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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.08.2015, RV/2100656/2015

Energieabgabenvergütung Jänner 2011

Beachte

Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2015/15/0043. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache GmbH, vertreten durch Wesonig & Partner Steuerberatungs-GmbH, Augustinerplatz 3, 8280 Fürstenfeld, gegen die Bescheide des Finanzamt Oststeiermark vom ,  betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens und den damit verbundenen Sachbescheid betreffend Energieabgabenvergütung 2011 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens wird abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid betreffend Energieabgabenvergütung 2011 wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes abgeändert.

Die Energieabgabenvergütung wird antragsgemäß mit Euro festgesetzt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin, Bf. betreibt eine Dienstleistungsunternehmung .

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Überprüfung wurde hinsichtlich der Energieabgabenvergütung 2011 Folgendes festgestellt:

„Bei der Berechnung des Nettoproduktionswertes wurden Zinserträge bzw. Erträge aus Wertpapieren nicht berücksichtigt bzw. der Aufwand aus Kilometergeldern als Vorleistung miteinbezogen. Zudem führt die AP aus, dass vergütungsfähig nur jene Energieabgaben sind, die tatsächlich zum entrichtet wurden. ln die Berechnungsgrundlagen 2011 wurden jedoch Energieabgaben (Elektrizitätsabgaben) iHv. € 10 bzw. € 5 miteinbezogen, die bis zu diesem Stichtag noch nicht bezahlt waren.“

Das Finanzamt nahm das Verfahren wieder auf, errechnete den Nettoproduktionswert neu und reduzierte die Energieabgabenvergütung um insgesamt 15 Euro.

In der gegen die Wiederaufnahme und den damit verbundenen Festsetzungsbescheid eingebrachten Beschwerde beantragte die Bf. die Energieabgaben, die den Monat Januar 2011 betrafen, aber zum noch nicht bezahlt waren ( € 10 bzw. € 5) in die Vergütung miteinzubeziehen. Dies deshalb, weil das Gesetz nur auf die Entrichtung an sich und nicht die periodengenaue Entrichtung abstelle, das Abstellen auf einen Entrichtungszeitraum zu willkürlichen Ergebnissen führen könnte wenn der gesamte Jahresbetrag in einem Monat entrichtet würde und es bei Vorauszahlungen so unter Umständen zu gar keiner Vergütung kommen könnte.

Die Abweisung der Beschwerde begründete das Finanzamt lediglich damit, dass es ausschließlich auf die Entrichtung ankäme.

Im Vorlageantrag wiederholte die Bf. im Wesentlichen ihr Vorbringen in der Beschwerde.

Auf eine Anfrage des BFG hin erläuterte der Prüfer, dass es sich bei den strittigen Energieabgaben um die auf elektrischen Strom entfallende Elektrizitätsabgabe handle und dass diese im Februar 2011 gegenüber dem Lieferanten entrichtet worden sei.

Rechtslage

Bundesabgabenordnung

§ 303 (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Energieabgabenvergütungsgesetz BGBl 201/1996 idF BGBl 111/2010

§ 1 (1) Die entrichteten Energieabgaben auf die in Abs. 3 genannten Energieträger sind für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,5 % des Unterschiedsbetrages zwischen

1. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 und

2. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden, übersteigen (Nettoproduktionswert).

(…)

§ 2 (1) Ein Anspruch auf Vergütung besteht nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.

(2) 1. Über Antrag des Vergütungsberechtigten wird je Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) der Betrag vergütet, der den in § 1 genannten Anteil am Nettoproduktionswert übersteigt. Der Antrag hat die im Betrieb verbrauchte Menge an den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern und die in § 1 genannten Beträge zu enthalten. Er ist spätestens bis zum Ablauf von fünf Jahren ab Vorliegen der Voraussetzungen für die Vergütung zu stellen. Der Antrag gilt als Steuererklärung. Der Antrag ist mit Bescheid zu erledigen und hat den Vergütungsbetrag in einer Summe auszuweisen.

2. Bei der Berechnung des Vergütungsbetrages (…)

Der Vergütungsbetrag wird abzüglich eines allgemeinen Selbstbehaltes von 400 € gutgeschrieben.

3. Betriebe, die im vorangegangenen Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) einen Anspruch auf Energieabgabenvergütung geltend gemacht haben, können nach Ablauf von sechs Monaten nach Beginn des folgenden Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) einen Antrag auf Vergütung von 5 % der Vergütungssumme des vorangegangenen Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) stellen. Der entsprechende Betrag wird bei der Vergütung für das gesamte Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) abgezogen. (…)

§ 4 (7) Die §§ 2 und 3, jeweils in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, sind vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem beziehen.

Das BFG hat erwogen:

1. Zur Wiederaufnahme

Im Beschwerdefall wurde dem Finanzamt im Zuge einer abgabenbehördlichen Überprüfung erstmals bekannt, dass bei der Ermittlung des Nettoproduktionswertes Zinserträge nicht berücksichtigt wurden bzw. Aufwand aus Kilometergeldern als Vorleistungen berücksichtigt wurde. Bereits durch diese neuen Tatsachen und die damit einhergehende Neuberechnung des Nettoproduktionswertes musste es zu einem anderslautenden Bescheid kommen. Damit sind die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO erfüllt.

2. Zur Höhe der Energieabgabenvergütung

Der Verwaltungsgerichthof hat mit Erkenntnis vom , 2012/17/0175 (und vielen weiteren Erkenntnissen vom (2012/17/0317; 2012/17/0316; 2012/17/0361; 2012/17/0362; 2012/17/0327; 2012/17/0315; 2012/17/0323; 2012/17/0329; 2012/17/0324; 2012/17/0289; 2012/17/0328; 2012/17/0290; 2012/17/0288; 2012/17/0313; 2012/17/0312 und 2012/17/0363) entschieden, dass es sowohl aus der Wortinterpretation wie auch aus dem historischen Willen des Gesetzgebers eindeutig ableitbar ist, dass die in BGBl 111/2010 normierte Neuregelung des § 2 EAVG (Einschränkung auf Produktionsbetriebe) nur dann gelten sollte, wenn ein positiver Entscheid der Europäischen Kommission vorliegt; in Ermangelung eines solchen sollte die bisherige Regelung - also eine Energieabgabenvergütung auch für Dienstleistungsbetriebe - fortbestehen. Für den Monat Jänner 2011 liegt die vom Gesetzgeber für das Inkrafttreten vorausgesetzte Genehmigung jedenfalls nicht vor. Es spielt dabei keine Rolle, ob nach unionsrechtlichen Vorschriften, wie etwa nach der AGVO, nur eine Information der Kommission erforderlich ist, hat doch nach dem eben Gesagten der österreichische Gesetzgeber die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 2 Abs. 1 EAVG in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2011 eindeutig von einem positiven Entscheid der Kommission abhängig gemacht, ein solcher ist jedoch für den Zeitraum bis zum wegen der erst nach dem erfolgten Anzeige nicht gegeben. Darüber hinaus liegen auch die unionsrechtlichen Voraussetzungen im Hinblick auf die erst für den Zeitraum ab dem erfolgte Anzeige nach der AGVO nicht vor.

Damit steht der Bf. – wie auch vom Finanzamt nicht bestritten – für den Zeitraum Jänner 2011 die Energieabgabenvergütung grundsätzlich zu.

Streit besteht im Beschwerdefall jedoch darüber, wie der auf das Monat Jänner 2011 entfallende Betrag zu berechnen ist; ob nämlich nur der bis entrichtete Betrag oder der für den Kalendermonat Jänner 2011 entrichtete Betrag zu erfassen ist.

Das ENAVG regelt die Vergütung der auf die in § 1 Abs. 3 aufgezählten Energieträger entfallenden Energieabgaben dergestalt, dass jeweils für ein volles Kalender- bzw. Wirtschaftsjahr entrichtete Energieabgaben vergütet werden, enthält aber keine Bestimmung für "Rumpf"-Kalender- bzw. "Rumpf"-Wirtschaftsjahre, somit für nicht volle 12 Monate umfassende Zeiträume.

Der VwGH hatte sich diesbezüglich bereits mit Einführung der Energieabgabenvergütung im Jahr 1996 mit der Vorgehensweise im Falle eines Rumpfwirtschaftsjahres auseinander zu setzen. Mit Erkenntnis vom , 97/17/0306 hat der VwGH ausgesprochen, dass sich aus der Art der Berechnung der Energieabgabenvergütung ("Übersteigen" der Energieabgaben für ein "Kalenderjahr") für volle Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) bei der Berechnung der Energieabgabenvergütung für ein "Rumpf"-Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) - bei der wegen Fehlens einer Regelung gebotenen systematisch-teleologischen Interpretation -, ergibt, dass Energieabgabenschuldigkeiten und Nettoproduktionswerte gleicher Zeiträume gegenüberzustellen sind.

§ 5 Elektrizitätsabgabegesetz, BGBl 201/1996 sieht vor, dass die Elektrizitätsabgabe für die im Kalendermonat gelieferte oder verbrauchte bzw. weitergeleitete Menge elektrischer Energie zu berechnen und zu entrichten ist. Soweit der VwGH von Energieabgabenschuldigkeiten spricht kann er wohl nur die für die einzelnen Zeiträume entstandenen Energieabgabenschuldigkeiten meinen.

Dementsprechend hat auch der entschieden, dass für die Berechnung des Vergütungsbetrages die entstandenen Energieabgabenschuldigkeiten und der Nettoproduktionswert gleicher Zeiträume oder die entstandenen Energieabgabenschuldigkeiten und die sich aus dem tatsächlichen Verbrauch der jeweiligen Energieträger in diesen Zeiträumen errechnenden Mindestselbsthalte heranzuziehen sind. In der Berufungsentscheidung vom , RV/1437-W/12 (vom VwGH mit Erkenntnis vom , 2013/15/0041 bestätigt) hat der UFS die Energieabgabe anhand der im Jänner 2011 verbrauchten Energie berechnet, wobei die Berechnung allerdings nicht strittig war.

Aus diesen Entscheidungen bzw. einer systematischen Interpretation des Gesetztes ergibt sich, dass dem § 1 EAVG, der von entrichteten Energieabgaben spricht, in Bezug auf die Zuordnung der Energieabgaben zum Monat Jänner 2011 nur insoweit Bedeutung zukommt, als eine Vergütung nur dann zulässig ist, wenn die zu vergütenden Abgaben überhaupt entrichtet wurden. Wesentlich für die Berechnung der Vergütung für den Monat Jänner 2011 sind der Nettoproduktionswert des Monats Jänner 2011 und die auf die im Jänner 2011 verbrauchte Energie entfallenden Abgaben. Da die Bf. die strittigen, auf den Verbrauch im Kalendermonat Jänner 2011 entfallenden Energieabgaben im Februar bezahlt hat, war der Beschwerde insoweit Folge zu geben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, weil zur Rechtsfrage, nach welchen Grundsätzen die Zuordnung von entrichteten Energieabgaben zu erfolgen hat, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes fehlt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100656.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at