Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.11.2015, RV/3100601/2011

Vertreterhaftung einer bloß formellen Vereinsobfrau

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Dr. A. und die Beisitzer Mag. J., Dr. L. und Mag. Q. im Beisein der Schriftführerin C. in der Beschwerdesache der Bf., vertreten durch M-GmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck, vertreten durch Mag. O., vom  betreffend Vertreterhaftung gemäß § 9 BAO nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben. Die Haftung wird auf die Umsatzsteuer für 2/2010 in Höhe von 2.800 € eingeschränkt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

1.1. Die Beschwerdeführerin (Bf.) war bis zur Betriebsaufgabe im Oktober 2009 Inhaberin des Cafe X. in gepachteten Räumlichkeiten in der Y-Straße in Innsbruck.

In der Folge wurde dieser Gastbetrieb vom Verein „ XY “ übernommen, dessen Errichtung der Vereinsbehörde am gemäß § 11 Vereinsgesetz 2002 angezeigt worden war. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom wurde der Verein gemäß § 13 Abs. 2 VerG zur Aufnahme seiner Tätigkeit eingeladen und mit weiterem Bescheid vom gemäß § 29 Abs. 1 leg. cit. aufgelöst, weil der Verein seit Januar 2010 keine Tätigkeit mehr ausgeübt hatte. Die Bf. war Obfrau des Vereins seit der Errichtung bis zu ihrem Rücktritt in der außerordentlichen Generalversammlung am und nach ihrer Wiederwahl in der außerordentlichen Generalversammlung vom bis zur behördlichen Auflösung des Vereins.

Bei einer Außenprüfung des Vereins im November 2010 wurde festgestellt, dass das Inventar des Gastlokals nach Beendigung der Vereinstätigkeit am an YZ als Nachpächterin des Lokals um 16.800 € brutto veräußert worden war. Da die hierauf entfallende Umsatzsteuer nicht gemeldet wurde, setzte das Finanzamt mit Bescheid gemäß § 21 Abs. 3 UStG vom die Umsatzsteuer für 2/2010 gegenüber dem Verein in Höhe von 2.800 € fest.

1.2. Mit Schreiben vom hielt das Finanzamt der Bf. vor, es erwäge, ihre Haftung für die Umsatzsteuer 2/2010 samt erstem Säumniszuschlag geltend zu machen, weil diese Abgaben beim Verein uneinbringlich seien. Die Bf. werde ersucht, Beweise vorzulegen, dass sie ohne ihr Verschulden daran gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen. Gegebenenfalls sei auch die Beachtung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung (durch Vorlage entsprechender Unterlagen über die finanziellen Mittel des Vereins im jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt der in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten und deren Verwendung) nachzuweisen.

Dieser Vorhalt wurde von der Bf. nicht beantwortet.

1.3. Mit Haftungsbescheid vom zog das Finanzamt die Bf. zur Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO für die Umsatzsteuer 2/2010 (2.800 €) samt erstem Säumniszuschlag (56 €) heran. In der Begründung des Haftungsbescheides wurde unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen zusammengefasst ausgeführt, dass die Bf. als Obfrau zur Entrichtung der Abgaben des Vereins verpflichtet gewesen sei. Bei der gegebenen Aktenlage müsse das Finanzamt bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen, dass die Bf. die Abgabenzahlungspflicht schuldhaft verletzt habe. Die Abgabenschulden seien beim Verein uneinbringlich.

1.4. In der dagegen erhobenen Berufung vom wurde vorgebracht, dass die Bf. im Verein keine „reale Tätigkeit“ ausgeübt und auch keine Gelder vereinnahmt habe, sondern von Vereinsmitgliedern als "formelle Obfrau" missbraucht worden sei. Als dies der Bf. Ende 2010 bewusst geworden sei, habe sie bei der Vereinsbehörde den Rücktritt erklärt und sei der Verein aufgelöst worden. Die Bf. sei Mindestpensionistin, weshalb sie die Geltendmachung der Haftung erheblich treffen würde. In Anbetracht dieser berücksichtigungswürdigen Umstände werde das Finanzamt ersucht, von der Haftungsinanspruchnahme der Bf. abzusehen.

In einer weiteren Eingabe vom führte die Bf. unter Bezugnahme auf die Berufungsschrift aus, dass sie (und ihre Tochter, die bis Vereinskassier war) mit dem erstschuldnerischen Verein nichts zu tun gehabt hätten und auch nicht wüssten, was die Haftungssumme "überhaupt sein soll.“ Das Cafe sei von R. und B. geführt worden, die sämtliche Gelder vereinnahmt, die Buchhaltung erledigt und das Lokal in der Folge auch „weitergegeben“ hätten. Die Bf. sei zu einer persönlichen Vorsprache beim Finanzamt bereit, falls dies zweckdienlich sei.

1.5. Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung nach Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 BAO im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Bf. vom bis zum als Obfrau des erstschuldnerischen Vereins im Vereinsregister eingetragen gewesen sei. Für das Verschulden im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO sei es nicht maßgeblich, ob die Bf. ihre Vertretungsfunktion tatsächlich ausgeübt habe. Entscheidend sei vielmehr, dass die Bf. als Obfrau zur Vertreterin des Vereins bestellt worden sei und ihr daher die Ausübung dieser Funktion bzw. die Wahrnehmung der steuerlichen Verpflichtungen des Vereins oblegen sei.

Das Vorbringen, die Bf. habe mit den von Dritten geführten Aufzeichnungen nichts zu tun gehabt, sei verfehlt. Vielmehr stelle die Tatsache, dass sich die Bf. mit der mangelnden Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Aufzeichnungen des Vereins und Überprüfung der Abgabenzahlungspflicht abgefunden habe, ein schuldhaftes Verhalten im Sinn des § 9 BAO dar.

Bei der Betrauung Dritter mit den abgabenrechtlichen Pflichten bestehe die Haftung, wenn nicht durch geeignete Aufsichts- und Überwachungsmaßnahmen, insbesondere durch Einrichtung von Kontrollmechanismen dafür Sorge getragen werde, dass die abgabenrechtlicher Pflichten erfüllt würden. Der Vertreter einer juristischen Person habe die Tätigkeit der von ihm beauftragten Person in solchen Abständen zu überprüfen, die es ausschlössen, dass abgabenrechtliche Pflichtverletzungen, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungspflichten verborgen blieben.

Werde ein Vertreter an der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten gehindert, habe er die Behinderung der Ausübung seiner Funktion sofort abzustellen und – wenn sich dies als erfolglos erweise – seine Funktion niederzulegen. Tue er dies nicht, sei ihm ein gemäß § 9 BAO relevantes Verschulden anzulasten. Dies gelte auch dann, wenn sich der Vertreter schon bei der Übernahme der Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt und dabei in Kauf genommen habe, dass ihm die Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen unmöglich gemacht wird.

Da das Einverständnis der Bf., nur formell bzw. auf dem Papier als Obfrau zu fungieren und somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, eine haftungsrelevante Beschränkung ihrer Befugnisse darstelle, sei ihre Auffassung, sie sei dadurch von ihrer haftungsrechtlichen Verantwortung befreit, verfehlt.

1.6. Im Vorlageantrag vom wurde auf das Berufungsvorbringen verwiesen und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragt, „um sich vom persönlichen Zustand der zur Haftung herangezogenen Person zu überzeugen“. Auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung wurde nicht eingegangen.

1.7. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

2.1. Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

2.2. Vereine werden durch jene Personen vertreten, die in den Statuten als Vertretungsbefugte genannt sind ( § 3 Abs. 2 Z 7 Vereinsgesetz 2002). Gemäß § 13 der Statuten des erstschuldnerischen Vereins führte die laufenden Geschäfte der Obmann/die Obfrau mit Unterstützung des Schriftführers/der Schriftführerin. Der Obmann/die Obfrau vertrat den Verein nach außen.

Unstrittig ist, dass die Bf. in den eingangs angeführten Zeiträumen und somit auch in dem durch § 21 Abs. 1 UStG bestimmten Fälligkeitszeitpunkt  der Umsatzsteuer 2/2010 () Obfrau des erstschuldnerischen Vereins war.

Fest steht weiters, dass die Umsatzsteuer beim erstschuldnerischen Verein uneinbringlich ist. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Bf. an die Vereinsbehörde vom in Verbindung mit dem Auflösungsbescheid vom , wonach kein Vereinsvermögen mehr vorhanden war. Mit der Eintragung der Auflösung im Vereinsregister () endete  die Rechtspersönlichkeit des Vereins (§ 27 VerG).

2.3. Stehen Vertreterstellung und Uneinbringlichkeit fest, trifft den Vertreter die Obliegenheit darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass der Vertretene die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf (vgl. ; ). Im Fall des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang (vgl. , ; ).

2.4. Die Bf. begründete ihr Begehren, nicht zur Haftung herangezogen zu werden, damit, dass sie nur als formelle Obfrau fungiert habe und als solche von den Vereinsmitgliedern, die das Vereinslokal tatsächlich geführt hätten ( R. , B. ), missbraucht worden sei. Diese Argumentation ist nicht geeignet, die nach den Vereinsstatuten zur Führung der laufenden Vereinsgeschäfte und Vertretung des erstschuldnerischen Vereins nach außen berufene Bf. vom Vorwurf der schuldhaften Verletzung der Abgabenzahlungspflicht zu befreien. Denn nach den von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu formellen Vertretern von Kapitalgesellschaften entwickelten Grundsätzen, die auch für Vertreter anderer juristischer Personen wie etwa Vereine gelten (vgl. z. B. ; ), ändert die Bestellung einer Vereinsobfrau „auf dem Papier“ an ihrer Stellung als Organwalterin und am Bestand der sie nach § 80 BAO treffenden Pflichten nicht das Geringste (vgl. ; ). Das Einverständnis, nur formell als Obfrau zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, befreit nicht von der Verantwortung hinsichtlich der Erfüllung der mit der Übernahme dieser Funktion verbundenen gesetzlichen Verpflichtungen (vgl. ; ; ). Somit stellt gerade die Untätigkeit der Bf. gegenüber dem Verein trotz gegebener Vertretungsfunktion das Verschulden an der Uneinbringlichkeit der Umsatzsteuer 2/2010 dar.

2.5. Im Schreiben des Rechtsvertreters vom wurde behauptet, die Bf. sei sich weder bewusst gewesen, welche Tätigkeit der erstschuldnerische Verein ausübte, „noch dass sie überhaupt Obfrau war“. Sie sei nicht „Gründungsobfrau“ gewesen und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ausgenutzt worden. Die Bf. habe lediglich aus Gefälligkeit gegenüber dem früheren Freund ihrer Tochter ( R. ) eine ihr aufgrund der behaupteten Gemeinnützigkeit des Vereins unproblematisch erscheinende Funktion „dem Namen nach“ für angeblich kurze Zeit übernommen. Tatsächlich habe sie mit dem Verein nichts zu tun gehabt, insbesondere keine geschäftsführenden Handlungen gesetzt (vgl. dazu auch BFG-Schreiben v. ).

Die Darstellung, die Bf. sei sich weder über die Vereinstätigkeit im Klaren noch ihrer Vertretungsfunktion bewusst gewesen, ist unhaltbar. Was Ersteres betrifft, ist die Bf. an das im Zuge der Einkommensteuerveranlagung 2009 ergangene Ergänzungsersuchen des Finanzamtes () und das Antwortschreiben ihres steuerlichen Vertreters () zu erinnern, mit welchem dem Finanzamt unter anderem mitgeteilt wurde, dass die Bf. das ihr gehörige Inventar des gepachteten Gastlokals an den „Nachfolgebetrieb XY “ übergeben habe, wobei kein Kaufpreis vereinnahmt worden sei. Der Vereinsbehörde teilte die Bf. mit Schreiben vom mit, dass sie und ihre Tochter am letztmalig im Vereinscafe "geschäftlich tätig" gewesen seien. Erst ab diesem Zeitpunkt hätten R. und  B. den Betrieb allein geführt.   

Unverständlich ist die Behauptung, die Bf. sei sich ihrer Stellung als Obfrau nicht bewusst gewesen. Hat doch die Bf. als Mitgründerin bzw. organschaftliche Vertreterin des Vereins die Anzeige der Vereinserrichtung (§ 11 VerG) und die Bekanntgabe der Vorstandsmitglieder an die Vereinsbehörde (§ 14 Abs. 2 VerG) – ebenso wie die übrigen Vorstandsmitglieder R. ,  K.  und B. – eigenhändig unterfertigt. Weiters liegt eine von der Bf. unterschriebene schriftliche Rücktrittserklärung als Obfrau vom sowie ein auch von ihr unterfertigtes Schreiben vom vor, mit welchem die Bundespolizeidirektion Innsbruck von der Wiederbestellung der Bf. als Obfrau in Kenntnis gesetzt wurde.

Aus dem Vorbringen, die Bf. sei aus Gefälligkeit zur Vereinsobfrau bestellt worden, ist ebenfalls nichts gewonnen, weil es auf die Gründe für die Übernahme dieser Funktion nicht ankommt (vgl. ; ). Dass die Bf. allenfalls nicht an die damit verbundenen gesetzlichen Pflichten und die aus der Verletzung dieser Pflichten zu erwartenden nachteiligen Konsequenzen dachte, entlastet sie nicht (vgl. ).

Auch der Umstand, dass die Bf. die Funktion als Obfrau eines als gemeinnützig bezeichneten Vereins für „unproblematisch“ hielt, stellt keinen tauglichen Entschuldigungsgrund dar. Dem diesbezüglichen Vorbringen im Schreiben vom , „allgemein wird geglaubt, dass gemeinnützige Vereine keine Abgabepflicht auslösen können“, ist zu entgegnen, dass bei der Bf. schon anlässlich ihrer (Wieder-)Bestellung zur Obfrau zumindest Bedenken über ihre mit dieser Stellung verbundenen Rechte und Pflichten entstehen hätten müssen. In der Unterlassung von Erkundigungen liegt ein zumindest fahrlässiges Verhalten und ist die Rechtsunkenntnis auch vorwerfbar, weil Rechtskenntnis bei Anwendung der gehörigen Aufmerksamkeit hätte erreicht werden können (vgl. ). Dass die Bf. von R. durch Vorspiegelung falscher Tatsachen bewogen worden sei, als Vereinsobfrau zu fungieren, ändert nichts am Umfang der damit übernommenen Verpflichtungen (vgl. ).

2.6. In der mündlichen Verhandlung, die in Anwesenheit der mit einer ordnungsgemäßen Vertretungsvollmacht ausgestatteten Tochter der Bf. durchgeführt wurde, ergaben sich in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine neuen Aspekte, die geeignet wären, die in der Untätigkeit der Bf. als Obfrau gelegene Pflichtverletzung nicht als ursächlich für den Ausfall der Umsatzsteuer 2/2010 erscheinen zu lassen. Insbesondere bestehen für eine gänzliche Mittellosigkeit des Vereins im Fälligkeitszeitpunkt der Umsatzsteuer 2/2010 () im Hinblick auf den für den Verkauf des Inventars an die Nachpächterin YZ vereinnahmten Betrag von 16.800 € keine Anhaltspunkte (vgl. Kassabeleg v. ).

2.7. Was hingegen den im Haftungsbescheid enthaltenen Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer 2/2010 betrifft, besteht zwar die Haftung grundsätzlich auch für Nebenansprüche (§ 7 Abs. 2 BAO). Im vorliegenden Beschwerdefall war jedoch aufgrund der Eintragung der Auflösung des Vereins im Vereinsregister () und der erst späteren Fälligkeit des Säumniszuschlages () kein Verschulden der Bf. am Abgabenausfall feststellbar.

2.8. Die Bf. hat einen Teil der Haftungsschuld durch eine am vorgenommene Umbuchung einer Gutschrift (412 €) von ihrem Steuerkonto abgestattet. Dadurch vermindert sich zwar der von der Bf. zu entrichtende Haftungsbetrag, nicht jedoch der Umfang ihrer Haftungspflicht (vgl. ).

2.9. Die Heranziehung zur Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO).

Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruchs dar, wobei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles ein wesentliches Ermessenskriterium ist. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist.

Zu den Ausführungen der Bf., die Heranziehung zur Haftung würde sie als Mindestpensionistin erheblich treffen, ist zunächst festzustellen, dass sich ihre Einkommensverhältnisse seit dem Jahr 2011 wesentlich verbessert haben. Laut Lohnzettel der Pensionsversicherungsanstalt beliefen sich die Bruttopensionsbezüge der Bf. im Jahr 2014 auf rund 23.400 €. Was die noch offene Haftungsschuld betrifft, können der Bf. gegebenenfalls Zahlungserleichterungen gemäß § 212 BAO gewährt werden.

Weiters ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach persönliche Umstände wie etwa die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Haftenden in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung stehen (vgl. ). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch wiederholt ausgesprochen, dass selbst eine Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungspflichtigen der Geltendmachung der Haftung nicht entgegen stünde (vgl. ; ; ). Weiters trifft es nicht zu, dass etwa die Haftung nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte und des aktuellen Vermögens der Bf. geltend gemacht werden dürfte (vgl. ). Somit kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld bei der Bf. unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit vernachlässigt werden (vgl. ; ). Da auch ein höheres Alter oder Krankheit einer Haftungsinanspruchnahme nicht entgegenstehen (vgl. ), kommt es auf den im Vorlageantrag angesprochenen „persönlichen Zustand“ der Bf. nicht an.

Da aus den dargelegten Gründen das öffentliche Interesse an der Abgabeneinbringung das Interesse der Bf., nicht zur Haftung herangezogen zu werden, überwiegt, entspricht die Haftungsinanspruchnahme der Bf. der gesetzlich vorgegebenen Ermessensübung.

2.10. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im Beschwerdefall im Wesentlichen Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung zu behandeln waren und die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch die oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind.

Innsbruck, am

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