Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.10.2015, RV/7103657/2009

Keine Änderung der Werbungskosten, wenn Änderung gem. § 295 Abs. 1 BAO durchgeführt wird.

Beachte

Revision eingebracht (Amtsrevision). Klaglosstellung (§ 289 BAO idF FVwGG) mit Beschluss vom . Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/7106121/2015 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache GH., Adresse, gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom , betreffend Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird Statt gegeben.

Der Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007 wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erzielte im streitgegenständlichen Jahr (2007) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde die Bf. zur Einkommensteuer erklärungsgemäß veranlagt. Die beantragten Werbungskosten in Höhe von € 1.737,85 wurden in Abzug gebracht.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf. die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer u.a. für das Jahr 2007 und begründete ihren Wiederaufnahmeantrag dahingehend, dass sich durch die berichtigte Erklärung betreffend Feststellung von Einkünften der Personengemeinschaft für das Jahr 2007 eine Änderung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Jahr 2007 ergebe.

Mit erließ das Finanzamt einen Änderungsbescheid gem. § 295 Abs. 1 BAO für das Jahr 2007, wonach es neben den geänderten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Werbungskosten nur mehr in Höhe des Werbungskostenpauschales ansetzte. In der Begründung führte das Finanzamt u.a. aus, die Änderung sei auf Grund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom zu St.Nr. xxx/xxxx erfolgt.

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung (Beschwerde) führte die Bf. aus, dass sie angenommen habe, die von ihr geltend gemachten Ansprüche seien Werbungskosten, die zuvor vom Finanzamt entsprechend geprüft worden seien.

Die Bf. könne sich des Eindruckes einer gewissen Schikane nicht erwehren, da sich das Finanzamt plötzlich veranlasst sehe, die bereits geprüften Ansprüche nochmals zu überprüfen.

Inhaltlich führte die Bf. zu den Werbungskosten (Arbeitskleidung) aus, dass sich zwar auf ihrer Arbeitskleidung kein Firmenemblem befinde, jedoch die Anschaffung allein und ausdrücklich aufgrund Anordnung ihres Arbeitgebers erfolgt sei. Die Bf. habe seitens ihres Arbeitgeber für die Anschaffungskosten keinen Ersatz erhalten und seien die Kleidungsstücke weder geeignet noch habe sie Interesse diese privat zu tragen. Hinsichtlich der gekauften Schuhe sei die Bf. infolge eines Trümmerbruches des rechten Knöchels auf das Tragen von einlagegerechten Schuhen angewiesen und könne sie jederzeit eine ärztliche Bestätigung beibringen.

Das Finanzamt wies mittels Berufungsvorentscheidung die Beschwerde als unbegründet ab und führte hiezu aus, dass der Bekleidungsaufwand als Werbungskosten nur dann zu berücksichtigen sei, wenn es sich um typische Berufskleidung oder Arbeitsschutzkleidung handle. Bekleidungsstücke, die üblicherweise auch außerhalb der beruflichen Tätigkeit getragen werden könne, seien keine Werbungskosten. Dies gelte auch dann, wenn die Bekleidung tatsächlich nur während der Arbeitszeit getragen worden sei oder wenn die Verwendung derartiger Kleidungsstücke im Interesse des Arbeitgebers liege oder von diesem angeordnet worden sei. Aufwendungen für die Anschaffung oder Instandhaltung bürgerlicher Kleidung seien auch dann keine Werbungskosten, wenn die Berufsausübung eine erhöhte laufende Kleiderabnutzung bedinge.

Im rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag brachte die Bf. vor, dass die von ihr als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für drei schwarze Hosen, vier Servierjacken und einer Jacke ausschließlich Bekleidungsstücke seien, die sie über Anordnung ihres Arbeitgebers angeschafft habe. Sie seien zum privaten Tragen nicht geeignet und sie würde diese auch nie privat tragen. Das Schuhwerk habe sie angeschafft, da ihr die Ausübung des Berufes ohne diesem nicht möglich sei.

Die Werbungskosten seien im ursprünglichen Verfahren bereits geprüft und ihr zuerkannt worden. Eine diesbezügliche Änderung sei nicht beantragt worden.

Sie habe den zugestandenen Freibetrag im guten Glauben empfangen und auch verbraucht, weshalb eine Rückforderung aus diesem Grunde nicht statthaft sei.

In einem ergänzenden Schriftsatz übermittelte die Bf. die Aufstellung über ihre Arbeitskleidung im Jahr 2007 und hielt fest, dass sie diese Aufstellung bereits vor dem Einkommensteuerbescheid 2007 vom vorgelegt habe und damit eindeutig und unmissverständlich sämtliche Werbungskosten vorgelegt habe.

Das Finanzamt legte die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat (nunmehr: Bundesfinanzgericht) vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 295 Abs. 1 BAO normiert: Ist ein Bescheid vom einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheid von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträgliche erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.

Im vorliegenden Fall steht unstrittig fest, dass das Finanzamt mit Bescheid vom den Bescheid vom gem. § 295 Abs. 1 BAO geändert hat und die ursprünglich im Bescheid vom berücksichtigten Werbungskosten nun im (angefochtenen) Änderungsbescheid nicht mehr berücksichtigte.

In der Literatur wird dazu folgende Meinung vertreten: Ist ein abgeleiteten Bescheiden vorgelagerter Grundlagenbescheid, insbesondere ein Bescheid über die Feststellung von Einkünften abgeändert worden, so dürfen in den nach § 295 zu erlassenden ändernden abgeleiteten Bescheiden keine über die direkten oder indirekten Auswirkungen des Anlasses für die Abänderung des Grundlagenbescheid hinausgehenden Abweichungen von früheren Bescheiden vorgenommen werden. Die nach § 295 ergehenden Bescheide sind in diesem Fall somit nicht als solche anzusehen, die an die Stelle früherer Bescheide treten, sondern als solche, die dem jeweils früheren eine andere (richtig gestellte) Fassung geben (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO 3. Auflage, § 295, Anm. 13).

Auch der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , 2006/13/0115 ausgesprochen, dass § 295 Abs. 1 BAO gewährleisten soll, dass abgeleitete Bescheide dem aktuell vorliegenden Grundlagenbescheid zu entsprechen haben. Die grundsätzliche Funktion der genannten Vorschrift besteht darin, abgeleitete Bescheide mit dem aktuellen Inhalt der zugrunde liegenden Feststellungsbescheide in Einklang zu bringen. In diesem Erkenntnis wird noch ein weiteres Erkenntnis zitiert, und zwar jenes vom , 95/13/0044, wonach im letzteren der VwGH ausgesprochen hat, dass diese Bestimmung nicht dazu dient, einen der Abgabenbehörde unterlaufenen Irrtum zu korrigieren. Das Bundesfinanzgericht schließt sich der Literaturmeinung und der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes insoweit an, wonach das Finanzamt im Zuge einer gem. § 295 Abs. 1 BAO durchgeführten Änderung den abgeleiteten Bescheid (hier: Einkommensteuerbescheid) nur mit dem Grundlagenbescheid in Einklang zu bringen hat. Eine Änderung der Höhe der beantragten Werbungskosten ist im Zuge einer gem. § 295 Abs. 1 BAO durchgeführten Änderung somit nicht rechtens.

Der Beschwerde ist daher stattzugeben und die im Bescheid vom angesetzten Werbungskosten sind der Einkommensteuerberechnung zu Grunde zu legen.

Zulässigkeit einer Revision

Eine Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen gem. Art. 133 Abs. 4 BV-G nicht vorliegen, weil die gegenständliche Entscheidung weder von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt, abhängt, noch von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, noch eine solche Rechtsprechung fehlt oder von der bisherigen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet wurde.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7103657.2009

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at