Verspäteter Antrag auf NoVA Rückerstattung (§ 201 BAO)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, gegen den Bescheid des Finanzamtes (St.Nr.: xxx) vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Festsetzung NoVA zu Recht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Am reichte der Beschwerdeführer die Erklärung über die Normverbrauchsabgabe beim zuständigen Finanzamt ein.
Darin wurde eine Normverbrauchsabgabe in Höhe von 3.775,40 € erklärt. Diese Abgabe wurde am auch tatsächlich entrichtet.
Darin enthalten war ein Malus gemäß § 6a NoVAG in Höhe von 1.156,25 €.
Mit Eingabe vom wurde ein Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Normverbrauchsabgabe gemäß § 201 BAO eingereicht.
Unter Hinweis auf das „Ioan Tatu“ werde die Rückerstattung des entrichteten Malus beantragt, da die erstmalige Zulassung des Fahrzeuges vor dem im übrigen Gemeinschaftsgebiet erfolgt sei.
Der entrichtete Malus wurde mit einem Betrag von 1.156,25 € errechnet.
Mit Zurückweisungsbescheid vom wurde die Eingabe vom betreffend Rückerstattung des Malusbetrages gemäß § 6a NoVAG zurückgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Eingabe nicht fristgereicht eingebracht worden sei. Gemäß § 201 Abs. 2 Z 2 BAO könne eine Festsetzung dann erfolgen, wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingereicht werde.
Im gegenständlichen Fall sei die Berechnung aber bereits am durchgeführt worden.
Mit Eingabe vom (eingelangt beim zuständigen Finanzamt am ) wurde Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom eingereicht.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Antrag vom beantragt hätte, die Normverbrauchsabgabe für das verfahrensgegenständliche Fahrzeug neu zu berechnen. Dieser Antrag sei in Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das mangelnde Bestehen eines Wiederaufnahmegrundes im Falle des Auffindens einer entgegen stehenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes abgewiesen worden.
Aus der Sicht des VwGH möge es nachvollziehbar erscheinen, dass auch das Hervorkommen von EuGH-Entscheidungen keine Wiederaufnahmegründe darstellen würden. Würde diese Einschätzung allerdings stimmen, dann müsste bzw. könnte der Beschwerdeführer nur ein sinngemäß gleichlautendes Verfahren vor dem EuGH einleiten, zumal ihm aufgrund er erst jetzt authentisch veröffentlichter Informationen seitens der Finanzverwaltung auch erst jetzt Einblick in den Umstand gewährt worden sei, dass die in Erfahrung gebrachten Umstände auch tatsächlich eine Auswirkung auf die österreichische Rechtslage hätten.
Wesentlich erscheine aber der Umstand, dass mit der zitierten Entscheidung über rumänisches Recht und nicht über österreichisches Recht abgesprochen worden sei. Sinngemäß sei die rumänische Abgabe der österreichischen Normverbrauchsabgabe zwar ähnlich. Die österreichische Gesetzesbestimmung sei aber nicht vor dem EuGH beurteilt oder angewandt worden. Eine Anwendung der Grundsätze der Entscheidung im österreichischen Recht hätte erstmalig durch den UFS Kärnten stattgefunden. Dementsprechend würde sich im Ergebnis die Annahme als unrichtig herausstellen, dass der Antrag verfristet sei, zumal frühestens die Entscheidung des UFS Kärnten als präjudiziell in der verfahrensgegenständlichen Frage zu betrachten sei.
Es werde respektiert, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in derartigen Fällen keine Wiederaufnahme zulassen würde.
Für den Fall, dass der UFS in diesem Sinne entscheide, werde angeregt, die Bezug habenden Bestimmungen im Zuge eines Vorabentscheidungsbegehrens an den Europäischen Gerichtshof dahingehend überprüfen zu lassen, ob die in Österreich gesetzlich festgesetzten knappen Fristen mit den Grundsätzen des Rechtes der Europäischen Union vereinbar seien.
Immerhin werde durch die enge Auslegung unterbunden, dass Entscheidungen des EuGH mit entsprechender Tragweite auch tatsächlich zum Durchbruch verholfen werde.
Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Beschwerde dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt (gemäß § 323 Abs. 38 BAO nunmehr zuständig: Bundesfinanzgericht).
Mit Schreiben vom wurde der Beschwerdeführer seitens des nunmehr zuständigen Richters von der gegenständlichen Rechtslage informiert und aufgefordert, allenfalls weitere Ausführungen nachzureichen.
Weiters wurde um Bekanntgabe ersucht, ob die Durchführung einer mündlichen Verhandlung weiterhin begehrt werde.
Mit Eingabe vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
ENTSCHEIDUNG
A) Dem Erkenntnis wurde folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Die Entscheidung basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten des Finanzamts sowie des Unabhängigen Finanzsenats abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist.
Fest steht, dass der Beschwerdeführer die strittigen NoVA-Beträge mit von ihm unterfertigter Erklärung vom bekannt gab und beim Finanzamt zur Einzahlung brachte. Außer Diskussion ist weiters, dass diese Handlung mehr als ein Jahr vor Einbringung des hier strittigen Antrages vom gesetzt wurde.
B) Rechtliche Würdigung:
1. Bescheidmäßige Festsetzung:
§ 201 BAO lautet:
(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen würden,
4. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,
2. wenn bei sinngemäßer Anwendung der §§ 303 bis 304 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Partei vorliegen würden,
3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
Der Beschwerdeführer stützte sich bei seinem "Rückerstattungs-Anbringen" auf das , "Ioan Tatu", da die erstmalige Zulassung vor dem im übrigen Gemeinschaftsgebiet erfolgte.
Wie vom Unabhängigen Finanzsenat schon festgehalten (vgl. ) ist die Normverbrauchsabgabe (NoVA) eine Selbstberechnungsabgabe (§ 1 Z 3 NoVAG), weshalb sie allgemein in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt. Da die hier zu beurteilenden NoVA-Beträge bislang noch nie bescheidmäßig festgesetzt wurden, kann eine Rückerstattung der enthaltenen Zuschläge (§ 6a NoVAG) nur im Wege einer solchen erstmaligen Festsetzung der jeweiligen Abgaben erfolgen. Diese dürfen nur unter den in § 201 BAO aufgezählten Voraussetzungen erfolgen.
Dabei sind die gesetzlichen Fristen zu beachten, wobei es unbestritten ist, dass der Antrag () mehr als ein Jahr nach Bekanntgabe der selbstberechneten Abgabenbeträge () gestellt wurde.
Da somit die Ein-Monats-Frist jedenfalls überschritten wurde und den Anträgen auch keine neuen Tatsachen und Beweismittel entnommen werden können (§ 201 Abs. 3 Z 1 und 2), besteht kein Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf die Vergütung des Zuschlages im Wege der Festsetzung der Abgabe. Erwähnt werden darf in diesem Zusammenhang, dass eine erstmalige oder geänderte Rechtsprechung keine Neuerung im Tatsachenbereich darstellt, sondern ausschließlich die rechtliche Würdigung dieses Bereiches betrifft.
Das Überschreiten der Einjahresfrist verbot dem Finanzamt darüber hinaus aber auch die Festsetzung im Ermessensweg (§ 201 Abs. 2 Z 1 und 2 BAO). Dies gilt im Übrigen nicht nur für eine Festsetzung über Antrag des Beschwerdeführers, sondern auch für eine solche Maßnahme, die das Finanzamt von Amts wegen ergreifen möchte. Das Vorliegen einer bloßen "Rechtsunsicherheit" führt nicht dazu, dass diese Fallfrist sich verlängert.
Wenngleich damit sowohl die Finanzverwaltung wie auch der Beschwerdeführer prinzipiell von der unionsrechtlichen Judikatur informiert gewesen sein können und das Bundesministerium für Finanzen seine Rechtsauslegung tatsächlich erst mit einiger Verzögerung änderte (Ende Mai 2013), kommt dem insofern keine Bedeutung zu, als die Fristen des § 201 BAO - im Gegensatz zur Wiedereinsetzungsfrist gem. § 308 BAO - verschuldensunabhängig zu berücksichtigen ist. Keine Auswirkung hat deshalb, dass die Aussagen des europäischen Höchstgerichts im "Ioan Tatu" tatsächlich schon am im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, in Österreich erstmals im Jahr 2011 besprochen (FJ 2011, 231) und erstmals im November 2012 vom Unabhängigen Finanzsenat umgesetzt wurden, indem er aussprach, dass ein 2006 in Deutschland erstmals zum Verkehr zugelassenes Fahrzeug beim Import nach Österreich im Jahr 2012 nicht der Malus-Regel unterliegt (-K/12; aufgenommen in die Findok am ). Dies alles war Großteils schon vor Ablauf der Jahresfrist bekannt.
Ergänzend ist auch noch anzuführen, dass auch eine Bescheidänderung gem. § 295a BAO nicht zulässig gewesen wäre, da ein EuGH Urteil nicht zur Anwendung dieser gesetzlichen Bestimmung führt - nur Änderungen auf der Sachverhaltsebene würden zu einer Änderung führen (vgl. ).
Es gibt grundsätzlich keine gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen - es herrscht Verfahrensautonomie der Mitgliedsstaaten.
Einschränkungen aus der Sicht des Gemeinschaftsrechtes sind daher zulässig (vgl. ).
Weiters ist auch zu erwähnen, dass es keine Verpflichtung des Bundesfinanzgerichtes gibt, ein Vorabentscheidungsersuchen einzuleiten (vgl. Art. 267 Abs. 2 AEUV).
Der Anregung in der Beschwerde, die knappen Fristen vom Europäischen Gerichtshof überprüfen zu lassen, wird demnach nicht gefolgt.
Abschließend wird hier auch auf jüngere Entscheidungen/Erkenntnisse verwiesen, welche zum selben Ergebnis wie gegenständlich geführt haben (vgl. ; ).
2. Wiederaufnahme des Verfahrens:
Gemäß § 303 Abs. 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag der Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) …
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Die hier beantragte Wiederaufnahme stützt sich im Wesentlichen auf ein , „Ioan Tatu“).
Als Tatsachen sind ausschließlich die mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängend Umstände anzusehen (vgl. ). Eine andere rechtliche Beurteilung oder eine unterschiedliche Beweiswürdigung stellen keine neuen Tatsachen dar (vgl. ; ).
Genau eine derartige neue rechtliche Beurteilung wurde aber durch das Urteil des EuGH geschaffen – stellt allerdings keinen Wiederaufnahmegrund dar. Dass von der Existenz dieses Urteils erst spät Kenntnis erlangt wurde, ändert auch nichts an dieser klaren Beurteilung – dies ist auch nicht nach dem Neuerungstatbestand ein Wiederaufnahmegrund (vgl. ).
C) Revision:
Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß oben genannter gesetzlichen Bestimmungen nicht zulässig, da dieses Erkenntnis der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht (vgl. ). Die Revision ist nicht zulässig, da die Einhaltung der Jahresfrist eine von Gesetzes wegen klare Bestimmung ist und daher diesbezüglich über keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen war.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 2 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.5101048.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at