Kosten des von der Geschenknehmerin selbst finanzierten Dachbodenausbaus als Gegenleistung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache MAK, Adr, vertreten durch Stb gegen den Bescheid des FA GVG vom , ErfNr. xy, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass die Grunderwerbsteuer 559,12 Euro beträgt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Im Jahr 2008 hat MAK, nunmehrige Beschwerdeführerin, = Bf., die in ihrem Alleineigentum stehende Liegenschaft EZ, samt den darauf befindlichen Gebäuden (dreistöckiges Haupthaus, zweistöckiges Hofgebäude und eine Doppelgarage) ihrer Tochter HK geschenkt. Dabei hat sich die Bf. das lebenslange Fruchtgenussrecht für sich und - nach ihrem Tod - für ihren Ehegatten DPK vorbehalten. Außerdem hat die Geschenknehmerin ein Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt.
Der Einheitswert der Liegenschaft hat als Mietwohngrundstück 45.420,52 Euro zum betragen.
Mit Bescheid vom hat die Baubehörde der Bf. - ihrem Antrag gemäß -die Baubewilligung für den Einbau von zwei Wohneinheiten im Dachgeschoß des Haupthauses erteilt. Die Bf. hat den Dachbodenausbau auf eigene Kosten um 240.986 Euro noch im Jahr 2011 realisiert und im Februar 2012 fertiggestellt. Ab hat die Bf. die zusätzlichen Wohnungen vermietet.
Aufgrund dieses Dachbodenausbaues hat das Lagefinanzamt eine Wertfortschreibung vorgenommen, sodass der Einheitswert für das Mietwohngrundstück zum nunmehr 63.900 Euro beträgt.
Anschließend hat HK - wie bereits vor dem Ausbau mit der Bf. vereinbart - mit dem Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrag vom ihrer Mutter wiederum 112/768 Anteile an der gegenständlichen Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an den Wohnungen Top 7 und 8 im Dachgeschoß des Hauptgebäudes (entsprechend dem Nutzwertgutachten vom ) geschenkt. Das bedingte Fruchtgenussrecht zu Gunsten von DPK sollte hinsichtlich der gesamten Liegenschaft aufrecht bleiben.
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt für den Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrag vom die Grunderwerbsteuer (GrESt) in Höhe von 4.887,99 Euro festgesetzt.
Als Gegenleistung hat das Finanzamt die Kosten für den Dachbodenausbau und den auf DPK entfallenden Barwert des Fruchtgenussrechtes, sohin 244.399,36 Euro angesetzt.
Dagegen hat die Bf. rechtzeitig Berufung erhoben, weil die Kosten für den Dachbodenausbau von der Bf. selbst getragen worden seien. Eine Gegenleistung für die Übertragung der Anteile könne somit nicht vorliegen. Mangels Vorliegens einer Gegenleistung sei die GrESt vom anteiligen Einheitswert zu bemessen.
Das Finanzamt hat die Berufung dem UFS am zur Entscheidung vorgelegt.
Hingewiesen wird darauf, dass ab das Bundesfinanzgericht an die Stelle des unabhängigen Finanzsenates getreten ist. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Über Vorhalt hat die Bf. den Baubewilligungsbescheid für den Dachbodenausbau vorgelegt und darauf hingewiesen, dass vor dem Ausbau die Einräumung von Wohnungseigentum an den Top 7 und 8 vereinbart wurde. Mit Schreiben vom hat die Bf. ihren Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist aufgrund der Aktenlage, insbesondere der zugrundeliegenden Urkunden und des nachgereichten Baubewilligungsbescheides sowie des Ergänzungsschreibens der Bf. vom , erwiesen.
Rechtslage
Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegt ein Rechtsgeschäft über ein inländisches Grundstück, das den Anspruch auf Übereignung begründet, der GrESt.
Grundsätzlich ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Unter der Gegenleistung ist nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen zu verstehen.
Gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes.
Als Wert des Grundstückes ist das Dreifache des Einheitswertes, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist, anzusetzen.
Haben sich die Verhältnisse zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) dergestalt geändert, dass nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung ... gegeben sind so ist gemäß § 6 Abs. 3 GrEStG 1987 auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) ein besonderer Einheitswert unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze für Fortschreibungen zu ermitteln.
Erwägungen
Strittig im gegenständlichen Fall ist allein die Frage, ob im Umfang des von der Bf. noch vor der Schenkung am auf eigene Rechnung vorgenommenen Dachbodenausbaues (in dem der Tochter allein gehörigen Gebäude) eine GrESt-pflichtige Gegenleistung vorliegt.
Der Begriff der Gegenleistung ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht und auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beurteilen ist. Was Gegenleistung ist, wird im § 5 GrEStG nicht erschöpfend aufgezählt; Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG ist jede geldwerte Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes zu entrichten ist, also die Summe dessen, was der Erwerber an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält. Die Gegenleistung kann auch in der Übernahme aushaftender Darlehen, in der Einräumung von Rechten an den Übergeber oder an Dritte bestehen, aber auch im Verzicht auf Forderungen gegen den Übergeber. Jede nur denkbare Leistung, diefür den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, ist Teil der Bemessungsgrundlage. Auch der ausdrückliche oder stillschweigende Verzicht auf eine Forderung bzw. deren "Fallenlassen" ist beim Wert der Gegenleistung zu berücksichtigen (vgl. ; vom , 98/16/0319).
Grundsätzlich darf ein Fruchtnießer nicht die Substanz der dienenden Sache angreifen und ihr Wesen verändern, zB durch einen Dachbodenausbau (unerlaubte Verbesserungen). Nimmt allerdings ein Fruchtnießer Verbesserungen am Fruchtgenussobjekt im Einvernehmen mit dem Eigentümer vor, ist für den Ersatz der Kosten nach § 517 ABGB die zwischen ihm und dem Eigentümer getroffene Vereinbarung maßgebend.
Die Bf. hat diesbezüglich glaubwürdig vorgebracht, dass die nachfolgende Schenkung der von ihr geschaffenen zwei neuen Wohnungen bereits vor der tatsächlichen Bauführung beabsichtigt und mit der Tochter vereinbart war. Dieses Vorbringen entspricht durchaus der Lebenserfahrung und wird auch dadurch unterstützt, dass zwischen Bauführung und Schenkung nur wenige Monate liegen und die Baubewilligung schon von der Bf. im eigenen Namen erwirkt wurde. Die Bauführung ist somit mit Einverständnis der Grundeigentümerin - zeitnahe zum Schenkungszeitpunkt - auf Kosten der zukünftigen Wohnungseigentümerin erfolgt. Es war daher offenkundig kein Kostenersatz vereinbart, sondern vielmehr quasi die Schenkung des Grundanteiles für die Errichtung von Top 7 und 8. Die Tochter hätte daher auch keinen Ersatz für die getätigten Investitionen fordern können. Die Bf. hat sohin in Erwartung der Schenkung der Liegenschaftsanteile nicht in ein "fremdes Grundstück" investiert, sondern in ihr zukünftiges Liegenschaftseigentum.
Zivilrechtlich gilt aufgrund des Grundsatzes "superficies solo cedit" zunächst, dass die Tochter das Eigentum an den beiden durch die Bauführung der Bf. neu geschaffenen Wohnungen erlangt hätte. Es gilt jedoch auch zu bedenken, dass beim Bauen mit eigenem Material auf fremden Grund dann, wenn die Bauführung mit Wissen und Willen des Grundeigentümers erfolgt, der redliche Bauführer außerbücherliches Eigentum an der Liegenschaft erwirbt und dem früheren Eigentümer nur den gemeinen Wert für den Grund zu ersetzen hat (§ 418 ABGB).
Entgegen dem sonst geltenden Grundsatz, wonach unselbständige Bestandteile (Gebäude) sachenrechtlich das Schicksal der Hauptsache teilen, wird somit ein früherer Eigentümer aufgrund seiner Zustimmung zur Bauführung nicht im Umfang der Bebauung "bereichert", weshalb der Bauführer keinen - bereicherungsrechtlichen - Ersatz für die getätigten Bauaufwendungen fordern kann.
Analog dazu ist aber im Hinblick auf den gegenständlich - mit Wissen und Willen der Liegenschaftseigentümerin in Anbetracht der unmittelbar bevorstehenden Schenkung der Liegenschaftsanteile - getätigten Dachbodenausbau von keiner Bereicherung der Tochter im Umfang der getätigten Bauaufwendungen der Bf. auszugehen, bezüglich derer der Bf. eine Forderung bzw. ein Herausgabe- oder Ersatzanspruch zugestanden hätte. Die Kosten des Dachbodenausbaus stellen daher keine GreSt-pflichtige Gegenleistung dar.
(vgl. -G/11, welche zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt ergangen ist).
Mangels Gegenleistung ist daher die Steuer, wie in der Beschwerde beantragt, gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG vom Wert des Grundstückes (=dreifacher Einheitswert) zu bemessen.
Da sich im konkreten Fall zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag ) die Verhältnisse durch die Baumaßnahmen dergestalt geändert haben, dass nach den Vorschriften des BewG die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung gegeben waren, so ist auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) ein besonderer Einheitswert unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze für Fortschreibungen zu ermitteln. Da lt. eigenen Angaben der Bf. die Baumaßnahmen bereits vor der Schenkung abgeschlossen waren und die zwei Dachgeschoßwohnungen ab 1. März vermietet waren, kann der vom Lagefinanzamt zum festgestellte Einheitswert (unter Berücksichtigung des Dachausbaus) in Höhe von 63.900 Euro herangezogen werden.
Die GrESt beträgt daher 2 % vom anteiligen dreifachen Einheitswert in Höhe von 27.956,24 Euro, das sind 559,12 Euro.
Demgemäß war der GrESt-Bescheid wie im Spruch ersichtlich abzuändern.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen Judikatur des VwGH, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 4 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.5100983.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at