Erstattung der Mineralölsteuer betreffend die Komponenten eines durch irrtümliches Vermischen entstandenen Ölabfalls
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2016/16/0003. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/1200004/2017 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. über die als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigende Berufung der Bfin , Adr , gegen den Bescheid des Zollamtes Z. vom , Zahl ****** /10993/000/2013, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erstattung der Mineralölsteuer nach § 5 Abs. 1 Z 1 Mineralölsteuergesetz 1995 (MinStG 1995), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom wies das Zollamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erstattung der Mineralölsteuer für 5213 Liter unverbleites Benzin und 18242 Liter Gasöl in Höhe von insgesamt € 9.754,74 ab. Laut Gutachten der Technischen Untersuchungsanstalt handle es sich dabei um ein Gemisch der Warennummer 2710 9900 90 (Ölabfälle) und deshalb um kein Mineralöl im Sinne des § 2 Abs. 8 Z 2 MinStG. Eine Aufnahme in ein Steuerlager und eine Erstattung nach § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG sei daher nicht möglich.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom den Rechtsbehelf der Berufung.
Begründet wurde vorgebracht, dass die Vermischung an der Tankstelle dem zuständigen Zollamt gemeldet worden und das Auspumpen unter amtlicher Aufsicht erfolgt sei.
Der Tankwagen sei mit dem Vermischungsprodukt in das Steuerfreilager nach X. gefahren. Aufgrund der technischen Spezifikation der Produkte sei eine körperliche Aufnahme von Treibstoffvermischungen biogenhaltiger Produkte in die Tanks des Steuerfreilagers nicht möglich. Die Produktkomplexität und die technischen Spezifikationen hätten dazu geführt, dass das derartig vermischte Produkt anschließend entsorgt habe werden müssen.
Beim irrtümlichen Vermischen von Dieselöl und Superbenzin handle es sich nicht um die Herstellung eines verkehrsfähigen Produktes, sondern um die Vernichtung der ausgelieferten Mineralölprodukte.
Laut § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG werde die entrichtete Steuer auf Antrag erstattet oder vergütet, wenn nachweislich im Steuergebiet versteuertes, nicht gebrauchtes Mineralöl in ein Steuerlager aufgenommen werde.
Beide Tatbestände seien erfüllt. Das Mineralöl sei keiner energetischen Nutzung zugeführt worden und es sei die Aufnahme in ein Steuerlager erfolgt.
Des Weiteren sei festzuhalten, dass nach § 21 Abs. 3a MinStG die Steuerschuld für Mineralöl nicht entstehe, wenn dieses aufgrund seiner Beschaffenheit oder in Folge unvorhersehbarer Ereignisse oder höherer Gewalt vollständig oder unwiederbringlich verloren gegangen sei. Als unwiederbringlich gelte Mineralöl dann, wenn es als solches nicht mehr genutzt werden könne.
Als Beweis für die unwiederbringliche Zerstörung sei dem Zollamt der Wiegeschein der Entsorgung und eine genaue Aufstellung, welche Auslieferungen betroffen gewesen sind, beigelegt worden.
Das Zollamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom , Zahl ******/16043/2013 als unbegründet ab. Begründend führte es aus, dass auf andere Mineralöle der Nummer 2710 99 00 die für Mineralöl betreffenden Bestimmungen keine Anwendung finden würden.
Mit dem Hinweis auf § 21a Abs. 3a MinStG sei für die Beschwerdeführerin ebenfalls nichts zu gewinnen, da sich die Mineralöle im Zeitpunkt der versehentlichen Vermischung bereits im freien Verkehr befunden hätten.
Dagegen richtet sich die nunmehr unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens als Vorlageantrag zu wertenden Beschwerde vom 11. Dezember 2013, welche am 27. Dezember 2013 beim damals noch zuständigen Unabhängigen Finanzsenat eingelangt ist.
In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde im Wesentlichen unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens von der Beschwerdeführerin nochmals betont, dass das Vermischungsprodukt als nicht gebrauchtes Mineralöl zu betrachten sei, weil die zwei Komponenten nicht als Kraftstoff verwendet worden seien. Die sonstigen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 seien ebenfalls als erfüllt anzusehen.
Der Vertreter des Zollamtes führte aus, dass sich die Frage, ob es sich um gebrauchtes Mineralöl handle oder nicht, nicht stelle. Das Vermischungsprodukt stelle kein Mineralöl im Sinne des Mineralölsteuergesetzes dar.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
II. Sachverhalt:
Am kam es bei der Tankstelle der Beschwerdeführerin in Y. zu einer Vermischung von 5213 Liter Superbenzin mit 18242 Liter Gasöl. Das Vermischungsprodukt stellt Ölabfall der Unterposition 2710 9900 der Kombinierten Nomenklatur (KN) dar.
Das Vermischungsprodukt wurde ausgepumpt, in das Steuerlager der Beschwerdeführerin nach X. gefahren und in der Folge im H. entsorgt.
Die im Vermischungsprodukt enthaltenen Mineralölmengen wurden entsprechend ihrer Spezifikation im Juli 2013 zur Mineralölsteuer angemeldet und die Mineralölsteuer gemäß den geltenden Bestimmungen entrichtet.
III. Beweiswürdigung:
Der relevante Sachverhalt ergibt sich unbestritten, schlüssig und zweifelsfrei aus dem Akt des Zollamtes. Die Einreihung des Vermischungsproduktes in die KN-Unterposition 2710 9900 90 ergibt sich aus dem Ergebnis einer Untersuchung durch die Technische Untersuchungsanstalt (ETOS Nr. **** /2013).
IV. Rechtliche Erwägungen:
Im Beschwerdefall ist gemäß § 323 Abs. 38 BAO die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängig gewesene Beschwerde vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Gemäß § 2 Abs. 8 Mineralölsteuergesetz 1995 (MinStG 1995) finden die Mineralöl betreffenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nur auf die unter Z 1 bis 6 angeführten und diesen nach Abs. 9 gleichgestellten Waren Anwendung. Auf anderes Mineralöl sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über Kraftstoffe und Heizstoffe anzuwenden. Mineralöl im Sinne des ersten Satzes sind die Waren:
"1. der Unterpositionen 2707 10, 2707 20, 2707 30 und 2707 50 der Kombinierten Nomenklatur;
2. der Unterpositionen 2710 11 11 bis 2710 19 69, ausgenommen Waren der Unterpositionen 2710 11 21, 2710 11 25 und 2710 19 29 der Kombinierten Nomenklatur, wenn diese in Gebinden abgefüllt sind;
3. der Position 2711 der Kombinierten Nomenklatur, ausgenommen Waren der Unterpositionen 2711 11 00, 2711 21 00 und 2711 29 00 der Kombinierten Nomenklatur;
4. der Unterpositionen 2901 10, 2902 20 00, 2902 30 00, 2902 41 00, 2902 42 00, 2902 43 00 und 2902 44 00 der Kombinierten Nomenklatur;
5. der folgenden Positionen und Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur, die als Treibstoffe, als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Treibstoffen oder zum Verheizen dienen
a) Positionen 1507 bis 1518,
b) Unterposition 3824 90 99,
c) Unterposition 2905 11 00, ausgenommen solche von synthetischer Herkunft, sowie Gemische dieser Waren mit anderen Mineralölen;
6. der Position 2207 der Kombinierten Nomenklatur, die durch alkoholische Gärung hergestellt werden und als Treibstoffe, als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Treibstoffen dienen, sowie Gemische dieser Waren mit anderen Mineralölen."
Gemäß § 2 Abs. 9 MinStG 1995 hat der Bundesministers für Finanzen durch Verordnung für andere als im Abs. 8 Z 1 bis 6 angeführte Mineralöle die Anwendungen der Bestimmungen für Mineralöl vorzusehen, wenn eine derartige Maßnahme durch die Europäische Union gemäß Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2003/96/EG beschlossen wird.
§ 5 Abs. 1 MinStG 1995 lautet:
"§ 5. (1) Die entrichtete Steuer wird auf Antrag erstattet oder vergütet
1. für nachweislich im Steuergebiet versteuertes, nicht gebrauchtes Mineralöl, das in ein Steuerlager aufgenommen worden ist,
2. für nachweislich im Steuergebiet versteuerte Mineralöle der im § 2 Abs. 8 Z 5 lit. a bis c und Z 6 bezeichneten Art, Kraftstoffe oder Heizstoffe, die nachweislich auf andere Art als zum Antrieb von Motoren, zur Herstellung von Treibstoffen oder zum Verheizen im Steuergebiet verwendet worden sind;
3. für nachweislich im Steuergebiet versteuerte Kraftstoffe, Heizstoffe, Heizöle oder Flüssiggase, die im Steuergebiet zu einem Zweck verwendet worden sind, für den ein niedrigerer als der der Besteuerung zugrunde gelegte Steuersatz vorgesehen ist. In diesen Fällen ist nur die Steuerdifferenz zu erstatten oder zu vergüten."
Eine Erstattung der Mineralölsteuer nach § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 setzt demnach voraus, dass es sich beim Mineralöl, welches in das Steuerlager aufgenommen wird, um ein in § 2 Abs. 8 MinStG 1995 angeführtes Mineralöl oder um Mineralöl im Sinne einer nach Abs. 9 ergangenen Verordnung handelt. Ölabfälle der KN-Unterposition 2710 9900 finden sich darin nicht.
Weiters setzt § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 voraus, dass es sich um "nicht gebrauchtes" Mineralöl handelt.
Die aus dem Steuerlager der Beschwerdeführerin weggebrachten Mineralöle (Gasöl und Superbenzin) haben durch die Vermischung im Zuge des Einfüllens in den Tank der Tankstelle ihre Eigenschaft als Mineralöl im Sinne des § 2 Abs. 8 MinStG 1995 verloren. Weder das Gasöl noch das Benzin lag danach im Originalzustand vor. Es ist als mineralölsteuerrechtlich nicht mehr existent zu betrachten und somit als verwendet (gebraucht) anzusehen.
Der gegenständliche Fall ist nicht mehr mit einem bloßen Einfüllen von Mineralölen in einen Kraftstoff- oder Heizöltank, der wieder entleert werden kann, ohne dass es zu einer Änderung der Produkbeschaffenheit kommt oder gekommen ist. (vgl. hierzu auch BFH vom , VII R 43/04, Tz 11, welches als für die Annahme eines Verbrauchs entscheidend ansieht, dass das Mineralöl nach Abschluss des konkreten Verwendungsvorganges nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes mineralölsteuerrechtlich als nicht mehr existent angesehen werden soll).
Die Voraussetzungen für eine Erstattung der Mineralölsteuer nach § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 liegen daher nicht vor. Die Erstattung der für die Komponenten eines Vermischungsproduktes jeweils entrichteten Mineralölsteuer ist nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht vorgesehen. Es findet sich auch kein diesbezüglicher Erstattungstatbestand an anderer Stelle des Mineralölsteuergesetzes.
Der Hinweis auf § 21 Abs. 3a MinStG 1995, wonach die Steuerschuld für Mineralöl nicht entsteht, wenn dieses auf Grund seiner Beschaffenheit oder in Folge unvorhersehbarer Ereignisse oder höherer Gewalt vollständig zerstört oder unwiederbringlich verloren gegangen ist, geht ins Leere. Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist nicht die Entstehung oder Nichtentstehung einer Mineralölsteuerschuld, sondern die Erstattung einer durch die Verbringung aus dem Steuerlager bereits rechtmäßig entstandenen Steuerschuld. § 21 Abs. 3a MinStG 1995 ist nicht als Ergänzungstatbestand zu § 5 MinStG 1995 zu verstehen, sondern regelt die Fälle in denen unter Steueraussetzung stehende Mineralöle durch unvorhersehbarer Ereignisse oder höherer Gewalt vollständig zerstört oder unwiederbringlich verloren gegangen sind. Dass der nach Entstehung der Steuerschuld für Mineralöle durch eine Vermischung entstandene Ölabfall entsorgt werden musste, ändert daran nichts.
V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da zur Frage der Erstattung der für die Komponenten eines Vermischungsproduktes, das als Ölabfall zu qualifizieren ist, entrichteten Mineralölsteuer nach § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, war die ordentliche Revision zuzulassen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 5 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 § 2 Abs. 8 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.1200001.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at