Festsetzung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise in Eingaben
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom zu StNr. 000/0000 betreffend Festsetzung einer Ordnungsstrafe gemäß § 112 BAO zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt einen Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2007 ab.
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom Berufung ein, und führte darin unter anderem aus (Hervorhebungen in Fettdruck durch das Bundesfinanzgericht):
"Weniger geehrte Damen und Herren,
der formhalber od. eher zur Sicherheit möchte ich gegen Ihren Bescheid berufen … Aber meinetwegen wenn's schon unbedingt was zum Rechnen brauchen, dann zahl' ich halt eben € 1,- (in Worten: einen Euro komma null null) freiwillig in Ihr gieriges Finanzsäckel ein. Oder ne warum gleich soviel € 0,01 (wieder in Worten: einen Euro-Cent) sollte auch ausreichen. Oder nööö noch immer zuviel sagen wir eine indonesische Rupiah; müßte ja auch reichen. Schreiben's mir jetzt bloß nicht, daß das nicht möglich ware. Sonst ist bei Eurem Finanzhumbug auch immer alles möglich! Oder noch einfacher; sie gewähren mir kurzfristig einen Kredit in Höhe von einem Euro-Cent, rechnen was Sie eben rechnen müssen und ziehen den einen Euro-Cent danach wieder ab. Voila, so einfach kann die Welt sein, wenn man nur seinen Hausverstand walten läßt! Eigentlich hätten Sie ja auch auf diese erstklassige Idee kommen können, dann wär' die ganze Sache schon längst wieder erledigt. Und es gäbe einen zufriedenen Steuerzahler. Aber nööö was wären auch die Finanz'Ier ohne Ihre Spompanadln??? Wahrscheinlich wurde so kurz vor Weihnachten das allseits schwerfällige Beamtenhirn wegen der Gefahr eventueller Überlastung zu den Feiertagen von Amts wegen vorzeitig abgeschaltet. Obwohl wenn ich da so die letzten Jahre resümiere frag' ich mich schon ist das Oberhaupt jemals eingeschaltet ??? … Ausnahmsweise dürfen oder besser sollen Sie sich daher mit der Bearbeitung dieser Berufung etwas mehr Zeit lassen (vzgw. bis Jahresende; sollte reichen), um nicht unnötig den Instanzenzug zu strapazieren (da sieht man mal wieder wie rücksichtsvoll, intelligent und kostenbewußt ich bin; "breit grins"). Aber das sollte dem Amtsschimmel ja eh' nicht allzu schwer fallen. Obwohl erstaunlich wie hurtig sie mir diesmal den Antrag abgewiesen haben. Die halben Feier-/Urlaubstage haben Sie mir vermiest. Gell', da freut sich das Behördeng'frieß."
Mit Eingabe vom nahm der Beschwerdeführer zu einem Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes vom Stellung und führte darin unter anderem aus:
"Äußerst ungeehrter Hr. B ,
und zum wiederholten Male bestätigt sich die hocharrogante und ignorante Art ihres Amtes, die nicht einmal imstande ist eine simple JA/NEIN-Frage zu beantworten!!!!! ….
zu c) Ich zahle freiwillig € 0,01 (in Worten: einen Euro-Cent) für das Jahr 2007 in Ihr gieriges Finanzsäckel ein. Dann haben Sie etwas zu berechnen und ziehen diesen einen Euro-Cent danach von der resultierenden Negativsteuer ab! Soviel Hirn werden sie ja wohl haben!?
zu d) die Erfahrung früherer Jahre bestätigt mir immer wieder, daß Ihr stets "Mist" produziert.
Und nächstens geben Sie gefälligst eine anständig lange (wesentlich längere) Frist an. Es gibt ja schließlich auch Leute die mehrere Wochen auf Dienstreise sind!
Welchen IQ muß man eigentlich haben um (Finanz-)Beamter zu werden ?"
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung gegen den Bescheid vom als unbegründet ab.
Im Antrag auf Entscheidung über diese Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom führte der Beschwerdeführer aus:
"Sehr ungeehrte Damen und Herren,
Ihr Paragrafenkauderwelsch können Sie sich mitsamt Ihrem finanztechnischem Palaver einrexen. Daß Sie meine exzellente und ausführlichste Berufung als unbegründet abweisen find' ich richtig fies, wo ich mich doch sooo bemüht habe. Nööö, noch viel schlimmer ich find' es richtiggehend beleidigend, daß Sie eine so erstklassige Idee schlichtweg ignorieren!"
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer wegen der oben in Fettdruck wiedergegebenen Äußerungen gemäß § 112 BAO eine Ordnungsstrafe in Höhe von 150,00 € fest, da die Schreibweise in den zitierten Eingaben beleidigend gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben. Die Diktion des Beschwerdeführers entsprach dabei jener, der er sich bereits in den oben zitierten Eingaben bedient hatte. Die mehrseitigen Berufungsausführungen lassen im Hinblick auf die festgesetzte Ordnungsstrafe ansatzweise erkennen, dass nach Ansicht des Beschwerdeführers keine Beleidigung vorläge ("wegen der paar ortsüblichen Worte?)". Es handle sich bei seiner Wortwahl um umgangssprachlich mittlerweile milieubedingt allgemein gebräuchliche Ausdrücke. Die vom Finanzamt zitierten "erstklassigen Texte" wären aus dem Kontext gerissen. Vor Festsetzung der Ordnungsstrafe wäre eine Ermahnung fällig gewesen. Den seiner Meinung nach nicht berechtigten Strafbetrag würden Juristen bestimmt als Strafwucher bezeichnen.
Am legte das Finanzamt diese Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängig gewesenen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 112 Abs. 1 BAO hat das Organ einer Abgabenbehörde, das eine Amtshandlung leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.
Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, sind zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 700 Euro verhängt werden (§ 112 Abs. 2 BAO).
Die gleiche Ordnungsstrafe kann die Abgabenbehörde gegen Personen verhängen, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen (§ 112 Abs. 3 BAO).
Während die Verhängung einer Ordnungsstrafe gegen Personen, die eine Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, eine erfolglose Mahnung und die Androhung der Ordnungsstrafe voraussetzt, setzt die Verhängung einer Ordnungsstrafe bei beleidigender Schreibweise in einer Eingabe hingegen keine vorherige Androhung voraus (Ritz, BAO, 5. Auflage, § 112 Tz 1 mit Hinweis auf 2163, 2164/65, Slg 7029A; 783/56; Stoll, BAO, 1217 f; ).
Beleidigend ist eine Schreibweise unter anderem dann, wenn sich die Kritik an der Behörde bzw. an einem Behördenorgan nicht auf die Sache beschränkt, nicht in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird oder Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (Ritz, a.a.O., § 112 Tz 2 mit Hinweis auf ; und ). Eine Beleidigungsabsicht ist nicht erforderlich (Ritz, a.a.O. mit Hinweis auf ; und ).
Dass die Schreibweise des Beschwerdeführers in den der Ordnungsstrafe zugrunde liegenden Eingaben den Mindestanforderungen des Anstandes nicht entspricht, bedarf im gegenständlichen Fall keiner näheren Erörterung.
Die Verhängung von Ordnungsstrafen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (Ritz, a.a.O., § 112 Tz 6 mwN). Im Hinblick darauf, dass sich der Beschwerdeführer wiederholt und in mehreren Eingaben einer gröblichst beleidigenden Ausdrucksweise bedient hat, war die Verhängung einer Ordnungsstrafe jedenfalls geboten. Die Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme ergibt sich nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Ahndung der beschriebenen beleidigenden Ausdrucksweise, sondern insbesondere auch deshalb, weil der Beschwerdeführer zu einer angepassten Ausdrucksweise im Behördenverkehr angeleitet werden soll. Soweit dies dem vorgelegten Akt zu entnehmen ist, wurde gegenüber dem Beschwerdeführer erstmals eine Ordnungsstrafe festgesetzt; auch auf seinem Abgabenkonto finden sich seit dem keine weiteren Verbuchungen von Ordnungsstrafen. Aus diesem Grund wurde die Strafhöhe ohnedies an der unteren Grenze des Strafrahmens bemessen, von einem "Strafwucher" kann daher keine Rede sein.
Insgesamt gesehen war daher die Festsetzung der gegenständlichen Ordnungsstrafe dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt und somit spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, da die im gegenständlichen Verfahren zu klärenden Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der die gegenständliche Entscheidung nicht abweicht, geklärt sind.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 112 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.5101105.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at