Zurückweisung einer Bescheidbeschwerde wegen fehlender Aktivlegitimation.
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache der Frau X , Adresse1 , vertreten durch Frau Y , Rechtsanwältin, Adresse2 , gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Steuernummer , betreffend
1. Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG und
2. Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
1. Sachverhalt
Am brachte Frau Y. , Rechtsanwältin, in ihrer Eigenschaft als berufsmäßige Parteienvertreterin für Frau X zu den Zahlen a bis c -3 beim Verwaltungsgerichtshof Anträge auf „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des Verfahrens“ ein, und zwar gegen:
1. den Bescheid x ,
2. den Bescheid y und
3. den Bescheid z .
Gleichzeitig stellte die Parteienvertreterin (PV) den Antrag, der Beschwerdeführerin (Bf) die Verfahrenshilfe im vollen Umfang zur Mängelbehebung der eingebrachten Beschwerden zu bewilligen.
Mit Beschluss vom , Zl. a-c-3, wies der Verwaltungsgerichtshof die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab.
Mit Beschluss vom , Zl. a - c -4, wies der VwGH die Anträge auf Verfahrenshilfe ab.
Mit Schreiben vom forderte der VwGH die Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, zu Handen ihrer Rechtsanwältin, unter Hinweis auf § 24 Abs. 3 VwGG auf, die fehlende Gebühr in Höhe von 3x240 Euro binnen einer Woche durch Bareinzahlung oder Überweisung über eine Post-Geschäftsstelle oder ein Kreditinstitut auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten und dem VwGH unter Angabe der oben angeführten Geschäftszahl den urkundlichen Nachweis über die Entrichtung der Gebühr zu übermitteln.
Sollte dieser Aufforderung nicht entsprochen werden, müsste davon dem Finanzamt Mitteilung gemacht werden, welches die Gebühr kostenpflichtig einbringe.
Am langte beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel der amtliche Befund des über die Nichtentrichtung der Gebühr ein.
In der Folge wurden Frau Y. gemäß § 13 Abs. 3 GebG mit den im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten Bescheiden 1. die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) in Höhe von 720,00 Euro und 2. die Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von 360,00 Euro gesamt sohin 1.080,00 Euro zur Zahlung vorgeschrieben.
Der Bescheid erging wie folgt:
"Herr
Y.
Rechtsanwalt
Stadtplatz65230 M"
Dagegen wurden fristgerecht unter einem sowohl von Frau X als auch von Frau Y "Berufung" (nunmehr Beschwerde) eingebracht.
Die Beschwerdeführerin (Bf) in gegenständlichem Verfahren, Frau X , wendet sich gegen die Vorschreibung von Gebühren mit der Begründung, gegenständlich sei kein Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde, sondern ein Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung zur Einbringung eines Verfahrenshilfeantrages gestellt worden, welcher nicht unter die Gebührenpflicht des § 24 Abs. 3 VwGG zu subsumieren sei und somit auch keine Gebührenpflicht auslöse.
Am erließ das Finanzamt folgende Beschwerdevorentscheidung an
„ Frau
X
Adresse1.
zH Frau RA
Y.
Adresse2.
Beschwerdevorentscheidung
Es ergeht die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerde vom von Frau X , Adresse1- gegen den Gebührenbescheid und Bescheid über eine Gebührenerhöhung vom .
Über die Beschwerde wird auf Grund des § 263 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:
Ihre Beschwerde vom wird gemäß § 260 BAO zurückgewiesen.
Begründung:
Zur Einbringung einer Beschwerde ist gemäß § 246 Abs. 1 BAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.
Beschwerdeführer kann daher nur der sein, dem der Bescheid wirksam bekanntgegeben wurde und für den er auch inhaltlich bestimmt war…"
Fristgerecht wurde dagegen Vorlageantrag eingebracht wie folgt:
„ Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel
Marxergasse 4
1030 Wien“
Berufungswerber: X
Hausfrau
Adresse1:
,
vertreten durch: Rechtsanwältin
Y.
Strafverteidigerin
Adresse2: ….
wegen § 24 Abs. 3 VwGG
VORLAGEANTRAG
In umseits bezeichneter Beschwerdesache stellt die Beschwerdeführerin den
ANTRAG
nach Zugang der Beschwerdevorentscheidung vom , eingelangt bei der ausgewiesenen Rechtsvertreterin am , die vorliegende Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vorzulegen… ..“
Inhaltlich befasst sich der Vorlageantrag ausschließlich mit Einwendungen gegen das Bestehen der Gebührenpflicht nach § 24 Abs. 3 VwGG.
Gezeichnet ist der Vorlageantrag:
„ M , am X "
2. Beweiserhebung
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die elektronisch übermittelten Aktenteile des Bemessungsaktes des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel.
3. Rechtslage und Erwägungen
Gegenständliche "Berufung", eig. Beschwerde, datiert vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom aus formalen Gründen als unzulässig zurückgewiesen.
Der Vorlageantrag nimmt dazu nicht Stellung sondern richtet sich ausschließlich gegen die Gebührenpflicht nach § 24 Abs. 3 VwGG.
Dazu ist folgendes zu sagen:
Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt idR durch Zustellung. Nach der Judikatur ist der Adressat namentlich zu nennen (vgl. ) und gehört das Adressfeld zum Bescheidspruch (vgl. zB /00179.
Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Gemäß § 257 Abs. 1 BAO kann einer Bescheidbeschwerde, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, beitreten, wer nach Abgabenvorschriften für die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Abgabe als Gesamtschuldner oder als Haftungspflichtiger in Betracht kommt. Wer einer Berufung beigetreten ist, kann gemäß § 257 Abs. 2 BAO die gleichen Rechte geltend machen, die dem Beschwerdeführer zustehen.
§ 6 Abs. 1 BAO bestimmt, dass Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB) sind. Nach § 24 Z 7 VwGG iVm § 13 GebG sind bei der Eingabengebühr derjeinge, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird (§ 13 Abs. 1 GebG) und wer im Namen eines anderen eine Eingabe einbringt (§ 13 Abs.3 GebG) zur ungeteilten Hand Gebührenschuldner.
Nach § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist (lit. a) oder nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit. b).
Auch bei Gesamtschuldverhältnissen ist nur der in Anspruch genommene Gesamtschuldner bzw der in Anspruch genommene Haftungspflichtige zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde berechtigt. Noch nicht herangezogene Gesamtschuldner oder Haftungspflichtige sind nicht beschwerdebefugt, sondern allenfalls gem. § 257 beitrittsberechtigt (vgl. Ritz, BAO5, § 246 Tz 5 unter Hinweis auf ; , 92/13/0016; , 2001/16/0253).
Aus dem Beitrittsrecht lässt sich nicht das Recht ableiten, das Rechtsmittel selbst zu ergreifen (vgl. Ritz, BAO5, § 257 Tz 9 unter Hinweis auf ). Bringt der Beitrittsberechtigte im eigenen Namen eine Bescheidbeschwerde ein, so ist dies nicht als Beitrittserklärung anzusehen (; , 94/17/0320, 0321; , 2005/17/0077), eine solche Beschwerde wäre gem. § 260 Abs. 1 lit. a zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO5, § 258 Tz 2).
Nach § 258 Abs. 1 BAO ist der Beitritt bei der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, schriftlich oder mündlich zu erklären. Es ist eine förmliche Prozesserklärung notwendig. Die bloße Anführung des Beitrittsberechtigten in der Bescheidbeschwerde bzw. im Vorlageantrag stellt keine Beitrittserklärung dar (vgl. Ritz, BAO5, § 258 Tz 2 unter Hinweis auf VwGH 17.9.1192, 91/16/0094). Ein Vorlageantrag ist nicht als Beitrittserklärung zu verstehen (vgl. Ritz, BAO5, § 258 Tz 2 unter Hinweis auf ). Durch Beitritt (§ 257) wird auch der Beigetretene berechtigt, einen Vorlageantrag zu stellen (vgl. Ritz, BAO5, § 264 Tz 2 unter Hinweis auf ).
Daraus folgt für den gegenständlichen Fall Folgendes:
Der Gebührenbescheid und der Bescheid über eine Gebührenerhöhung wurden vom Finanzamt an Y. (und nicht an Frau X ) adressiert und dieser zugestellt. Durch die Nichtnennung der Frau X im Adressfeld ist ausgeschlossen, dass dieser Bescheid an sie gerichtet worden ist. Auch der Begründung des Bescheides ist deutlich zu entnehmen, dass das Finanzamt gerade keinen Bescheid an Frau X erlassen wollte, sondern gemäß § 13 Abs. 3 GebG an Frau Y. , welche die Wiedereinsetzungsanträge „im Namen eines anderen“ beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht hat.
Daher haben die Bescheide vom auch nur gegenüber Frau Y. Wirkungen entfaltet und war nur sie als Bescheidadressatin - da keine der Voraussetzungen für eine Erweiterung des Kreises der Beschwerdebefugten nach § 246 Abs. 2 BAO, § 248 BAO oder § 225 Abs. 1 BAO vorliegen - aktiv legitimiert Bescheidbeschwerde einzubringen.
Die von Frau X eingebrachte Bescheidbeschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Darüber, ob die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG sowie die Erhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG zu Recht festgesetzt worden sind, war in diesem Verfahren nicht abzusprechen.
Zur Nichtzulassung der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Entscheidungswesentlich war hier die Tatfrage, an wen der angefochtene Bescheid gerichtet war. Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ua. ), dass ein von einem hie zu nicht Legitimierten eingebrachtes Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 278 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7104944.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at