Keine Zurückziehung der ArbeitnehmerInnenveranlagungserklärung bei Pflichtveranlagung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.a Ri in der Beschwerdesache BF., T , gegen den Bescheid des FA Innsbruck vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Akteninhalt:
Der Beschwerdeführer (Bf.) reichte am beim Finanzamt Innsbruck die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für 2012 ein. Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen wurden hierin nicht geltend gemacht.
Mit Bescheid vom veranlagte das Finanzamt Innsbruck den Bf. zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2012, woraus eine Nachzahlung von 225,00 € resultierte. Der Bf. habe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in folgender Höhe bezogen :
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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit | stpfl. Bezüge (245) |
Bezugsauszahlende Stelle | |
A
GesmbH | 15.459,33 € |
Tiroler Gebietskrankenkasse | 282,39 € |
Tiroler Gebietskrankenkasse | 132,89 € |
Tiroler Gebietskrankenkasse | 265,71 € |
Tiroler Gebietskrankenkasse | 49,83 € |
Nach Abzug des Pauschbetrages für Werbungskosten ergebe dies Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 16.058,15 €; unter Berücksichtigung des Sonderausgabenpauschbetrages ein Einkommen von 15.998,15 €.
Unter Berücksichtigung des § 33 Abs. 1 EStG 1988 (15.998,15 – 11.000,00) x 5.110,00/14.000,00 betrage die Einkommensteuer 1.824,32 €. Unter Berücksichtigung der Absetzbeträge (291,00 €, 54.00 €) sowie der Steuer auf sonstige Bezüge ermittelte sich – unter Abzug der anrechenbaren Lohnsteuer – eine Einkommensteuer von € 225,00.
Laut den übermittelten Lohnzettel war der Bf. von 01.01.- bei der A Ges.m.b.H. beschäftigt. Steuerpflichtiges Krankengeld wurde von der Tiroler Gebietskrankenkasse bezogen von 05.10.- , 05.11 – , 13.11. – und 29.08. – .
Mit beim Finanzamt Innsbruck am eingelangten Schreiben - datiert mit – "nahm der Bf. den Einkommensteuerbescheid 2012 (gemeint: Antrag 2012) zurück."
Das Finanzamt wertete dieses Anbringen als Berufung und erließ mit Datum eine abweisende Berufungsvorentscheidung. Gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 habe eine Pflichtveranlagung u.a. dann zu erfolgen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten seien und Krankengeld aus der gesetzlichen Sozialversicherung ausbezahlt worden sei. Da im gegenständlichen Berufungsfall während des Jahres Krankengeld bezogen worden sei, liege ein Pflichtveranlagungstatbestand vor, der nicht zurückgezogen werden könne.
Mit Schreiben vom erhob der Bf. einen als "Widerspruch" bezeichneten Vorlageantrag. Er nehme den Antrag zurück und möchte nicht noch für seine Krankheit bestraft werden. Er bitte um Verständnis und habe sich erkundigt, dass dies auf alle Fälle gehe.
Nach Verständigung des Bf. über die Vorlage der Beschwerde übermittelte der Bf. am ein weiteres Schreiben. Darin führte er aus, dass er nochmals „Widerspruch“ gegen den Steuerbescheid 2012 erhebe. Seine Frau habe wegen seiner langen Krankheit die Einkommensteuererklärung für ihn gemacht und er werde nun dafür bestraft. Er sei nicht in der Lage diesen Betrag zurückzuzahlen.
2. Rechtsgrundlagen:
Nach § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 gilt: Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7,8 oder 9 zugeflossen sind.
Nach § 69 Abs. 2 EStG 1988 ist bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung Lohnsteuer einzubehalten, wenn die Bezüge einen bestimmten Mindestbetrag übersteigen.
3. Als erwiesen angenommener Sachverhalt:
Einreichung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 mit .
Übermittlung von Lohnzetteln durch die Firma A Ges.m.b.H. sowie durch die Tiroler Gebietskrankenkasse.
4. Rechtliche Beurteilung:
Nach der Aktenlage haben sowohl der Arbeitgeber als auch die Tiroler Gebietskrankenkasse jeweils Lohnzettel übermittelt, aus denen sich die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Bezüge ergeben.
Bei der Veranlagung von lohnsteuerpflichtigen Einkünften ist zwischen der so genannten Antragsveranlagung (siehe Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 41 Anm. 25ff) und der Pflichtveranlagung (siehe Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 41 Anm. 6ff) zu unterscheiden. Ein Antrag auf Antragsveranlagung nach § 41 Abs. 2 EStG 1988 kann bis zur Rechtskraft des Abgabenbescheides zurückgezogen werden; bei einer Pflichtveranlagung ist ein "Rücktritt" nicht möglich (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 41 Anm. 30).
Gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988 ist bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung Lohnsteuer einzubehalten, wenn die Bezüge einen bestimmten Mindestbetrag übersteigen.
Gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und ihm im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7 oder 8 EStG 1988 zugeflossen sind.
Da der Bf. im Jahr 2012 sowohl Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der A Ges.m.b.H. als auch steuerpflichtiges Krankengeld bezogen hat, war für 2012 eine Pflichtveranlagung durchzuführen.
Ein Rücktritt von dem Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2012 mit der Folge, dass das Finanzamt keine Veranlagung durchzuführen hätte, ist daher nicht zulässig. Das Finanzamt kann auch ohne formgerechte Einkommensteuererklärung die Veranlagung vornehmen, wenn ihm - wie im vorliegenden Fall - die entsprechenden Daten zur Verfügung stehen.
Die Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2012 durch das Finanzamt ist daher zu Recht erfolgt.
Wenn der Bf. auf seine prekäre finanzielle Situation und seine lange Krankheit hinweist, sei er auf die Möglichkeit einer Ratenzahlung (§ 212 Abs. 1 BAO) bzw. einer Nachsicht (§ 236 Abs. 1 BAO) hingewiesen. In beiden Fällen sind Anträge erforderlich und hat das Finanzamt zu entscheiden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
5. Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Diese Voraussetzungen liegen im Beschwerdefall nicht vor.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 69 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.4100264.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at