Wohnungsausgaben als Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter, Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde des Bf. , X. geboren, StNr.: XX , A. wohnhaft vom gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom des Finanzamtes Baden Mödling
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2013 bleibt unverändert.
Über die Bescheidbeschwerde des Bf. vom gegen die Buchungsmitteilungen des Finanzamtes Baden Mödling wird
beschlossen:
Die Beschwerde vom wird als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis und diesen Beschluss ist gemäß Art 133 Abs. 4 B VG i.V.m. § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (Bf.) erhob gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 mit Anbringen vom , eingebracht am form- und fristgerecht Bescheidbeschwerde, weil seine erhöhten Kosten für das notwendig gewordene Wohnen in einer Frühstückspension von insgesamt € 1.035,10 von der Steuerbemessungsgrundlage, dem Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG 1988, nicht in Abzug gebracht worden sind. Zur Begründung seines Begehrens brachte er dazu Folgendes vor:
„Meine Frau und ich mussten aus unverschuldeten Gründen nach unserem Hausverkauf in Ermangelung einer Unterkunft in eine günstige Frühstückspension ziehen. Ich kann daher außer einer zusätzlichen nicht nur nervlichen, sondern auch außergewöhnlichen Belastung, keinen luxuriösen Lebensstil erkennen. Diese Kosten wurden uns, nebst anderer, aufgezwungen: wir hätten sonst unter der Brücke schlafen müssen. Hier geht es nicht um Luxusautos, Flugzeuge usw, also um keine Aufwendungen für Kosten der privaten Lebensführung im Sinne des § 20 EStG, sondern diese Ausgaben stellen vielmehr nach genauerer Betrachtung eine außergewöhnliche Belastung dar.“
Zu den nichtselbständigen Einkünften aus einer ausländischen Pension (€ 599,51, die auf Grund des Veranlagungsfreibetrages gemäß € 41 Abs. 3 EStG – im Bescheid erkennbar ausgewiesen – nicht in der Bemessungsgrundlage enthalten sind – führte der Bf. ergänzend aus, dass er diesen Auslandspensionsbezug wegen seiner Geringfügigkeit nur „melden“ müsse. Dieser Meldepflicht bei der PVA habe er bereits im Jahr 2008 entsprochen.
Seine Frau habe ebenfalls eine kleine Pension, von der sie nicht alleine leb en könne. Er beantrage also auch den Alleinverdienerabsetzbetrag.“
Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) betreffend die Einkommensteuer 2013 vom änderte das Finanzamt (FA) den angefochtenen Bescheid entsprechend dem Vorbringen des Bf., ohne weitere Prüfung, ob die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen. Im Bescheid wurden die erklärten Unterkunftskosten – wie vom Bf. begehrt – als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 1 EStG berücksichtigt. Dadurch trat aber keine Verminderung der Bemessungsgrundlage ein, weil die durch den erzwungenen Wohnungsverkauf entstandenen Mehrausgaben (erklärt € 1.035), den gesetzlichen Selbstbehalt gemäß § 34 Abs. 4 EStG (€ 2070,10) nicht überschritten.
Des Weiteren wurde in der Bescheidbegründung dem Bf. dargelegt, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag (AVAB) nur zustehe, wenn einer der Ehepartner für mindestens ein Kind mehr als sechs Monate den Kinderabsetzbetrag bezieht. Diese Voraussetzung sei beim Bf. und seiner Gattin nicht vorgelegen. Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 6 EStG sei deshalb nicht zu berücksichtigen, weil die Einkünfte der Ehegattin (Kz. 245 € 2.278,80) den sogenannten Grenzbetrag im Sinne des § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG von € 2.200 überschritten haben. Der Pensionistenabsetzbetrag wurde daher entsprechend dem § 33 Abs. 6 Z. 3 EStG in Höhe von € 241,40 berücksichtigt.
Die BVE vom wurde dem Bf. vom FA ohne einen Zustellnachweis auf dem Postweg an seine Wohnanschrift zugesandt.
Mit Anbringen vom , eingebracht am erhob der Bf. eine als Einspruch und Berufung bezeichnete Beschwerde gegen die Buchungsmitteilungen vom , und . Darin führte er aus, dass er als Antwort auf seine Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom nur eine Buchungsmitteilung erhalten habe, ohne dass ihm auch ein entsprechender Bescheid (nämlich die BVE vom ) zugegangen sei. Er vertrete die Auffassung, dass ausschließlich mit der Zustellung einer Buchungsmitteilung seinem gesetzlichen Anspruch auf Entscheidung über seine Bescheidbeschwerde nicht genüge getan worden sei (wörtlich: “… Buchungsdatum ist mit datiert, der damit einhergehende Bescheid ist bis heute, am 9.2. noch ausständig.“).
Das FA wies mit BVE vom , zugestellt mit Zustellnachweis am die Beschwerde gegen die Buchungsmitteilungen als unzulässig zurück, mit der Begründung, dass Buchungsmitteilungen keine Bescheide darstellen und daher nicht mit Rechtsmittel anfechtbar seien.
Weiters wurde die BVE betreffend Einkommensteuer 2013 vom durch postalische Zusendung mit Zustellnachweis (RsB) dem Bf. nachweislich am erstmals rechtswirksam zugestellt.
Der Bf. stellte mit Schriftsatz vom , eingebracht am gegen die BVE betreffend Einkommensteuer 2013 vom , zugestellt am und gegen die BVE vom , zugestellt am betreffend Zurückweisung der Beschwerde vom , fristgerechte Vorlageanträge.
Die beiden Rechtsmittel wurden vom FA mit Vorlagebericht vom samt den bezugshabenden Verwaltungsakten dem Verwaltungsgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
Zu den Ausgaben für die Frühstückspension:
Zum Vorliegen von Werbungskosten:
Die Ziffer 1 Absatz 1 und der Absatz 3 der Bestimmung des § 20 EStG 1988 über „Nichtabzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben“ lauten:
„(1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:
1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.
(3) Aufwendungen und Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 4 können nicht als Sonderausgaben (§ 18), Aufwendungen und Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 5 können weder als Sonderausgaben noch als außergewöhnliche Belastung (§ 34) abgezogen werden. Im Übrigen können die bei den einzelnen Einkünften nichtabzugsfähigen Aufwendungen und Ausgaben bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden.“
Der Bf. begehrt den Abzug von Ausgaben in einer Frühstückpension, die durch einen aus unverschuldeten Gründen notwendigen Hausverkauf verursacht worden seien. Ausgaben für Wohnung und Verpflegung des Steuerpflichtigen sind Ausgaben für den „Haushalt des Steuerpflichtigen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG.
Den Ausgaben für das eigene Wohnen und für die Verpflegung fehlt eine berufliche oder betriebliche Veranlassung und diese verwirklichen schon deshalb nicht den Tatbestand von Werbungskosten oder Betriebsausgaben (§ 16 Abs. 1 und § 4 Abs. 4EStG). Die organisatorische Gestaltung der privaten Sphäre gehört auch dann zur steuerlich unbeachtlichen Einkommensverwendung, wenn dadurch eine Erwerbstätigkeit erst ermöglicht oder erleichtert wird. Die Haushaltsaufwendungen werden zudem bereits durch die tarifliche Freistellung des Existenzminimums als Abzugsposten vom Einkommen berücksichtigt und damit das subjektive Nettoprinzip verwirklicht. Gemäß § 33 Abs. 1 und § 42 Abs. 1 EStG wird das Einkommen bis zu € 11.000 nicht besteuert. (zum Ganzen vgl. Doralt/Kofler, EStG , § 20 Tz 9, 11, 13).
Die vom Bf. erklärten Unterkunfts- und allfälligen Verpflegungskosten in einer Frühstückspension wurden im angefochtenen Einkommensteuerbescheid daher zu Recht nicht als Werbungskosten anerkannt.
Zum Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung:
Die Bestimmung des § 34 EStG über „außergewöhnliche Belastungen“ lautet:
„(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von höchstens 7.300 Euro 6%., bei mehr als 7.300 Euro bis 14.600 Euro 8%, bei mehr als 14.600 Euro bis 36.400 Euro 10% und bei mehr als 36 400 Euro 12%. …
(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.
(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
– Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.
– Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8.
– Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9.
– Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
– Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
– Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.“
Aufwendungen für das Wohnen führen – von im Beschwerdefall erkennbar nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – zu keiner außergewöhnlichen Belastung, weil die Mehrzahl der Steuerpflichtigen zu derlei Aufwendungen gezwungen ist (vgl. Jakom/Baldauf EStG, 2013, § 34 Rz. 90 „Wohnungsaufwand“, 99/147001, ).
Ein Hausverkauf, selbst wenn er spontan durch äußere Umstände erzwungen wird, stellt bloß eine Vermögensumschichtung von Liegenschaftsvermögen in Kapitalvermögen dar, die keine außergewöhnliche Belastung im steuerlichen Sinne bildet. Auch damit verbundene, temporär höhere Wohnungsausgaben für die Einmietung in einen Beherbergungsbetrieb sind keine außergewöhnliche Belastung, weil sie aus dem Verkaufserlös beglichen werden können und zudem derartige Wohnungsausgaben bei der Mehrzahl der Steuerpflichtigen auftreten.
Außerdem wird durch die erklärten, erhöhten Wohnungsausgaben von € 1.035 die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht wesentlich beeinträchtigt, weil die Belastung den vom verfügbaren Einkommen des Steuerpflichtigen gemäß § 34 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 4 EStG zu berechnenden Selbstbehalt nicht überschreitet. In der BVE vom ist dies auch rechnerisch dargestellt, dass bereits aus diesem Grunde das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung ausgeschlossen ist.
Auch der Tatbestand einer Sonderausgabe wird bezüglich dieser Wohnungsausgaben nicht verwirklich, sodass ein Abzug von der Bemessungsgrundlage nicht in Betracht kommt.
Zur Beschwerde gegen die Buchungsmitteilungen:
Gemäß Art 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG iVm § 243 BAO ist eine Beschwerde nicht zulässig, wenn sie sich gegen eine Erledigung einer Abgabenbehörde ohne Bescheidqualität richtet (). Eine Buchungsmitteilung hat – wie der Bf. auch in seiner Eingabe zutreffend ausführt – keine Bescheidqualität. Die Beschwerde vom richtet sich ausschließlich gegen die bezeichneten Buchungsmitteilungen, weil die BVE betreffend Einkommensteuer 2013 vom mangels rechtswirksamer Zustellung zu diesem Zeitpunkt gar nicht existent war. Die gegen die Buchungsmitteilungen gerichtete Beschwerde war somit gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig mit Beschluss zurückzuweisen.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis oder der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG). Im gegenständlichen Verfahren erfolgte die Lösung der strittigen Rechtsfrage auf Grundlage der einhelligen Rechtsprechung des VwGH, weshalb eine ordentliche Revision für nicht zulässig zu erklären war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7101929.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at