Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.11.2015, RV/7104141/2014

Vertreterpauschale einer Pharmareferentin

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7104141/2014-RS1
Kein Anspruch auf das Vertreterpauschale für Pharmareferenten, weil diesen ex lege bei Ausübung ihrer Tätigkeit die Entgegennahme von Bestellungen von Arzneimitteln untersagt ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf., vom gegen den Bescheid des Finanzamt Baden Mödling betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013

zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erzielte im verfahrensgegenständlichen Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und beantragte in der Arbeitnehmerveranlagung das Vertreterpauschale. Im Einkommensteuerbescheid 2013 vom wurde das Pauschale nicht anerkannt. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wurde eine Bestätigung des Arbeitgebers für die überwiegende Außendiensttätigkeit beigelegt.

"... als pharmazeutische Servicemitarbeiterin überwiegend im Außendienst tätig war und folgende Arbeiten übernommen hat:

  • Besuchen von Kunden mittels Vorgabe von Touren- und Besprechungsplänen in ergebnisorientierter Weise und unter Berücksichtigung der Zielvorgaben

  • Erweiterte Kundenbetreuung: Erbringen von Dienstleistungen an Arztpraxen und öffentlichen Apotheken

  • Repräsentation der Firma als Ansprechpartner in Arztpraxen und öffentlichen Apotheken

  • Weiterleitung von medizinischen Anfragen an die medizinische Abteilung.

... hat diese Tätigkeit im Zeitraum vom bis ausgeführt, es bestand keine Unterbrechung von mehr als einem Monat."

Unter Zugrundelegung dieser Stellenbeschreibung wies das Finanzamt die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, weil laut der vorgelegten Bestätigung der Aufgabenbereich der Bf. nicht dem Berufsbild eines Vertreters entspreche.

Im Vorlageantrag stellte die Bf. einen Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde und übermittelte eine weitere Bestätigung des Arbeitgebers.

In diesem Schreiben bestätigte der Arbeitgeber, dass die Bf. im Unternehmen als Pharmazeutische Servicemitarbeiterin im Außendienst beschäftigt sei. Diese Tätigkeit bestehe überwiegend aus der Betreuung von Apotheken und niedergelassenen Ärzten im Gebiet Niederösterreich und Burgenland zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur laufenden Kundenbetreuung.

In der Folge forderte das Bundesfinanzgericht den Dienstvertrag an. Laut Dienstvertrag, abgeschlossen mit der Fa. X- GmbH, eine Personaldienste Firma, als Arbeitgeber unter Punkt 1 ist die Bf. als Pharmareferentin im Außendienst beschäftigt. Unter Punkt 3 des Dienstvertrages erklärt sich der Arbeitnehmer, im gegenständlichen Fall die Bf., mit der Überlassung zur Arbeitsleistung an Dritte ausdrücklich einverstanden und verpflichtet sich, die bedungene Arbeitsleistung nach den Weisungen des Arbeitgebers und/oder des jeweiligen Beschäftigers (Dritten) pflichtgemäß zu erbringen. Die Auswahl der Beschäftiger (Dritten) und die Zuweisung zur Arbeitsleistung an diese obliegen ausschließlich dem Arbeitgeber, dem auch jederzeit die Abberufung von einem Beschäftiger und Zuweisung an einen anderen vorbehalten bleibt.

Punkt 4: Im Falle einer Überlassung an einen Beschäftiger hat der Arbeitnehmer die Ordnungsvorschriften im Betrieb des Beschäftigers zu beachten, seine Einsatzweisung sorgfältig durchzuführen und untersteht dessen Dienst- und Fachaufsicht.

Erwägungen:

Strittig ist im gegenständlichen Verfahren, ob die Bf. als Vertreterin im Sinne der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen anzusehen ist.

Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden. Von dieser Möglichkeit hat der Bundesminister für Finanzen Gebrauch gemacht und in der Verordnung, BGBl II 2001/382 über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen unter anderem festgelegt:

"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:

§ 1: Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

....

Z 9. Vertreter: 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 € jährlich.

Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."

Die Verordnung bestimmt neben der Höhe des Pauschbetrages weiters, dass der Arbeitnehmer ausschließlich eine Vertretertätigkeit ausüben muss. Die im gegenständlichen Fall anzuwendende Verordnung BGBl II 2001/382 enthält jedoch keine Definition des Begriffs "Vertreter". Sie legt lediglich fest, dass der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen muss und der Innendienst die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit umfassen darf.

Im Erkenntnis vom , 2885, 2994/80, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Begriff "Vertreter" in der zu § 17 Abs. 4 EStG 1972 ergangenen Verordnung betreffend Durchschnittssätze für Werbungskosten BGBl 597/1975 idF BGBl 49/1979 befasst. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, die Verordnung definiere den Begriff nicht. Es würde den Erfahrungen des täglichen Lebens und auch der Verkehrsauffassung widersprechen, wenn Personen nur dann als Vertreter angesehen werden könnten, wenn sie ausschließlich mit dem auswärtigen Kundenbesuch befasst seien. Vielmehr werde sich bei fast allen Vertretern, je nach ihrer Verwendung im Verkaufsapparat ihres Unternehmens und auch nach den branchenbedingten Besonderheiten und der betriebsinternen Organisation des Unternehmens, in mehr oder weniger zeitaufwendigem Umfang die Notwendigkeit einer Tätigkeit im "Innendienst" ergeben. Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen, Entgegennahme von Waren seien beispielsweise solche Tätigkeiten, die in den Geschäftsräumlichkeiten des Dienstgebers abgewickelt zu werden pflegten, ohne dass deshalb der grundsätzlich zum Kundenverkehr im Außendienst Angestellte seine Berufseigenschaft als Vertreter verliere. Der Verwaltungsgerichtshof teile aber die Ansicht, dass es zum Beruf eines Vertreters gehöre, regelmäßig im Außendienst tätig zu sein.

In einem Durchführungserlass wurde die Berufsgruppe, die von der Verordnung umfasst sein sollen näher umschrieben. Hinsichtlich der Berufsgruppe der Vertreter wird dort ausgeführt, dass als Vertreter Personen anzusehen sind, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit (zB Kontrolltätigkeit oder Inkassotätigkeit).

Die Tätigkeit eines Dienstnehmer ist bei überwiegender Außendiensttätigkeit als Vertretertätigkeit einzustufen, wenn der Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers (über den Verkauf von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen) eindeutig im Vordergrund steht. Er ist auch dann als Vertreter tätig, wenn er in völlig untergeordnetem Ausmaß andere Tätigkeiten verrichtet ().

Vorab ist festzustellen, dass nicht jedermann dadurch, dass er eine Firma nach außen vertritt, gleichzeitig "Vertreter" mit Anspruch auf eine Vertreterpauschale ist.

Kerngeschäft der Arbeitgeberfirma der Bf. ist Arbeitskräfteüberlassung. Die Kunden sind Unternehmen, die aus den verschiedensten Gründen - vorübergehend - einen erhöhten Personalbedarf haben. Aus einem Pool aus Mitarbeitern aus dem gewerblichen, technischen oder kaufmännischen Bereich stellt die Firma diesen Unternehmen Personal nach Bedarf auf Wunsch für kurz- oder langfristige Einsätze zur Verfügung.

Die Bf. ist laut Dienstvertrag als Pharmareferentin beschäftigt. Der VIII. Abschnitt des Arzneimittelgesetzes, AMG (§§ 72 - 74) beschäftigt sich mit dem Pharmareferenten. Gemäß § 74 AMG dürfen Pharmareferenten bei Ausübung ihrer Tätigkeit keine Bestellungen von Arzneimitteln entgegennehmen. Nach § 73 AMG umfasst die Tätigkeit eines Pharmareferenten einerseits Vermittlung von Angaben, die die Fachinformationen gemäß § 15 AMG zu enthalten hat und andererseits die unverzügliche Übermittlung der ihnen zur Kenntnis gelangenden Informationen gemäß § 75a AMG betreffend Marktüberwachung und Pharmakovigilanz  (§ 73 Abs. 2 AMG).

Es mag nach den eingangs getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zutreffen, dass die Bf. überwiegend im Außendienst beschäftigt ist, doch wie bereits oben ausgeführt, berechtigt nicht jede Außendiensttätigkeit zum Anspruch des Vertreterpauschales. Da sich aus dem Arzneimittelgesetz ein Verbot von Abschluss von Geschäften für Pharmareferenten ableiten lässt, kann die Bf. ex lege keine Vertretertätigkeit im Sinne der Verordnung ausüben.

Es besteht kein Anspruch für das Vertreterpauschale für einen Pharmavertreter, weil diesen schon ex lege die Entgegennahme von Bestellungen von Arzneimittel bei Ausübung ihrer Tätigkeit untersagt ist und folglich keine Geschäfte im fremden Namen und auf fremde Rechnung abschließen dürfen bzw. können.

Somit ist die Tätigkeit der Bf. unter die Bestimmung des § 1 Z 9 der Verordnung BGBl. II Nr. 382/2001, nicht zu subsumieren und folglich ist der strittige Werbungskostenpauschbetrag im Jahr 2013 nicht in Ansatz zu bringen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Die Revision ist im gegenständlichen Verfahren nicht zulässig, da die zugrundeliegende Rechtsfrage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend beantwortet ist. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung.Weiters ist die dazu vorliegenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch als nicht uneinheitlich zu beurteilen. Ebenso liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17 Abs. 4 EStG 1972, Einkommensteuergesetz 1972, BGBl. Nr. 440/1972
§ 73 Abs. 2 AMG, Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983
§ 15 AMG, Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983
§ 75a AMG, Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983
§ 73 AMG, Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983
§ 74 AMG, Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7104141.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at