderschule auch die Fahrtkosten zur Sonderschule als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Der diesem Erkenntnis zu Grunde liegende Sachverhalt ist jedoch auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Der Sohn des Beschwerdeführers lebt unter der Woche in einem Wohnheim für beeinträchtige Menschen und ist dort in die Tagesstruktur (Fähigkeitsorientierte Aktivität) eingebunden. Es erfolgen von dort keine Fahrten zu einer Sonder- bzw. Pflegeschule oder einer Behindertenwerkstätte. Die Kosten der Fahrten zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz können nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, da sie weder zwangsläufig (dh. im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung stehen) noch außergewöhnlich sind. Außergewöhnlich können nur Aufwendungen sein, die der Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen (Jakom/Baldauf EStG, 2015, § 34 Rz 37). Fahrten zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz liegen nicht außerhalb des Üblichen, fallen sie doch auch bei nicht behinderten Personen an.
Ebenso wenig steht dem Beschwerdeführer der von ihm beantragte „Freibetrag für Gehbehinderte“ von 190 € monatlich zu. Der im § 3 VO geregelte Freibetrag bezieht sich ausschließlich auf Steuerpflichtige mit behindertem Kind, für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 gewährt wird. Da der Bezug einer erhöhten Familienbeihilfe gegeben ist, kommt – wie bereits ausgeführt der Freibetrag nach § 5 VO zur Anwendung.
Im gegenständlichen Fall (Behinderung mit erhöhter Familienbeihilfe und mit Pflegegeld) hat das Finanzamt die durch die Behinderung verursachten Aufwendungen im dafür vorgesehenen gesetzlichen Rahmen als außergewöhnliche Belastung anerkannt (vgl. LStR, § 35 Rz 864).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wird über geltend gemachte Kosten aus der Behinderung eines Kindes abgesprochen. Zu den §§ 34 und 35 EStG 1988 liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor (zB ; ; ; ). Eine Revision ist demnach unzulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 35 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.5100721.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at