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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.07.2015, RV/7103157/2015

Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grund eines neuen (zweiten) Lohnzettels.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R. in der Beschwerdesache Bf., gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) reichte am die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 elektronisch beim Finanzamt ein. Er gab an von einer bezugauszahlenden Stelle Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erhalten zu haben. Dem Finanzamt wurde am ein diesbezüglicher Lohnzettel der X. (Bezugszeitraum 1. Jänner bis ) übermittelt. Vom 19. April bis bezog der Bf. Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2014 mit einer Gutschrift in Höhe von 445,00 Euro erklärungsgemäß fest.

Am wurde dem Finanzamt von der Y. ein Lohnzettel übermittelt. Der Bf. habe für den Bezugszeitraum 6. September bis Bruttobezüge in Höhe von 7.590,88 Euro erhalten.
Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2014 (Bescheid vom ) gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder aufgenommen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass das Verfahren wiederaufzunehmen gewesen sei, weil dem Finanzamt auf Grund eines neuen Lohnzettels erst nachträglich Umstände bekannt geworden wären, die im betreffenden Veranlagungszeitraum bereits existent gewesen seien und aus denen sich eine geänderte Einkommensteuerfestsetzung ergebe. Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2014 mit 199,00 Euro (Nachforderung: 644,00 Euro) fest.

Mit Schreiben vom erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 vom und führte begründend aus: "Da ich mir keiner Schuld bewusst bin sehe ich nicht ein das ich den angeforderten Betrag zahlen soll. Da ich am die Steuererklärung online gemacht habe. Ich bitte darum das sie meine Akte neu bearbeiten da ich mir keiner Schuld bewusst bin".

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und begründete dies wie folgt: "Bei der Onlineeinbringung der Arbeitnehmerveranlagung am haben Sie bei Anzahl der Dienstgeber 1 eingetragen. Tatsächlich hatten Sie 2014 aber zwei Dienstgeber. Am erging der Einkommensteuerbescheid, obwohl die Besteuerungsgrundlagen zu diesem Zeitpunkt nicht komplett waren. Der Bescheid vom war unrichtig. Auf Grund Hervorkommen neuer Tatsachen wurde am das Verfahren wiederaufgenommen und das Veranlagungsverfahren richtig gestellt."

Mit Schreiben vom stellte der Bf. fristgerecht den Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht und führte nochmals aus, dass er nicht absichtlich falsche Angaben gemacht habe und sich auch keiner Schuld bewusst sei. Er sei davon ausgegangen alles korrekt ausgefüllt zu haben.

Das Finanzamt legte die Bescheidbeschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Da die Besteuerungsgrundlagen erst nach Vorliegen beider Lohnzettel komplett gewesen wären, sei die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Recht erfolgt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 1 lit b Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2013, kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Dabei ist es unmaßgeblich, ob im Erstverfahren diese Umstände unverschuldet nicht bekannt geworden sind oder ob jemand ein Verschulden daran trifft.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Behörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln im Sinne des § 303 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand der Behörde (auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen etc.) des jeweiligen Verfahrens und des jeweiligen Veranlagungszeitraumes (vgl. ; , 2001/13/0135).

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014 am war dem Finanzamt nicht bekannt, dass es zwei bezugsauszahlende Stellen gab. Bis zu diesem Zeitpunkt war lediglich ein Lohnzettel dem Finanzamt übermittelt worden. Auch der Bf. gab in seiner Abgabenerklärung an, nur von einer bezugsauszahlenden Stelle Einkünfte erhalten zu haben. Es steht somit eindeutig fest, dass dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014 am die Besteuerungsgrundlagen, welche sich aus dem Lohnzettel der Y. ergeben hatten und somit die tatsächliche Höhe der Einkünfte des Bf. aus nichtselbständiger Arbeit nicht bekannt waren. Diese Tatsache gelangte dem Finanzamt erst durch die Übermittlung des diesbezüglichen Lohnzettels am zur Kenntnis. Das verspätete Hervorkommen des Lohnzettels der Y. stellt daher zweifellos eine neue Tatsache dar, die die belangte Behörde zur Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne des § 303 BAO berechtigte.

Für die amtswegige Wiederaufnahme eines Verfahrens ist es bedeutungslos, aus welchen Gründen dem Finanzamt die Tatsachen oder Beweismittel bisher unbekannt blieben. Zum Vorbringen des Bf., dass ihn an der fehlenden Angabe der zweiten bezugsauszahlenden Stelle kein Verschulden trifft, ist auszuführen, dass die Frage, ob den Abgabepflichtigen ein Verschulden daran trifft, dass in der Abgabenerklärung Angaben über bezogene Einkünfte fehlen, für die Zulässigkeit einer Wiederaufnahme von Amts wegen nicht entscheidend ist (vgl. ).

Die Erlassung des geänderten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2014 erfolgte daher zu Recht. Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7103157.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at