Doppelstudium oder schädlicher Studienwechsel?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Beschwerdesache Bf, gegen den Bescheid des FA Salzburg-Stadt vom , VNR, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.
Die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) für den Sohn VNR-Sohn wird auf den Zeitraum Dezember 2009 bis Februar 2011 eingeschränkt.
Der Rückforderungsbetrag beträgt
Familienbeihilfe € 2,443,20 (152,70 * 16 - doppelter Betrag im September)
Kinderabsetzbetrag € 876,00 (58,40 * 15)
gesamt somit € 3.319,20; bisher war vorgeschrieben € 3.741,40.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Übergangsbestimmungen
Gemäß § 323 Abs. 37 BAO treten u.a. die §§ 243 bis 291, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 14/2013, mit in Kraft und sind, soweit sie Beschwerden betreffen, auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen und Devolutionsanträge anzuwenden.
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
Im Sinne dieser Übergangsbestimmungen werden die sämtliche Verfahrensabläufe nicht mit ihren tatsächlichen Bezeichnungen sondern mit ihren Bezeichnungen im Sinne der aktuellen Gesetzeslage beschrieben.
Verfahrensablauf
Mit mehreren Auskunftsersuchen (12.09., sowie ) wurde der Anspruch auf Familienbeihilfe durch die Abgabenbehörde überprüft. Angefordert wurde ein Studienerfolgsnachweis für Geschichte ab dem WS 2008/2009 sowie für Politikwissenschaft ab WS 2008/2009. Zudem wurde die Frage gestellt: welches Studium ist von wann bis wann sein Hauptstudium.
Mit Schreiben vom führte der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) unter Vorlage von Unterlagen aus:
"Wie aus den Unterlagen ersichtlich ist, studiert mein Sohn seit dem (gemeint offensichtlich: , da dies der Erstinskriptionszeitpunkt war) Rechtswissenschaften als Hauptstudium und ist weiterhin im Fach Geschichte angemeldet."
Mit dem angefochtenen Bescheid forderte die Abgabenbehörde die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag aufgrund des Studienwechsels für den Zeitraum Okt. 2009 bis Feb. 2011 zurück.
In der dagegen erhobenen Beschwerde vom führte der Bf aus, dass ihm bei der getätigten Mitteilung über das Studium des Sohnes ein Fehler unterlaufen sei. Der Sohn studiert nach wie vor Geschichte im Hauptstudium und wird es zu Ende studieren. Geschichte wurde somit nie unterbrochen oder gewechselt. Rechtswissenschaften hat er dazu inskribiert und studiert es gleichzeitig. Somit liegt kein Studienwechsel vor, sondern Geschichte bleibt Hauptstudium.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom , VNR, wies die Abgabenbehörde die Beschwerde ab und führte darin aus:
"Mit Schreiben vom wurden sie aufgefordert bekanntzugeben, welches Studium von wann bis wann das Hauptstudium von Sohn war. Als Antwort, eingelangt am teilten sie uns mit, dass dies seit dem das Studium der Rechtswissenschaften ist. Da dieses Studium jedoch erst im Wintersemester 2009 begonnen wurde, kann dies nicht zutreffen. Laut Aktenlage hat ihr Sohn im Geschichtsstudium nur Prüfungen bis abgelegt. Da beim Rechtswissenschaftsstudium ab dem Wintersemester 2009 laufend Prüfungen abgelegt werden, wurde der Studienwechsel mit Beginn des Wintersemesters, also Oktober 2010 (richtig: 2009), vorgenommen."
Im Vorlageantrag vom führte der Bf aus, dass sein Sohn sowohl das Studium der Geschichte als auch Rechtswissenschaften zielstrebig studiere mit der Absicht, beide abzuschließen. Es ist richtig, dass zuletzt vorerst ausschließlich Prüfungen in Rechtswissenschaft abgelegt wurden. diese sind aber zum Teil auch für Geschichte anrechenbar, was mein Sohn auch beabsichtigt. Es hat somit kein Studienwechsel stattgefunden, sondern Geschichte wird unverändert fortgeführt.
Nach Vorlage der Beschwerde erging folgender Vorhalt an den Bf:
"Im Vorlageantrag führen sie aus, dass ihr Sohn beabsichtigt, Prüfungen aus dem Studium der Rechtswissenschaften auf das Studium der Geschichte anrechnen zu lassen.
Sie werden daher eingeladen, den entsprechenden Anrechnungsbescheid (§ 78 Universitäts-gesetz 2002) der Universität Salzburg vorzulegen.
In seinem Erkenntnis vom , 2011/16/0060, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall ausgesprochen, dass das Fehlen von Prüfungen in ersten der beiden Doppelstudien allein spreche noch nicht für einen Wechsel von diesem auf das zweite Studium, wenn die Prüfungen aus dem zweiten Studium für das erste Studium anrechenbar sind. Vgl. auch im fortgesetzten Verfahren.
Sollte noch kein Anrechnungsbescheid vorliegen, werden sie ersucht, eine Bestätigung der Universität vorzulegen, aus der ersichtlich ist, welche der im Studium Rechtswissenschaft konkret abgelegten Prüfungen auch für das Geschichtestudium (2. Abschnitt) anrechenbar wären."
Mit Schreiben vom legte der Bf den Anrechnungsbescheid vom , GZ, vor. Dieser Anrechnungsbescheid wurde der Abgabenbehörde zur Stellungnahme übermittelt. Diese führte dazu aus, dass die Anrechnung sich auf einen Zeitraum außerhalb des Beschwerdezeitraumes beziehe und zudem nicht für das bisher betriebene Studium der Geschichte erfolgt sei.
Über einen weiteren Vorhalt legte der Bf eine Bestätigung der Universität vom vor, wonach die angerechneten Prüfungen auch für das Diplomstudium D 312 im Rahmen der Wahlfächer anrechenbar gewesen wäre.
Mit Vorhalt vom wurde die Abgabenbehörde zur Stellungnahme eingeladen. Diese führte aus, dass für die Annahme des Studienwechsels ausschließlich der Wechsel des Hauptstudiums (lt. Auskunft des Bf vom ) maßgeblich war. Zu beurteilen ist daher ausschließlich der Studienwechsel vom Diplomstudium Geschichte auf das Diplomstudium Rechtswissenschaften (WS 2009).
Sachverhalt
Der Sohn des Bf absolvierte nach den Angaben im Studienblatt vom folgende Studien:
1.) Seit : das Diplomstudium der Geschichte (D 312)
2.) Seit : das Bachelorstudium der Politikwissenschaft (D 033 624) bis ,
3.) Seit : das Studium der Rechtswissenschaften (D 101).
Die 1. Diplomprüfung im Studium der Geschichte (D 312) wurde am abgelegt.
Über Vorhalt der Abgabenbehörde teilte der Bf am mit, dass sein Sohn seit dem (gemeint offensichtlich ) Rechtswissenschaften als Hauptstudium studiere und weiterhin im Fach Geschichte angemeldet sei. Diese Mitteilung hat der Bf in der Berufung als Fehler, der ihm unterlaufen sei, beurteilt. Sein Sohn studiere weiterhin Geschichte als Hauptstudium.
Im Studienblatt vom ist auch angeführt, dass das Studium D 312 ein auslaufendes Studium und nur bis studierbar ist. Das Bachelorstudium der Geschichte (D 033 603) wird vom Sohn des Bf ab Sommersemester 2012 betrieben.
Das Finanzgericht nimmt als erwiesen an, dass - wie der Bf in seiner Beantwortung der konkreten Fragen der Abgabenbehörde klar mitgeteilt hat - sein Sohn, geb. , am das Studium der Rechtswissenschaften begonnen hat und dieses als Hauptstudium studiert und im Studium der Geschichte D 312 weiterhin angemeldet ist.
Mit Bescheid der Universität Salzburg vom , GZ, wurden Prüfungen aus den Studien der Politikwissenschaft und Rechtswissenschaften im Ausmaß von 8 bzw. 11 Semesterstunden für das Bachelorstudium Geschichte D 033 603 anerkannt.
Beweiswürdigung
Das Finanzgericht ging bei der Sachverhaltsfeststellung von folgenden Überlegungen aus:
Die Angaben des Bf im Schreiben vom sind aufgrund einer klaren Fragestellung der Abgabenbehörde (Welches Studium ist von wann bis wann sein Hauptstudium?) erfolgt.
Für die Richtigkeit dieser Angabe sprechen auch folgende Umstände:
Der Sohn hat im Studium Geschichte am die erste Diplomprüfung abgelegt. Danach hat er bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides am eine einzige Prüfung abgelegt und zwar am über 2 Semesterstunden (Wissenschaftliches Schreiben im Studium); also innerhalb von fast 3 Jahren eine Prüfung und diese hat er vor dem angegebenen Wechsel des Hauptstudiums abgelegt.
Die Anrechnung von Prüfungen wurde erst im Vorlageantrag angesprochen und die Anrechnung erfolgte mit Bescheid der Universität Salzburg vom .
Wäre das Diplomstudium der Geschichte D 312 ernsthaft als Hauptstudium betrieben worden, dann wäre die Anrechnung von Prüfungen zeitnah erfolgt, auch um den Studienerfolg im Diplomstudium der Geschichte erbringen zu können.
Insbesondere die Anrechnung von Prüfungen aus dem Studium der Politikwissenschaften, denn dieses Studium wurde laut Studienblatt am beendet.
Angerechnet wurden aus diesem Studium:
6 Semesterstunden aus dem Wintersemester 2006/07,
2 Semesterstunden aus dem Wintersemester 2007/08.
Bei ernsthaftem Betreiben des Diplomstudiums der Geschichte wäre die Anrechnung zeitnah beantragt worden, spätestens mit der Beendigung dieses Studiums der Politikwissenschaften.
Eine frühere Anrechnung wäre bei ernsthaftem Betreiben des Diplomstudiums der Geschichte auch aufgrund des Umstandes geboten gewesen, dass das Diplomstudium der Geschichte nur mehr bis zum studierbar war.
Ein weiteres Argument dafür, dass das Diplomstudium der Geschichte D 312 nicht mehr als Hauptstudium betrieben worden ist, liegt in dem Umstand, dass die Anrechnung der Prüfungen aus Politikwissenschaften und Rechtswissenschaften für das Bachelorstudium der Geschichte D 033 603, welches ab dem Sommersemester 2012 begonnen wurde, beantragt worden ist und nicht für das Diplomstudium D 312.
Einziges Argument für ein Hauptstudium Geschichte ist der Umstand, dass dieses Studium weiterhin angemeldet war. Das bedeutet aber nur, dass es nicht beendet worden ist. Alle sonstigen Umstände sprechen gegen den Umstand, dass das Diplomstudium der Geschichte weiterhin als Hauptstudium betrieben worden ist.
Bei Wertung der Argumente kommt das Finanzgericht zur Überzeugung, dass die ursprüngliche Angabe des Bf im Schreiben vom der Wahrheit entspricht und der Sohn tatsächlich mit Beginn des Studiums der Rechtswissenschaften am dieses ab dem Wintersemester 2009/2010 als Hauptstudium betrieben hat.
Diese Auskunft erfolgte zudem nicht aufgrund eines Überprüfungsschreibens der Abgabenbehörde mittels - in Bezug auf Mehrfachstudien - unklaren Formblattes, sondern aufgrund einer ganz konkreten Fragestellung im Vorhalt vom . Die klare Antwort des Bf entspricht dem tatsächlichen Geschehensablauf.
Rechtslage und Erwägungen
Der vorliegende Sachverhalt kommt jenem, dem Erkenntnis des , zugrundeliegenden Sachverhalt, sehr nahe. Daher wird hinsichtlich der Rechtslage und der rechtlichen Ausführungen auf dieses Erkenntnis verwiesen. Wörtlich hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt:
"§ 2 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 23/1999 lautet auszugsweise:
"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ......
b) für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester .…....
Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Wahl- und Pflichtfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß."
Die Familienbeihilfe wird nach § 10 Abs. 1 FLAG nur auf Antrag gewährt und zwar nach § 10 Abs. 2 leg. cit. vom Beginn des Monats, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
§ 25 FLAG lautet:
"§ 25. Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, sind verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, bei dem nach § 13 zuständigen Finanzamt zu erfolgen."
Der mit "Mehrfachstudien" überschriebene § 14 des Studienförderungsgesetzes 1992 - StudFG lautet auszugsweise:
"§ 14. (1) Bei gleichzeitiger Absolvierung mehrerer Studien besteht Anspruch auf Studienbeihilfe nur für ein Studium. Die Wahl des Studiums, für das Studienbeihilfe beantragt wird, steht dem Studierenden frei. Jede Änderung dieser Entscheidung gilt als Studienwechsel.
(2) ….."
Der mit "Studienwechsel" überschriebene § 17 StudFG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 76/2000 lautet auszugsweise:
"§ 17. (1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind, ……
(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat."
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG in der im Beschwerdefall noch maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 8/1998 hatte derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 FLAG genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist.
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Euro-Steuerumstellungsgesetzes - EuroStUG 2001, BGBl. I Nr. 59/2001, stand einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wurde, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 50,90 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, war § 26 FLAG anzuwenden.
Das FLAG enthält keine Definition eines Studienwechsels und verweist in § 2 Abs. 1 lit. b nur für den Fall, dass ein Studienwechsel vorliegt, auf § 17 StudFG. Auch das StudFG enthält keine abschließende Definition des Studienwechsels (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/12/0053, VwSlg 15.534/A, und vom , Zl. 2002/10/0167, sowie Wimmer in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 94).
Bei der Auslegung des Begriffes des Studienwechsels im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ist aus dem Gesamtzusammenhang des FLAG auch die hg. Rechtsprechung zu berücksichtigen, wonach die Gewährung von Familienbeihilfe für volljährige Kinder nach den näheren Regelungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ersichtlich darauf abstellt, dass sich das Kind einer Berufsausbildung mit dem ernstlichen und zielstrebigen Bemühen um den Ausbildungserfolg unterzieht (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/13/0142, VwSlg 8.352/F).
Es ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt ein Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt, bevor auf einen solchen Studienwechsel die Bestimmungen des § 17 StudFG angewendet werden können.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Studienwechsel im Sinne des § 17 StudFG etwa vor, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt (vgl. etwa das erwähnte und auch von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom und das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).
Die belangte Behörde stellte fest, die Tochter der Beschwerdeführerin habe das Studium der Biologie nach Abschluss des ersten Studienabschnittes im zweiten Studienabschnitt mit Ablauf des sechsten Semesters "abgebrochen bzw. keine Prüfungen mehr abgelegt".
Die Wendung "bzw." lässt keine Aussage zu, ob damit ein "und" oder ein "oder" gemeint ist. Es ist somit nicht ersichtlich, ob die belangte Behörde ihre Schlussfolgerungen darauf stützt, dass die Tochter der Beschwerdeführerin entweder das Studium der Biologie abgebrochen oder keine Prüfungen mehr abgelegt hat, der belangten Behörde sohin einer der beiden Umstände genügte, oder ob sie sich darauf stützt, dass die Tochter der Beschwerdeführerin das Studium abgebrochen und keine Prüfungen mehr abgelegt hat.
Mit der Feststellung, dass die Tochter der Beschwerdeführerin das Studium der Biologie an der Universität abgebrochen habe, entfernt sich die belangte Behörde von der Aktenlage. Die Beschwerdeführerin hat u.a das am erstellte Studienblatt ihrer Tochter S für das Wintersemester 2006 vorgelegt, woraus ersichtlich ist, dass S seit Beginn des Studiums, seit dem Wintersemester 2002/2003, ohne Unterbrechung an der Universität gemeldet war und der Studienbeitrag für dieses Wintersemester 2006 entrichtet wurde. Das Finanzamt selbst hat im Vorhalt an die Beschwerdeführerin vom festgehalten, es sei nachgewiesen, dass das Studium an der Universität "weiterhin" aufrecht sei.
Der von der belangten Behörde mit der eine bestimmte Aussage nicht erkennen lassenden Floskel "bzw." verknüpfte Umstand, dass S nach dem Sommersemester 2005 "keine Prüfungen mehr abgelegt" habe, berechtigt allein noch nicht dazu, von einem Abbruch des Studiums zu sprechen. Von der Frage eines Studienabbruchs ist die Frage eines Studienerfolgs oder der Zielstrebigkeit des Studierenden zu unterscheiden.
Durfte die belangte Behörde somit nicht von einem Abbruch des Studiums an der Universität ausgehen, lag mit Beginn des Studiums an der Akademie für den physiotherapeutischen Dienst (an einer Einrichtung iSd § 3 Abs. 1 Z 8 StudFG) ein Mehrfachstudium (Doppelstudium) vor.
Innerhalb eines Doppelstudiums kann zwischen den zwei betriebenen Studien auch schon gewechselt werden, bevor das eine Studium abgebrochen oder unterbrochen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/13/0125, VwSlg 8.335/F).
Die belangte Behörde stützt sich auch auf das erwähnte hg. Erkenntnis vom . Der Verwaltungsgerichtshof vertrat darin (und später etwa auch im erwähnten Erkenntnis vom ) die Ansicht, dass im Falle der gleichzeitigen Absolvierung mehrerer Studien (Mehrfachstudien) ein Studienwechsel dann vorliegt, wenn der Studierende an Stelle des bisher angegebenen Studiums ein anderes von ihm betriebenes Studium benennt.
Diese Rechtsprechung zum StudFG ist nicht ohne weiteres auf das FLAG zu übertragen, weil § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auf den dieser Rechtsprechung zu Grunde liegenden § 14 StudFG nicht verweist. Während Studienbeihilfe für ein bestimmtes, im Fall von Mehrfachstudien vom Studierenden wählbares Studium beantragt und bewilligt werden kann, wird Familienbeihilfe für ein Kind gewährt, das ein Studium erfolgreich betreibt. Während die dem Studierenden nach § 14 StudFG offen stehende Wahl, für welches der beiden gleichzeitig betriebenen Studien Studienbeihilfe beantragt wird, durch die Benennung des anderen als des bisherigen Studiums den Studienwechsel iSd StudFG bewirkt, bewirkt der Studienwechsel iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG die Verpflichtung nach § 25 FLAG, wonach der Empfänger der Familienbeihilfe (nicht notwendig der Studierende) die Tatsachen zu melden hat, welche ein Erlöschen des Anspruchs bewirken. Im Fall eines Studienwechsels ist nach § 25 FLAG daher nur dann eine Meldung an das Finanzamt erforderlich, wenn dieser Studienwechsel auch zu einem Erlöschen des Anspruchs auf Familienbeihilfe führt. Die in der erwähnten Rechtsprechung für einen Studienwechsel im Falle von Mehrfachstudien (zB Doppelstudium) erforderliche Benennung ist damit eine Willenserklärung, die in § 25 FLAG festgelegte Meldung von Tatsachen eine Wissenserklärung.
Im Beschwerdefall bedeutet dies, dass der von der belangten Behörde angenommene Studienwechsel nach dem sechsten Semester des Studiums der Biologie (gleichzeitig mit der Aufnahme des Studiums an der Akademie für den physiotherapeutischen Dienst) eine iSd § 25 FLAG zu meldende Tatsache wäre. Nach der Aktenlage hat die Beschwerdeführerin dem Finanzamt für den Streitzeitraum einen solchen Studienwechsel nicht gemeldet. Soweit die belangte Behörde das Formblatt "Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe" heranzieht, ist darauf hinzuweisen, dass sich aus der Gestaltung des Formblattes - welches für den Fall von Mehrfachstudien im übrigen zweideutig formuliert ist - nicht ergibt, dass darin Angaben über zurückliegende Zeiträume zu treffen sind. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die geforderten Angaben einen allfälligen weiteren Familienbeihilfenbezug betreffen, sohin ex nunc zu verstehen sind (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/13/0105, und vom , Zl. 96/13/0076).
Ob sohin die im September 2006 erfolgte Angabe eines Studiums im erwähnten Formblatt die Meldung eines in diesem Monat erfolgten Wechsels auf dieses Studium darstellt, der nach § 10 Abs. 2 FLAG ein Erlöschen des Anspruchs auf Familienbeihilfe ab dem Oktober 2006 bewirkt hätte, kann im Beschwerdefall, der den Streitzeitraum Oktober 2005 bis September 2006 betrifft, dahin gestellt bleiben.
Das von der belangten Behörde herangezogene Fehlen von Prüfungen im ersten der beiden Doppelstudien allein spricht noch nicht für einen Wechsel von diesem auf das zweite Studium, wenn wie im Beschwerdefall die Prüfungen aus dem zweiten Studium für das erste Studium anrechenbar sind (vgl. auch § 78 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002)."
Aus der Berufungsentscheidung vom , RV/1783-W/11, die im fortgesetzten Verfahren ergangen ist, geht hervor, dass dort Prüfungen im Ausmaß von 34 Semesterstunden und weitere 13 Prüfungen anerkannt worden sind.
Die Anrechnung erfolgte noch während des Studiums der Physiotherapie für die fraglichen Zeiträume des Biologiestudiums, sodass dort für den gesamten Zeitraum des Biologiestudiums anerkannte Prüfungen abgelegt worden sind, das Studium weiter betrieben worden ist und ein günstiger Studienerfolg vorgelegen hat.
Zudem ist dort das Studium der Biologie weiterhin Grundlage für die Gewährung des Stipendiums gewesen, also von der Studierenden selbst die Willenserklärung (§ 14 Abs. 1 StudFG) abgegeben worden ist, dass das Studium der Biologie das Hauptstudium ist.
Alle Umstände sprachen dabei gegen einen Wechsel des Hauptstudiums.
Der vorliegend zu beurteilende Fall weicht von dem zitierten Erkenntnis in wesentlichen Punkten ab:
1.) Die Überprüfung erfolgte nicht mit dem Formblatt "Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe", das nach Ansicht des VwGH für den Fall von Mehrfachstudien zweideutig formuliert ist und aus dem sich nicht ergibt, dass darin Angaben über zurückliegende Zeiträume zu treffen sind.
Aus den angeforderten Unterlagen und der Fragestellung der Abgabenbehörde war zweifelsfrei ersichtlich, dass die Überprüfung zurückliegende Zeiträume betraf.
Es erfolgte eine klare Antwort auf eine gezielte Fragestellung, welches Studium von wann bis wann sein Hauptstudium ist:
"Wie aus den Unterlagen ersichtlich ist, studiert der Sohn seit dem (gemeint offensichtlich: , da dies der Inskriptionszeitpunkt war) Rechtswissenschaften als Hauptstudium und ist weiterhin im Fach Geschichte angemeldet."
2.) Die Anrechnung von Prüfungen erfolgte:
a.) in geringem Umfang (aus dem Studium der Rechtswissenschaften 11 Semesterstunden für den Zeitraum von 6 Semestern)
b.) erst zu einem Zeitpunkt als das Rückforderungsverfahren bereits im Gange war und
c.) für ein anderes Studium, nämlich D 303 603 Bachelorstudium der Geschichte.
Trotzdem der Sohn wusste, dass das Diplomstudium der Geschichte nur mehr bis studierbar ist, hat er seit der letzten Prüfung am keine Aktivitäten im Rahmen dieses Studiums gesetzt, außer es zur Fortsetzung anzumelden.
Es kann daher der Abgabenbehörde nicht widersprochen werden, wenn sie den Angaben des Bf im Schreiben vom geglaubt hat, dass der Sohn wie aus den Unterlagen ersichtlich, seit dem 25.01.2009 (richtig: 25.11.2009) das Studium der Rechtswissenschaften als Hauptstudium studiert. Damit ist der Anspruch auf Familienbeihilfe durch den Studienwechsel nach dem dritten inskribierten Semester erloschen (siehe auch die Begründung der BVE).
Die Angabe ist von der Abgabenbehörde so verstanden worden, dass der Studienwechsel erst ab dem Wintersemester 2009/10 erfolgt ist, weil das Studium der Rechtswissenschaft erst ab diesem Wintersemester inskribiert worden ist.
Aus dem Studienblatt ist jedoch ersichtlich, dass der Sohn das Studium der Rechtswissenschaft erst am begonnen hat. Die Rückforderung der Familienbeihilfe kann daher erst ab dem (dem Erlöschen des Anspruches auf Familienbeihilfe) folgenden Monatsersten erfolgen (§ 10 Abs. 2 FLAG). Insoweit war der Beschwerde stattzugeben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; vgl. das ausführlich dargestellte Erkenntnis vom , 2011/16/0060 und die dort zit. Rechtsprechung.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 14 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.6100090.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at