Parkometerabgabe für Leihwagen nicht entrichtet, da für eigenes Fahrzeug Parkpickerl bewilligt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter M. in der Verwaltungsstrafsache gegen Herrn J., geb., Wien, über die Beschwerde vom , eingebracht von Frau S., Firma A., Wien1, gegen die an Herrn J. ergangenen zwei Vollstreckungsverfügungen des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Buchhaltungsabteilung 32, jeweils vom , Zahlungsreferenz: 553263243099, folgendes Erkenntnis gefällt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Vollstreckungsverfügung des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Buchhaltungsabteilung 32, vom , Zahlungsreferenz: 553263243099, wurde gemäß §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 die Zwangsvollstreckung verfügt und Herr J. (in weiterer Folge: Bf.) um Einzahlung von € 60,00 bis ersucht, da die rechtskräftige Strafe zu GZ. MA 67-PA 9 vom bisher nicht bezahlt wurde.
Mit weiterer Vollstreckungsverfügung des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Buchhaltungsabteilung 32, vom , Zahlungsreferenz: 553263243099, wurde gemäß §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 ebenfalls die Zwangsvollstreckung verfügt und der Bf. um Einzahlung von € 60,00 bis ersucht, da die rechtskräftige Strafe zu GZ. MA 67-PA 4 vom bisher nicht bezahlt wurde.
Zustellnachweise dieser Vollstreckungsverfügungen liegen im vorgelegten Akt nicht auf.
Mit Eingabe vom ersuchte Frau S. von der Firma A. um Stornierung der Strafzettel, da das Fahrzeug ein gültiges Parkpickerl hatte, was von der Magistratsabteilung 65 als Beschwerde gewertet wurde.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Vollmacht:
§ 10 Abs. 1 AVG: Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.
Im vorliegenden Fall wurde die "Beschwerde" vom von einer Mitarbeiterin der Autofirma eingebracht. Zur Überprüfung der Aktivlegitimation zur Einbringung einer Beschwerde wurde um die Vorlage der Vollmacht ersucht, die mit E-Mail vom nachgereicht wurde.
Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine (fehlerfreie) Vollmachtsurkunde nicht nur nachgereicht, sondern auch (bei einer mündlichen Bevollmächtigung im Innenverhältnis) erst im Nachhinein errichtet werden. Eine solche nachträgliche Beurkundung kann etwa durch ein Schreiben der Partei vorgenommen werden, mit dem diese das Bestehen einer Vollmacht des Einschreiters zur Erhebung einer Berufung bestätigt. Entscheidend ist nämlich nicht die - möglicherweise nach der Setzung der Verfahrenshandlung liegende - Datierung der Bevollmächtigungsurkunde, sondern, dass das Vollmachtsverhältnis tatsächlich im Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung durch den Vertreter bereits bestanden hat, da der Zweck der §§ 10 und 13 Abs. 3 AVG darin gelegen ist, eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechende Durchsetzung der materiellen Rechte der Partei zu gewährleisten, ohne durch Formvorschriften die Durchsetzung dieser Rechte in größerem Maß als unbedingt erforderlich einzuschränken. Dabei ist nur der Mangel des Nachweises, nicht aber jener der Bevollmächtigung selbst behebbar (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 10 Rz 9; ).
Unter Beachtung dieser Judikatur ist zu Gunsten des Bf. davon auszugehen, dass eine Bevollmächtigung zunächst mündlich erteilt und mit nachgereichter Vollmacht vom lediglich bestätigt wurde, sodass die Beschwerde inhaltlich behandelt werden durfte.
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass Zustellnachweise für die Vollstreckungsverfügungen im Akt nicht zu ersehen sind, sodass eine genaue Prüfung der Rechtsmittelfrist nicht möglich war.
Rechtslage:
§ 3 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG 1991) lautet: Eintreibung von Geldleistungen
Abs. 1: Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, dass die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlasst. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.
Abs. 2: Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung – EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.
Abs. 3: Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts sowie der Bund, die Länder und die Gemeinden können die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts können dies nur, soweit ihnen zur Eintreibung einer Geldleistung die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.
Gemäß § 10 Abs. 1 VVG 1991 sind auf das Vollstreckungsverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und dritte Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 10 Abs. 2 VVG 1991 hat die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung keine aufschiebende Wirkung.
Gemäß § 49 Abs. 1 VStG 1991 kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen.
Wenn gemäß § 49 Abs. 3 VStG 1991 ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung zu vollstrecken.
Gemäß § 54b Abs. 1 VStG 1991 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Soweit gemäß § 54b Abs. 2 VStG 1991 eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.
Zur Beschwerde:
Grundlage der Vollstreckungsverfügung ist der Titelbescheid, der den Exekutionstitel genau zu bestimmen hat. Da damit der maßgebliche Sachverhalt feststeht, geht der Erlassung der Vollstreckungsverfügung in der Regel kein Ermittlungsverfahren voraus (vgl. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht - ein systematischer Grundriss, S. 610, Rz. 999). Das (rechtskräftige) Straferkenntnis oder die Strafverfügung bilden daher den Exekutionstitel (vgl. Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, § 54b Rz. 4).
Die Vollstreckungsbehörde hat nur zu prüfen, ob ein exekutierbarer Titel vorliegt und die Vollstreckung zulässig ist. Unzulässig wäre daher, wenn die Leistung im Titelbescheid oder in der Vollstreckungsverfügung nicht genau genug bestimmt ist oder der Titelbescheid nachträglich aufgehoben würde (vgl. ).
Vollstreckungsverfügungen iSd § 10 VVG sind nur solche Verfügungen von Vollstreckungsbehörden, die im Zuge des Vollstreckungsverfahrens ergehen und unmittelbar die Durchführung der Vollstreckung zum Gegenstand haben. Eine Vollstreckungsverfügung kann daher nur eine solche Verpflichtung zum Gegenstand haben, die dem Verpflichteten mit dem zu vollstreckenden Bescheid auferlegt worden ist (vgl. ).
Es liegt im Wesen des Vollstreckungsverfahrens, dass Umstände, über die im Titelbescheid rechtskräftig entschieden wurde, bei unverändert gebliebenem Sachverhalt im Vollstreckungsverfahren wegen Rechtskraft des Titelbescheides nicht mehr behandelt werden können (vgl. ).
Voraussetzung für eine Vollstreckung ist, dass überhaupt ein entsprechender Titelbescheid wie z.B. eine Strafverfügung oder ein Straferkenntnis vorliegt, diese gegenüber der Bf. wirksam geworden sind und die Verpflichtete ihrer Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Einleitung des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (vgl. ).
Eine Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung kann sich nur auf Einwendungen gegen die Gesetzmäßigkeit des vollstreckbaren Bescheides, der Vollstreckungsverfügung, stützen. Demgemäß ist der Einwand gegen die Höhe der auferlegten Geldstrafe oder die allfällige Richtigkeit des ausgefüllten Parkscheines nur gegen die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides gerichtet und war im Vollstreckungsverfahren nicht mehr zu behandeln. Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens kann daher nicht mehr die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides (hier: Strafverfügungen, mit denen je eine Geldstrafe von € 60,00 festgesetzt wurden) aufgerollt werden (vgl. ).
Mit der vorliegenden Beschwerde, in der ausschließlich um Stornierung der Strafzettel ersucht wurde, wurde unter Hinweis auf Beilagen vorgebracht, dass das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-P über ein gültiges Parkpickerl verfügt. Dazu ist festzuhalten, dass die Bestrafungen sich jeweils auf fehlende Parkscheine im Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-V beziehen. Aus den vom Parkraumüberwachungsorgan aufgenommenen Fotos ergibt sich eindeutig, dass an der Frontscheibe des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen W-V zwar eine Autobahnvignette zu erkennen ist; ein Parkpickerl oder ein gültig entwerteter Parkschein ist auf diesen Fotos in beiden fällen nicht zu erkennen. Da sich das Parkpickerl nur auf das bewilligte Kennzeichen W-P bezieht, ist eine Ausweitung auf allfällige vom Zulassungsbesitzer verwendete Leihwagen (hier W-V) nicht möglich. Daher kann dieses Argument hier nicht zum Erfolg führen.
Die Titelbescheide (hier die Strafverfügungen vom , MA 67-PA 9 und MA 67-PA 4) sind eine taugliche Grundlage des Vollstreckungsverfahrens, wobei der Leistungsbefehl jeweils eindeutig bestimmt ist. Auf die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Titelbescheides kommt es in diesem Verfahrensstadium nicht mehr an und kann im Vollstreckungsverfahren auch nicht mehr geprüft werden.
Festgehalten wird, dass diese Strafverfügungen vom Bf. am persönlich von der Post behoben wurden. Damit sind die Strafverfügungen gegenüber dem Bf. wirksam ergangen. Der Bf. hat die Bescheide innerhalb der Einspruchsfrist von zwei Wochen nicht bekämpft, sodass diese in Rechtskraft erwachsen sind. Zudem ist der Bf. seiner Verpflichtung zur Zahlung der Geldstrafen bisher nicht nachgekommen.
Da die den Vollstreckungsverfügungen zugrunde liegenden Titelbescheide rechtmäßig ergangen sind, weitere inhaltliche Argumente gegen die Vollstreckungsverfügungen nicht vorgebracht wurden, sind die Vollstreckungsverfügungen für die verhängten Strafen zu Recht erlassen worden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Zur Zulässigkeit der Revision
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig. Eine Angelegenheit, die einen Antrag zum Gegenstand hat, der mit einem Verwaltungsstrafverfahren - wie hier die bekämpfte Vollstreckungsverfügung - untrennbar verbunden ist, stellt eine "Verwaltungsstrafsache" i. S. d. § 25a Abs. 4 VwGG dar (vgl. zum Begriff der "Verwaltungsstrafsache" etwa ; u. v. a. oder ). Daher kommt der Revisionsausschluss des § 25a Abs. 4 VwGG zum Tragen.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 10 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7500886.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at