Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 17.11.2015, RV/7105675/2015

Vorlage einer Beschwerde, zu welcher eine Beschwerdevorentscheidung ergangen, aber kein Vorlageantrag eingebracht worden ist.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105675/2015-RS1
Hier: Das vom vorlegenden Finanzamt als Vorlageantrag angesehene Anbringen wurde vom BFG als eindeutig formulierter Wiederaufnahmsantrag eingestuft.
RV/7105675/2015-RS2
Hier: Das vom vorlegenden Finanzamt als Vorlageantrag angesehene Anbringen wurde vom BFG als eindeutig formulierter Wiederaufnahmsantrag eingestuft.
Folgerechtssätze
RV/7105675/2015-RS1
wie RV/5100278/2014-RS1
Trotz Fehlens einer einschlägigen Bestimmung in der Bundesabgabenordnung entspricht es dem dem Verfahrensrecht innewohnenden Grundprinzip der förmlichen Beendigung von Rechtsmittelverfahren - dieses geht insbesondere aus § 256 Abs. 3 BAO hervor - mit Beschluss das Bescheidbeschwerdeverfahren einzustellen, wenn es für die Vorlage der Beschwerde durch die Abgabenbehörde an der Rechtsgrundlage für die Vorlage mangelt.
RV/7105675/2015-RS2
wie RV/7100219/2015-RS1
Da der Vorlagebericht nach der Rechtsprechung () kein Antrag der Abgabenbehörde als Partei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist, kommt eine Zurückweisung des Vorlageberichts nicht in Betracht. Auch wenn die Bundesabgabenordnung die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss nicht gesondert erwähnt, hat die Einstellung bei Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen für ein Beschwerdeverfahren durch das Verwaltungsgericht mittels Beschluss zu erfolgen (vgl. ).

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über das Beschwerdeverfahren, welches das Finanzamt A

  • durch die Vorlage der Beschwerde der Bf (Beschwerdeführerin), AdrBf , vertreten durch Vertreter , vom gegen den mit datierten Bescheid des Finanzamtes A , mit welchem der Wiederaufnahmsantrag hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagungen) 2007 bis 2013 vom zurückgewiesen worden war,

  • mittels des Vorlageberichtes vom an das Bundesfinanzgericht,

beim Bundesfinanzgericht anhängig gemacht hat, beschlossen:

I.) Es wird festgestellt, dass das Bundesfinanzgericht für eine Entscheidung über die Beschwerde vom , über welche mit Beschwerdevorentscheidung vom abschließend abgesprochen worden ist, nicht zuständig ist. Das durch die Vorlage der Beschwerde vom mittels Vorlageberichtes vom anhängig gewordene Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht wird eingestellt.

II.) Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt A wertete eine Eingabe vom als Vorlageantrag hinsichtlich der Beschwerde vom , zu welcher eine mit datierte, abweisende Beschwerdevorentscheidung ergangen war, und es legte diese Beschwerde vom mittels Vorlageberichtes vom dem Bundesfinanzgericht vor.

Hingegen ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes dieses Anbringen vom

  • mit Überschrift/Betreff „Neuerlicher Antrag auf Wiederaufnahme“

  • sowie mit der Formulierung „… stelle nochmals einen Antrag auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2013“

  • sowie mit der Formulierung „beziehe mich auf die Beschwerdevorentscheidung vom und halte wie folgt fest“

ein Antrag auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2007 bis 2013, wie er in § 303 Abs. 1 BAO idF BGBl. I 14/2013 vorgesehen ist. Die bloße Bezugnahme auf die Beschwerdevorentscheidung kann das eindeutig als Wiederaufnahmsantrag formulierte Anbringen nicht zu einem Vorlageantrag im Sinne des § 264 BAO (Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde [hier: vom ] durch das Verwaltungsgericht [hier: Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen, Bundesfinanzgericht, BFG]) machen.

Zur Entscheidung über die Wiederaufnahme ist gemäß § 305 BAO die Abgabenbehörde (Finanzamt) zuständig. Wenn dem Wiederaufnahmsantrag nach Ansicht der Abgabenbehörde Mängel anhaften, z.B. fehlende Bezeichnung der Umstände, auf die er gestützt wird, im Sinne des § 303 Abs. 2 lit. b iVm Abs. 1 BAO, so ist die Abgabenbehörde zur Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages gemäß § 85 Abs. 2 BAO idgF zuständig.

Da kein Vorlageantrag hinsichtlich der Beschwerde vom , über welche mit Beschwerdevorentscheidung vom abgesprochen worden ist, eingebracht wurde, war die Beschwerde vom im Sinne des § 265 Abs. 1 BAO nicht an das BFG vorzulegen.

Da die Beschwerde vom gegen den mit datierten Bescheid, mit welchem der Wiederaufnahmsantrag vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 bis 2013 zurückgewiesen wurde, durch die Beschwerdevorentscheidung vom abschließend erledigt worden und nicht mehr anhängig ist, ist das BFG nicht zuständig zur Entscheidung über die Beschwerde vom .

Das durch die dennoch erfolgte Vorlage der Beschwerde vom mittels des Vorlageberichtes des Finanzamtes vom beim BFG anhängig gemachte Beschwerdeverfahren ist daher einzustellen.

Die BAO erwähnt zwar die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss nicht gesondert, dennoch hat die Einstellung durch das Verwaltungsgericht mittels Beschlusses zu erfolgen ( mit Verweis auf ; ).

Zur Nichtzulassung der Revision:
Eine Revision ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn ein Beschluss von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16).
Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. für viele ; ; ; ; ). Eine einzelfallbezogene Beurteilung ist somit im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. oder ).
Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des VwGH zu einem (der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Grunde liegenden) vergleichbaren Sachverhalt (zu einer bestimmten Rechtsnorm) fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, soweit das Verwaltungsgericht dabei von den Leitlinien der Rechtsprechung des VwGH nicht abweicht (vgl. oder ). Genügte nämlich für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen höchstgerichtlicher Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt, wäre der VwGH in vielen Fällen zur Entscheidung berufen, obgleich in Wahrheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufgeworfen werden (vgl. unter Hinweis auf die ständige Judikatur des OGH zu § 502 ZPO, etwa ; oder ).
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision nicht zulässig, da die Rechtsfrage, wie das BFG im Fall einer unzulässigen Vorlage einer Beschwerde durch die Abgabenbehörde vorzugehen hat, durch die von der zitierten Rechtsprechung vorgegebenen Leitlinien hinlänglich geklärt erscheint.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7105675.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at