Zuständigkeit einer österreichischen Zollbehörde zur Vorschreibung der gem. Art. 202 Abs. 1 lit.a) Zollkodex entstandenen Zollschuld für vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft gelangte Zigaretten ukrainischer Herkunft auf Grund der Feststellung des Ortes der Zollschuldentstehung iSd Art. 215 Zollkodex
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch Richter Dr. AW in der Beschwerdesache WN, Schlosser, geb. 1234, wohnhaft in XXXX, vertreten durch die Jazosch:Moser Rechtsanwälte GesbR, Bahnhofstraße 5, 4050 Traun , betreffend den Abgabenbescheid des Zollamtes Linz Wels vom , Zl.01/0001/0002 (Vorschreibung von für vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaften verbrachte Zigaretten gem. Art.202 Zollkodex entstandenem Zoll und einer Abgabenerhöhung gem.§108 Abs.1 ZollR-DG), zu Recht erkannt:
Die Beschwerde (vorm. "Berufung") vom wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das Zollamt Linz Wels hat in seinem an den Beschwerdeführer gerichteten Abgabenbescheid vom , Zl. 01/0001/0002, festgestellt, er habe im Zeitraum vom 3.10.209 bis insgesamt 1.500 Stangen aus der Ukraine stammende Zigaretten diverser Marken, welche durch namentlich unbekannte Personen anlässlich deren Einreisen in das Zollgebiet der Gemeinschaft unter Verletzung der im Art.40 Zollkodex normierten Gestellungspflicht und somit vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden seien, an sich gebracht, obwohl er zum Zeitpunkt deren Erhalts von deren vorschriftswidriger Verbringung in das Zollgebiet gewusst habe, wodurch für ihn gem. Art.202 Abs.1 lit.a) und Abs.3 3.Anstrich iVm Art.215 Zollkodex die hierauf entfallende Zollschuld von € 12.960,00 entstanden sei; als Folge dieser Zollschuldentstehung habe er außerdem gem. § 108 Abs.1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung von € 743,90 zu entrichten. Der Beschwerdeführer sei, so das Zollamt in seiner Bescheidbegründung, am vor dem Landesgericht Linz für die angegebene Zigarettenmenge wegen gewerbsmäßiger Abgabenhehlerei sowie vorsätzlicher Monopolhehlerei rechtskräftig verurteilt worden. Anhand von Ermittlungen sei festgestellt worden, dass die gegenständlichen Zigaretten auf ukrainischen Donauschiffen nach Linz verbracht worden seien. Die Menge von 1500 Stangen ergebe sich zum Einen aus den am im (in Linz nahe dem VÖEST-Gelände situierten) "Lager" des Beschwerdeführers sowie bei der Übergabe an einen Hehler beschlagnahmten 1.175 Stangen und zum Anderen aus der nachgewiesenen sonstigen Menge von 325 Stangen. Der der Zollwertberechnung zugrunde gelegte Wert von € 15,00 je Stange sei den Angaben seines Mittäters, des ukrainischen Staatsangehörigen VW, entnommen worden. Da die Tat am entdeckt worden sei und nicht ermittelt habe werden können, wann und auf welchem ukrainischen Schiff die tatgegenständlichen Zigaretten in das Gebiet der EU verbracht worden seien, seien die Einfuhrabgaben in Entsprechung des Art.202 Abs.3 iVm Art.215 Abs.1 bis 4 Zollkodex durch das Zollamt Linz Wels vorzuschreiben gewesen.
Gegen diesen Abgabenbescheid erhob der als gem. Art. 221 Abs.1, 222 Abs.1 lit.a) Zollkodex auf diese Weise zur Zahlung von Zoll und Abgabenerhöhung aufgeforderte Beschwerdeführer durch seinen Vertreter, der Jazosch:Moser Rechtsanwälte GesbR in Traun, fristgerecht am Berufung (nunmehr "Bescheidbeschwerde" iSd § 243 BAO), in der er wegen mangelhaft ermitteltem Sachverhalt und unrichtiger rechtlicher Beurteilung die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Abgabenbescheides, in eventu dessen Aufhebung unter Zurückverweisung der Angelegenheit an die erstinstanzliche Behörde zur weiteren Ermittlung, beantragte und dies im Wesentlichen wie folgt begründete:
Es entspreche zwar den Tatsachen, dass er vom Landesgericht Linz am für die betreffenden Zigaretten wegen gewerbsmäßiger Abgabenhehlerei rechtskräftig verurteilt worden sei, allerdings sei in jenem Strafverfahren auch festgestellt worden, dass die Zigaretten auf einem ukrainischen Schiff auf der Donau verfrachtet worden seien. Das Strafverfahren habe sich allerdings mit der Herkunft der Zigaretten nicht beschäftigt. Es sei also die Frage offen geblieben, ob die Zigaretten in der EU erzeugt worden seien oder ob sie per Schiff aus dem Zollausland in die EU eingebracht worden seien. Für die Beurteilung der Zollschuldentstehung sei hingegen die Frage, ob, wann und wo die tatgegenständlichen Zigaretten in das Gebiet der EU gebracht worden seien, von erheblicher Bedeutung, weil für eine die 5.000-€-Grenze übersteigende Zollschuld das tatsächliche Einfuhrland den für die Entstehung der Zollschuld maßgebenden Ort iSd Art.215 Zollkodex darstelle. Das Zollamt Linz Wels habe es gegenständlichenfalls unterlassen, der Erforschung des Einfuhrortes dienliche Ermittlungen anzustellen. Tatsächlich habe sich im gerichtlichen Strafverfahren nämlich herausgestellt, dass die betreffenden Zigaretten mit einem ukrainischen Schiff, dessen Identität den Zollbehörden bekannt sei, nach Österreich verbracht worden seien. Sollten die Zigaretten aus dem EU-Ausland stammen, sei es jedenfalls höchstwahrscheinlich, dass die betreffenden Zigaretten mit diesem Schiff in das EU-Zollgebiet verbracht worden seien. Anhand der Schiffspapiere und des Logbuches könne festgestellt werden, dass das betreffenden Schiff ohne Zwischenaufenthalt aus einem ukrainischen Hafen über die rumänische EU-Grenze in das EU-Zollgebiet eingefahren und die Zollschuld für die Zigaretten somit in Rumänien entstanden sei. Daraus folge, dass für die Vorschreibung des Zolls für diese Zigaretten das Zollamt Linz Wels nicht zuständig gewesen sei. Die zur Ermittlung der konkreten Umstände, nämlich, ob es sich tatsächlich um drittländische Zigaretten handle sowie wann und auf welchem ukrainischen Schiff die tatgegenständlichen Zigaretten in das EU-Zollgebiet gelangt seien, notwendigen verfahrensrechtlichen Schritte hätten keinen besonderen Aufwand bedurft und wären jedenfalls auf Grund deren Bedeutung in der gegenständlichen Angelegenheit zu ermitteln gewesen.
Über Vorhalt des Zollamtes Linz Wels vom , dass ihm die Identität des in Rede stehenden ukrainischen Schiffes, wie vom Beschwerdeführer behauptet, tatsächlich nícht bekannt sei, zumal aus dem Strafakt weder dessen Name noch die konkreten Zeitpunkte dessen Einfahrten in das Zollgebiet entnehmbar seien, gab der Genannte am dazu schließlich bekannt, dass die gegenständlichen Zigaretten mit dem ukrainischen Motorschiff "MJ" vom Ausgangshafen Ismail, Ukraine, über Rumänien nach Österreich verbracht worden seien, dessen Logbuch beizuschaffen nunmehr beantragt werde. Das genannte Motorschiff habe die rumänische Grenze im Einzugsgebiet des Zollamtes Tulcea überschritten und sei von den dortigen Zollbehörden auch registriert worden. Dazu werde ergänzend beantragt, im Rechtshilfeweg vom Zollamt Tulcea, Rumänien, die über die erfolgte Registrierung des genannten Donauschiffs anlässlich dessen Grenzüberschreitungen angefertigten Urkunden beizuschaffen.
In seiner Berufungsvorentscheidung vom , Zl. 0002/0003/05, wies das Zollamt Linz Wels die Berufung gem. Art.243 Zollkodex iVm § 85b Abs.3 Zollr-DG als unbegründet ab, wobei es diese (zusammengefasst) unter Verweis der Art. 202, 213 und 215 Zollkodex, der §§ 2 Abs.1, 4 Abs.2, 108 Abs.1 und 80 Abs.2 ZollR-DG sowie des § 167 Abs.2 BAO folgendermaßen begründete: Das Zollamt Linz Wels habe in Ansehung der Angaben des Haupttäters VW in der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Linz, die Zigaretten seien auf ukrainischen Schiffen auf der Donau nach Österreich verbracht worden, bereits am ein Rechtshilfeersuchen an die rumänische Zollverwaltung gerichtet, und zwar um abzuklären, ob diese für die Zollvorschreibung iSd Art.215 Zollkodex zuständig sei. Die rumänische Zollverwaltung habe sich (in ihrer Beantwortung des Rechtshilfeersuchens) unter Berufung auf den Art.215 Abs.1 Zollkodex allerdings für nicht zuständig erklärt: Der Ort der Zollschuldentstehung sei im Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung nicht bekannt gewesen, somit treffe Art.215 Abs.1 Zollkodex nicht zu. Im übrigen sei im (gerichtlichen) Strafverfahren lediglich erörtert worden, dass die Zigaretten auf der Donau, sohin auf einer internationalen Wasserstraße, aus der Ukraine nach Österreich verbracht worden seien, jedoch sei aus dem Strafakt weder ein Hinweis auf einen Schiffsnamen noch der Nachweis für die Verbringung der Zigaretten durch ein bestimmtes Schiff ersichtlich. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Beischaffung der anlässlich der Registrierung des Motorschiffs "MJ" anlässlich dessen Grenzüberschreitungen durch das rumänische Zollamt Tulcea angefertigten Urkunden werde nicht entsprochen, weil darin nicht dargelegt worden sei, welcher Beweis dafür, dass die Zigaretten mit diesem Schiff nach Österreich befördert worden seien, mit der Beischaffung der in Rede stehenden Unterlagen erbracht werden könnte. Das Zollamt stelle demgegenüber fest, dass die Einfuhrabgabenschuld für den Beschwerdeführer gem. Art.215 Abs.1 zweiter Anstrich Zollkodex in Österreich entstanden sei, weil die Waren sich in einer Lage befunden hätten, die eine Zollschuld habe entstehen lassen, und der Ort und der Zeitpunkt, an dem der Tatbestand, der die Zollschuld entstehen habe lassen, im Zeitpunkt der Abgabefestsetzung nicht feststellbar bzw. unbekannt gewesen sei. Somit sei die Zollschuldentstehung nach Art. 215 Abs.1 2.Anstrich Zollkodex gegeben und damit das Zollamt Linz Wels für die Zollschuldvorschreibung zuständig.
Nach Ergehen dieser Berufungsvorentscheidung brachte der Beschwerdeführer (durch seinen Vertreter) am rechtzeitig beim Zollamt Linz Wels eine Beschwerde gem. § 85c ZollR-DG (nunmehr "Vorlageantrag" iSd § 264 BAO) ein, in welcher er im Wesentlichen sein bisheriges Rechtsbehelfsvorbringen sowie seine Beweisanträge wiederholte. Ergänzend dazu führte er darin aus, dass, falls die tatgegenständlichen Zigaretten tatsächlich aus dem EU-Ausland widerrechtlich in das Zollgebiet eingeführt worden sein sollten, dann jedenfalls als erwiesen angenommen werden könne, dass diese auf dem (von ihm genannten) Schiff vom (ebenfalls von ihm genannten) ukrainischen Hafen aus ohne Zwischenaufenthalt bei Tulcea über die rumänische Grenze in das EU-Gebiet verbracht worden seien. Damit stehe aber fest, dass die Zollschuld im EU-Mitgliedstaat Rumänien durch Einfuhr in dieses Land entstanden sei und folge daraus weiters, dass zu deren Vorschreibung die österreichischen Zollbehörden, insbesondere das "erstinstanzliche Zollamt" nicht legitimiert gewesen sei. Durch den angefochtenen Bescheid sei sohin der Zollkodex "verletzt" worden. Dazu komme, dass die Ermittlung der konkreten Umstände, nämlich, ob es sich bei den in Rede stehenden Zigaretten tatsächlich um EU-ausländische Waren handle, und falls dies zutreffe, wann und wo diese in das Gebiet der EU eingeführt worden seien, keinen besonderen Aufwand erfordert hätten, sodass die entsprechenden Verfahrensschritte -auch wegen der besonderen Bedeutung der Sache- jedenfalls hätten gesetzt werden müssen.
Das Zollamt Linz Wels hat diese Beschwerde daraufhin zusammen mit den darauf Bezug habenden Ermittlungsakten am in Entsprechung des § 85c Abs.1 ZollR-DG dem (zum damaligen Zeitpunkt noch zuständig gewesenen) Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Da das Rechtsbehelfsverfahren am beim Unabhängigen Finanzsenat noch anhängig gewesen ist, war die Berufung vom ab dem der Bestimmung des § 323 Abs.38 BAO (i.d.Fssg. d. BGBl. I 2013/14) zufolge nunmehr vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde iSd Art.130 Abs.1 B-VG zu erledigen, wobei sich für dieses in Ansehung der ihm vorliegenden Ermittlungsergebnisse die Sach- und Rechtslage wie folgt darstellt und von ihm über die Beschwerde Nachstehendes erwogen worden ist:
Gemäß Art. 215 Abs. 1 Zollkodex erster und zweiter Anstrich entsteht die Zollschuld an dem Ort, an dem der Tatbestand, der die Zollschuld entstehen lässt, oder, wenn dieser Ort nicht bestimmt werden kann, an dem Ort, an dem die Zollbehörden feststellen, dass die Ware sich in einer Lage befindet, die eine Zollschuld hat entstehen lassen. Können die Zollbehörden aus ihnen bekannten Umständen schließen, dass die Zollschuld bereits entstanden war, als sich die Ware noch an einem anderen Ort befand, so gilt gemäß Abs. 2 leg. cit. die Zollschuld als an dem Ort entstanden, an dem sich die Ware aufgrund der Feststellungen zu dem am weitesten zurückliegenden Zeitpunkt, für den das Bestehen der Zollschuld nachgewiesen werden kann, befand. Stellt eine Zollbehörde fest, dass eine Zollschuld gemäß Art. 202 Zollkodex in einem anderen Mitgliedstaat entstanden ist, so gilt die Zollschuld gemäß Art.215 Abs. 4 Zollkodex, sofern sie weniger als 5.000,00 € beträgt, als in dem Mitgliedstaat entstanden, in dem ihre Entstehung festgestellt wurde.
Tathandlung zur Begründung einer Einfuhrzollschuld nach Art. 202 Abs. 1 lit.a) Zollkodex ist dabei das vorschriftswidrige Verbringen von Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft. Es geht dabei um objektives Fehlverhalten beim Verbringen in das Zollgebiet, Vorstellungen oder Verschulden des bzw. der Handelnden sind unerheblich. Gemäß Art. 202 Abs. 3 erster Gedankenstrich Zollkodex werden der Handelnde, der Schmuggler, der Täter Zollschuldner; das tatsächliche Befördern ist entscheidend, auf die rechtliche Beziehung zur Ware kommt es nicht an. Gestellungs- und mitteilungspflichtig sind alle Personen, die die Herrschaft über das Beförderungsmittel im Zeitpunkt der Verbringung haben, wie beispielsweise der Fahrer eines LKW oder der Kapitän eines Schiffes, sein Beifahrer bzw. der Steuermann, und zwar diese Personen selbst dann, wenn sie nicht wissen oder nicht wissen können, dass Ware im Beförderungsmittel versteckt ist, weil diese Personen ordnungsgemäß verbringen müssen. Aber auch jede andere sich im Fahrzeug bzw. Schiff befindliche Person wird Zollschuldner, wenn sie nachweislich hinsichtlich der Verbringung die Verantwortung trägt.
Der Ort der Zollschuldentstehung hat Auswirkungen vor allem im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit für die Abgabenerhebung (Art.215 Abs.3 Zollkodex). Es geht dabei um die Zollbehörden des Mitgliedstaates, die die Abgabenerhebung vorzunehmen haben. Da die Art. 202, 215 Abs. 1 und 3 Zollkodex dahin auszulegen sind, dass die Behörden des Mitgliedstaats, der an der Außengrenze der Gemeinschaft gelegen ist, über welche Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sind, für die Erhebung der Zölle zuständig sind, auch wenn diese Waren später in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden sind, wo sie entdeckt und dann beschlagnahmt worden sind, ist- und zwar in jedem Stadium des Verfahrens- sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Abgabenbehörden von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. Zl. 93/16/0001).
Wie bereits oben dargetan, entsteht im Grunde des Art. 215 Zollkodex die Zollschuld grundsätzlich dort, wo der Tatbestand verwirklicht worden ist. Ist dieser Ort nicht bestimmbar, entsteht die Zollschuld an dem Ort, an dem die Zollbehörden feststellen, dass für eine Ware eine Zollschuld entstanden sein muss. Können die Zollbehörden aus ihnen bekannten Umständen schließen, dass die Zollschuld bereits entstanden war, als sich die Ware noch an einem anderen Ort befand, so gilt die Zollschuld als an dem Ort entstanden, an dem sich die Ware aufgrund der Feststellungen zu dem am weitesten zurückliegenden Zeitpunkt, für den das Bestehen der Zollschuld nachgewiesen werden kann, befand.
Die Fiktion des Art. 215 Abs. 4 Zollkodex bedeutet hingegen, dass immer dann, wenn eine Zollschuld gemäß Art. 202 Zollkodex entstanden ist und der Betrag an Zöllen (im eigentlichen Sinne) unter 5.000,00 € liegt, derjenige Mitgliedstaat zur Erhebung zuständig ist, der die Entstehung feststellt. (Durch diese Bestimmung wird die Erhebung von Zollschulden, die in einem anderen Mitgliedstaat entstanden sind, vereinfacht. Die Vereinfachung ist allerdings auf den Zollschuldtatbestand des vorschriftswidrigen Verbringens (Art. 202 Zollkodex, vor allem auf Fälle des Einfuhrschmuggels) beschränkt. Auch kann sie nur auf Zollschulden angewendet werden, deren Einfuhrabgabenbetrag (Zölle im eigentlichen Sinne) unter 5.000,00 € liegt.)
Im gegenständlichen Fall war dem Beschwerdeführer insofern beizupflichten, als er behauptet hat, es sei von Relevanz, dass festgestellt werde, ob und zutreffendenfalls wo die in Rede stehenden Zigaretten vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft gelangt sind, zumal hievon die Zuständigkeit des jeweiligen Mitgliedstaates der EU (sowie der Zollbehörde dieses Mitgliedstaates) für die Einhebung der (gem. Art.202 Zollkodex) entstandenen Zollschuld abhängt.
Nach der Aktenlage trifft es dabei zu, dass im Zeitraum zwischen Tatentdeckungszeitpunkt (= ) und dem Zeitpunkt der (erstinstanzlichen) Vorschreibung des Zolls für die in Rede stehenden (insgesamt 1500 Stangen) Zigaretten durch das Zollamt Linz Wels (= ) an ihn mangels geeigneter Anhaltspunkte nicht ermittelt werden konnte, wann und auf welchem ukrainischen Schiff diese in die EU verbracht worden sind. Jedoch hat der Beschwerdeführer mittlerweile, und zwar in seiner schriftlichen Vorhaltsbeantwortung vom , angegeben, die betreffenden Zigaretten seien im Zeitraum vom bis mit dem ukrainischen Motorschiff "MJ" vom ukrainischen Hafen Ismail über das rumänische Einfuhrzollamt Tulcea auf der Donau in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht, in Linz aus dem Schiff ausgeladen und daraufhin in das u.a. von ihm betriebene illegale "Lager" beim VÖEST-Gelände gebracht worden. Dazu hat der Beschwerdeführer angeregt, die Zollbehörde solle in die Logbücher des von ihm genannten Schiffs Einsicht nehmen oder im Rechtshilfeweg das rumänische Grenzzollamt Tulcea kontaktieren, über welches das Schiff in das Zollgebiet der EU eingefahren und dabei auch registriert worden sei.
Über Veranlassung des Bundesfinanzgerichts (iSd § 269 Abs.2 BAO) hat daraufhin das Zollamt Linz Wels an die zuständige Stelle der rumänischen Zollbehörde (im Rechtshilfeweg) am ein entsprechendes Auskunftsersuchen gerichtet, in dem zur Klärung der Zuständigkeit der beschwerdegegenständlichen Zollvorschreibung um Feststellung, ob bzw. wie oft das ukrainische Motorschiff "MJ" im Zeitraum vom bis über das Zollamt Tulcea in das Zollgebiet der EU eingefahren ist, sowie um Übermittlung der diesbezüglich relevanten Daten, Aufzeichnungen, Dokumente, Bordaufzeichnungen und Logbücher des in Rede stehenden Schiffs ersucht wurde.
Die ersuchte rumänische Zollbehörde hat dazu dem (ersuchenden) Zollamt Linz Wels am mitgeteilt, dass das betreffende ukrainische Motorschiff im genannten Zeitraum beim Zollamt Tulcea nicht registriert worden ist. Über dieses Ermittlungsergebnis ist das Bundesfinanzgericht schließlich am durch das Zollamt Linz Wels in Kenntnis gesetzt worden.
Das Bundesfinanzgericht hat daraufhin am in einem -hinsichtlich der Sach- und Rechtslage- umfassenden Parteivorhalt den Beschwerdeführer (zu Handen dessen ausgewiesenen Vertreters) in Entsprechung der §§ 269 Abs.1, 119, 161, 115 Abs.2 und 183 Abs.4 BAO über dieses Ergebnis der (ergänzenden) Sachverhaltsermittlungen in Kenntnis gesetzt und ihn bei dieser Gelegenheit eingeladen, sich bis zum hiezu zu äußern.
Allerdings ist bis heute beim Bundesfinanzgericht keine vom Beschwerdeführer (bzw. dessen Vertreter) stammende Stellungnahme zu den Ausführungen des in Rede stehenden Parteivorhaltes eingelangt, sodass das Bundesfinanzgericht nunmehr über das Beschwerdevorbringen schließlich lediglich anhand der ihm bislang vorliegenden Ermittlungsergebnisse entscheiden konnte.
Diesbezüglich ist das Bundesfinanzgericht von folgenden Erwägungen ausgegangen:
Die Behauptung des Beschwerdeführers, die in Rede stehenden Zigaretten (insges. 1.500 Stangen) seien in der Zeit von Oktober 2009 bis Anfang August 2010 mit dem ukrainischen Motorschiff "MJ" auf der Donau über das rumänische Einreisezollamt Tulcea in das Zollgebiet der EU eingeschmuggelt worden, hat sich als nicht richtig erwiesen, weil laut Mitteilung der rumänischen Zollverwaltung das erwähnte Schiff in diesem Zeitraum nicht über das genannte Zollamt in die EU eingefahren ist. Damit erübrigt sich auch die vom Beschwerdeführer angeregte Einsichtnahme in dessen Logbücher, weil daraus mit Sicherheit kein anderes Ermittlungsergebnis gewonnen werden kann.
Es kann weiters nach den (dem Bundesfinanzgericht zur Verfügung stehenden) Aktenunterlagen, sohin nach der derzeitigen Beweislage, vom Bundesfinanzgericht ebenfalls weder der Ort noch der genaue Zeitpunkt der Verbringung der (beschwerdegegenständlichen) offensichtlich drittländischen Zigaretten in das Zollgebiet der EU eruiert werden, sodass aus diesem Grund hier die Zuständigkeitsbestimmung des Art.215 Abs.1 erster Anstrich Zollkodex nicht "greift" (d.h. zur Anwendung gelangen kann), sondern- wie dies auch das Zollamt Linz Wels in seiner Berufungsvorentscheidung vom , Zl. 0002/0003/05, bereits zum Ausdruck gebracht hat- sich im vorliegenden Fall die Zuständigkeit des Zollamtes Linz Wels, also der österreichischen Zollverwaltung, in Bezug auf die Zollvorschreibung für die in Rede stehenden 1.500 Stangen Zigaretten aus dem zweiten Anstrich des Art.215 Abs.1 Zollkodex ergibt, wonach die Zollschuld an dem Ort entsteht, an dem die Zollbehörden feststellen, dass sich die Ware in einer Lage befindet, die eine Zollschuld entstehen hat lassen. Dieser Ort ist nach dem festgestellten Sachverhalt eindeutig Linz, wo Organe des Zollamtes Linz Wels erhoben haben, dass zu einem -allerdings im vorliegenden Fall mangels geeigneter Anhaltspunkte nicht näher bestimmbaren- Zeitpunkt im Zeitraum von Oktober 2009 bis Anfang August 2010 für die betreffenden drittländischen Zigaretten eine -sich auf Art.202 Abs.1 lit.a) Zollkodex gründende- Zollschuld entstanden ist.
Aber selbst wenn die in Ansehung der Sach-und Beweislage nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts hier anzuwendende Zuständigkeitsregel des Art.215 Abs.1 zweiter Anstrich Zollkodex nicht zuträfe, würde sich dennoch allenfalls die Zuständigkeit des Zollamtes Linz Wels hinsichtlich der Zollvorschreibung ergeben, und zwar diesbezüglich aus Art. 215 Abs.4 Zollkodex: Denn insbesondere die Tatsache, dass laut den (durch Organe des Zollamtes Linz Wels sichergestellten) Aufzeichnungen des Mitangeklagten des Beschwerdeführers im Finanzstrafverfahren vor dem Landesgericht Linz, des ukrainischen Staatsangehörigen VW, der Genannte im oberwähnten Zeitraum mehrere -laut Auswertung dessen vorgefundener Aufzeichnungen mindestens drei- "Lieferungen" illegal eingeführter Zigaretten erhalten hat, die er in Zusammenwirken mit dem Beschwerdeführer in das vorerwähnte "Lager" verbracht hat, um es dort bis zur jeweiligen Übergabe an Hehler quasi "zwischenzulagern" (wodurch dieses "Zigarettenlager" offenbar auch tatsächlich immer wieder mit vorschriftswidrig in das Zollgebiet gelangten drittländischen Zigaretten "aufgefüllt" worden ist), lässt den Schluss zu, dass die in Rede stehende Zigarettenmenge nicht anlässlich einer einzigen Einfahrt eines Donauschiffs in die EU, sondern im genannten Zeitraum in mehrmaligen Einreisen unbekannt gebliebener Personen in das EU-Zollgebiet (auf dem Land- oder Wasserweg) eingeschmuggelt worden sind. Da die insgesamt 1.500 Stangen Zigaretten drittländischer Herkunft, auf welche die beschwerdegegenständliche Zollschuld von zusammen € 12.960,00 entfällt, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in mehreren "Teillieferungen" in das Zollgebiet eingeschmuggelt worden sind, würde sich bei den (festgestellten) mindestens 3 derartigen "Teillieferungen" (mit -nach allgemeiner Lebenserfahrung erschließbarem- jeweils annähernd demselben "Lieferumfang") ergeben, dass auf jede dieser "Teillieferung" (= Tathandlung iSd Art.202 Abs.1 lit.a) Zollkodex) eine Zollschuld von jeweils unter € 5.000,00 entfiele, was zur Folge hätte, dass dann jedenfalls die Zollschuld als in Österreich, also in dem Mitgliedsstaat, in dem laut Aktenlage deren Entstehung festgestellt worden ist, entstanden gälte und sohin das Zollamt Linz Wels zu deren Erhebung (welche im vorliegenden Fall -lediglich zusammengefasst- in einem einzigen sog. "Sammelbescheid" (siehe dazu Ritz, BAO, Tz. 31 zu § 93, u. Tz. 8 zu § 198) erfolgt wäre) zuständig wäre.
Dem weiteren Einwand des Beschwerdeführers, dass bei den tatgegenständlichen Zigaretten nicht einmal feststehe, dass es sich dabei um solche ukrainischer (und somit drittländischer) Herkunft handle, ist entgegenzuhalten:
Sämtliche sichergestellten ausländischen unverzollten Zigaretten wiesen kyrillische Aufschriften auf. Bei den Zigaretten der Marken "Marlboro" und "Chesterfield" waren an der Stirnseite der Zigarettenstangen Nummerncodes angebracht, welche mit dem Ländercode "UA" (für "Ukraine") beginnen, sodass -auch nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts- auf Grund dieser Indizien davon ausgegangen werden kann, dass sämtliche der beschwerdegegenständlichen Zigaretten aus der Ukraine, also aus einem "Drittland" (siehe dazu Witte, Zollkodex, Tz. 6 zu Art.1, u. "Zoll-ABC" zu Art.4), stammen. Außerdem steht laut Protokollsvermerk (und gekürzter Urteilsausfertigung) des Landesgerichts Linz vom , 01Hv002/00x, fest, dass der Beschwerdeführer auf Grund des im Zeitraum von Oktober 2009 bis stattgefundenen Ansichbringens eingangsabgabenpflichtiger Waren ausländischer Herkunft, nämlich der in Rede stehenden 1.500 Stangen drittländischer Filterzigaretten im Gesamtwert von € 22.500,00 mit einem darauf lastendem Zoll iHv € 12.960,00, hinsichtlich welcher von namentlich nicht bekannten Personen das Finanzvergehen des Schmuggels begangen worden war, rechtskräftig u.a. wegen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs.1 lit.a) FinStrG verurteilt wurde. In diesem den Beschwerdeführer (als Verurteilten) betreffenden (rechtskräftigen) Urteil wird die drittländische Herkunft der in Rede stehenden Zigaretten eindeutig und ausdrücklich festgestellt; d.h. es wird darin explizit ausgesprochen, dass es sich bei diesen um solche handelt, welche aus einem Land außerhalb des Zollgebiets der EU (= Drittland) stammen. Der Bestimmung des § 116 Abs.2 BAO zufolge besteht eine Bindung an diese Sachverhaltsfeststellung, weil in dem erwähnten gerichtlichen Verfahren (vor dem Landesgericht Linz) bei der Sachverhaltsermittlung von Amts wegen vorzugehen war (siehe dazu auch Ritz, BAO, Tz. 14 zu § 116).
Der Vollständigkeit halber hält das Bundesfinanzgericht in diesem Zusammenhang noch ergänzend fest: Dem Vorbringen des Beschwerdeführers in dessen Eingabe an das Zollamt Linz Wels vom , das Strafverfahren habe sich mit der Frage, woher die tatgegenständlichen Zigaretten stammen, gar nicht beschäftigt, bzw. sei die Frage, ob die Zigaretten im EU-Gebiet erzeugt worden seien oder ob sie mit dem genannten ukrainischen Schiff aus dem Zollausland in die EU eingebracht worden seien, für die finanzstrafrechtliche Beurteilung irrelevant und sei dies daher vom Strafgericht auch nicht erörtert bzw. seien hiezu keine Feststellung getroffen worden, ist zu widersprechen bzw. stellt sich dieses Vorbringen als nicht stichhaltig bzw. sogar aktenwidrig heraus: Das Landesgericht Linz hat in seinem Urteil vom nämlich -wie oben bereits dargetan- sehr wohl eindeutig und unmissverständlich ausgesprochen, dass es sich bei den in Rede stehenden Zigaretten um solche drittländischer Herkunft handelt und hat sich allein schon dadurch, dass es den Beschwerdeführer wegen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs.1 FinStrG verurteilt hat, wobei es den auf die Zigaretten entfallenden Zoll in die Strafbemessungsgrundlage iSd § 37 Abs.2 FinStrG einbezogen hat, mit der Frage, wo diese erzeugt wurden, sehr wohl zu beschäftigen gehabt. Davon, dass das Strafgericht zu dieser Frage keine Feststellungen getroffen habe, kann also keine Rede sein.
Zusammenfassend ist somit festzustellen: Der bekämpfte Abgabenbescheid des Zollamtes Linz Wels erweist sich im Ergebnis als nicht rechtswidrig, und zwar sowohl was die vom Beschwerdeführer bezweifelte Zuständigkeit der ihn erlassenden österreichischen Zollbehörde betrifft als auch -in Bezug auf den darin festgestellten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach- seinem Inhalt nach.
Es war daher über die Beschwerde spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall waren keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen. Das Bundesfinanzgericht folgte in rechtlicher Hinsicht der in seiner Entscheidung dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur. Darüber hinaus waren lediglich einzelfallbezogene Sachverhaltsfragen in freier Beweiswürdigung zu beurteilen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 215 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 215 Abs. 4 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 202 Abs. 1 lit. a ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 202 Abs. 3 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 § 269 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 161 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 115 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 183 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 116 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 37 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 Art. 215 Abs. 3 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.5200090.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at