Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.07.2015, RV/5101034/2015

Motorschaden bei Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstätte durch Pendlerpauschale abgegolten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Michael Mandlmayr in der Beschwerdesache Bf , gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014

zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der bekämpfte Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) machte in der am mit FinanzOnline beim Finanzamt eingebrachten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 unter der Kennzahl 724 sonstige Werbungskosten in Höhe von 2.600,00 € geltend.

Über Aufforderung des Finanzamtes legte der Bf mit Schriftsatz vom Bestätigungen des ÖAMTC vom betreffend Pannenhilfe und Abschleppung am 07:27 mit dem Einsatzort L , sowie Ablichtungen des Zulassungsscheines und des Kaufvertrages vom betreffend einen Gebrauchtwagen vor und erläuterte die geltend gemachten Werbungskosten Im Wesentlichen sinngemäß wie folgt:

Der Bf sei beim Amt in M beschäftigt. Am sei er mit seinem Privat-PKW, Type Diesel, Kennzeichen 4711 , vom Wohnort W zu seiner Dienststelle nach M unterwegs gewesen, weil er an diesem Tag einen Dienst von 07.00 bis 20.00 Uhr zu verrichten hatte. Gegen 06.30 Uhr im Gemeindegebiet von L habe der Bf plötzlich sehr laute Klopfgeräusche aus dem Motorraum wahrgenommen und sofort seine Fahrt unterbrochen.

Der verständigte ÖAMTC-Pannendienst habe den Schaden vor Ort nicht beheben können, weshalb das Fahrzeug zur Werkstätte des Bf abgeschleppt worden sei.

In der Werkstätte sei ein größerer Motorschaden (Zylinderkopf, Ventile) festgestellt worden. Eine Reparatur hätte sich auf 3.000,00 bis 4.000,00 € belaufen, was einem wirtschaftlichen Totalschaden des Fahrzeuges entsprochen hätte, weil der Wagen zu diesem Zeitpunkt lt. EUROTAX-Liste nur mehr 5.100,00 € wert gewesen sei (Händlereinkauf). Der Bf habe sich daher zur Anschaffung eines Gebrauchtwagens entschlossen. Der defekte PKW sei dabei von der Werkstätte für einen Betrag 2.500,00 € in Zahlung genommen worden.
Dem Bf sei daher ein effektiver Schaden von 2.600,00 € entstanden.
Auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 2009/13/0015, RdW 2/2013, 98f), wonach Reparaturkosten, Kaskoselbstbehalt, etc. bei Fahrten mit Privat-PKW vom und zum Dienstort steuerlich geltend gemacht werden können, werde hingewiesen.

Aus der angeschlossenen Kopie des Zulassungsscheines ist ersichtlich, dass die Erstzulassung des PKW Type Diesel auf den Bf im April 2008 erfolgt ist.

Mit Bescheid vom veranlagte das Finanzamt den Bf mit einem Einkommen von 36.094,14 € zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014, wobei es von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit laut übermitteltem Lohnzettel in Höhe von 37.532,55 € (Pendlerpauschale von 3.672,00 € bereits berücksichtigt) ausging und davon mit folgender Begründung nur den Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von 132,00 € abzog:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind auch die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Fahrten zwischen Wohnung u. Arbeitsstätte. Diese Aufwendungen werden durch die Regelungen im § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a bis c EStG pauschaliert abgegolten. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach lit. b und lit. c leg. cit. sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Zusätzlich zu den Sätzen des § 26 Z 4 lit. a EStG 1988 können Schäden auf Grund höherer Gewalt (insbesondere Reparaturaufwand nach Unfall oder Steinschlag), die sich im Rahmen der beruflichen Verwendung des Fahrzeuges ereignen, als Werbungskosten geltend gemacht werden, soweit der Schaden nicht durch eine Versicherung gedeckt ist. Laut den eingereichten Unterlagen machen Sie jedoch die Kosten eines Motorschadens i.H. von 2.600,00 € geltend. Es handelt sich daher um eine reine Verschleißerscheinung des Fahrzeuges (Baujahr 2008) und damit gemäß § 20 EStG um nichtabzugsfähige Aufwendungen der privaten Lebensführung.

Mit Schriftsatz vom erhob Bf Beschwerdegegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom und beantragte sinngemäß im Wesentlichen mit folgender Begründung den ihm effektiv entstandenen Schaden von 2.600,00 € als Werbungskosten zu berücksichtigen:

Die Anschaffung eines Gebrauchtwagens und Hingabe des defekten PKW für einen Betrag von 2.500,00·€ sei für den Bf die günstigere Variante gewesen, weil eine Reparatur auch keine Wertsteigerung des PKWs erbracht hätte.
Der dem Bf effektiv entstandene Schaden von 2.600,00 € sei durch keine Versicherung oder eine entsprechende Garantie gedeckt gewesen.
Nach dem bekämpften Bescheid könnten Schäden auf Grund höherer Gewalt (insbesondere Reparaturkosten nach Unfall oder Steinschlag), die sich im Rahmen der beruflichen Verwendung des Fahrzeuges ereignen, als Werbungskosten geltend gemacht werden, soweit der Schaden nicht durch eine Versicherung gedeckt ist.
Der Bf habe diese Zusatzkosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988 bei der Arbeitnehmerveranlagung 2014 als Werbungskosten geltend gemacht, weil es sich seines Erachtens eindeutig um eine Aufwendung im Zusammenhang mit einer beruflich veranlassten Fahrt gehandelt habe und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht zur Privatsphäre eines Arbeitnehmer gehören. Dies sei laut Erkenntnis des (RdW 2/2013, 98f) auch neben den Pauschbeträgen nach §16 Abs. 1 Z6 lit. c zweiter Satz möglich, weil die dort statuierte Abgeltungswirkung nur die typischerweise für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anfallenden Kosten betreffe. Daraus ergebe sich die Schlussfolgerung, dass entstandene Aufwendungen, etwa durch einen Motorschaden, untypisch seien und daher auf den § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c zweiter Satz, nicht zuträfen.
Die Werkstätte des Bf habe ihm mitgeteilt, ein Motorschaden sei bei diesem Fahrzeugtyp und Kilometerleistung nicht üblich, zumal der Bf alle vorgesehenen Service- und Wartungstermine eingehalten und eine äußerst spritsparende und daher motorschonende Fahrweise habe. Im Gegensatz zu einem Verkehrsunfall könne dem Bf daher auch keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.
Wie bei einem Unfall handle es sich beim angeführten Schaden um ein plötzlich und unvorhergesehen auftretendes Ereignis höherer Gewalt. Keinesfalls handle es sich bei dem Schaden, wie im Bescheid angeführt, um eine reine Verschleißerscheinung, weil bei einer Kilometerleistung von 197.000 Kilometer noch mit keinem Motorschaden, insbesondere mit einem Ventilschaden, zu rechnen sei.
Nach dieser Auslegung des Finanzamtes müsste bei jedem KFZ mit einer derartigen Kilometerleistung zwangsläufig ein Motor- bzw Ventilschaden auftreten. Hinzu komme, dass dem Bf laut beiliegendem Ausdruck des Pendlerrechners des Finanzministeriums die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Der Bf sei daher bei den Fahrten zur und von der Dienststelle auf seinen PKW angewiesen. Bei einer jährlichen Kilometerleistung von etwa 31.000 Kilometern lege der Bf mehr als zwei Drittel, nämlich etwa 24.000 Kilometer, bei Fahrten zur und von der Dienststelle und somit im Zusammenhang mit dienstlich veranlassten Fahrten zurück. Es verstehe sich von selbst, dass auch ein Großteil der Verschleißerscheinungen, wie Reifenabnutzung und Verschleiß der Bremsbeläge etc. durch diese dienstlich veranlassten Fahrten entstehen.
Natürlich könne kein Motor ohne Verschleiß betrieben werden. In der DIN 31051 (Deutsches Institut für Normung e.V.) heiße es unter anderem: " ... so ist beispielsweise für große Viertaktmotoren, betrieben mit Schweröl, folgende Verschleißrate genannt: 96 % aller Ventile erfordern ein geringes Nachschleifen nach 5000-6000 Betriebsstunden "
Umgerechnet auf die Kilometerleistung habe der Motor des PKW des Bf etwa 2700 Betriebsstunden (errechnet mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 km/h) also etwa die Hälfte von den in der DIN angeführten Betriebsstunden aufgewiesen. Ein Ventilschaden sei daher nicht vorhersehbar gewesen.

Zusammenfassung:

1) Die Fahrt am sei eindeutig dienstlich veranlasst gewesen.
2) Der Schaden am PKW sei plötzlich, unerwartet und unvorhersehbar eingetreten und deshalb höhere Gewalt
3) Der Schaden sei vom Bf weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt worden.
4) Der Schaden sei durch keine Versicherung oder Garantie gedeckt.
5) Keinesfalls habe sich der Schaden durch eine reine Verschleißerscheinung ergeben.
6) Die Benützung eines öffentlichen Massenverkehrsmittels sei nicht möglich bzw. nicht zumutbar gewesen.

Aus dem Ausdruck der Abfrage des Pendlerrechners vom ab ist für den abgefragten Tag, Montag , Arbeitsbeginn 07:00 Uhr und Arbeitsende 20:00 Uhr für die Strecke zwischen Wohnung in 007 W , Adr1 , und Arbeitsstätte in 008 M , Adr2 , Folgendes ersichtlich:
Die schnellste Strecke (Autokilometerangabe) zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt ca. 77 km. Die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar. Das Pendlerpauschale beträgt jährlich 3.672,00 €.

Aus dem in Ablichtung angeschlossenen Serviceheft ist Folgendes ersichtlich:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Kilometerstand
Reparaturempfehlungen
Nächster Service (was zuerst)
 
 
 
Datum
km
20.512
 
04/2009
30.000
30.467
 
01/2010
45.000
46.990
 
08/2010
62.000
59.691
 
04/2011
75.000
77.269
 
08/2011
92.000
92.177
 
01/2012
107.000
109.837
 
08/2012
124.000
126.228
 
02/2013
141.000
150.448
 
12/2013
165.000
164.676
 
05/2014
180.000
182.384
Bremse hi, Stabi re.
02/2015
197.000
- ?
197.020
 
09/2015
212.000

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde sinngemäß im Wesentlichen mit folgender Begründung als unbegründet ab:
Nach der Beschwerdebegründung sei der Motorschaden nicht durch Verschleiß, sondern durch höhere Gewalt entstanden:
Höhere Gewalt (von lat. vis maior) liege laut der Quelle Wikipedia nach deutscher Rechtsprechung vor, wenn das schadenverursachende Ereignis von außen einwirkt, also seinen Grund nicht in der Natur der gefährdeten Sache hat (objektive Voraussetzung) und das Ereignis auch durch die äußerste zumutbare Sorgfalt weder abgewendet noch unschädlich gemacht werden kann (subjektive Voraussetzung).
Nach dem vom Bf dargelegten Sachverhalt habe es keinerlei Außeneinwirkung gegeben, die den Motorschaden verursacht hat, also könne es sich nur um eine - wenn auch nicht vorhersehbare - Verschleißerscheinung handeln.

Schäden, die im laufenden Betrieb an einem Fahrzeug auftreten seien aber jedenfalls ebenso wie etwa Kraftstoff- oder Wartungskosten durch den Verkehrsabsetzbetrag und das Pendlerpauschale abgegolten.

In dem vom Bf zitierten Erkenntnis des VwGH gehe es um die steuerliche Beurteilung eines Unfallschadens und nicht um einen Motorschaden. Für den gegenständlichen Fall sei die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates , mit folgendem Rechtssatz maßgeblich:
,,Die Aufwendungen für einen Motorschaden auf dem Weg von der Wohnung zum Arbeitsplatz sind durch den Verkehrsabsetzbetrag beziehungsweise das Pendlerpauschale abgegolten."

Aber selbst dann, wenn der Schaden aufgrund eines Unfallereignisses entstanden wäre, könnten uU. keine Werbungskosten Berücksichtigung finden:

Führt die berufliche Verwendung zu einem Totalschaden bzw. zu einer beträchtlichen Wertminderung, so könne eine Absetzung für außergewöhnliche technische Abnutzung vorgenommen werden. Dabei sei ausgehend von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zunächst ein rechnerischer "Restwert" durch Ansatz einer gewöhnlichen Absetzung für Abnutzung bis zum Schadenseintritt zu ermitteln. In Fällen, in denen der Steuerpflichtige eine (anteilige) Absetzung für Abnutzung bisher nicht in tatsächlicher Höhe geltend gemacht hat, richte sich die Höhe der gewöhnlichen Absetzung für Abnutzung zur Ermittlung des fiktiven Restbuchwertes nach der bisherigen Nutzungsdauer und der vor dem Schadenseintritt noch zu erwartenden Restnutzungsdauer. Davon seien der nach dem Schadensfall verbliebene Zeitwert (Verkaufserlös des Wracks) und allfällige Versicherungsersätze in Abzug zu bringen (vgl. ). .

Wenn man davon ausginge, dass das Fahrzeug des Bf zum Schadenszeitpunkt älter als 8 Jahre gewesen sei, betrage der steuerliche Buchwert "null" und es könne zu keiner außergewöhnlichen technischen Abschreibung kommen (vgl. ). Es könne also auch bei einem Unfallschaden nur dann zu einem Werbungskostenabzug kommen, wenn der steuerliche Restbuchwert (ausgehend von einer 8-jährigen Nutzungsdauer) höher als der Verkaufserlös für das Wrack sei.

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf einen Vorlageantrag und führte zur Begründung sinngemäß im Wesentlichen Folgendes aus:

Dem Bf sei in der Beschwerde bei der Werbungskostenermittlung ein Fehler unterlaufen. Im Sinne der Einkommensteuerrichtlinien 2000, GZ 06 0104/9-IV/6/00 idF GZ BMF-010200/0012-VI/6/2013 vom , wolle der Bf nun nicht den tatsächlichen Schaden von 2,600,00 €, sondern - wie in den EStR vorgesehen – den Restbuchwert abzüglich des Wrackerlöses als außergewöhnliche Abnutzung als Werbungskosten geltend machen.

Der Neupreis habe am 21.655,00 € betragen. Ausgehend von einer 8-jährigen Nutzungsdauer liege die jährliche AfA bei 2. 706,87 €. Da der wirtschaftliche Totalschaden am , also nach 6 Jahren, 3 Monaten und 25 Tagen, eingetreten sei, ergebe sich ein Restbuchwert von 5.413,75 €. Abzüglich des Wrackerlöses von 2.500,00 € ergäben sich nunmehr Werbungskosten in der Höhe von 2.913,75 €.

Zur Begründung der Beschwerdevorentscheidung werde darauf hingewiesen, dass die angeführte Quelle Wikipedia keinen Anspruch auf Richtigkeit habe, weil dort im Prinzip jeder zu einem Thema etwas einbringen darf und kann, ob es stimmt oder nicht. Im Internet sei nachzulesen, dass es auf Wikipedia immer wieder zu teilweise äußerst gravierenden Fehlinterpretationen komme.
Auch die deutsche Rechtsprechung sollte in einem österreichischen Verwaltungsverfahren keinen Eingang finden. Der Form halber weise der Bf aber auf folgendes Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichtes hin:

Das Niedersächsische Finanzgericht (NFG) habe mit Urteil vom (Az.: 9 K 218/12) einer Klage zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Kfz-Reparaturaufwendungen stattgegeben. Die Kosten seien dem Kläger wegen eines durch eine Falschbetankung auf dem Weg zur Arbeitsstelle verursachten Motorschadens entstanden. Das Gericht habe sich dabei gegen die zu diesem Problemkreis bisher ergangene FG-Rechtsprechung und die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt. "·Quelle: Finanzgericht Niedersachsen

Der Bf verwies wie in der Beschwerde vom auf DIN 31051 (Deutsches Institut für Normung e.V.) in der Folgendes ausgeführt werde:

" .. ... so ist beispielsweise für große Viertaktmotoren, betrieben mit Schweröl, folgende Verschleißrate genannt: 96 % aller Ventile erfordern ein geringes Nachschleifen nach 5000-6000 Betriebsstunden."

Umgerechnet auf die Kilometerleistung habe der Motor des PKW des Bf etwa 2700 Betriebsstunden (errechnet mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 km/h) also etwa die Hälfte von den in der DIN angeführten Betriebsstunden aufgewiesen. Diese Normungen seien auch in Österreich anerkannt. So sei z.B. das Papierformat DlN A4 in der DIN 476 genormt und nicht nur in Österreich, sondern weltweit anerkannt.
Unter den Punkt 7.6 EStR 2000, Seite 70-30, sei angeführt, dass die Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung bei allen Einkunftsarten zur Anwendung kommt. Eine außergewöhnliche technische Abnutzung liege vor, wenn durch besondere Umstände, zB durch Beschädigung, Brand, Bruch usw., ein gegenüber der gewöhnlichen Abnutzung erhöhter Substanzverbrauch eines abnutzbaren Wirtschaftsgutes eintritt. Bei einer Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung, die beruflich veranlasst ist, sei kein Privatanteil auszuscheiden ().

Der Motorschaden am PKW des Bf bei einem Kilometerstand von 197.000 km sei laut Angaben der Werkstätte des Bf durch den Bruch eines Auslassventiles verursacht worden.

Bedingt durch das plötzlich auftretende Klopfgeräusch habe der Bf natürlich sofort angehalten. Durch gewöhnliche Abnutzung sei dieser Ventilbruch jedenfalls nicht erklärbar, zumal der Bf seit Erteilung der Lenkberechtigung im Jahre 1986 weit mehr als eine Million Kilometer mit privaten und dienstlichen Kraftfahrzeugen zurückgelegt habe und dem Bf in dieser Zeit kein einziger Ventilbruch in Erinnerung sei, wobei der Bf in dieser Zeit Kraftfahrzeuge gelenkt habe, die bereits eine Kilometerleistung jenseits von 200.000 Kilometer, ja zum Teil schon über 400.000 Kilometer aufwiesen. Der Bf sei daher der Auffassung, dass durch den Bruch eines Auslassventiles eine außergewöhnliche technische Abnutzung vorliege und keine typische und vorhersehbare Verschleißerscheinung. Auch in der Mangel- und Verschleißliste des ADAC sei ein derartiger Schaden nicht angeführt.

Der Bf beantrage daher, die nun auf 2.913,75 € berichtigten Werbungskosten und, falls dies nicht mehr möglich sein sollte, zumindest die für diesem Schadensfall ursprünglich geltend gemachten Kosten von 2.600,00 €, bei der Berechnung der Lohnsteuergutschrift zu berücksichtigen.

Im Vorlagebericht vom beantragte das Finanzamt unter Hinweis auf die in der Beschwerdevorentscheidung zitierte Entscheidung des UFS, die Beschwerde, die eine reine Rechtsfrage betreffe, abzuweisen.

Das erkennende Gericht legt seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zu Grunde:

Der Bf wohnt über 60 km von seinem Dienstort entfernt, wobei ihm die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bei der Fahrt zur Arbeitsstätte auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar ist, weshalb 2014 bereits vom Arbeitgeber die große Pendlerpauschale über 60 km bei der Lohnverrechnung berücksichtigt worden ist.

Bei der Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstätte erlitt der erstmals im April 2008 zugelassene PKW Type Diesel des Bf am einen größeren Motorschaden (Zylinderkopf, Ventile) bei einem Kilometerstand von ca. 197.000 km.

Beweiswürdigung

Diese unstrittigen Daten ergeben sich aus den im Akt erliegenden und vom Bf vorgelegten Unterlagen (Lohnzettel, Zulassungsschein, Bestätigungen des ÖAMTC vom , Kaufvertrag des Ersatzwagens vom und Ablichtungen des Serviceheftes).

Rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes (Fettdruck durch das Gericht)

Gem. § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit d EStG 1988 in der für das Jahr 2014 geltenden Fassung gilt für die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Folgendes:

  • Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Anders als bei den betrieblichen sind bei den nichtselbständigen Einkünften als Aufwendungen für Fahrten vom Wohnort zur Arbeitsstätte nicht die tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen, sondern sind diese Aufwendungen in der Regel durch den Verkehrsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 abgegolten. Dieser betrug im Jahr 2014 291,00 €.

Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit steht ab 2014 gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 als weiterer Absetzbetrag ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

Im gegenständlichen Fall wurde die große Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 für mehr als 60 km mit dem vorgesehenen Betrag von jährlich 3.672,00 € vom Arbeitgeber des Bf bereits bei der Lohnverrechnung berücksichtigt.

Dies ist im gegenständlichen Fall nicht strittig und in Ansehung einer vom erkennenden Gericht getätigten Abfrage (Google.at/maps 76,5 km) nicht zu beanstanden.

Nach dem vom Bf vorgelegten Zulassungsschein war der von ihm gefahrene Pkw Type Diesel (Erstzulassung April 2008) im Zeitpunkt der Panne (August 2014) sechs Jahre und vier Monate alt und hatte einen Kilometerstand von ca. 197.000 km.

Bei dem beschriebenen Zustand des Fahrzeuges, insbesondere den fast schon 200.000 gefahrenen km ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Motorschaden keineswegs unwahrscheinlich. Bei Fahrzeugen mit einer derart hohen Anzahl von gefahrenen Kilometern ist das Risiko eines Motorschadens gar nicht so gering. Die vom Bf behauptete besonders schonende Fahrweise ist schon allgemein nicht verifizierbar und schon gar nicht für die gegenständliche Fahrt am Schadenstag, dem . Dies gilt auch für den Umstand, dass der Bf das Fahrzeug sofort nach Einsetzen der Klopfgeräusche angehalten haben will. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass der Bf nach dem vorgelegten Ausdruck des Serviceheftes beim Service am schon einen Kilometerstand von 150.448 erreicht hatte, obwohl das Service schon für 141.000 km empfohlen wurde. Der Bf hat das Service somit um nahezu 9.500 km später als empfohlen durchführen lassen. Dies spricht nach Ansicht des erkennenden Gerichts dagegen, dass die vom Bf behauptete besondere Sorgfalt den Tatsachen entspricht.

Nach der Darstellung des Bf waren weder andere Personen noch Gegenstände als sein eigener PKW an dem von ihm beschriebenen Geschehnissen beteiligt.

Schäden, die im laufenden Betrieb an einem Fahrzeug auftreten sind aber so wie etwa Kraftstoff- oder Wartungskosten durch den Verkehrsabsetzbetrag, das Pendlerpauschale und (ab 2014) den Pendlereuro abgegolten.

Mit diesen Beträgen sind nämlich alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Nur Unfallkosten sind zusätzlich als Werbungskosten abzugsfähig (Doralt, EStG13, § 16 Tz 124).

Dem vom Bf ins Treffen geführten Fall des Verwaltungsgerichtshofes () lag ein Verkehrsunfall zu Grunde. Das Finanzamt hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dies mit dem gegenständlichen Fall eines Motorschadens nicht vergleichbar ist. Dass der Schaden durch den Bruch eines Auslassventiles verursacht worden ist, hat der Bf erst im Vorlageantrag behauptet, dazu jedoch kein Gutachten vorgelegt.

In der vom Finanzamt zur Begründung herangezogenen Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates () wurde in einem vergleichbaren Fall die Anerkennung von Werbungskosten für den bei der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte aufgetretenen Motorschaden am PKW des Arbeitnehmers versagt.

Wesentliche Bedeutung für die Beurteilung des gegenständlichen Falles kommt nach Ansicht des erkennenden Gerichts dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, , ÖStZB 1989, S 449, betreffend ebenfalls einen "Kolbenreiber" zu:

Nimmt der Steuerpflichtige das Kilometergeld in Anspruch, so nimmt er die grobe Schätzung, der zufolge die Aufwendungen für den betrieblichen Einsatz des Kraftfahrzeuges mit dem Kilometergeld abgegolten sind, in Kauf. Er kann dann nicht neben den pauschalen Sätzen des Kilometergeldes auch noch einzeln bestimmte Aufwendungen mit ihren tatsächlichen Beträgen als Betriebsausgaben beanspruchen.

Das Kilometergeld stellt so wie der Verkehrsabsetzbetrag, das Pendlerpauschale und der Pendlereuro eine Pauschalierung dar. Der Kern der Aussage des Verwaltungsgerichtshofes zum Kilometergeld ist deshalb nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf den gegenständlichen Fall übertragbar.

Das vom Bf ins Treffen geführte Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichtes vom , Az.: 9 K 218/12; mit dem die Reparaturkosten infolge Falschbetankung mit Benzin statt Diesel durch den Arbeitnehmer neben der Entfernungspauschale des § 9 Abs. 2 Satz 1 dEStG als Werbungskosten anerkannt worden sind, ist für den gegenständlichen Fall nicht relevant:
Es handelt sich dabei nämlich um keinen Schaden durch längere, sondern sehr rasche Abnützung des Motors und überdies dürfte der Anerkennung auch grobe Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers entgegen stehen.

Der eben genannte § 9 Abs. 2 Satz 1 dEStG lautet:
Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.

Claßen führt dazu in Lademann, Kommentar zum dEStG unter Anm. 69 zu § 9 Folgendes aus:
Die Frage, ob und inwieweit Reparaturaufwendungen, insbesondere der Einbau eines Austauschmotors zu den gewöhnlichen (auf Verschleiss beruhenden) oder zu den außergewöhnlichen Kosten gehören, ist eine Sachverhaltswürdigung im Einzelfall, für die sich keine allgemeinen Regeln aufstellen lassen. Großreparaturen werden im Allgemeinen nur absetzbar sein, wenn der Schaden während oder kurz nach Ablauf der Garantiezeit eintritt (BFH vom , VI R 214/72, BStBl II 1974 S 188).

Im eben zitierten Urteil des BFH wurden die Kosten eines Motorschadens bei einem Kilometerstand von ca. 20.000 nicht als Werbungskosten anerkannt.

In einem weiteren Urteil des BFH vom , VI R 26/73 , wurden die Kosten eines Motorschadens bei einem Kilometerstand von ca. 42.000 nicht als Werbungskosten anerkannt.

In Ansehung dieser Literatur und Rechtsprechung vermag die vom Bf nur unvollständig zitierte Deutsche Norm DIN 31051 das erkennende Gericht nicht zu überzeugen:

Im gegenständlichen Fall war der PKW des Bf schon 6 Jahre und vier Monate alt und wies bereits einen Kilometerstand von beinahe 200.000 (197.000) auf. Das erkennende Gericht geht deshalb in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der gegenständliche Motorschaden am beim PKW des Bf eine Folge der Abnutzung durch den langen Gebrauch darstellt.

Die Abpauschalierung der diesbezüglichen Kosten durch den Verkehrsabsetzbetrag, die Pendlerpauschale und den Pendlereuro steht nach Ansicht des erkennenden Gerichts der Anwendung der vom Bf im Vorlageantrag angezogenen Absetzung für außergewöhnliche technische Abnutzung nach § 16 Abs. 1 Z 8 iVm § 8 Abs. 4 EStG 1988 im gegenständlichen Fall entgegen.
Die Entscheidung des , hat Reparaturkosten am PKW des Arbeitnehmers mit kleiner Pendlerpauschale nach einem Verkehrsunfall bei einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betroffen.

Die Entscheidung des , hat keine dem Pendlerpauschale unterliegende Fahrt (zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) betroffen.

Die beiden letztgenannten Erkenntnisse sind nach Ansicht des erkennenden Gerichts daher nicht auf den gegenständlichen Motorschaden bei der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anwendbar.

Das Finanzamt hat deshalb im bekämpften Bescheid zu Recht die Anerkennung der beantragten Kosten schon dem Grunde nach als Werbungskosten versagt.

Die Frage der Höhe des Restbuchwertes des PKW unmittelbar vor Eintritt des Motorschadens am bedürfte deshalb keiner Erörterung mehr.

Der Beschwerde konnte deshalb kein Erfolg beschieden sein.

Am Rande sei bemerkt, dass der vom Finanzamt Im Vorlagebericht zum vor dem Unfallszeitpunkt schlüssig ermittelte Restbuchwert nur noch 2.706,88 € beträgt, was abzüglich des Erlöses von 2.500,00 € lediglich eine Verminderung der Einkünfte um 206,88 € bedeuten würde. Mindereinnahmen bei der Veräußerung eines beschädigten Fahrzeuges (durch Hagelschlag beschädigt und nicht repariert) stellen nämlich keine Werbungskosten dar ( ; unter Hinweis auf ).

Zur Zulässigkeit der Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil dazu noch eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

Da zur Frage, ob die Kosten aus einem bei der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eines Dienstnehmers auftretenden Motorschaden neben dem Verkehrsabsetzbetrag, der Pendlerpauschale und dem Pendlereuro als Werbungskosten absetzbar sind, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.5101034.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at