Aufhebung und Zurückverweisung wegen klärungsbedürftigen Sachverhaltes
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid vom betreffend Einkommensteuer 2013 wird gemäß § 278 Abs. 1 BAO idgF aufgehoben und die Sache zur Durchführung weiterer Ermittlungen (§ 115 BAO) an die Abgabenbehörde zurückverwiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.) erhielt im Streitjahr Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit von mehreren bezugsauszahlenden Stellen. Das Finanzamt veranlagte die Bf. mit Einkommensteuerbescheid 2013 vom und setzte die genannten nichtselbständigen Einkünfte fest.
Die Bf. erhob gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 Beschwerde und gab an, ein Einkommen von 5.646,96 € und zusätzliche Aufwendungen für Lebensversicherung, Kreditzinsen und Krankenversicherung zu haben.
Die Abgabenbehörde wies die Beschwerde als unbegründet ab, weil die Bf. ihre geltend gemachten Aufwendungen nicht anhand von Belegen nachgewiesen hatte. Das erklärte Einkommen in Höhe von 5.646,96 € wurde nicht in den Einkommensteuerbescheid aufgenommen.
Im Vorlageantrag vom beantragte die Bf. die Berücksichtigung von Aufwendungen für Versicherung, Kredit und Beiträge an die Wiener Gebietskrankenkasse und legte diesbezügliche Zahlungsbescheinigungen vor. Zusätzlich legte die Bf. die Beilage E1a zur Einkommensteuererklärung 2013 vor und gab an, Betriebseinnahmen als Krankenpflegerin in Höhe von 5.646,96 € erhalten sowie damit zusammenhängende Reise- und Fahrtspesen in Höhe von 720,00 aufgewendet zu haben, sodass sich daraus ein Gewinn in Höhe von 4.926,96 € ergeben würde. Unterlagen zum Nachweis der Einnahmen und Ausgaben als Krankenpflegerin wurden nicht beigebracht.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Im vorliegenden Verfahren hat die Abgabenbehörde, obgleich die Bf. im Zuge des Vorlageantrages Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Krankenpflegerin und damit im Zusammenhang stehende Reiseaufwendungen bekanntgab, keine Maßnahmen zur Sachverhaltsklärung gesetzt. Demnach fehlten in Bezug auf die angegebene Einkunftsart und bezüglich eines mittelbaren Veranlassungszusammenhanges der geltend gemachten Reisekosten grundsätzliche Erhebungen.
Daraus ergibt sich klar, dass die Durchführung der unterlassenen Ermittlungen zu einem anderen Bescheidspruch führen hätten können.
In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, dass gem. § 265 Abs. 1 BAO die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde, über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen hat.
Gemäß § 278 Abs. 1 BAO kann das BFG eine Beschwerde mit Beschluss durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen im Sinne des § 115 Abs. 1 BAO unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können, vorausgesetzt die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst liegt nicht im Interesse der Raschheit des Verfahrens oder ist mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden.
Vor diesem Hintergrund war das Finanzamt zur ordnungsgemäßen Ermittlung des dem angefochtenen Abgabenbescheid zugrunde gelegten Sachverhalts und zur Vorlage eines entscheidungsreifen Rechtmittels verpflichtet. Kommt die Abgabenbehörde einer solchen Verpflichtung nicht nach, was auf den konkreten Fall zutrifft, muss im Rahmen der Ermessensübung überdies berücksichtigt werden, dass mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Zurückverweisung an die erste Instanz auch dem Rechtschutzgedanken besser entsprochen wird. Der Bf ist es dadurch möglich, ihren Standpunkt, den sie bisher aufgrund der unterlassenen Ermittlungen und der unzureichenden Bescheidbegründung im abgabenbehördlichen Verfahren noch nicht angemessen darlegen konnte, unter Wahrung des gesetzlich vorgesehenen Instanzenzuges zu vertreten. Es widerspricht der Ratio des anzuwendenden Abgabenverfahrensrechts, diesen Verfahrensweg durch Verlagern von Ermittlungsbedarf auf die Ebene der gerichtlichen Kontrolle abzukürzen und damit im Ergebnis auf eine Instanz zu beschränken (vgl. auch ).
Die Anordnungen des Gesetzgebers (über ein zweitinstanzliches Verfahren) würden unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Rechtsmittelbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es sei nicht im Sinn des Gesetzes, wenn die Rechtsmittelbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl. , Ritz5, § 278 Tz 5).
Desgleichen kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen unter anderem in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat (, zu § 28 VwGVG ).
Im Beschwerdefall spricht gegen die Vornahme von unterlassenen Ermittlungen durch das Verwaltungsgericht selbst oder gegen die Erteilung von Ermittlungsaufträge gem. § 269 Abs. 2 an die Abgabenbehörde, dass die erklärten Einnahmen der Bf. und die einkommensteuerrechtliche Abzugsfähigkeit von beantragten Reisekosten einen Sachverhalt darstellen, der bereits im abgabenbehördlichen Verfahren (offensichtlich) klärungsbedürftig war. Das Finanzamt hat die Aktenvorlage an das BFG dennoch ohne die erforderlichen Ermittlungen vorgenommen.
Die Aufhebung ist demnach nicht unzulässig, weil das BFG den maßgeblichen Sachverhalt weder rascher noch kostengünstiger als das FA aufklären kann. Vielmehr ist eine Sachaufklärung durch das BFG aufwändiger, weshalb die Voraussetzungen für ein Absehen von der grundsätzlich meritorischen Entscheidungspflicht des BFG vorlagen.
Zur Zulässigkeit einer Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Formalerledigung der Aufhebung und Zurückverweisung bei Unterlassung wesentlicher Ermittlungen ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht uneinheitlich (vgl. zB , ). Die vorliegende Entscheidung nimmt auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Bedacht, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag. Eine ordentliche Revision war daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 265 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7103228.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at