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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 20.04.2015, RV/5100043/2011

Bescheidaufhebung mangels Ermittlungen bei einer Prostituierten im Zusammenhang mit einer Schätzung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Richterin über die  Beschwerde Bf. (bisher M.), Adresse vertreten durch Stb K. gegen die Bescheide des FA FA1 vom , betreffend Umsatzsteuer  und Einkommensteuer für 2006 und 2007, StNr. xy beschlossen:

1. Die angefochtenen Bescheide vom  werden gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.

2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4  iVm. Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Verfahrensablauf:

Mit Kontrollmitteilung vom  teilte die Steuerfahndung dem zuständigen Finanzamt mit, dass im Zuge der Hausdurchsuchung bei X. am 18./ ein Ringbuch, Format A6, Farbe Orange mit Strawberry-Dekor, beschlagnahmt worden sei.

X. teilte damals den ermittelnden Beamten mit, dass dieses Ringbuch der Stieftochter, der Beschwerdeführerin (infolge Bf.), gehören würde. Die geführten täglichen Aufzeichnungen betreffen den Zeitraum Mai bis Dezember 2006 bzw. Jänner bis Juni 2007. Inwieweit für diese Einnahmen Abzugsteuer (mtl. 250) beim Finanzamt erfolgte, müsste noch erhoben werden.

Bei der Hausdurchsuchung am habe sich die Bf. in der "Bar" in Y. befunden. Auch die zwei Monate alte Tochter der Bf. sei in einem Zimmer im Obergeschoss untergebracht gewesen. Auf der Stricherlliste ohne Datum, die vermutlich vom stammt, scheine auch der Vorname „I.“ auf.

Es bestehe der Verdacht, dass die Bf. als Einzelunternehmerin unter Verletzung ihrer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung an Umsatz-/Einkommensteuer bewirkt habe.

Im Notizbuch wurde vermerkt: „Von Mai bis Dezember 2006 hab ich verdient
brutto 79.540 Euro, netto 75.740 Euro.

Als Ausgaben wurden für Versicherung und Steuer pro Monat zwischen 350 und 550 Euro im Notizbuch vermerkt.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde die Bf. ersucht folgende Fragen zu beantworten und zum Nachweis der Richtigkeit der Angaben die erforderlichen Unterlagen beizulegen:

Laut h.o aufliegenden eigenen Aufzeichnungen haben sie zumindest in den Jahren 2006 und 2007 erhebliche Einnahmen erzielt, welche bisher nach h.o. Ansicht noch keiner Besteuerung unterzogen wurden.

Es wird ersucht, für die Jahre 2006 und 2007 eine Einkommensteuererklärung mit einer Gewinnermittlung nachzureichen. Sollten sie diesem Ersuchen, bzw. einer Klärung des Sachverhaltes nicht nachkommen, werden die Einkünfte, auf Grund der vorliegenden Unterlagen gem. § 184 BAO geschätzt. Sollten auch in anderen Jahren nicht erklärte Einkünfte erzielt worden sein, so wird um Klärung ersucht.
Sollten die Einkünfte bereits einer Besteuerung (z.B. Abzugsteuer) unterworfen worden sein, wird ebenfalls um Klärung ersucht
".

Im Schreiben vom teilte der Rechtsanwalt der Bf. mit, dass sie ihre Einnahmen aus dem Jahr 2006 und 2007 richtig angegeben habe. Eine Nachtragserklärung sei daher nicht abzugeben. Es sei auch nicht nachvollziehbar, welche Unterlagen vorgelegen seien, die eine Einkunftserklärung erfordern würden.
Offensichtlich handle es sich dabei um Unterlagen die im Abgabeverfahren der Mutter von der Bf. -Z. - eine Rolle spielen würden. In diesem Verfahren seien bereits Bescheide erlassen worden und sei daher vorab zu prüfen, inwieweit diese Sachverhalte in diesem Verfahren bereits einer Abgabenvorschreibung unterworfen worden seien.
Darüber hinaus werde ersucht, bekanntzugeben um „welche Unterlagen“ es sich dabei handeln würde.
Es seien in dem Abgabeverfahren der Mutter etliche Sparbücher beschlagnahmt worden über deren Umfang, Inhalt und insbesondere Bezeichnung die Bf. keine Kenntnis habe.
Es werde um entsprechende Akteneinsicht und einen nochmaligen konkretisierten Vorhalt ersucht.

Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt dem Rechtsanwalt der Bf. mit:

„…Auf Grundlage Ihres Schreibens kann jedoch nicht deutlich herausgelesen werden, welche Vertretungsbefugnisse inbegriffen sind. Inwieweit ist hier eine allgemeine steuerliche Vertretung und Zustellvollmacht inbegriffen? Oder gilt die Vertretungsvollmacht nur für diesen einen Sachverhalt? Um Klärung wird ersucht.

Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass sie die Vertretungsbefugnisse über Finanzonline selbst warten können.

Bei den Aufzeichnungen handelt es sich um Aufzeichnungen, welche das Finanzamt von der Steuerfahndung L erhalten hat. Es sind dies Kopien von einem Ringbuch, Format A6 mit den Aufzeichnungen der täglichen Einnahmen von der Bf.

Auch wird Ihnen mitgeteilt, dass eine Akteneinsicht jederzeit möglich ist. Um telefonische Vereinbarung wird ersucht“.

Im Schreiben vom teilte der Rechtsanwalt der Bf. mit, dass die Vollmacht nur für den betreffenden Sachverhalt gelte. Was die angesprochenen Aufzeichnungen anbelange, betreffen diese inhaltlich nicht die Bf. Es handle sich dabei um Aufzeichnungen, die im Rahmen des eingeleiteten Steuer und Abgabenverfahrens zu behandeln seien. Es betreffe dies Frau Z., die Mutter der Bf. Es liege hier offensichtlich eine Verwechslung vor.

In der Folge wurden am  die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 vom Finanzamt erlassen. Im Jahr 2006 wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 78.540 Euro und 2007 in Höhe von 38.290 Euro angesetzt. Bei der Umsatzsteuer wurden beim Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen 2007 32.741,67 Euro und 2006 in Höhe von 66.283,33 Euro festgesetzt.

Aus den Begründungen der Bescheide geht folgendes hervor:

Einkommensteuer 2006 und 2007:

Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen wurden die Besteuerungsgrundlagen gem.
§ 184 BAO im Schätzungswege ermittelt.

Aufgrund einer Kontrollmitteilung vom der Steuerfahndung L wurden Kopien von einem Ringbuch, Format A6 mit den Aufzeichnungen ihrer täglichen Einnahmen übermittelt. In der Kontrollmitteilung wurde vermerkt, dass laut Aussage Ihres Stiefvaters diese Unterlagen Ihnen gehören. Somit sind diese Einnahmen auch Ihnen zuzurechnen. In diversen Vorhaltebeantwortungen wird vermerkt, dass diese Aufzeichnungen ihrer Mutter Frau Z. gehören. Diesbezügliche Nachweise wurden jedoch nicht vorgelegt.

Bei diversen Monatsaufzeichnungen wurde folgender Vermerk angebracht: “Steuer 350 Euro oder Steuer und Versicherung 550 Euro“. Das Finanzamt geht davon aus dass sich die Höhe der Versicherung auf 200 Euro beläuft. In den Monaten bei dem beides vermerkt wurde, wurde die Versicherung als Aufwand anerkannt. Ob und inwieweit der Vermerk „Steuer 350 Euro“ irgendwelche abgabenrechtliche Relevanz hat, wurde im Vorhalteverfahren trotz Anfrage nicht geklärt. Diese Vermerke wurden nicht berücksichtigt.

Für 2006 ist daher von einer Bemessungsgrundlage 79.540 Euro (Brutto) minus Versicherung 1.000 Euro ergibt 78.540 Euro und für 2007 von einer Bemessungsgrundlage  39.290 Euro (Brutto) minus Versicherung 1.000 Euro ergibt 38.290 Euro, auszugehen.

Umsatzsteuer 2006 und 2007:

Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen wurden die Besteuerungsgrundlagen gem.
§ 184 BAO im Schätzungswege ermittelt.

Es wird auf die Begründung zum Einkommensteuerbescheid 2006 bzw. 2007 verwiesen.

Da die im Einkommensteuerbescheid angeführten Einnahmen der 20%igen Umsatzsteuer zu unterwerfen sind, wurden folgende Beträge angesetzt:
2006: Bruttoeinnahmen 79.540/1,2 ergibt Nettoeinnahmen von 66.283,33 Euro.
2007: Bruttoeinnahmen 39.290 /1,2 ergibt Nettoeinnahmen von 32.741,67 Euro.

Eine Kopie des Ringbuches wurde dem Rechtsanwalt der Bf. persönlich bei der Vorsprache am – festgehalten im Aktenvermerk - übergeben.

U.a. gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 brachte der steuerliche Vertreter der Bf. das Rechtsmittel der Berufung ein mit folgender Begründung:

„… der Rechtsanwalt hat mit Schreiben vom dem Finanzamt mitgeteilt, dass es sich bei den zur Berechnung herangezogenen Unterlagen um Unterlagen handelt, die im Abgabeverfahren der Mutter der Bf. eine Rolle spielen. 

Auch X. behauptet, dass es sich bei dem Ringbuch um Aufzeichnungen von der Bf.  handelt, er hat diese Aussage nur getätigt, um in dem gegen ihn laufenden Abgabeverfahren die Abgabenhinterziehung so klein wie möglich zu halten.

Aus einer Bestätigung der Gemeinde Y. geht hervor, dass die Bf. in Zeitraum bis in  G. gewohnt hat. Es handelt sich dabei um den Zeitraum der im oben angeführten Ringbuch aufscheint. Aus beiliegendem Mietvertrag ist ersichtlich, dass meine Mandantin vom bis in G. eine Wohnung angemietet hat. Aus der beiliegenden Kopie einer Geburtsurkunde von K.M. geht hervor, dass diese am XX.YY.2007 in K. geboren wurde. Daraus ergibt sich, dass die Bf. zumindest seit März 2007 schwanger war.

Aufgrund der Aussage von X., dass dieses Ringbuch nicht der Bf. zuzurechnen ist, aufgrund der Schwangerschaft von der Bf. im Großteil des angeführten Zeitraumes und aufgrund des belegten Hauptwohnsitzes in G., sind die o.a. Steuern und Abgaben mit Null festzusetzen bzw. die Bescheide aufzuheben".

Beigelegt wurde der Ausdruck von der Gemeinde, Geburtsurkunde und Mietvertrag.

Aus dem E-Mail vom  des Steuerfahnders geht folgendes hervor:

"Nach meiner Ansicht hat die Bf. die Einnahmen im „Bücherl“ von Mai 2006 bis Anfang Mai 2007 in Kf. über die Fa. S. GmbH – B Club erzielt.

Dort wurde laut Mitteilung eines Steuerfahnders Kf. zwischen den Betreibern des B und dem Finanzamt vereinbart, dass 300 Euro an Abzugsteuer pro Monat und Mädchen und 50 Euro an pauschaler Umsatzsteuer abgeführt werden.

Dieser kann auch nachsehen, ob für die Bf. derartige Beträge abgeführt wurden. Leider kam ich bei meinen Recherchen erst am Schluss zu dieser Information. Zuvor meinte ich alle Clubadressen des B werden von U. (S G GmbH) aus, geführt.

Ob sich das Finanzamt dieser pauschalen Vereinbarung anschließt, muss dort entscheiden werden.

Bei der Umsatzsteuer war mir bis dato keine Pauschalierung mit den Mädchen bekannt. Für den Zeitraum - war die Bf. in U. für das Laufhaus R tätig, hier dürfte keine Abzugsteuer abgeführt worden sein.

Aus der übermittelten Stellungnahme zur Berufung vom geht im wesentlichen Folgendes hervor:

„Ausgangslage:

Das Schreiben vom und ein möglicher Schriftverkehr vor der Bescheiderlassung liegen der Steuerfahndung L nicht vor....

Die ursprüngliche Aussage am Tag der Hausdurchsuchung (18./) von X. „dieses Ringbuch A6 strawberry-dekor (EO4/Nr.4) kurz Bücherl gehört meiner Tochter, diente damals als Schutzbehauptung um die Zurechnung für das damalige Steuerverfahren zur Fa. P. KEG ( 0000 ) möglichst gering zu halten ....

Sachverhalt:

Im Akt der Steuerfahndung befindet sich ein Zeitungsartikel über ein gerichtliches Nachspiel, dass beim Landesgericht R. im Jahr 2005 anhängig war. Damals wurde die Bf. und X. von einem Schöffensenat zu bedingten Haftstrafen in einem Betrugsverfahren verurteilt. Das Urteil war damals nicht rechtskräftig (siehe Beilage 2). Aus diesem Artikel ist ersichtlich, dass bereits im Jahr 2002 die Bf. in der "Bar" tätig war.

Aufgrund der gesundheitspolizeilichen Vorschriften stellt sich die Frage, wann hat sich die  Bf.  als Prostituierte registrieren lassen. Hier müssten Erhebungen beim Stadtamt K. oder bei der Polizei, die Kontrollprotokolle führt, zielführend sein.

Aus den übermittelten Lohnzetteln der P. KEG ist ersichtlich, dass die Bf. als nichtselbständige Angestellte folgende Bruttobezüge erhielt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.4.- (210)
11.035,50
1.1.- (210)
8.303,68
1.1.- (210)
7.789,04
1.1.- (210)
5.208,45
1.5.- (210)
3.524,82
1.1.- (210)
0,00

Seit wird von der Bf. das Einzelunternehmen (Nachtclub Bar) nach dem Konkurs der P. KEG an dieser Adresse in Y. fortgeführt.

Aus den übermittelten Lohnzetteln ist nicht ersichtlich, welche Tätigkeit die Bf. tatsächlich bei der Fa. P. KEG ausgeübt hatte. Es ist bis dato auch nicht bekannt, in welchem Betrieb (Bar - Prostitution – ab 2006 Laufhaus-Prostitution, GOGO Bar – Table Dance oder im Getränkemarkt) diese tätig war.

Im vorgefundenen Einnahmenverzeichnis befinden sich im Jahr 2007 Hinweise auf den Nachtclub B und das Laufhaus R.

Aus diesem Grund wurden die Einnahmen aus dem Bücherl niemals bei der P. KEG berücksichtigt, sondern eine Kontrollmitteilung zur Bf. erstellt. Die in der Bar weiteren tätigen Prostituierten wurden ebenfalls ursprünglich mittels geringfügigen Lohnzettels entlohnt.

Hier wurde im Rahmen der Schlussbesprechung bei der P. KEG von Steuerberater beantragt, diese Lohnkosten bei den Einnahmen der Mädchen (hier Prostitutionserlöse und Getränkeprovisionen in der Bar) in Abzug zu bringen, da diese Lohnzahlungen den Mädchen auch abgezogen wurden.

Im vorliegenden Bücherl befindet sich kein einziger Hinweis, dass ein Lohnbezug durch die P. KEG von der Bf. (hier für die Monate Mai bis August 2006 und Mai bis Juni 2007) in Abzug gebracht wurde.

Dies deshalb, da die dort aufgezeichneten Einnahmen woanders erzielt wurden. Es besteht zwar die Möglichkeit, dass die Bf. an ihren freien Tagen (Sonntag und Montag) in der Bar oder im Laufhaus K. oder woanders tätig war, diese Einnahmen wären aber bis auf wenige Ausnahmen bisher nicht erfasst.

Am Donnerstag den 1.2. bis Samstag den werden an drei freien Tagen Einnahmen von insgesamt 950 Euro aufgezeichnet. Am 27. und werden an zwei freien Tagen 1.200 Euro Einnahmen aufgezeichnet (Anmerkung “Joker“, „Johin“ oder „Jolin“).

Aus den Internetrecherchen zum Nightclub B hat sich ergeben, dass es Nachtclubs an folgenden Adressen gibt:

Adresse1 Kf. geöffnet von Dienstag bis Samstag von 16:00 bis 03:00 Uhr

Adresse3 bei U., Zollstraße 3 geöffnet von Montag bis Samstag 17:00 Uhr bis 03:00 Uhr und in

PLZ W., Adresse4 geöffnet von Montag bis Samstag in der Zeit von 18:00 Uhr bis 04:00 Uhr.

Geführt wird der Betrieb in U. von einer S G GmbH ....

Der Betrieb in Kf. wird von der Fa. S. GmbH geführt.

Die Handschrift der aufgezeichneten Einnahmen gleicht (vorbehaltlich eines graphologischen Gutachtens) dem Schriftbild der Unterschrift des vorgelegten Mietvertrages (siehe Beilage 4). Der Mietvertrag wurde am abgeschlossen. Hier wird auf die Unterschrift der Bf. verwiesen. Vor allem das „r“ und die Schlaufe beim Buchstaben „I“ findet sich in den Aufzeichnungen z.B. beim Buchstaben „J“.

Aus der Höhe der täglichen Einnahmen (2006 werden an 158 Tagen rund 500 Euro täglich vereinnahmt und 2007 werden an 103 Arbeitstagen rund 400 Euro täglich vereinnahmt) kann auf Einkünfte aus Prostitution geschlossen werden.

Für den Zeitraum Mai 2006 bis Juli 2006 werden unter der Angabe Steuer 350 Euro als Ausgaben angeführt. Ab August 2006 werden in den Aufzeichnungen Steuer und Versicherung (insgesamt 550 Euro) in Abzug gebracht. Da für den Zeitraum 1.1.- über das Lohnverhältnis zur Fa. P. KEG ohnedies ein Versicherungsverhältnis für die Bf. vorlag, wurde offensichtlich auf den Abschluss einer weiteren Pflichtversicherung für Mai bis Juli 2006 verzichtet.

Aus den Aufzeichnungen geht weiters hervor, dass die Einnahmen überwiegend von Dienstag bis Samstag erzielt wurden. Dabei handelt es sich um Öffnungszeiten des Nightclub B für die Adresse S. in Kf..

Aus den Meldedaten von der Bf. ist ersichtlich, dass diese von bis an derselben Adresse mit Nebenwohnsitz gemeldet war. Auch der Eintrag im Mai 2007 Geschäftsführer O ist ein Hinweis auf einen anderen Betrieb als die Firma P. KEG. Bei der Eingabe dieser Telefonnummer im Internet wurde ein Verkaufsinserat in der Zeitschrift GO für einen PKW KIA Carneval 2,9 Liter schwarz met. Baujahr 2004 Motorschaden VB 3.500 Euro (Ktn für Ktn) gefunden (Beilage 6 und 7).

Am Tag der Hausdurchsuchung war die Bf. mit anderen Mädchen an der Adresse B., Y. (Bar) angetroffen worden. Auch die Tochter der Bf. war am 18./ in einem Zimmer im Obergeschoss untergebracht.

Auf einer der wenigen Stricherllisten (vermutlich vom ) die beschlagnahmt wurden, steht der Name „I. oder „Monik“ vermerkt. Die auf dieser Liste vermerkten Damen bieten Liebesdienste unter der Rubrik „Massage“ an. Weiteres sind auf dieser Liste weitere Rubriken (Getränkeprovisionen) vorgeschrieben.

Name Piccolo, Cock(tail) Table (Dance), Massage(Liebeslohn) Minus, Plus, %. Aus den oben beschriebenen Unterlagen geht hervor, dass die Bf. auf der Stricherlliste aufscheint und somit wie die anderen Mädchen Liebesdienst angeboten hatte. Diese Listen wurden laut X. von Z. geführt und das dortige Schriftbild der Zahlen gleicht nicht den Aufzeichnungen im Bücherl. Diese Listen betreffen nicht den Zeitraum laut Aufzeichnungen und beweisen lediglich, dass die Bf. Liebesdienste anbietet.

Vorgelegter Mietvertrag vom :

Hier werden 510 Euro + 51 Euro USt = 561 Euro Miete zuzüglich 58 Euro Betriebskosten pro Monat vereinbart.

Für 2006 waren somit 1.800 Euro Kaution, 222,84 Euro Mietvertragsgebühr, 11x619= 6.809,00 Euro und unbekannte Strom-, Inventar- und Umzugskosten notwendig. Aus den bisher bekannten Einkünften (brutto 5.206 Euro) der Fa. P. KEG für 2006 konnte nicht einmal die Miete bezahlt werden. Es müssen somit andere Einnahmen (eventuell Ersparnisse) vorhanden gewesen sein. Dem Einwand es können keine Einnahmen von der Bf. erzielt worden sein, da diese in Adresse2 wohnte wird damit entgegnet, dass die Wohnung auch weitervermietet werden könnte, dass auch in den Laufhäusern oder Nachtclubs in G. der Prostitution nachgegangen werden kann und die vorgefundenen Einnahmen der Bf. dazu geeignet waren die Mietkosten zu bezahlen. Weiters kann aus der Lebenserfahrung gesagt werden, dass sich Prostituierte bei den Wohnangaben bedeckt halten. Auch kann die Wohnung von mehreren Mädchen benützt worden sein oder eben nur an den freien Tagen (Kf.-G.). Hier müssten weitere Recherchen beim Vermieter (wer hat die Miete auf das Konto bei der Bank für Ktn und Str tatsächlich einbezahlt) erfolgen um zum Mietverhältnis eine verlässliche Aussage treffen zu können.

Im Zeitraum - liegt laut Zentrales Melderegister ein Nebenwohnsitz S. Kf. von der Bf. vor. An dieser Adresse ist auch der Nightclub B etabliert der auch Standorte in U.  und W. hat. Seit bis laufend hat die Bf. einen Nebenwohnsitz in Wals bei U. gemeldet. Dies deutet daraufhin, dass die Bf. derzeit wieder beim ehemaligen Nightclub B arbeitet und die Geschäfte in der Bar offensichtlich von jemand anderen geführt werden.

Zu Z.:

Sie hat am als Beschuldigte die Aussage verweigert.

Hier wäre die Handschrift aus dem Bücherl mit evt. händischen Eingaben beim Finanzamt K. zu vergleichen. Aus der Vernehmung des X. geht hervor, dass Z. die Bar an der Adresse in Y. geführt hatte. Weiters ergibt es keinen Sinn, dass die im Bücherl für die Versicherung von Z. geleistet wurden. Diese ist laut Versicherungsdatenauszug für den Zeitraum bis laufend bei folgenden Versicherungen angemeldet:
bis bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft.
Von bis laufend als Angestellte bei der Bf.

Auszug aus der Beschuldigtenniederschrift mit X...".

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Berufung betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2006 und 2007 ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Nach einem Telefonat am mit der zuständigen Vertreterin des Finanzamtes - festgehalten in einem Aktenvermerk-  teilte diese mit, dass einige Aktenteile dem Bundesfinanzgericht nicht übermittelt worden seien, beispielsweise ein Urteil bzw. auch weitere Niederschriften, die für den gegenständlichen Fall entscheidungswesentlich seien.

Mit Beschluss vom wurde die belangte Behörde aufgefordert die für diese Steuerrechtsache entscheidungswesentlichen Unterlagen dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

Mit E-Mail vom wurde von der zuständigen Vertreterin des Finanzamtes
das Urteil zu Hv, das Hauptverhandlungsprotokoll vom zu Hv, und das Protokoll über die Beschuldigtenbelehrung-StPO betreffend Einvernahme X. vom dem BFG übermittelt.

In der Folge langten die genannten Unterlagen schlußendlich köperlich beim BFG mit dem beigelegten Schreiben vom ein.

Die zuständige Vertreterin des Finanzamtes beantragte im Schreiben vom ein graphologisches Gutachten zum Beweis dafür, dass die in dem bei der Hausdurchsuchung vorgefundenen "Bücherl" aufgezeichnete Einnahmen (siehe Seite 3-19/2006-2007) von der Bf. aufgezeichnet worden seien, und ihr diese Einnahmen deshalb auch zugeflossen seien.

Mit Vorhalt vom seitens des Bundesfinanzgerichtes wurde die Bf. ersucht folgende Fragen zu beantworten:

1) Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll zu Hv vom (Seite 5 und 6) geht hervor, dass sie auch im beschwerdegegenständlichen Zeitraum als Prostituierte gearbeitet hätten.
Sie gaben selbst bei der Vernehmung an, dass sie "2008 war ich ca. von der Lokalübernahme und davor in der "BB" bis ca August" in K. . Dann bin ich mal nach Kf. ins B gegangen für ungefähr zwei Monate, dort habe ich durchgehend zwei Monate gearbeitet. Nach diesen zwei Monaten ist es mir zuviel geworden und bin ich dann nach U. gegangen und habe dort von 2008 bis 2011 gearbeitet. Durchgehend die ganze Zeit. Am Wochenende habe ich frei gehabt und dann bin ich nach Hause nach K. zu meiner Tochter..".

Die Lokalübernahme war im Februar 2008.

Bitte nehmen Sie dazu Stellung.

2) Die in der Beilage genannte Stellungnahme vom wird Ihnen zur Kenntnis und zur Gegenäußerung übermittelt.

3) Sie werden ersucht bekanntzugeben, wie hoch ihre Einnahmen im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2006 und 2007 waren. In diesem Zusammenhang sind alle ihnen vorliegenden Unterlagen beizulegen.

In Beantwortung des Schreibens brachte die Bf. im Schreiben vom durch ihre Rechtsanwältin folgendes in einer Gegenäußerung vor:

"1)Vorauszuschicken ist, dass die BB-Bar im Hause H. , in Form der T. Ges.m.b. H & Co KEG zunächst geführt worden ist, wobei X. , der Stiefvater der Bf., Geschäftsführer der T. Ges.m.b.H. war. Über die T. Ges.m.b.H & Co KEG wurde am beim Landesgericht R. das Konkursverfahren eröffnet.

Wegen der Konkurseröffnung wurde die P. KEG gegründet, über die am das Konkursverfahren eröffnet worden ist. Unbeschränkt haftender Gesellschafter der P. KEG war X. und die Mutter der Bf., Z. .

Aufgrund dieser Ausgangssituation wurde die Bf. in formeller Hinsicht vorgeschoben, weil X. offenbar keine andere Möglichkeit sah, seinen Betrieb trotz zweimaligen Konkurses weiterführen zu können. Nach anfänglichen Weigern der Bf. musste die Bf. dem enormen Druck der Mutter nachgeben, die die Bf. sogar mit Selbstmorddrohungen unter Druck gesetzt hat und der Bf. immer wieder erklärt hat, wenn sie zu den notwendigen Unterschriftsleistungen nicht bereit wäre, sie alleine Schuld wäre an der Vernichtung der gesamten Existenz der Familie. Verständlicherweise konnte die damals 22jährige Bf. diesem Druck nicht standhalten.

In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass die Mutter die Bf. mit 16 Jahren nach Österreich geholt hat, nachdem sie sich jahrelang überhaupt nicht um ihre Tochter gekümmert hatte. Die Bf. sprach zu diesem Zeitpunkt kein Deutsch und war mit den Lebensverhältnissen in Österreich überhaupt nicht vertraut. Sie bekam auch keine Unterstützung von ihrer Mutter, im Gegenteil, diese versuchte sie so früh als möglich ihre Tochter der Prostitution zuzuführen, um damit das Familieneinkommen zu erhöhen.

Es stand auch niemals in der Absicht von X. und Z. die Bf. tatsächlich die BB Bar in Y. führen zu lassen und haben sie auch alle Einnahmen für sich behalten.

Am gebar die Bf. ihre Tochter. In einem gewissen Zeitraum vor und nach der Geburt hat die Bf. naturgemäß keinerlei Tätigkeit ausgeübt, auch wenn die Mutter der Bf. dies im hochschwangeren Zustand immer wieder verlangt hat.

Zu diesem Zeitpunkt hat die Bf. im Hause H. mit ihrem Baby gelebt. Insofern war sie bis ca August 2008 und davor in der BB-Bar. Gearbeitet hat sie dort aus den angeführten Gründen nicht. Im August 2008 ging die Bf. dann für etwa 2 Monate nach Kf. und in weiterer Folge nach U. , wo sie bis 2011 war. Falls die Bf. am Wochenende frei hatte, kam sie zu ihrer kleinen Tochter nach K. ...

Letztlich bestätigt X. mit seiner Aussage vom geegnüber dem Finanzamt FA1 die Angaben der Bf., dass er de facto den Betrieb so wie vor Konkurseröffnung weitergeführt hat und er auch über eine Kontovollmacht für das Firmenkonto bei der Volksbank K. verfügt hat.

Der Umstand, dass die Tochter der Bf. während der Abwesenheit der Bf. in Kf. und U. von ihrer Mutter bzw. dem Stiefvater mehr oder weniger betreut worden ist, machte die Bf. sehr leicht emotional erpressbar.

2. Von der Existenz der Berufung vom des Steuerberaters hat die Bf. erstmals durch die Zusendung des Schreibens des Bundesfinanzgerichtes vom erfahren. Auch dies zeigt, dass die Bf. nie wirklich in die geschäftlichen Angelegenheiten der "BB-Bar" in Y. eingebunden war.

Im einzelnen wird zum Schriftstück der Steuerfahndung vom wie folgt Stellung genommen.

Im Laufhaus R war die Bf. höchstens zwei Monate tätig,weil sie zum damaligen Zeitpunkt schon schwanger war und sehr unter Übelkeit litt. In diesem Zeitraum hat ihr damaliger Freund und Kindesvater MR alles Geld abgenommen, mit der Begründung dafür Strom, Miete und Telefon zu bezahlen. Letztendlich hat er aber nichts bezahlt und blieb die Bf. auf einem Schuldenberg sitzen. Der Kindesvater hat auch nie Unterhalt für die Tochter bezahlt und ist die Bf. auf den Unterhaltsvorschuss angewiesen.

Im Laufhaus K. hat die Bf. nie gearbeitet.

Die Einnahmen 27. und in der Höhe von 1.200 € mit der Anmerkung "Joker, Johin oder Jolin" betrafen nicht die Bf., sondern hat es sich dabei um Mädchen gehandelt, die aus L in die "BB-Bar" gekommen sind.

Der Pkw Kia Karneval war nicht für die Bf., sondern für NP, die Tochter von X. bestimmt.

"Stricherllisten" in der BB-Bar hat manchmal die Bf. geführt und zwar dann, wenn sie sich für sich einen Pikkolo genommen hat. Hauptsächlich wurden diese Listen aber von Z. geführt. Die Anmerkungen "minus, plus" bedeuten, dass sich die Mädchen von Z. Geld ausgeliehen haben.

Da die Bf. immer wieder genötigt worden ist, viele Blankounterschriften zu leisten, ist es nicht überraschend, wenn hin und wieder die Unterschrift der Bf. auf den verschiedensten Unterlagen auftaucht.

Wer die Stricherllisten vernichtet hat, weiß die Bf. nicht.

Laut Informationsstand der Bf. hat der Nachtklub B damals 3 Bordelle an den Standorten W. , U. und Kf. geführt. Die Bf. war wie bereits erwähnt in Kf. und zuletzt in U. tätig. Sowohl im Laufhaus R, als auch in B in Kf. und in U. wurde laut Wissensstand der Bf. für sie immer Abzugsteuer bezahlt. Die Bf. hat damals mehrmals nachgefragt, ob alle Steuern für sie ordnungsgemäß bezahlt werden, was ihr immer bestätigt worden ist. Für die Tätigkeit der Bf. bestand immer bei der Volksbank K. ein eigenes Konto, von dem die Bf. nicht abheben durfte.

Die Höhe der Einnahmen der Bf. inder "BB Bar" sind ihr selbst unbekannt, weil sie keine Auszahlung erhalten hat. Sie wurde von ihrem Stiefvater und ihrer Mutter mit Essen und dem nötigsten Bedürfnissen des täglichen Lebens versorgt. Bekleidung hat sie sehr häufig von Gästen als Geschenk erhalten, die mit ihr einkaufen gegangen sind.

Bei Lu handelt es sich um einen Stammgast, der der Bf. in den Nachtklub B nach Kf. nachgefahren ist. Von wem "Lu" im Jahr 2006 "Liebesdienste in Anspruch genommen hat, entzieht sich der Kenntnis der Bf.

Das Bücherl, das bei der Hausdurchsuchung in Y. aufgefunden worden ist, enthält die Einnahmen der Bf. als sie im B in Kf. gearbeitet hat.

Wie bereits erwähnt wurden ihr diese Einkünfte in dem Zeitraum, wie sie in G. bei MR gewohnt hat und im B in Kf. gearbeitet hat, zunächst vom MR abgenommen, nach Beendigung dieser Beziehung dann von ihrer Mutter.

Die Aussage der Bf. in der Hauptverhandlung beim LG am , Seite 6 letzter Absatz wurde aus dem Zusammenhang gerissen. Die Bf. hat für ihre gelegentliche Aushilfstätigkeit in der "BB Bar" niemals Geld bekommen.

Da der Bf. immer ihre Einnahmen abgenommen worden sind, über einen kürzeren Zeitraum vom MR ansonsten immer von ihrer Mutter, kann die Bf. keinerlei Angaben zu der Höhe ihrer damaligen Einnahmen machen und verfügt auch über keinerlei Unterlagen. Sie hat auch niemals Unterlagen erhalten. Das Einzige, was der Bf. aus ihrer traurigen Vergangenheit zur Verfügung steht, ist ein Ausweis des Landes U. vom , von dem eine Fotokopie beigefügt wird".

Diese Gegenäußerung der Anwältin wurde dem Finanzamt zur Kenntnis und zur Stellungnahme übermittelt.

Ein Stellungnahme von seiten des Finanzamtes erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom übermittelte die (nunmehrige) Anwältin der Bf. die Vollmacht und ersuchte um Übermittlung des "beschlagnahmten Büchleins" in Fotokopie, um die Angelegenheit mit der Mandantin weiter erörtern zu können.

In der Folge wurden der Anwältin der Bf. die geforderten Unterlagen übermittelt.

Aus dem Schreiben vom - Äußerung der Anwältin - geht folgendes vor:

"Aus dem Büchlein für den Zeitraum "May 2006 bis Juni 2007" ist auf der Deckelinnenseite zwar der Vermerk "lt. A. P. das Heft der Stieftochter Bf" ersichtlich, aber keinerlei Hinweis, dass damit die BB- Bar in Y. betroffen gewesen wäre.

Tatsächlich war es so, dass die Bf. in diesem Zeitraum nicht für die "BB-Bar" sondern für andere Arbeitgeber tätig war. Dies ist auch aus dem "Büchlein" ersichtlich aufgrund von Begriffen wie " Zitat ".

Wie bereits in der Gegenäußerung vom erwähnt, war die Bf. im fraglichen Zeitraum für das Laufhaus R sowie für das B in Kf. und in U. tätig. Jedenfalls war die Bf. mit ihrer Tätigkeit immer zumindest 100 km von Y. entfernt.

In diesem Zeitraum hat die Bf. die ihr vorgeschriebene Abzugsteuer entrichtet, wobei ihr von ihren jeweiligen Arbeitgebern gesagt worden ist, dass das immer automatisch abgezogen und vom Arbeitgeber abgeführt werde.

Aufgrund dieser Vorgehensweise können der Bf. keine weiteren Steuern mehr vorgeschriebenn werden, weil durch die Pauschalierung alles bezahlt worden ist. Die Versteuerung von Einkommen aus der Prostitution im Wege der Pauschalierung entsprach der damaligen Gesetzgebung und auch der damaligen Rechtsprechung des VwGH. Die Jahre 2005, 2006, und 2007 fallen in diese Gesetzgebungs- und Rechtsprechungszeitraum. Eine Änderung der Situation ist erst 2012 erfolgt, in dem die Pauschalierung aufgehoben wurde.

Die Bf. ist somit ihrer Steuerverpflichtung nachgekommen und wird nochmals ausdrücklich betont, dass diese Angelegenheiten nichts mit der BB Bar zu tun haben. Das dort als Zufallsfund aufgefundene Büchlein darf zwar als Beweismittel verwendet werden, löst jedoch keinerlei weitere Steuerpflicht aus, weil sie im Wege der Pauschalierung ordnungsgemäß alle Steuern entrichtet hat."

Mit Schreiben vom der Richterin des BFG wurde diese Äußerung der Bf. dem Finanzamt zur Kenntnis und zur allfälligen Gegenäußerung übermittelt.

Eine Gegenäußerung von seiten des Finanzamtes efolgte nicht. 

B. Festgestellter Sachverhalt:

Die Bf. ist seit Jahren als Prostituierte tätig. Am gebar die Bf. ein Mädchen. Ab Februar 2008 wird von der Bf.  die "Bar" nach dem Konkurs der P. KEG in Y.  als Einzelunternehmen weitergeführt.

Bei der Hausdurchsuchung in der "Bar" an der Adresse in Y. wurde die Bf. und ihre Tochter angetroffen.

Im Zuge einer Hausdurchsuchung bei X., dem Stiefvater der Bf, im Jänner 2008 wurde ein "Bücherl" im Ringbuch-Format A6 Farbe Orange mit Strawberry-Dekor beschlagnahmt.

Laut Auskunft ihres Stiefvaters und aus dem vorgelegten Kopien des Bücherls geht hervor, dass die Bf. im Jahr 2006 und 2007 Einnahmen in Höhe von 79.540 € und im Jahr 2007 39.290 brutto verdient hat. Dies betrifft einen Zeitraum von Mai 2006 bis Juni 2007.

Bei den einzelnen Monatsaufzeichnungen wurde eine Steuer von 350 € oder Steuer und Versicherung in Höhe von 550 € berücksichtigt.

Im Zeitraum Mai 2007 und Juni 2007 fehlt ein solcher Hinweis.

Laut den Aufzeichnungen und den bisherigen Ermittlungsergebnisse ergibt sich, dass die Bf. für das Laufhaus R und dem Nachtclub B in U. und Kf. als Prostituierte tätig war, und dass Versicherungs- und Steuerbeträge angefallen sind.

Über die ausgeübte Tätigkeit der Bf. als Prostituierte ist weiters nichts bekannt.

In der Folge erließ die Abgabenbehörde I. Instanz die Umsatz- und Einkommensteuer-bescheide 2006 und 2007.

Im Jahr 2006 wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 78.540 Euro und 2007 in Höhe von 38.290 Euro angesetzt. Bei der Umsatzsteuer wurden beim Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen 2007 32.741,67 Euro und 2006 in Höhe von 66.283,33 Euro festgesetzt und zwar mit der Begründung, dass wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen die Besteuerungsgrundlagen gem. § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt wurden.

Dagegen brachte die Bf. das Rechtsmittel der Berufung ein im wesentlichen mit der Begründung, dass es sich bei den zur Berechnung herangezogenen Unterlagen um Unterlagen handelt, die im Abgabeverfahren der Mutter eine Rolle spielen würden. Herr X. habe diese Aussage nur getätigt, um in dem gegen ihn laufenden Abgabeverfahren die Abgabenhinterziehung so klein als möglich zu halten. Aus der Bestätigung der Gemeinde Y. gehe hervor, dass die Bf. in Zeitraum bis in  Adresse2 gewohnt habe. Es handle sich dabei um den Zeitraum der im oben angeführten Ringbuch aufscheint. Aus der beiliegenden Kopie einer Geburtsurkunde gehe hervor, dass die Tochter der Bf.am XX.YY.2007 in K. geboren worden sei. Weiters werde vorgerbacht, dass die Bf. die ihr vorgeschriebene Abzugsteuer entrichtet hätte, wobei ihr von ihren jeweiligen Arbeitgebern gesagt worden sei, dass das immer automatisch abgezogen und vom Arbeitgeber abgeführt werde. Aufgrund dieser Vorgehensweise könne der Bf. keine weiteren Steuern mehr vorgeschriebenn werden, weil durch die Pauschalierung alles bezahlt worden sei. Die Versteuerung von Einkommen aus der Prostitution im Wege der Pauschalierung entsprach der damaligen Gesetzgebung und auch der damaligen Rechtsprechung des VwGH. Die Jahre 2005, 2006, und 2007 fallen in diese Gesetzgebungs- und Rechtsprechungszeitraum. Eine Änderung der Situation sei erst 2012 erfolgt, in dem die Pauschalierung aufgehoben worden sei.

Dagegen hat das Finanzamt im gesamten Verfahren nichts eingewendet.

Ermittlungen durch die Abgabenbehörde sowie Ermittlungsergebnisse über die konkrete Tätigkeit der Bf. als Prostituierte bei den genannten Arbeitgebern - Laufhaus R und Nachtklub B in U. und Kf. - im beschwerdegegenständlichen Zeitraum sind dem Akt nicht zu entnehmen. Es fehlen Feststellungen, ob die Bf. schon vor 2008 als Einzelunternehmerin in dieser Branche tätig war.

C. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt  ergibt sich aus folgenden Unterlagen:

- Einkommensteuerakt StNr.xy,
- E.-Mail und Stellungnahme der Steuerfahndung zur Berufung vom ,
- Hauptverhandlungsprotokoll zu Hv und 
- Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung Hv vom ,
- Protokoll über die Einvernahme X. vom zu GZ 1111
- Ausführungen des Finanzamtes,
- Vorbringen der Bf in der Beschwerde und den genannten Schriftsätzen

D. Rechtslage und Erwägungen:

1) Zuständigkeit Bundesfinanzgericht:

Mit BGBl 2012/51 wurden im Rahmen der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit das Bundesfinanzgericht eingerichtet und der bisher als Abgabenbehörde zweiter Instanz fungierende Unabhängige Finanzsenat per aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Bundesfinanzgericht über (Art 129 B-VG iVm Art 151 Abs. 51 Z 8 B-VG idF BGBl 2012/51). Zu diesem Zeitpunkt beim Unabhängigen Finanzsenat anhängige Berufungen sind gemäß § 323 Abs. 38 BAO idF. BGBl I 2013/14 nunmehr vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Da das gegenständliche Rechtsmittel zum beim unabhängigen Finanzsenat unerledigt offen war, ist nun das Bundesfinanzgericht für die Erledigung zuständig

2) Gesetzliche Rechtsgrundlagen:

§ 23 Abs. 1 EStG sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus einer selbständigen nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen derart eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen, verpflichtet sind.

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese gemäß § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen.

Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist gemäß § 184 Abs. 2 BAO insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Gemäß § 184 Abs. 3 BAO ist ferner zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formellen Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

3) Rechtliche Würdigung:

Auf der Grundlage des im Zuge der Hausdurchsuchung bei X. im Jahr 2008 beschlagnahmten  Ringbuches Format A6, Farbe Orange mit Strawberry Dekor ging das Finanzamt davon aus, dass die Bf. im Jahr 2006 und 2007 aus der Tätigkeit als Prostituierte entsprechende Umsätze und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe.

Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen für das Jahr 2006 und 2007 wurden die Bemessungsgrundlagen auf Basis des Ringbuches vom Finanzamt  geschätzt.

Es wurden die aufgezeichneten Versicherungsbeträge der Bf. vom Finanzamt als Ausgaben anerkannt. Die aufgezeichneten und festgehaltenen monatlichen Steuerbeträge wurden nicht berücksichtigt.

Das Finanzamt setzte die Einnahmen aus der Prostitution bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb an und behandelte die Bf. als Unternehmerin, da die Bf. als Einzelunternehmerin ab Anfang 2008 die "Bar" nach dem Konkurs der P. KEG fortführte.

Die Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde beruht allein auf der objektiven Unmöglichkeit der zuverlässigen Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, wobei unmaßgebend bleibt, ob den Abgabepflichtigen ein Verschulden an der lückenhaften bzw. mangelhaften Darstellung der Besteuerungsgrundlagen trifft oder nicht.

Ziel der Schätzung muss stets die sachliche Richtigkeit des Ergebnisses sein, dh. sie soll der Ermittlung derjenigen Besteuerungsgrundlagen dienen, die aufgrund des gegebenen, wenn auch nur bruchstückhaften Sachverhaltes bzw. nur lückenhafter Anhaltspunkte die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben.

Dem Wesen nach ist die Schätzung ein Beweisverfahren, bei dem der Sachverhalt unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise (indirekte Beweisführung) ermittelt wird ().

Bei der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen ist auch das Parteiengehör zu wahren (; ; ). Der Partei sind daher vor Bescheiderlassung die Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen, die angewandte Schätzungsmethode und das Schätzungsergebnis zur Kenntnis zu bringen. Es liegt danach an der Partei, begründete Überlegungen vorzubringen, die zB. für eine andere Schätzungsmethode oder gegen einzelne Elemente der Schätzung sprechen (). Die Abgabenbehörde hat auf alle substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen einzugehen und sich damit auseinander zu setzen, auch wenn die Richtigkeit der Behauptungen erst durch weitere Erhebungen geklärt werden muss (zB. ; , 0283; ; ).

Auch Schätzungsergebnisse unterliegen - nach Maßgabe des § 93 Abs. 3 lit. a BAO - der Pflicht zur Begründung. Die Begründung hat die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse (Darstellung der Berechnung) darzulegen (zB. ; ; ).

Den vorstehenden Grundsätzen hat das Finanzamt bei Erlassung der angefochtenen Bescheide nicht entsprochen, weshalb es der Abgabepflichtigen auch erst im Berufungsverfahren möglich war, entsprechende Einwendungen gegen die vom Finanzamt durchgeführte Schätzung vorzubringen.

Im gesamten erstinstanzlichen Verfahren wurde unterlassen, das Vorbringen der Bf. auf ihre Richtigkeit zu untersuchen. Es wurden keine Erhebungen hinsichtlich der Frage getätigt , bei welchen Nachtklub  bzw Laufhaus die Bf, in welchem Zeitraum und in welcher Funktion gearbeitet hat, bzw. wie die Tätigkeit als Prostituierte rechtlich und tatsächlich ausgestaltet war, dh ob sie überhaupt in die Organisation der Nachtklubs bzw. des Laufhauses eingegliedert war oder nicht. Aufgrund der Gegebenheiten, dass die Bf. ab Anfang 2008 als Einzelunternehmerin die Bar fortführte, fehlen Feststellungen, ob sie auch schon im beschwerdegegenständlichen Zeitraum selbständig gegenüber ihren Kunden bzw. ihren Arbeitgebern aufgetreten ist.

Der Steuerfahnder gibt in der Stellungnahme zur Berufung vom an, "dass bis dato auch nicht bekannt ist, in welchen Betrieb (Bar - Prostitution - ab 2006 Laufhaus-Prostituion, GOGO Bar- Table Dance oder im Getränkemarkt) die Bf. tätig war"

Entscheidend  für die Beurteilung welche Einkünfte (Einkünfe aus Gewerbebetrieb oder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) vorliegen, ist, ob eine organisatorische Eingliederung bei den Arbeitgebern der Bf. gegeben war oder nicht.

Die Vertreterin der Bf. bringt im Schreiben vom als auch im Schreiben vom   zum Ausdruck, dass die  Bf. "für das Laufhaus R sowie für das B in Kf. und U. tätig war, dass in diesem Zeitraum die ihr vorgeschriebene Abzugsteuer entrichtet worden sei, wobei auch von ihren jeweiligen Arbeitgebern gesagt worden sei, dass das immer automatisch abgezogen und vom Arbeitgeber abgeführt worden sei".

Dies kann eventuell als Indiz gewertet, dass die Bf. in die Organisation der Betreiber des Laufhauses und des Nachtklubs eingegliedert war. Dass Abzugsteuer entrichtet wurde, ist für die Beurteilung, ob Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, nicht ausschlaggebend.

Dass die Bf. bei  den Betreibern des Laufhaus R und des Nachtklub B ihrer Tätigkeit als Prostituierte nachging wird von keiner Seite bestritten. Aufgrund welcher Feststellungen das Finanzamt davon ausgegangen ist, dass die Bf. selbständig als Prostituierte bzw. als Einzelunternehmerin der Prostitution nachging ergibt sich nicht aus dem Akteninhalt noch aus der Begründung in den Bescheiden. Auch über die organisatorische Eingliederung oder Nichteingliederung der Bf. bei den genannten Arbeitgebern ist nichts bekannt und liegen keine Feststellungen vor.

Auch um welche Art von Einnahmen es sich dabei handelt  - erfolgsabhängige Einnahmen, Provisionen, etc- ergibt sich aus der Begründung nichts. Eine Begründung wie diese Grundlagen ermittelt wurden ist aus den Bescheiden nicht zu entnehmen. Ausgehend vom Faktum, dass die Bf. im Jahr 2008 in der Bar in Y. anwesend war, und dass sie ab Anfang 2008 die Bar als Einzelunternehmerin nach dem Konkurs der P. KEG fortgeführt haben soll, kann mangels Ermittlungen des Finanzamtes nicht davon ausgegangen werden, dass die Bf. auch im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2006 und 2007 als Einzelunternehmerin bzw. selbständige Prostituierte tätig war.

Dass die Bf. als Wohnungsprostituierte in ihrer Wohnung -wie vom Steuerfahnder knapp angemerkt - einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen sein soll, gibt es keine Feststellungen und Anhaltspunkte. Auch eine Vermietung der Wohnung an andere Personen (eventuell Prostituierte) in G., kann aufgrund der fehlenden Feststellungen nicht angenommen werden und für die Vermutung des Steuerfahnders in der Stellungnahme, dass die Bf. in den Laufhäusern oder Nachtklubs in G. der Prostitution nachgegangen sein soll, wurden keine Ermittlungsergebnisse präsentiert.

Sogar die Abgabenbehörde hat  im Schreiben vom ein graphologisches Gutachten beantragt "zum Beweis dafür .... dass ihr diese Einnahmen deshalb auch zugeflossen seien". Damit ist aber klar, dass konkrete und wesentliche Ermittlungen - gemaß § 115 BAO - zur Klärung des Sachverhaltes fehlen und nicht vorgenommen wurden.

Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Bf. als freischaffende Prostituierte, die ungebunden ihr Gewerbe selbständig ausgeübt hat, tätig war.

Im gesamten erstinstanzlichen Verfahren wurde es unterlassen, das Vorbringen der Bf. konkret zu prüfen.

Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Zu erforschen ist die materielle Wahrheit (Untersuchungsgrundsatz).

Die Abgabenbehörden haben nach § 115 Abs. 3 BAO Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.

Entsprechend der amtswegigen Ermittlungspflicht ist es die Aufgabe der Abgabenbehörde, durch eine entsprechende Gestaltung des Ermittlungsverfahrens möglichst einwandfreie und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlagen zu ermitteln. ().

Aufgabe des behördlichen Ermittlungsverfahrens ist es somit, "Vermutungen" durch Fakten solange zu erhärten, bis der Sachverhalt auf Grund schlüssiger Wertung dieser Fakten in freier Beweiswürdigung als erwiesen angesehen werden kann ().

Unabhängig von der Offenlegungspflicht und Mitwirkungspflicht der Partei trägt die Abgabenbehörde damit die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können.

Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht nach § 278 Abs. 1 BAO idF BGBl I 2013/14 mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren gemäß Abs. 2 leg.cit. in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

Im weiteren Verfahren sind nach Abs. 3 leg.cit. die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden.

Eine aufhebende (die Sache an die Abgabenbehörde zurückverweisende) Beschwerdeerledigung setzt voraus, dass Ermittlungen im Sinne des § 115 Abs. 1 BAO unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderlassung hätte unterbleiben können. Eine derartige Unterlassung von Ermittlungen kann sich auch daraus ergeben, dass erstmals in der Beschwerde oder im Vorlageantrag Umstände releviert werden und die Abgabenbehörde vor Beschwerdevorlage keine diesbezüglichen Ermittlungen durchgeführt hat. Dabei ist entscheidend, ob die Unterlassung der Ermittlungen „wesentlich“ ist (Ritz, BAO5, Tz 11 zu
§ 278).

Aus Sicht des Bundesfinanzgericht hat zunächst das Finanzamt darzutun, auf welchen Sachverhalt und welchen konkreten Ermittlungsergebnissen sich die Feststellungen der Behörde stützen.

Es genügt nicht, wenn der Bescheid lediglich das Ergebnis einer rechtlichen Würdigung enthält, nicht jedoch in der erforderlichen, einer nachprüfenden Kontrolle durch den Steuerpflichtigen und die Abgabenbehörde zweiter Instanz zugänglichen Weise dargestellt wird, auf welchen Sachverhalt sich die einzelnen Feststellungen stützen (), welche Beweismittel herangezogen wurden und welche Ergebnisse die Würdigung der einzelnen Beweismittel erbacht hat ().

Das Finanzamt hat ferner darzulegen, was es im Fall des Vorliegens allenfalls widerstreitende Beweisergebnisse bewogen hat, ein Beweismittel anderen Beweismitteln vorzuziehen bzw. gerade den von ihr angenommen Sachverhalt als erwiesen anzunehmen ( ua).

Es liegt im gegenständlichen Fall kein eindeutig festgestellter Sachverhalt vor; eine Würdigung der vorliegenden Ermittlungsergebnisse ist ebenfalls nicht erfolgt.

Aufgrund obiger Ausführungen wird zu klären sein, wie die Erzielung der Einnahmen tatsächlich erfolgt ist bzw. ob und wie die Bf. als selbständige Prostituierte tätig war und sohin Einkünfte aus Gerwebebetrieb erzielte. Oder ob Merkmale eines Dienstverhältnisses wie Weisungsgebundenheit und organsisatorische Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der einzelnen Arbeitgeber - Laufhaus R, Nachtklub B in U. und Kf. -  vorliegen und sie als Prostituierte als "Arbeitnehmerin" einzustufen wäre. Wie der VwGH wiederholt ausgesprochen hat (jüngst ) wird eine Tätigkeit als "Prostituierte und Animierdame" in einem Barbetrieb oder Nachtklub in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht wie in einem Arbeitsverhältnis.

Es wäre zu klären, ob eine Anwesenheitspflicht gegegen ist wie die Entlohnung  bzw die Abrechnung in diesem Nachtklub und dem Laufhaus mit der Bf. erfolgte, da auch bei Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit allenfalls Provisionen an die Bf. abzuliefern waren. Welche Leistungen der Bf, abgegolten wurden und wessen Arbeitsmittel verwendet werden. Auch die Frage der persönlichen Weisungsgebundenheit wäre zu prüfen. Auch wurde nicht geklärt, ob die Bf. in der Organsiation des Betreibers des Nachtklubs bzw. Laufhaus eingegliedert war oder nicht. Es ist möglich, dass die Bf. ihre Tätigkeit als Prostituierte in einer wirtschaftlichen und persönlichen Abhängigkeit - wie in einem Arbeitsverhältnis - erbracht haben könnte. Ein weiteres wesentliches Sachverhaltsdelement stellt die Frage dar, ob die Bf. auch für andere Auftraggeber in anderen Lokalen tätig war.

Zur Frage der umsatzsteuerlichen Zurechnung von Prostitutionsumsätzen besteht eine umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe auch Laudacher, Zimmererlöse aus Bordellbetrieben, UFSaktuell 2004, 333).

Zu klären wird auch sein, ob den Kunden gegenüber nicht der Betreiber des Nachtklubs bzw. Laufhauses sondern die Bf. im eigenen Namen - nämlich als eigenständige Unternehmerin aufgetreten ist bzw. dass sie in keinem Abhängigkeits- oder Beschäftigungsverhältnis zu einem Betreiber stand.

Aus welchen Gründen das Finanzamt davon ausgegangen ist, dass die Bf. als Unternehmerin anzusehen ist, ist nicht nachvollziehbar und entbehrt jeder Grundlage. Es fehlen auch diesbezüglich konkrete Feststellungen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei einer Bar oder einem Nachtklub mit angeschlossenen Separees oder Zimmern die Leistung des Nachtklubbetreibers nach der Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separee- oder Zimmerbesuch besteht. Vom Betreiber eines solchen Lokals wird allgemein angenommen, dass er zu diesem Zweck "Mädchen offeriert", welche mit den Nachtklubbesuchern die Separees oder Zimmer aufsuchen, um dort die sexuellen Wünsche der Gäste zu erfüllen.

Bei einer solchen Fallkonstellation ist davon auszugehen, dass der Nachtklubbetreiber hinsichtlich sämtlicher im Nachtklub erbrachten Leistungen wirtschaftlich deren Erbringer ist, sodass auch die Umsätze aus der Prostitution diesem zuzurechnen sind (vgl. ; ; ; ; ; ; ; ). Ein getrenntes Inkasso - etwa von Getränkeerlösen einerseits durch Kellner und Erlösen für sexuelle Dienstleistungen durch Prostituierte () - steht nach der Rechtsprechung dieser Zurechnung ebenso wenig entgegen wie eine Ankündigung, wonach allfällige Leistungen der Prostituierten auf deren Rechnung erfolgen ().

Wie oben dargestellt, sind nach dem derzeitigen Verfahrensstand und den noch notwendigen Ermittlungen mehrere Varianten des zugrundeliegenden Sachverhaltes denkbar, die auch zu unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen führen würden.

In jedem Fall würde die Einvernahme mehrerer Zeugen, die Erhebung von Unterlagen sowie umfangreiche Erhebungen bei der Bf. selbst erforderlich sein, die bei Ermittlung durch die Außendientsorgane des Finanzamtes verwaltungsökonomisch und zeitlich kompakt durchgeführt werden können.

Im Falle unterlassener Ermittlungen liegen die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und die Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde im Ermessen des Bundesfinanzgerichtes. Ermessensentscheidungen haben gemäß § 20 BAO nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit zu erfolgen.

Zweck der Kassationsmöglichkeit des § 278 Abs. 1 BAO ist die Entlastung der Rechtsmittelbehörde und die Beschleunigung des Rechtsmittelverfahrens. Zusätzlich würde es die Anordnungen des Gesetzgebers unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens bei der Abgabenbehörde zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor das Verwaltungsgericht käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsebenen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn das Bundesfinanzgericht, statt seine (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht. (Vgl. Ritz, BAO5, TZ 5 zu § 278, und )

Im Hinblick darauf, dass im gegenständlichen Fall erstmals das ganze Ermittlungs- und Beweisverfahren zu der entscheidungswesentlichen Frage in dem dargestellten Ausmaß vom Bundesfinanzgericht durchzuführen wäre, wäre im gegenständlichen Fall bei Übernahme dieser Ermittlungstätigkeit durch das Bundesfinanzgericht die primäre Kontrollfunktion wesentlich beeinträchtigt.

Hinzu kommt, dass die Sachaufklärung durch das Bundesfinanzgericht jedenfalls zeitaufwendiger wäre, da die gerichtlichen Ermittlungsergebnisse und allfällige Stellungnahmen den Verfahrensparteien zwecks Wahrnehmung des Parteiengehörs wechselseitig unter Einräumung entsprechender Fristen zur Kenntnis gebracht werden müssten. Eine erhebliche Kostenersparnis wäre mit der Durchführung eines derartigen Ermittlungs- und Beweisverfahrens (unter zusätzlicher Einholung wechselseitiger Stellungnahmen) durch das Bundesfinanzgericht ebenfalls nicht verbunden.

Einer aufgrund vorstehender Zweckmäßigkeitsüberlegungen angedachten Aufhebung der angefochtenen Bescheide stehen auch Billigkeitsgründe nicht entgegen, da dem Bf dadurch der volle Instanzenzug für eine Aufhebung der angefochtenen Bescheide zugute kommen würde.

Im Hinblick auf das zeitaufwendigere Verfahren beim Bundesfinanzgericht und der dadurch fehlenden erheblichen Kostenersparnis steht einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide gemäß § 278 Abs. 1 letzter Satz BAO ebenfalls nicht entgegen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

E. Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Formalerledigung der Aufhebung und Zurückverweisung bei Unterlassung wesentlicher Ermittlungen hat grundsätzlich Eingang in die höchstgerichtliche Judikatur gefunden (vgl. zB , ). Die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht als uneinheitlich zu bezeichnen und die vorliegende Entscheidung berücksichtigt die Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes zu Formalerledigungen der Aufhebung und Zurückverweisung bei Unterlassung wesentlicher Ermittlungen. Die Revision ist somit im gegenständlichen Fall nicht zulässig.

Miterledigte Zahl: RV/5100044/2011

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.5100043.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at