Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2015, RV/5101201/2008

Behaltedauer Unwägbarkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Fa. V gegen den Bescheid des FA WG vom , betreffend Investitionszuwachsprämie 2004 gemäß § 108e EStG 1988, zu StNr. XY zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Investitionszuwachsprämie 2004 wird mit  € 200.322,70  festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) betreibt u.a. ein Transportunternehmen. Im Jahr 2005 fand bei dieser eine Nachschau statt. In der weiteren Folge wurde mit Bescheid vom die Investitionszuwachsprämie (IZP) 2004 mit € 273.450 festgesetzt.

Im Jahr 2008 fand bei der Bf. eine Außenprüfung statt. Im Schlussbesprechungsprotokoll vom wurde zur IZP 2004 festgehalten:

Im Zuge der Prüfung sei festgestellt worden, dass von den im Jahr 2004 angeschafften Wirtschaftsgütern im Jahr 2006 nachfolgende WG veräußert worden seien.


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Bez. WG
Ansch. Datum
Ansch. Wert in €
ND
Verk. Dat.
Hyundai R250LC-7 H-Bagger
131.222
6 J.
Volvo L 110 E Radlader
110.206
6 J.
Hyundai R290LC-7 Kettenbagger
158.222
6 J.
Betonpumpe Schwing S 42 SX P
441.829
6 J.

Die Zugehörigkeit dieser Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen habe somit zwischen 2 Jahre 4 Monate und 1 Jahr 8 Monate betragen.

Ziel der § 108 e EStG 1988 sei die Förderung der Investitionstätigkeit der österreichischen Wirtschaft gewesen. Dieser Zweck erhelle, dass die Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum dh. zumindest mehr als die Hälfte der Nutzungsdauer dem Anlagevermögen des investierenden Unternehmens dienen müssen. Die prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter müssten zum langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt sein und die Anschaffungs-oder Herstellungskosten müssten daher zumindest mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer im Wege der AfA abgesetzt werden. Sei dies nicht der Fall, stelle das vorzeitige Ausscheiden ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar, das nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zu einer Änderung der Prämiengewährung führe. Davon sei nur abzusehen, wenn das Wirtschaftsgut, das zunächst für den langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt gewesen sei, auf Grund nachträglicher Unwägbarkeiten aus dem Betriebsvermögen ausscheide. Da besagte Wirtschaftsgüter nicht zumindest 3 Jahre im Betrieb eingesetzt gewesen sein, sei die geltend gemachte IZP 2004 entsprechend zu kürzen (€ 84.147,90).

Mit Bescheid vom wurde die IZP 2004 mit € 189.302,10 festgesetzt (bisher € 273.450 Nachzahlung € 84.147,90). In der Begründung wurde ausdrücklich auf die Niederschrift zur Schlussbesprechung vom verwiesen.

In der Berufung vom   wurde vorgebracht: Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter seien ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens, wobei sich grundsätzlich die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen auch für steuerliche Belange aus § 198 Abs. 2 UGB ableiten lasse. Für das Jahr 2004 betrage die IZP € 273.450. § 108 e EStG 1988 enthalte keine Bestimmungen, wonach die prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter für eine bestimmte Dauer gehalten werden müssen. Die Anschaffungs-/Herstellungskosten seien entsprechend der in § 108 e Abs 1 EStG 1988 enthaltenen Grundvoraussetzung im Wege der Absetzung für Abnutzung abgesetzt worden. Das Erfordernis, die gesamten bzw. zumindest mehr als die Hälfte der gesamten Anschaffungskosten im Wege der Abschreibung für Abnutzung abzusetzen, sei darin nicht normiert (vgl. Zorn, in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Rz 3 zu § 108e EStG). Ziel sei die Förderung der Investitionstätigkeit der österreichischen Wirtschaft. Aus diesem Grund seien von der Bf im Jahr 2004 große Investitionen vorgenommen worden. Insbesondere sei durch die Anschaffung einer Schwing Autobetonpumpe auf einem Mercedes Fahrgestell, auf Grund der in dieser Branche ohnehin starken Konkurrenzsituation, die Erschließung neuer Märkte und die Gewinnung von Neukunden beabsichtigt gewesen. Diese Betonpumpe habe sich durch eine Reichweite von 42 Meter ausgezeichnet, während die bis dahin eingesetzte Betonpumpe nur eine Reichweite von 34 Meter erreicht habe. Die neue Pumpe hätte insbesondere bei Großprojekten zum Einsatz gelangen sollen, zumal kaum ein anderer regionaler Konkurrent über eine Betonpumpe dieser Dimension verfügt habe. Trotz intensiver Bemühungen hätte keine entsprechende Auslastung erreicht werden können, sodass diese nach 2 Jahren auf Grund von kostentechnischen und wirtschaftlichen Abwägungen veräußert worden sei. Auch der Einsatz des Huyndai R250LC-7, des Volvo L 110 E und des Huyndai R 290LC-7 habe sich als wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll erwiesen, da der Großteil der Aufträge mit leistungsschwächeren und damit kostengünstigeren Maschinen durchgeführt hätte werden können. Da für die Autobetonpumpe kein entsprechendes Marktsegment habe erschlossen werden können, sei auch der Einsatz dieser Maschinen sehr eingeschränkt, da sie für den laufenden Geschäftsbetrieb überdimensioniert seien. Im Sommer 2006 sei demnach auf Grund betriebswirtschaftlicher Auswertungen die Entscheidung getroffen worden, diese Maschinengruppe mangels entsprechender Auslastung zu veräußern. Insbesondere der zeitnahe Verkauf der Wirtschaftsgüter zwischen und zeige den Zusammenhang der Maschinen nochmals auf. Unter Bezugnahme auf Doralt (RdW 2005,125) stehe die Prämie auch dann zu, wenn dich die Wirtschaftsgüter als Fehlinvestition erwiesen. Entsprechend Quantschnigg (ÖstZ 2003,140) liege die Besonderheit der IZP darin, dass nicht auf einzelne Investitionen abgestellt werde, sondern dass das Zuwachswachsvolumen an Investitionen des Begünstigungszeitraumes im Vergleich zum Referenzzeitraum den Förderungsgegenstand darstelle. Eine Verknüpfung des Investitionszuwachses mit der konkreten Investition sei damit nicht gegeben. Dies bedeute auch, dass Nachversteuerungen aus dem Titel des kurzfristigen Ausscheidens eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen ausgeschlossen seien. Mangels gesetzlicher Regelung lasse sich keine Behaltefrist ableiten. Die Unterstellung einer solchen sei auch im Hinblick auf das Legalitätsprinzip problematisch, zumal die getroffenen Entscheidungen auch im Vertrauen auf den Gesetzestext erfolgt seien. Eine Versagung der Prämie mangels einer im Gesetzestext nicht determinierten Behaltefrist widerspreche dem Rechtsschutzbedürfnis und mache die potenziellen Auswirkungen von unternehmerischen Entscheidungen unvorhersehbar. Auch ein steuerlicher Missbrauch gem. § 22 BAO könne im Hinblick auf die tatsächliche Behaltefrist nicht unterstellt werden.

Mit Bescheid vom wurde die Entscheidung über die Berufung gem. § 281 BAO bis zur Beendigung des beim VwGH zur GZ. 2012/15/0208 schwebenden Verfahrens ausgesetzt. Mit Erkenntnis vom wurde die Beschwerdevom VwGH betreffend IZP als unbegründet abgewiesen. Mit Schreiben vom wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.

Beweiswürdigung

Obiger Sachverhalt ist unbestritten.

Rechtslage

Die Festsetzung der Prämie wurde auf § 295a BAO gestützt.

Strittig ist zunächst die Frage, ob für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie (IZP) eine Mindestbehaltedauer der Wirtschaftsgüter im Anlagevermögen des Betriebes notwendig ist.

Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 kann bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern für den Investitionszuwachs eine Investitionszuwachsprämie (IZP) von 10 % geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 u. 8) abgesetzt werden.

Gemäß § 108e Abs. 2 EStG 1988 sind prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern zählen die in Abs. 2 des § 108e aufgezählten Wirtschaftsgüter.

§ 108e Abs. 1 EStG 1988 normiert als Voraussetzung für die IZP, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7,8 EStG 1988) abgesetzt werden.

Der Bestimmung des § 7 Abs. 1 EStG 1988 ist zu entnehmen, dass bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (Absetzung für Abnutzung, AfA) abzusetzen sind, welche sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung bemisst.

Maßgebend für die AfA ist die objektive betriebsindividuelle Nutzungsdauer, das ist jene Zeitspanne, innerhalb derer das Wirtschaftsgut einen wirtschaftlichen Nutzen abwerfen kann und im Betrieb nutzbringend einsetzbar sein wird, also die objektive Möglichkeit der Nutzung des Wirtschaftsgutes.

Wegen der Verknüpfung mit der AfA in § 108e Abs. 1 sind Wirtschaftsgüter, deren Nutzungsdauer weniger als ein Jahr beträgt, daher nicht begünstigt.

Eine explizit ausformulierte Behaltefrist für die begünstigten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens kann § 108e EStG 1988 nicht entnommen werden.

Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2012/15/0208, zum Ausdruck gebracht, dass die Wirtschaftsgüter nur dann Anspruch auf Investitionszuwachsprämie im Sinne des § 108e EStG 1988 vermitteln können, wenn sie dazu gewidmet sind, langfristig dem Betrieb als Anlagevermögen zu dienen. Aus dem Zweck der Regelung des § 108e EStG 1988 ergebe sich ebenfalls, dass Wirtschaftsgüter, die in die Berechnungsgrundlage der Investitionszuwachsprämie eingehen, zum längerfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt sein müssen. Als Indiz für die maßgebliche Widmung des Wirtschaftsgutes diene dabei die tatsächliche Abschreibung im Wege der AfA im Ausmaß von 50% der Anschaffungs- und Herstellungskosten. Ein im konkreten Betrieb bestehender, aus den betrieblichen Erfordernissen abgeleiteter üblicher (Re-)Investitionszyklus für bestimmte Arten von Wirtschaftsgütern sei dahin zu berücksichtigen, dass es noch nicht als Indiz gegen die Widmung des Wirtschaftsgutes zum längerfristigen Einsatz im Betrieb zu werten ist, wenn bei Vorliegen eines solchen Zyklus das vorgenannte Ausmaß der tatsächlichen Abschreibung im Wege der Afa im geringen Ausmaß unterschritten werde.

Vor diesem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung wird die tatsächliche Abschreibung der beschwerdegegenständlichen Objekte im Wege der AfA zu berechnen sein.

Unter der Berücksichtigung der Möglichkeit, jeweils eine volle oder eine halbe Abschreibung für Abnutzung in Anspruch zu nehmen (§ 7 Abs. 2 EStG 1988, Halbjahressprünge), kommt es bei dem jeweiligen Nutzungszeitraum zu folgender Afa-Quote (=Verhältnis Gesamt-Afa zu den Anschaffungskosten- oder Herstellungskosten).

Hydraulikbagger 41,7%

Kettenbagger 41,7%

Autobetonpumpe 41,7%

Die Zeit der tatsächlichen Nutzung des Wirtschaftsgutes als Anlagevermögen im Betrieb der Bf bewegt sich damit jedenfalls in einem Bandbreitenbereich, der nicht mehr als unschädlich im Sinne des angeführten Erkenntnisses des VwGH betrachtet werden kann. Dass ein (Re-)Investitionszyklus vorliegt, wurde nicht behauptet.

Bereits aus dieser Überlegung heraus vermögen die Beschwerdeausführungen, was sie Behaltefrist betrifft, der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Unterstellt man dem Radlader allerdings eine Nutzungsdauer von 6 Jahren, so beträgt der Prozentsatz 50 und steht dafür die IZP im Ausmaß von € 11.020,60 zu.

Daraus folgert, dass die IZP 2004 € 200.322,70 beträgt (IZP lt. bekämpften Bescheid € 189.302,10 zuzüglich € 11.020,60). Somit war die Beschwerde teiweise stattzugeben.

In der Beschwerde wurde, was das vorzeitige Ausscheiden betrifft, auch auf die mangelnde Auslastung und auf damit einhergegende kostentechnische und wirtschaftliche Überlegungen verwiesen.

Aus dem Zweck der Bestimmung des § 108e EStG 1988 ergibt sich, dass die Investitionszuwachsprämie auch zusteht, wenn das Wirtschaftsgut zwar zunächst für den langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt war, nach der Anschaffung eintretende Unwägbarkeiten (zB Schaden auf Grund höherer Gewalt, Wasser, Feuer, unvorhergesehene Unbrauchbarkeit im Betrieb) aber zu einem Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen führen.

Unter Unwägbarkeiten sind gewöhnlich nicht vorhersehbare Risiken, unberechenbare bzw. wertmäßig nicht oder nur schlecht quantifizierbare Einflussfaktoren zu verstehen. Als Unwägbarkeiten gelten, angelehnt an eine liebhabereirechtliche Sichtweise, Ereignisse, die nicht dem üblichen Wirtschaftsverlauf entsprechen und in der Regel keinen Kausalzusammenhang zu einem gewollten Verhalten des Steuerpflichtigen aufweisen.

In diesem Zusammenhang wird noch einmal ausdrücklich auf das Erkenntnis des Zl. 2012/15/0208, verwiesen, wonach Unsicherheiten hinsichtlich Umsatzerwartungen keine Unwägbarkeiten sind, die einen begünstigungsunschädlichen frühzeitigen Verkauf von prämienbegünstigt angeschafften Wirtschaftsgütern rechtfertigen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhing, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, und die Frage, ob eine Behaltefrist besteht, durch die zitierte Rechtsprechung des VwGH eindeutig geklärt ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Tratlehner in SWK 32/2018, 1409
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.5101201.2008

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at